Besuch (Limerick)

anbas

Mitglied
Hi Gudrun!

Zwei Fehler:

a) Fliesen / Gießen ist ein unsauberer Reim (vor allem in Hamburg) - OK "Fehler" ist vielleicht zu hart :cool:.
b) In Hamburg gibt es kein schlechtes Wetter sondern höchstens falsche Kleidung :D.

Was die unsauberen, oft den verschiedenen Dialekten geschuldeten, Reime betrifft, so empfehle ich das Reimlexikon von Reclam. Da werden die unterschiedlichen Reimsilben genau unterteilt, so dass man im Zweifelsfall nachsehen kann, ob es passt (wenn man denn Zweifel hat...;)).

Liebe Grüße

Andreas
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Prinzipiell ist das ein guter Weg.
Es hängt aber eben auch davon ab, ob man seine Herkunft verleugnen möchte.
Limericks wirken nur bei großer Genauigkeit, da gehören sicher auch regionale Aspekte dazu.

Man könnte sagen: Andreas erklärt es präskriptiv, ich dagegen deskriptiv.

Präscriptiv sind Duden, Reimlexikon von Reclam und ähnliche Werke.

Descriptiv ist eher beschreibend als vorschreibend. Den Leuten aufs Maul schauen, wie Luther sagte.

Mit der Methode von Andreas bekommst Du immer einen formgerechten Limerick hin, nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Betrachte Deinen Akzent als Schatz. Nicht als Fehler.
 

Gudrun

Mitglied
Ich danke euch!
Wenn das mit dem Wetter stimmt, komm ich auch mal vorbei, mit Reservekleidung (und wenn mich die Österreicher nach dem Putzen wieder rein lassen).
Hatte keine Ahnung, dass man Reime im Duden finden kann, ein Reimlexikon - da sollte ich echt mal reinschauen. Ich bin ja eher so der AusdemBauchDichter oder -Schreiber. Erst bei euch bekomm ich Ahnung von der Theorie dahinter.
Wünsche euch noch einen angenehmen Abend beim fröhlichen Lesen (und Schreiben!).
 

anbas

Mitglied
Hallo Bernd,

um Missverständnisse zu vermeiden: Ich habe nichts gegen Dialekte und Akzente - im Gegenteil. Doch halte ich es für wichtig, dass man sich als Schreibende(r) bewusst darüber ist, wann es in den Dialekt/Akzent geht und wann nicht. Bei diesem Limerick hatte ich nicht das Gefühl, dass sich Gudrun bewusst war, dass es hier klangliche Unterschiede gibt.
Eine weitere Frage, die sich mir dann stellt, ist die, wo dann die Grenze zu "Fremdsprachigem und Mundart" ist. Hätte dieser Limerick dort gestanden, wäre ich zwar auch drüber gestolpert, hätte den Stolperer aber anders eingeordnet.



Hallo Gudrun,

ich habe jahrelang auch aus dem Bauch heraus gereimt. Das Reimlexikon ist mir inzwischen vor allem dann eine Hilfe, wenn ich unsicher bin, ob es überhaupt noch weitere Reimwörter für das Gedicht, an dem ich sitze, gibt. Falls nicht, muss ich evtl. den ganzen Vers neu "basteln". Natürlich hilft es auch, wenn man konkret auf der Suche nach weiteren Reimwörtern ist.

Es gibt auch online divers Reimlexika - die sind aber aus meiner Sicht längst nicht so gut, wie das Buch.

Kleine Anekdote am Rande: Als ich mir mein erstes Exemplar hier in Hamburg kaufen wollte (das ich dann irgendwann verloren habe), sagte mir der Verkäufer, dass man noch eins da hätte und eilte geradewegs zu einem Regal. Kurz davor bremste er ab und sagte: "Ach nein, das hat ja Udo Lindenberg gestern gekauft". - Es sieht also so aus, als ob auch die ganz Großen hin und wieder zu dieser Hilfe greifen ;).


Liebe Grüße

Andreas
 

Gudrun

Mitglied
Ich freu mich, dass du dich so mit meinem kurzen Text beschäftigst und ich lerne dabei.
Jetzt schick ich noch was Kurzes (und nicht böse sein, ist nur wegen des Reims):

Der Peter Handke aus Griffen,
hat beim Schreiben auf Reclam gepfiffen. (keine Ahnung, ob das stimmt)
Er baut lange Texte,
das ist das Verhexte.
Beim Lesen muß man sich bekiffen.

Liebe Grüße, Gudrun.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Mundart hat eigene Wörter, eigene Grammatik und meist eigene Rechtschreibung. Das ist beim Akzent nicht der Fall.

Standardsprache ist nach einem linguistischen Scherz eine Mundart mit einer Armee und einer Flotte de.wikipedia.org/wiki/Max_Weinreich . Die Standardsprache ist dann eine Mundart. Adelung schrieb noch ein Wörterbuch der hochdeutschen Mundart und meinte eine Art Standardwörterbuch, ohne es so zu nennen.

Vergleich: Aussprache s in Fliesen/fließen ist eine Frage des Akzents, wenn es Standardsprache oder an Standardhochdeutsch angelehnte Mundart ist.


Standardsprache: Kartoffeln, Hausschuhe, Hosen
Mundart: Ardöpfel, Socken, Husn (Itzgründisch, gehört zu den Oberfränkischen Dialekten)
 

Gudrun

Mitglied
Wow - das muß ich mir bei Tage nochmal genau durchlesen, heut geht nix mehr rein in meinen Kopf!
Gute Nacht.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Des Pudels Kern: Sehr grob gesprochen gibt es einen Nord-Süd-Unterschied.
Im Süden sind noch viele Spuren des Akzents zu finden. Im Norden: die Standardaussprache orientiert sich stark an Norddeutscher Aussprache.
Sehr vereinfacht: Dort war es früher eine Fremdsprache, nämlich Niederdeutsch/Plattdeutsch.
Beim Lernen von Hochdeutsch wurden viele Feinheiten nivelliert.
Heute gibt der Norddeutsche Akzent die Richtung vor.
Man könnte sagen, es ist Meißner Kanzleisprache + Norddeutsche Aussprache+ca. 300 Jahre Entwicklung.
 

James Blond

Mitglied
Es wollt´ unser Omma aus Giesn
den Somma in Leibzsch geniesn.
Das Weddar 's schlecht,
doch uns isses recht,
so putzt se seit Togn de Fliesn.
 

Gudrun

Mitglied
Lieber James! Der gefällt mir, auch wenn ich den Dialekt nicht kenne.
Lieber Anbas! Du hast mich neugierig gemacht, ich werde versuchen, so ein Reim-Lexikon aufzutreiben.
Lieber Bernd! Du bist ein echter Sprachwissenschaftler! Das bewundere ich, sogar die wenigen Inputs aus der Schule habe ich inzwischen vergessen. Ich war bisher zufrieden wenn der Anapäst den richtigen Rhythmus angibt und wenn es sich phonetisch reimt. Bei mir in Kärnten hört man keinen Unterschied zwischen ß und s (auch ohne Dialekt) - also würden die weißen Haare der weisen Frau und die Fliesen aus Gießen für mich durchaus reimen.
Ich versuch´s weiter und hoffe, bald mit Reim-Lexikon. Es grüßt und dankt euch - an diesem regnerischen Tag - Gudrun.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Bei mir in Kärnten hört man keinen Unterschied zwischen ß und s (auch ohne Dialekt) - also würden die weißen Haare der weisen Frau und die Fliesen aus Gießen für mich durchaus reimen.
Das ist Akzent. In der eigenen Sprachumgebung hört man sich und andere Hochdeutsch reden. Leute aus dem Norden sagen oft, es sei Dialekt.

Wenn jemand Emil (den Komiker aus der Schweiz) kennt:
Hier in meiner Umgebung denken viele, es sei Dialekt. Aber er spricht Standarddeutsch mit Schweizer Akzent. Meine Tochter hat mir mal erzählt, dass sie das verstanden hat, als sie in die Schweiz zog und wirklichen Dialekt hörte.

Deutsch ist eine "multizentrische" Sprache.

Aussprachestandards sind noch nicht sehr alt.

Da war zunächst die "Bühnenaussprache", die sehr deutliche Aussprache erforderte.
Heute gibt es Richtlinien für Standardaussprache, wenn man "neutral" klingen will, die gelten für z.B. Nachrichtensprecher.
Ich denke, sie sind auch in verschiedenen Ländern verschieden.

Es gibt einen Aussprache-Duden, der gibt Regeln für Deutschland an, im Wesentlichen.

Auf die Aufnahme von Regionalvarianten wie beim Rechtschreib-Duden konnte man sich nicht einigen.

---

Bei Limericks gibt es zwei Ansätze, die beide unterschiedlich aber richtig sind:

1. (wie Ciconia): Standardaussprache, orientiert am Aussprache-Duden.
2. Regionale Standards: Natürliche Alltagssprache.

In England ist man von strikter Anwendung einer Standardaussprache zu Anerkennung regionaler Formen übergegangen.

Also von "Die Sprache macht die Herkunft, die Herkunft macht es nicht." (My fair Lady)
Schauspieler dürfen in Filmen wieder Akzent sprechen.

Nebenbei:
Beim Hören von Nachrichten höre ich den Unterschied von stimmhaftem und stimmlosem "s" nur, wenn ich mich darauf konzentriere. Sonst höre ich nur alles als stimmlos.

Das liegt an meiner Prägung in den ersten Lebensjahren.

PS: Österreich hat eine andere Standardaussprache von Hochdeutsch als Deutschland. Dort ist der Limerick in der Originalfassung sogar völlig korrekt.
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
1. (wie Ciconia): Standardaussprache, orientiert am Aussprache-Duden.
2. Regionale Standards: Natürliche Alltagssprache.

Hieße das im Umkehrschluss, lieber Bernd, dass "Standardaussprache", also Schriftdeutsch, unnatürlich ist??
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Standardaussprache ist nicht Schriftdeutsch, sondern eine von Schriftdeutsch abgeleitete Aussprache. Schriftdeutsch ist eine Schriftsprache. Allerdings weiß ich nicht, ob es da auch andere Defvinitionen gibt.

Standardaussprache klingt im Alltag übertrieben. Da spricht man eher Umgangssprache.

Du merkst aber normalerweise gar nicht, dass Du nicht Standardaussprache verwendest. Dazu kommt, dass es mindestens 3 verschiedene Standards gibt. Eine davon beschreibt der Aussprache für die Bühne, eine andere eher die für Rundfunk und Fernsehen.
Dann gibt es die vom Ausspracheduden.

Wenn Du sie nicht gelernt hast, klingen sie unnatürlich. Wie wenn du eine Fremdsprache lernst.

Und sie sind unterschiedlich.

Zudem gibt es unterschiedliche Standards in Deutschland, der Schweiz und Österreich.
In Süddeutschland sprechen viele ähnlich, wie die Menschen in bestimmten Bereichen von Österreich.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
PS:

HfTL German course 10
Phonetik (Thema 10): Dialekte
Überblick


Neben der deutschen Standardaussprache – genauer gesagt: der Standardaussprache in Deutschland gibt es zwei weitere Standardvarietäten, die in den anderen beiden deutschsprachigen Ländern gesprochen werden:

Österreichisches Deutsch:
Schweizer Deutsch (gesprochen in der deutschsprachigen Schweiz):
In der Quelle gibt es auch Informationen zu Dialekten.
 



 
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