Best Age Shopping

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Ironbiber

Foren-Redakteur
Jetzt als Rentner gehört der samstägliche Wocheneinkauf im Supermarkt zu meiner Lieblingstätigkeit, der ich mich mit Hingabe widme und dabei die Regale systematisch abarbeite.

Natürlich könnte ich auch unter der Woche „shoppen“, wie die Jugend diese Tätigkeit heute nennt, möchte aber Beispiel geben und als erzieherische Maßnahme der gestressten Meute von Berufstätigen durch ruhiges und konzentriertes Wagenschieben in Gangmitte die Hektik ihres Alltags vor Augen führen.

„In der Ruhe liegt die Kraft“ antwortete ich dem kleinen Scheisskerl, der, drei Pizzen unter dem Arm geklemmt, mich als mumifizierten Verkehrstau bezeichnete. Aber ich habe ihm sogleich verziehen als ich seine Behinderung bemerkte: Er hatte ein Ohrenleiden und in Folge seine Gehörgänge mit Stöpseln verschlossen. Zudem hielt er beim Gehen Selbstgespräche und litt in jungen Jahren schon an partiellem Haarausfall, der ihm das Aussehen eines Irokesen verlieh.

Um geistig fit und leistungsfähig zu bleiben, erstelle ich mir zuhause erst mal eine Liste, nummeriere sie hernach, der Abarbeitung entsprechend, mit Ziffern, schreibe sie neu und präge sie mir zu guter Letzt ein.

Die Nummer Eins waren Äpfel. Obst und Gemüse ist stets gleich am Eingangsbereich zu finden. Äpfel also. Ich mag aber überhaupt kein Obst. Nummer Zwei: Currywurst XXL für den Sonntag. Rein in den Wagen und weiter mit Nummer Drei: Staubsaugerbeutel S67. Aber die gibt es doch erst kurz vor der Kasse. War die Drei womöglich eine Dreizehn? Und was, um alles in der Welt, war dann die Vier? Oder gar die Fünf?.

Na gut. Im Arbeitsleben wurde ich von Vorgesetzten und Kollegen für meine Ruhe und Gelassenheit in kritischen Situationen geschätzt. In allen meinen Zeugnissen stand der Satz: „Er bemühte sich stets durch seine ruhige Art, den geforderten Arbeitsaufwand positiv zu betrachten“

Improvisation ist alles. Also in Spiralform linksdrehend durch die Regale und einsammeln, was ab Drei wohl noch auf der Liste gestanden haben hätte können (WOW - Ein grammatikalisches Highlight und wohl so falsch wie meine dritten Zähne).

Als weiteres Gehirntraining habe ich mir angewöhnt, die Preise der eingekauften Waren im Kopf zusammenzuzählen und bei einer Zahl, kleiner gleich dreißig, der Kasse zuzustreben. Es war so weit: 29,75! Aber ohne den Staubsaugerbeutel S67. Der kostet 9,98 Euro und würde mein Wochenbudget sprengen. Dann eben heute keinen Wohnungsputz nach dem Mittagsschläfchen und der Lektüre der Apothekenumschau.

Meine geistige Planung des verbleibenden Tagespensums wurde jäh unterbrochen, als mir eine aufgeregte ältere Dame ihren Wagen in die Seite rammte:

„Machen Sie halt mal Platz. Ich habe noch einen Termin beim Friseur!“.

Ich antwortete: „Keine Eile - der staubt ihre Perücke bestimmt in wenigen Minuten ab.“

Ein zweites Mal boxte sie mir energisch ihren Wagen in die Weichteile. Diesmal tat es aber richtig weh, und ich räumte schleunigst das Feld, indem ich der Kasse zustrebte.

Zwei Kassen waren offen und ich stellte mich, aus Erfahrung klug geworden, an der längeren Schlange an. Jeder glaubt, dass eine kurze Schlange auch eine kurze Wartezeit bedeutet. Aber ich bin klug und weiß, dass die zu erwartenden Probleme reziprok proportional zur Länge der Warteschlange zunehmen.

Die renitente ältere Dame hatte sich an der kurzen Schlange angestellt und war schon dabei im Ausgangsbereich ihren Einkauf zu verstauen. Ich hatte in der Zwischenzeit gerade mal eine Wagenlänge geschafft. Also aus der Schlange ausgeschert und auch an die andere Kasse.

Kurz vor der Boxengasse dann die freundliche Stimme aus dem Lautsprecher: „ Wir schließen Kasse zwei – bitte nicht mehr auflegen!“

Kehrtwendung um 180 Grad und zurück an Kasse drei. Freundlich fragte ich den Herren, der zuvor hinter mir stand, ob ich wieder einscheren dürfe. Ein Pfiff und ein Fingerzeig seines umgekehrten Daumens in Richtung „Über die Schulter“ war alles, was er von sich gab.

Also zurück an das Ende und geduldig warten. Nach zehn Minuten hatte ich meinen ursprünglichen Stellplatz wieder erreicht und hörte erneut die freundliche Stimme aus dem Lautsprecher: „Wir öffnen Kasse 2 für Sie“. Wie aus dem Nichts entstand erneut eine kurze Schlange vor Kasse zwei. Nach gefühlt einer halben Stunde war auch ich dran: „Macht 46,75. Bar oder mit Karte?“.

Umständlich kramte ich meine Brille aus dem Futteral und entzifferte ihr Namensschild.
„Natürlich bar, Fräulein Schmidt – oder denken Sie, dass ich zulasse, dass ihre Firma mein Konto leerräumt?“

„Zum Einen heiße ich Frau Schmidt und zum Anderen ist Kartenzahlung heutzutage genauso sicher, wie Bares. Sammeln Sie Punkte?“

„Kleben sie sich ihre Punkte sonst wo hin und rechnen sie noch mal genau nach. Ich habe einen Warenwert von 29 Euro und 75 Cent ermittelt und bin nicht bereit ihr privates Taschengeld mitzufinanzieren!“

Frau Schmidt warf den Kassenzettel in den Einkaufswagen und wandte sich dem nächsten Kunden mit der Bemerkung zu:

„Wenn sie Reklamationen haben, dürfen sie sich gern an der Rezeption beschweren“.

Ach wie war es in meiner Jugend doch schön, als die dicke Erna in ihrem Dorfladen noch persönlich die Wurst und die Butter aus dem Vorratsraum holte, in Zeitungspapier packte, Zahlenkolonnen auf ein Zettelchen schrieb und kassierte. Als Kind bekam ich vor dem Gehen noch ein Scheibchen Gelbwurst von ihr über die Theke gereicht. Stets sagte ich artig „Danke“ und hoffte insgeheim, dass sie nach der Stallarbeit ihre Hände gewaschen hatte.

Keiner hatte Ohrenschmerzen oder partiellen Haarausfall und im Dorf gab es nur einen, der manchmal Selbstgespräche führte: Egon, der Knecht vom Bauern Blersch. Er war im Krieg auf eine Mine getreten und hatte seinen Einsatz für Führer, Volk und Vaterland mit einem kleinen Dachschaden bezahlt. Ohrenschmerzen hingegen kannte er nicht und die Kahlrasur von Hinterkopf und Seiten war militärisch korrekt und somit akzeptabel.
 

Ironbiber

Foren-Redakteur
Jetzt als Rentner gehört der samstägliche Wocheneinkauf im Supermarkt zu meiner Lieblingstätigkeit, der ich mich mit Hingabe widme und dabei die Regale systematisch abarbeite.

Natürlich könnte ich auch unter der Woche „shoppen“, wie die Jugend diese Tätigkeit heute nennt, möchte aber Beispiel geben und als erzieherische Maßnahme der gestressten Meute von Berufstätigen durch ruhiges und konzentriertes Wagenschieben in Gangmitte die Hektik ihres Alltags vor Augen führen.

„In der Ruhe liegt die Kraft“ antwortete ich dem kleinen Scheisskerl, der, drei Pizzen unter den Arm geklemmt, mich als mumifizierten Verkehrstau titulierte. Aber ich habe ihm sogleich verziehen als ich seine Behinderung bemerkte: Er hatte ein Ohrenleiden und in Folge seine Gehörgänge mit Stöpseln verschlossen. Zudem hielt er beim Gehen Selbstgespräche und litt in jungen Jahren schon an partiellem Haarausfall, der ihm das Aussehen eines Irokesen verlieh.

Um geistig fit und leistungsfähig zu bleiben, erstelle ich mir zuhause erst mal eine Liste, nummeriere sie hernach, der Abarbeitung entsprechend, mit Ziffern, schreibe sie neu und präge sie mir zu guter Letzt ein.

Die Nummer Eins waren Äpfel. Obst und Gemüse ist stets gleich am Eingangsbereich zu finden. Äpfel also. Ich mag aber überhaupt kein Obst. Nummer Zwei: Currywurst XXL für den Sonntag. Rein in den Wagen und weiter mit Nummer Drei: Staubsaugerbeutel S67. Aber die gibt es doch erst kurz vor der Kasse. War die Drei womöglich eine Dreizehn? Und was, um alles in der Welt, war dann die Vier? Oder gar die Fünf?.

Na gut. Im Arbeitsleben wurde ich von Vorgesetzten und Kollegen für meine Ruhe und Gelassenheit in kritischen Situationen geschätzt. In allen meinen Zeugnissen stand der Satz: „Er bemühte sich stets durch seine ruhige Art, den geforderten Arbeitsaufwand positiv zu betrachten“

Improvisation ist alles. Also in Spiralform linksdrehend durch die Regale und einsammeln, was ab Drei wohl noch auf der Liste gestanden haben hätte können (WOW - Ein grammatikalisches Highlight und wohl so falsch wie meine dritten Zähne).

Als weiteres Gehirntraining habe ich mir angewöhnt, die Preise der eingekauften Waren im Kopf zusammenzuzählen und bei einer Zahl, kleiner gleich dreißig, der Kasse zuzustreben. Es war so weit: 29,75! Aber ohne den Staubsaugerbeutel S67. Der kostet 9,98 Euro und würde mein Wochenbudget sprengen. Dann eben heute keinen Wohnungsputz nach dem Mittagsschläfchen und der Lektüre der Apothekenumschau.

Meine geistige Planung des verbleibenden Tagespensums wurde jäh unterbrochen, als mir eine aufgeregte ältere Dame ihren Wagen in die Seite rammte:

„Machen Sie halt mal Platz. Ich habe noch einen Termin beim Friseur!“.

Ich antwortete: „Keine Eile - der staubt ihre Perücke bestimmt in wenigen Minuten ab.“

Ein zweites Mal boxte sie mir energisch ihren Wagen in die Weichteile. Diesmal tat es aber richtig weh, und ich räumte schleunigst das Feld, indem ich der Kasse zustrebte.

Zwei Kassen waren offen und ich stellte mich, aus Erfahrung klug geworden, an der längeren Schlange an. Jeder glaubt, dass eine kurze Schlange auch eine kurze Wartezeit bedeutet. Aber ich bin klug und weiß, dass die zu erwartenden Probleme reziprok proportional zur Länge der Warteschlange zunehmen.

Die renitente ältere Dame hatte sich an der kurzen Schlange angestellt und war schon dabei im Ausgangsbereich ihren Einkauf zu verstauen. Ich hatte in der Zwischenzeit gerade mal eine Wagenlänge geschafft. Also aus der Schlange ausgeschert und auch an die andere Kasse.

Kurz vor der Boxengasse dann die freundliche Stimme aus dem Lautsprecher: „ Wir schließen Kasse zwei – bitte nicht mehr auflegen!“

Kehrtwendung um 180 Grad und zurück an Kasse drei. Freundlich fragte ich den Herren, der zuvor hinter mir stand, ob ich wieder einscheren dürfe. Ein Pfiff und ein Fingerzeig seines umgekehrten Daumens in Richtung „Über die Schulter“ war alles, was er von sich gab.

Also zurück an das Ende und geduldig warten. Nach zehn Minuten hatte ich meinen ursprünglichen Stellplatz wieder erreicht und hörte erneut die freundliche Stimme aus dem Lautsprecher: „Wir öffnen Kasse 2 für Sie“. Wie aus dem Nichts entstand erneut eine kurze Schlange vor Kasse zwei. Nach gefühlt einer halben Stunde war auch ich dran: „Macht 46,75. Bar oder mit Karte?“.

Umständlich kramte ich meine Brille aus dem Futteral und entzifferte ihr Namensschild.
„Natürlich bar, Fräulein Schmidt – oder denken Sie, dass ich zulasse, dass ihre Firma mein Konto leerräumt?“

„Zum Einen heiße ich Frau Schmidt und zum Anderen ist Kartenzahlung heutzutage genauso sicher, wie Bares. Sammeln Sie Punkte?“

„Kleben sie sich ihre Punkte sonst wo hin und rechnen sie noch mal genau nach. Ich habe einen Warenwert von 29 Euro und 75 Cent ermittelt und bin nicht bereit ihr privates Taschengeld mitzufinanzieren!“

Frau Schmidt warf den Kassenzettel in den Einkaufswagen und wandte sich dem nächsten Kunden mit der Bemerkung zu:

„Wenn sie Reklamationen haben, dürfen sie sich gern an der Rezeption beschweren“.

Ach wie war es in meiner Jugend doch schön, als die dicke Erna in ihrem Dorfladen noch persönlich die Wurst und die Butter aus dem Vorratsraum holte, in Zeitungspapier packte, Zahlenkolonnen auf ein Zettelchen schrieb und kassierte. Als Kind bekam ich vor dem Gehen noch ein Scheibchen Gelbwurst von ihr über die Theke gereicht. Stets sagte ich artig „Danke“ und hoffte insgeheim, dass sie nach der Stallarbeit ihre Hände gewaschen hatte.

Keiner hatte Ohrenschmerzen oder partiellen Haarausfall und im Dorf gab es nur einen, der manchmal Selbstgespräche führte: Egon, der Knecht vom Bauern Blersch. Er war im Krieg auf eine Mine getreten und hatte seinen Einsatz für Führer, Volk und Vaterland mit einem kleinen Dachschaden bezahlt. Ohrenschmerzen hingegen kannte er nicht und die Kahlrasur von Hinterkopf und Seiten war militärisch korrekt und somit akzeptabel.
 

Ironbiber

Foren-Redakteur
Jetzt als Rentner gehört der samstägliche Wocheneinkauf im Supermarkt zu meiner Lieblingstätigkeit, der ich mich mit Hingabe widme und dabei die Regale systematisch abarbeite.

Natürlich könnte ich auch unter der Woche „shoppen“, wie die Jugend diese Tätigkeit heute nennt, möchte aber Beispiel geben und als erzieherische Maßnahme der gestressten Meute von Berufstätigen durch ruhiges und konzentriertes Wagenschieben in Gangmitte die Hektik ihres Alltags vor Augen führen.

„In der Ruhe liegt die Kraft“ antwortete ich dem kleinen Scheisskerl, der, drei Pizzen unter den Arm geklemmt, mich als mumifizierten Verkehrstau titulierte. Aber ich habe ihm sogleich verziehen als ich seine Behinderung bemerkte: Er hatte ein Ohrenleiden und in Folge seine Gehörgänge mit Stöpseln verschlossen. Zudem hielt er beim Gehen Selbstgespräche und litt in jungen Jahren schon an partiellem Haarausfall, der ihm das Aussehen eines Irokesen verlieh.

Um geistig fit und leistungsfähig zu bleiben, erstelle ich mir zuhause erst mal eine Liste, nummeriere sie hernach, der Abarbeitung entsprechend, mit Ziffern, schreibe sie neu und präge sie mir zu guter Letzt ein.

Die Nummer Eins waren Äpfel. Obst und Gemüse ist stets gleich am Eingangsbereich zu finden. Äpfel also. Ich mag aber überhaupt kein Obst. Nummer Zwei: Currywurst XXL für den Sonntag. Rein in den Wagen und weiter mit Nummer Drei: Staubsaugerbeutel S67. Aber die gibt es doch erst kurz vor der Kasse. War die Drei womöglich eine Dreizehn? Und was, um alles in der Welt, war dann die Vier? Oder gar die Fünf?.

Na gut. Im Arbeitsleben wurde ich von Vorgesetzten und Kollegen für meine Ruhe und Gelassenheit in kritischen Situationen geschätzt. In allen meinen Zeugnissen stand der Satz: „Er bemühte sich stets durch seine ruhige Art, den geforderten Arbeitsaufwand positiv zu betrachten“

Improvisation ist alles. Also in Spiralform linksdrehend durch die Regale und einsammeln, was ab Drei wohl noch auf der Liste gestanden haben hätte können (WOW - Ein grammatikalisches Highlight und wohl so falsch wie meine dritten Zähne).

Als weiteres Gehirntraining habe ich mir angewöhnt, die Preise der eingekauften Waren im Kopf zusammenzuzählen und bei einer Zahl, kleiner gleich dreißig, der Kasse zuzustreben. Es war so weit: 29,75! Aber ohne den Staubsaugerbeutel S67. Der kostet 9,98 Euro und würde mein Wochenbudget sprengen. Dann eben heute keinen Wohnungsputz nach dem Mittagsschläfchen und der Lektüre der Apothekenumschau.

Meine geistige Planung des verbleibenden Tagespensums wurde jäh unterbrochen, als mir eine aufgeregte ältere Dame ihren Wagen in die Seite rammte:

„Machen Sie halt mal Platz. Ich habe noch einen Termin beim Friseur!“.

Ich antwortete: „Keine Eile - der staubt ihre Perücke bestimmt in wenigen Minuten ab.“

Ein zweites Mal boxte sie mir energisch ihren Wagen in die Weichteile. Diesmal tat es aber richtig weh, und ich räumte schleunigst das Feld, indem ich der Kasse zustrebte.

Zwei Kassen waren offen und ich stellte mich, aus Erfahrung klug geworden, an der längeren Schlange an. Jeder glaubt, dass eine kurze Schlange auch eine kurze Wartezeit bedeutet. Aber ich bin klug und weiß, dass sich die zu erwartenden Probleme reziprok proportional zur Länge der Warteschlange verhalten.

Die renitente ältere Dame hatte sich an der kurzen Schlange angestellt und war schon dabei im Ausgangsbereich ihren Einkauf zu verstauen. Ich hatte in der Zwischenzeit gerade mal eine Wagenlänge geschafft. Also aus der Schlange ausgeschert und auch an die andere Kasse.

Kurz vor der Boxengasse dann die freundliche Stimme aus dem Lautsprecher: „ Wir schließen Kasse zwei – bitte nicht mehr auflegen!“

Kehrtwendung um 180 Grad und zurück an Kasse drei. Freundlich fragte ich den Herren, der zuvor hinter mir stand, ob ich wieder einscheren dürfe. Ein Pfiff und ein Fingerzeig seines umgekehrten Daumens in Richtung „Über die Schulter“ war alles, was er von sich gab.

Also zurück an das Ende und geduldig warten. Nach zehn Minuten hatte ich meinen ursprünglichen Stellplatz wieder erreicht und hörte erneut die freundliche Stimme aus dem Lautsprecher: „Wir öffnen Kasse 2 für Sie“. Wie aus dem Nichts entstand erneut eine kurze Schlange vor Kasse zwei. Nach gefühlt einer halben Stunde war auch ich dran: „Macht 46,75. Bar oder mit Karte?“.

Umständlich kramte ich meine Brille aus dem Futteral und entzifferte ihr Namensschild.
„Natürlich bar, Fräulein Schmidt – oder denken Sie, dass ich zulasse, dass ihre Firma mein Konto leerräumt?“

„Zum Einen heiße ich Frau Schmidt und zum Anderen ist Kartenzahlung heutzutage genauso sicher, wie Bares. Sammeln Sie Punkte?“

„Kleben sie sich ihre Punkte sonst wo hin und rechnen sie noch mal genau nach. Ich habe einen Warenwert von 29 Euro und 75 Cent ermittelt und bin nicht bereit ihr privates Taschengeld mitzufinanzieren!“

Frau Schmidt warf den Kassenzettel in den Einkaufswagen und wandte sich dem nächsten Kunden mit der Bemerkung zu:

„Wenn sie Reklamationen haben, dürfen sie sich gern an der Rezeption beschweren“.

Ach wie war es in meiner Jugend doch schön, als die dicke Erna in ihrem Dorfladen noch persönlich die Wurst und die Butter aus dem Vorratsraum holte, in Zeitungspapier packte, Zahlenkolonnen auf ein Zettelchen schrieb und kassierte. Als Kind bekam ich vor dem Gehen noch ein Scheibchen Gelbwurst von ihr über die Theke gereicht. Stets sagte ich artig „Danke“ und hoffte insgeheim, dass sie nach der Stallarbeit ihre Hände gewaschen hatte.

Keiner hatte Ohrenschmerzen oder partiellen Haarausfall und im Dorf gab es nur einen, der manchmal Selbstgespräche führte: Egon, der Knecht vom Bauern Blersch. Er war im Krieg auf eine Mine getreten und hatte seinen Einsatz für Führer, Volk und Vaterland mit einem kleinen Dachschaden bezahlt. Ohrenschmerzen hingegen kannte er nicht und die Kahlrasur von Hinterkopf und Seiten war militärisch korrekt und somit akzeptabel.
 



 
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