betr. Poesie

Schakim

Mitglied
Hallo zusammen!

Ich melde mich v.a. betreffend Poesie. Mir fällt auf, dass bei Autoren z.T. immer wieder kritisiert wird, wenn Versmass usw. nicht eingehalten werden oder eben nicht sauber gereimt ist. Oft sind das sowieso lyrische Erzählungen, die v.a. inhaltlich brillieren. Warum also mit Hebungen und Senkungen herumwerfen?

Man könnte also eventuell Poesie in zwei Sparten aufteilen. Die eine enthält Poesie mit Reimgedichten - hier kann man sich über dichterisches Handwerk auslassen, sämtliche Regeln wie Metrum, Versfüsse etc. heranziehen. Daneben aber die freie Poesie stellen, wo eher Inhaltliches diskutiert wird. So könnte der Autor von Anfang an entscheiden, in welcher Sparte seine Poesie landen soll und welcher Kritik er sich auszusetzen hat. Ebenso würden die Kritiker nicht wie Hyänen über ihre Opfer herstürzen... und müssten sich etwas zurückhalten.

Den Rest haben die andern vor mir schon gemeldet und es erübrigt sich eine Wiederholung.

Seid alle gegrüsst und lasst's gelingen!
Schakim
 
Z

ziner

Gast
Hallo Shakim,
wollen wir schon wieder tote Pferde reiten? Diese Diskussion ist alt, uralt. Aber sei's drum. Vielleicht kannst du mir eine Frage beantworten? Woran willst du wachsen, wenn nicht an Kritik? Oder: Warum stellst du deine Stücke hier aus, wenn du nicht möchtest, daß jemand etwas dazu sagt? Oder auch: Warum soll ich schlechte Texte lesen? Oder vielleicht: Warum schickt jemand einen LKW mit einem Zweitaktmotor und vier verschiedenen Radgrößen in ein Rennen und wundert sich, daß die Gemeinde lacht?

Oft sind das sowieso lyrische Erzählungen, die v.a. inhaltlich brillieren. Warum also mit Hebungen und Senkungen herumwerfen?

Weil das Herumwerfen mit Hebungen Senkungen, der von dir postulierten Billanz auf die Sprünge helfen, dem Text den drive, den Kick geben können. Weil ich gerne sehen möchte, daß der Autor "Dichtet" (nicht im Sinne von "gereimt"). Weil ich anhand des Textes sehen können will, wie der Autor den Gedanken in Text fasst, ihn ver"dichtet". So gut und edel - und brillant - mancher Gedanke sein mag, er gewinnt an Schärfe, wird er ge"dichtet" ist.

Als Beispiel mag dir hier ein Text von Paul Celan helfen:

DIE SCHWERMUTSSCHNELLEN HINDURCH,
am blanken
Wundenspiegel vorbei:
da werden die vierzig
entrindeten Lebensbäume geflößt.

Einzige Gegen-
schwimmerin, du
zählst sie, berührst die
alle.


Hierin steckt einen ganze (brillante) Geschichte.

Manch einer unserer Leberwurst-Poeten hätte dies auf achtzig Zeilen nicht zu sagen vermocht. Und darum ist Kritik wichtig. Nur darum.

So könnte der Autor von Anfang an entscheiden, in welcher Sparte seine Poesie landen soll und welcher Kritik er sich auszusetzen hat.

Das kann der Autor stets. Er kann auch entscheiden, welche Kritik er annimmt und welche er verwirft. Wenn du deinen Text inhaltlich diskutiert wissen willst, sage es. Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.

So, jetzt haben wir die toten Pferde noch ein wenig mehr zu Tode geritten.
 

Haget

Mitglied
MoinMoin Ziner,
es ist "modern" in der Poesie in Metaphern zu "sprechen". Es gibt (und gab schon viel früher!) aber unter dem Sammelbegriff POESIE oder GEDICHTE auch die Oden und die erzählenden Gedichte, die gereimt oder ungereimt und gegenüber der Erzählung deutlich verdichtet in unverhüllten Worten und Sätzen wirklich und real erzählen. Es muss keineswegs Ziel aller sein, die dargebotene gereimte Erzählung hinter Metaphern oder gebastelten Worthülsen zu verstecken.
 
Z

ziner

Gast
Vielleicht, Haget, machst du dir die Mühe genauer zu lesen.

Es muss keineswegs Ziel aller sein, die dargebotene gereimte Erzählung hinter Metaphern oder gebastelten Worthülsen zu verstecken.

Nein, Haget, da hast du Recht. Das habe ich auch nicht behauptet, oder gefordert. (Nebenbei: Was meinst du denn mit "Worthülsen"? Stroh dreschen?)
Hier ging es meines Erachtens auch nicht darum. Es ging um Form und Inhalt, nicht um Stil. Und es ging um die Kritik daran.
Übrigens bin ich nicht der Auffassung, daß erzählende Gedichte schlecht und verdammenswert sind. Aber auch sie, die Oden und epischen Gedichte, müssen einen Sprachrythmus haben. Müssen "gearbeitet" sein. Und hierbei kommt es eben doch wieder auf die Hebungen (und Senkungen) an.
Aber egal, die Pferde sind - wie gesagt - tot. Demnächst McFury-Wochen bei Mc D.

in diesem Sinne

z
 
L

Lyra

Gast
... das ist einfach nur albern und arogant, zinner!
hast du auch eigene worte mit denen du um dich schmeist oder ist zietieren deine stärke?

ich stimme schakim in seiner idee zu, mir ist das reimen auch zu wieder...und ich schreibe kaum solche gedichte.
es existieren doch hier mehrere foren doppelt, warum denn nicht dieser?
Gereimtes, fände ich nicht schlecht!
basta!!!
 

La Luna

Mitglied
Hi Folk,

wenn ich ein gereimtes Gedicht schreibe, z. B. ein Sonett, dann bin ich an diese strenge Form gebunden.
Wenn es mir misslingt, dann kann ich mich nicht nur auf den Inhalt berufen.
Beides, Inhalt sowie Form sind maßgeblich, um ein vollendetes Werk zu präsentieren.
Und es ist der Anspruch an mich selbst, nichts anderes einer Leserschaft vorzusetzen, als mein Bestmögliches.
Aber auch für das ungereimte Gedicht gibt es gewisse Regeln. Nur geht es hierbei weniger um Kadenzen, Daktylen etc., als vielmehr um Metrik. Auch sollte es einen gleichbleibenden Rhythmus aufweisen, damit es als Werk - im Sinne von Handwerk - erkannt wird.

Der Inhalt ist Inspiration, die Form ist Handwerk - immer.
Und so verstand ich auch Ziners Worte.


Liebe Grüße an euch
Julia
 

unbekannt2581

Verbotenes Mitglied
endreime sind eine mögliche form . es gibt viele formen.
aber einen inneren rhythmus sollte ein gedicht schon haben. immer. ich reime so gut wie nie, nicht weil ich reime ablehne, sondern weil ich auch im dialekt schreibe. und gereimtes in meinem dialekt hört sich immer und ewig wie eine büttenrede an, finde ich, also lass ich es.
an vielen "gereimten" gedichten hier in der lupe fällt allerdings auf ( zumeist negativ ) , dass das versmass, der innere rhythmus gnadenlos einem gerade gefunden endreim geopfert wird. es gibt da durchaus könner in ihrem fach.
warum sollte man das trennen wollen ?

ich kopiere mal hieher, was ich auf meiner hp als "meine", wohlgemerkt meine ureigenste definition von lyrik geschrieben habe.

vielleicht interessiert es den einen oder anderen.
es passt ganz gut hierher, glaube ich :

was ist lyrik für mich ?
( © 2001 michael bauer )
das hab ich für mich mal so definiert. wie gesagt das gilt zunächst nur für mich. dies ist keine wissenschaftliche abhandlung, sondern eine definition für mich als autor.

lyrik ist das „virtuelle fotografieren“ von empfindungen, gedankengängen, gefühlen, wertungen, gewichtungen, aushebelungen, neuordnungen, im gehirn zu worten „weiterverabeitet“ und verdichtet, von ballast befreit, komprimiert ( = verdichtet ) zu „wortverbindungen“, nachfolgend gedichte genannt.

die form ergibt sich aus der verarbeitung, zeigt den fluss der gedanken, folgt deren rythmus. der inhalt diktiert die form. die aussage dominiert alles. der grad der verdichtung richtet sich ausschliesslich am inhalt aus. eine statistisch-statische verarbeitung erfolgt ausschliesslich im unterbewussten. konstruktionen lehne ich für mich ab. nachbearbeitungen nur in zeitnähe.

lyrik lebt von bildern, gibt tiefe wieder, regt zu tiefe an. je tiefer die „gänge“ sind, desto lyrischer die lyrik; wobei tiefe nicht unverständnis implementiert, sozusagen ungüte der lyrik darstellt; nicht treudeutsche „bierernsthaftigkeit“ ist gemeint, nein verständnisstiefe, eindringen in die sache, die dinge, die welten; und wenn lachen angesagt ist, oder zynik, dann ist es so, ist. auch in der form.

die formen der lyrik sind so vielfältig, wie ihre protagonisten, so vielfältig wie ihre leser oder noch besser leser / hörer.

lyrik ist gut, wenn leser/in sich im gedicht wiederfindet, die gedankentiefe spürt und sich auf den wellen der verdichtung zu eigenen gedankengängen, empfindungen, gefühlen „genötigt“ fühlt.

ich staune über die meister der starren formen, bewundere sie, achte sie. ich vermag mich der fron der starren form allerdings nicht zu beugen. das muss ich zu oft. mich der starren form beugen. mich anpassen, dem zeitgeist frönen, einordnen, im rhythmus unserer sekundengeschichte mitpendeln, einordnen.

wenn ich lyre, will ich frei sein. nur meinen gedankengängen folgend, mein inneres aushorchen, die dummheiten der welt wiederkäuen und ausspucken, wenn es geht, befreit lachen, am liebsten über mich und meine schreiberei.

ich habe probleme mit worten wie kunst, lyrik, literaur. das sind schubladen, grosse worte, oft aufgeblasen, aufgebauscht, unverdichtet, am leben vorbei, bar jeder realität. wichtig für die kritik. kritiker / in braucht anhaltspunkte zum vergleichen. zum schreiben braucht man das nicht.

kunst wird zur kunst, weil irgendjemand sagt : das ist kunst. lyrik zur lyrik, weil...

so definiert ist meine „geschreibe“ lyrik. weil ich es so nenne. empfindet mein leser / kritiker auch so ist das werk gut. wenn nicht auch gut. es gibt noch mehr leser. und noch mehr dichter.....
 

Aceta

Mitglied
Der Sumpf der Leselupe ...

Zwischen Lyrik und Prosa gibt es Texte,
die eine straffere formale Struktur haben,
als reine Prosa, jedoch noch nicht so
verdichtet sind wie Gedichte.
Da derzeit in Poesie sehr viele Werke
eingestellt werden, wodurch sie geradezu
einander hinwegschwemmen - in einen Sumpf
des Verdrängens und Vergessens
könnten sinnvolle Aufteilungen der Foren
sicherlich beitragen, dieses lupenreine
Problem zu entschärfen. Deshalb finde ich
Schakims Vorschlag sehr bedenkenswert!
*lächel*
Aceta
 

Blueghost

Mitglied
Hallo zusammen!

Ich komme spät mit meiner Anmerkung, ich weiß. Allerdings hatte ich gerade einen ähnlichen Gedanken und wollte erst mal nachsehen, ob es so eine Diskussion nicht vielleicht schon vielfach gibt.

Ich fände eine Unterteilung innerhalb der bekannten bisherigen Kategorien (also als Untergruppen) durchaus interessant. Nicht so sehr, weil ich den Rest absolut nicht lesen wollte, als vielmehr, weil die meisten von uns doch ihren persönlichen Schwerpunkt haben, und konstruktive Kritik (positive wie negative) am effektivsten innerhalb der gleichen "Branche" ist. Auch ich finde, daß reimfreie Gedichte trotz allem einer gewissen Form bedürfen. Vieles, was ich hier gelesen habe, sieht aus wie ein Tagebucheintrag in den jemand willkürlich (oder auch nicht?) Zeilenumbrüche geschnitten hat. Aber ist denn jeder sinnierende Text ein Gedicht, nur weil ich Absätze einfüge? Ich habe da so meine Zweifel. Wer also primär reimfrei dichtet, kann denen gerade stilistisch und nicht nur inhaltlich leichter weiter helfen, die formelle Schwächen haben, ebenso, wie jemand mit dem Tenor auf Reimform und Versmaß eben in diesem Bereich seine eigenen Erfahrungen und Stärken eher einbringen kann.
Denn gerade der Inhalt gefällt oder gefällt eben nicht. Die Kunst besteht doch darin, einer inhaltlichen Idee ein passendes Vehikel mit auf den Weg zu geben, oder etwa nicht?

Grüße,
Blueghost
 

Schakim

Mitglied
Deiner Meinung

Hallo blueghost!

Kann ich bejahen. Der Inhalt ist wichtig und die Verpackung, wie der Inhalt rüber gebracht werden soll, ist schmückender Rahmen... Bilder wirken je nach Rahmen anders - Jedes Kunstmuseum ist darin eine wahre Fundgrube.... Lyrik wirkt genauso - je nach Versmass oder eben keins - wird der Inhalt so oder so betrachtet - d.h. manchmal ist dann auch nicht ganz klar, was die Kernaussage ist.

Dazu kommt, dass vieles rein intuitiv abläuft - Gefühlsmässig kann man sich in viele Poeten hinein versetzen, die einen liegen einem, die andern nicht - die einen könnte man als "Freunde" wahrnehmen, die andern wiederum als die grössten "Feinde"... Die einen hauen sich eins auf den Deckel, obwohl sie einander nicht kennen und die andern schmelzen dahin im sich gegenseitig Loben.

Schlussendlich bin ich der Meinung, dass dort, wo Kritik weiterführt, sinnvoll ist - und dort wo sie versandet, nicht unnötig böses Blut entstehen sollte!

Allen einen schönen Tag!
Schakim
 



 
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