Biggi

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Markus Veith

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Die alte Wohnungstür schwingt auf und kracht gegen die Flurwand. Ich kneife die Augen zu und warte, bis der Schmerz hinter ihnen nachlässt. Mich fröstelt.
Olaf grinst mich entschuldigend an. „Ich komme einfach nie dazu mal einen Stopper anzubringen“, entschuldigt er sich und schiebt seinen Trekking-Ranzen über die Schwelle. „Komm rein. Stell’ dein Zeug erst mal irgendwo hin.“
Ich nicke träge, wuchte das Gepäckstück gegen eine Wand und schließe mecha-nisch die Tür.
Olaf schaut in eines der Zimmer. „Biggi!? – Hm. Scheint nicht da zu sein. Brrr, ist das kalt hier.“ Nach einem Griff ans Thermostat öffnet er die nächste Tür und knipst das Licht an. Achtlos wirft er sein Gepäck vor einen Computertisch. Weiße Raufasertapeten, dichtbepacktes Bücherregal, darüber ein Sergeant-Pepper-Poster.
Ich lehne Schulter und Kopf gegen die Wand, angenehme Kühle gegen meine fieberwarme Schläfe. Es fällt mir immer schwerer die Augen offenzuhalten.
Olaf mustert mich, wobei er mitleidig lächeln muss. „Scheiße, Dirk. Gevatter Tod sieht fitter aus als du.“
„Hoffentlich trägt der mich, wenn er mich heute Nacht holt.“
„Soll ich nicht besser einen Arzt rufen?“
„Was anderes als Aspirin und Bettruhe rät der mir auch nicht.“
Olaf grinst breit und zieht seinen Mantel aus. „’Der Weise aber kroch ins Fass und sprach: Ja, ja, das kommt von das.’ Ich habe dich gewarnt. In dieser Jahres-zeit kannst du in New York nicht mehr mit einfacher Jeansjacke rumlaufen. Jetzt hast du deine Erkältung weg.“
„Willst du mir ’ne Predigt halten?“ knurre ich.
„Vergib mir, das habe ich von meiner Frau Mama.“ Lachend klopft er mir auf die Jeansschulter und entfernt sich in Richtung Küche. „Du gehst aber nicht ins Bett, bevor du etwas gegessen hast. Zumindest ’ne Suppe. Du hast im Flugzeug schon nichts angerührt.“
„Das lag aber nicht an der Erkältung“, brummle ich in Erinnerung an die Turbu-lenzen und trotte hinter Olaf her. Die helle Küche ist so schmal ist, dass man gerade eben zwischen Herd und Essecke vorbeikommt.
Mein Freund entdeckt eine Notiz. „Biggi kommt offenbar erst morgen vormit-tag wieder. Fein. Dann kannst du ihr Bett benutzen statt die Isomatte.“
„Bestens“, sage ich, ziehe den Stuhl vom Tisch und setze mich.
„Ochsenschwanz oder klare Brühe?“ fragt Olaf ins Innere eines Schrankes.
„Brühe“, knurre ich an meiner Hand vorbei, die es nicht schafft, meinen Schlä-fen durch Reiben Linderung zu verschaffen. Nach einigen hantierenden Geräu-schen setzt sich mein Gastgeber zu mir an den Tisch. Ich spüre seinen Handrü-cken an meiner Stirn. „Du hast Fieber.“
„Was du nicht sagst.“
„Viel Spaß heute nacht.“
Ich muss lächeln. „Und du glaubst, Biggi hat nichts dagegen, wenn ich mein Jeansjackenfieber in ihren Laken austobe?“
„Sie wird Mitleid haben“, grinst Olaf. „Sie studiert Veterinärmedizin.“
Ich habe Olaf während meines USA-Trips kennen gelernt. In einer Bar in Oak-land. Da kam dieser rundliche Typ mit dem ewig freundlichen Gesicht auf mich zu, setzte sich zu mir an den Tisch und fragte mich, aus welcher deutschen Stadt ich denn käme. Bis heute habe ich nicht aus ihm herausbekommen, was mich verraten hat. Olaf studiert Germanistik und ich habe gleich seine Schwäche für Wilhelm-Busch-Verse bemerkt. Ich wage die Vermutung, dass er das Gesamt-werk auswendig kann. Er ist ein lieber, umgänglicher, stets hilfsbereiter Zeitge-nosse. In San Francisco haben wir uns einige Tage und Nächte um die Ohren geschlagen haben und dann beschlossen, Amerika gemeinsam zu durchforsten. Allerdings hat Olaf eine Woche früher als ich zurückgemusst und da ich keine Lust mehr hatte, alleine herumzutingeln, flog ich mit ihm. Dafür hat er mich eingeladen, meine restliche freie Woche bei ihm in Gießen zu verbringen. Und da ich zu Hause eh nur herumgammeln würde, habe ich zugesagt. Erst vor unse-rem Abflug habe ich gemerkt, wie die Erkältung aufzog, die mich jetzt voll ge-packt hat.
Die Brühe ist verdammt heiß, aber sie tut gut. „Wie ist Biggi so?“ frage ich und schlürfe vorsichtig.
„Klasse. Würde ich sonst mit ihr zusammenwohnen?“ kommt Olafs Stimme aus dem Flur. Er räumt seinen Rucksack aus. „Lass dich überraschen. Lernst sie ja morgen kennen.“
Mir wird bewusst, dass mein Freund bisher nicht sonderlich viel von seiner Mitbewohnerin erzählt hat. „Habt ihr was miteinander?“
„Nö. Ich komme bestens mit ihr aus, aber sexuell ist sie nicht mein Typ.“ Sein rundes Gesicht erscheint im Türrahmen. „Na ja.“ Ein verlegenes Lächeln schleicht über seine Mundwinkel. „Kann auch sein, dass ich nicht ihr Typ bin.“
Ich schaue ihn über den Rand meiner Brille hinweg an. Er hebt kurz die Schul-tern und ist wieder verschwunden.
Mit einem Schluck Wasser spüle ich ein Aspirin herunter. Die Suppe hat mich wieder etwas aufgerichtet, doch fühle ich mich immer noch sehr matt. Ich will nichts wie ins Bett, spüre, wie das Fieber will, dass ich schlafe, damit es endlich aus mir heraus kann.
„Wo darf ich mich ausbreiten?“ frage ich und schlurfe in den Flur.
„Hier gleich.“ Olaf springt auf und öffnet die Tür zum Zimmer seiner Wohnge-nossin. Er marschiert auf das Bett zu, das längs an der Wand gegenüber steht. „Biggis Bettzeug tun wir besser runter. Ich geb’ dir meinen Schlafsack. Den kann man waschen, falls dir heute nacht das Fieber aus den Poren strömt.“ Er wirft Kissen und Decke in eine Ecke. Beim Hinausgehen wirft er einem skepti-schen Blick auf mich. „Du siehst zum Kotzen aus.“
„Danke“, knurre ich, ohne eine Miene zu verziehen.
Mitten im Zimmer steht eine große Rattan-Sitzschüssel. Daheim habe ich auch so eine. – Daheim. – Genüsslich lasse ich mich in die Mulde sinken. Ein, zwei Atemzüge lang rühre ich mich nicht, die Augen geschlossen, horche nur auf meinen Herzschlag. Ein in Tücher gewickelter Vorschlaghammer, der meine Schädelinnenwand zu zertrümmern droht.
Langsam lasse ich meinen Blick durch mein Domizils wandern. Ein Eckzim-mer, recht groß und altbauhoch. Hinter der Tür ein Bauernkoloss von Kleider-schrank. Überall steht Grünzeug. Ein Ficus auf einem Hocker in der Ecke. Am Fenstergriff hängen getrocknete rote Rosen; mit einem Wollfaden zu einem Bund geschnürt. Diese Art, die man abends in jeder Kneipe unter die Nase gehalten bekommt. Biggi wird mir sympathisch. In meiner Wohnung habe ich auch immer eine Rose auf dem Tisch. In einer dünnen Glasvase. Einfach so. Ich mag Rosen.
Unter dem dichtbegrünten Fensterbrett wacht ein Radiowecker. Das Bett ist ein einfaches Holzgestell, das nun, nur noch mit weißem Frottee bezogener Matrat-ze irgendwie nackt aussieht. Über dem Bett ein Poster von einem Wolf, der mit gesenktem Kopf durch den Schnee auf mich zu tapst. An die Stecknadel unten rechts ist ein beschriebenes Papier gepinnt. Ich kann die Schrift auf die Entfer-nung nicht entziffern.
„Hier. Schnapp.“ Meine Reflexe sind viel zu benommenen, um auf den Zuruf zu reagieren. Das zusammengeschnürte Wurfgeschoss landet in meinem Schoß. Hinter mir höre ich ein Glucksen. „Pack dich schon mal ein. Ich mach dir noch was zurecht.“
Mit einem gequälten Seufzer arbeite ich mich aus der Korbschüssel. Gähnend mache ich mich daran, mit so wenig Bewegungen wie möglich, den Schlafsack auszupacken. Dann ziehe ich den Bürostuhl heran und beginne, mich langsam zu entkleiden und meine Sachen über die Lehne zu legen. Der Stuhl gehört zu einem Computertisch. Ein Holzbord an der Wand biegt sich unter Folianten ü-ber Tiermedizin und einem Zimmerefeu. Mein Blick fällt auf ein Foto. Es haftet an dem PC-Monitor. Ein langweilig wirkender Mittezwanziger schaut so ver-kniffen, als habe er sich das Lächeln abmühen müssen. Unwillkürlich äffe ich seinen schiefen Mund nach.
An der Wand neben mir hängen gerahmte Fotografien. Sie sind nicht sehr pro-fessionell; wahrscheinlich hat Biggi sie selbst gemacht. Trotzdem: Hübsche Bilder. Ein Steindämon, aus unheimlich wirkendem Blickwinkel aufgenommen. Big Ben, Westminsterseite, die obere Hälfte vom Nachmittag vergoldet. Ein geborstener Baumstumpf, dessen Aufnahme ein bunter Lichtkegel verschönt. (Ich habe Zweifel, dass der beabsichtigt war.) Die Peter-Pan-Statue im Hyde-Park. Ich kenne sie, weil ich vor Jahren selbst mal davor stand. Obwohl sie eher klein ist, wirkt sie auf dem Bild hier groß. Biggi hat von unten nach oben foto-grafiert, um einen Lichteffekt durch die Bäume einzufangen. Ich muss verblüfft lächeln. Eine frühere Freundin, Julia, fotografierte auch gerne mit verdecktem Gegenlicht und von unten nach oben.
Shorts und T-Shirt lasse ich an. Auch die Socken. Meine Füße sind völlig ver-froren, während mein Kopf glüht und mir kalter Schweiß auf der Stirn steht. Elendig träge setze ich mich auf das Bett und schlüpfe umständlich in den Schlafsack. Ich beiße die Zähne zusammen, um sie am Klappern zu hindern. Der erste Moment in Schlafpellen ist immer so bitterkalt. Erleichtert und völlig fertig lehne ich mich an die Wand, spüre, wie es langsam wärmer wird. Ein Stecknadelkopf drückt gegen meinen Hinterkopf und ich entsinne mich des Zet-tels an dem Poster. Unbeholfen rutsche ich herum.

So schrei, mein Wolf
Berühre mich Fern - ganz nah
Mach die Augen zu Vergiss und vergib
Wenn eine Stimme in uns schreit Mit wildem Verlangen
Im Handumdrehen zerbrichst du mir das Herz
Und gefällst dir selbst dabei
Ich brülle in die Nacht
Du hast mir dein Wort gegeben
Mit der Hand, der ich vertraute
Liebe mich um Himmels willen
Unser Atem verstummt

Unten in der Ecke steht The Mission. Grundgütiger! Anmaßend, und dann auch noch schlecht.
Olaf kommt herein, in der Hand eine große Schale Dampfendes. „Hier. Das trinkst du jetzt. Keine Wiederrede.“
„Was ist das?“
„Trinken, nicht fragen.“
„Hast du das auch von deiner Frau Mama?“
Olaf grinst. „Trink, solange es noch heiß ist, mein Kleiner.“
Es ist sehr heiß. Schwaden ziehen über das Gesöff und man kann die Promille förmlich riechen. Ich puste und nippe. Alkohol kocht in mir herab, so dass ich die Augen zukneifen muss. Olaf grunzt belustigt. „Ein Beutel Hustentee, ein Beutel Schwarzer Tee, dazu der Saft einer ganzen Zitrone, drei Löffel Honig und zwei Pinnchen Strohrum. Wohl bekomm’s. Du wirst schlafen wie ein Murmeltier und schwitzen wie ein Eisbär in der Sahara. Darauf kannst du einen lassen.“
Ich nicke und bereite meine Zunge auf das nächste Nippen vor. Während ich trinke begutachte ich die andere Seite des Zimmers. Die Musikanlage. Der CD-Ständer. (Wetten, dass einige Mission-Alben dabei sind.) Der niedrige Holztisch vor dem Sofa. Die Couch mit einem lila-blau gemusterten Schonbezug über-deckt, der reichlich abgesessen wirkt. Zwischen zwei Kissen hockt eine Stoff-Miss-Piggy und grinst mich rosa an. Ich grinse zurück. „Miss Biggi, hm?“
Es knarrt verhalten, als Olaf sich in den Korbsessels sinken lässt. Er schaut zu dem Plüschschwein. „Ja. Die hat sie vor einem Jahr von ihren Kommilitonen zum Geburtstag bekommen. Zum Fünfundzwanzigsten.“
Links neben ihm ragt ein Bücherregal, halb von einem Gebüsch Russischen Weins verhangen. „Was liest sie so?“ frage ich interessiert. „Man hat mir mal gesagt, man könne einen Menschen anhand seines Bücherschrankes charakteri-sieren.“
„Was wohl?“ Olaf hebt belustigt die Brauen.
Ich erinnere mich an eines unserer Gespräche in Philadelphia über Mainstream-Verhalten. „Harry Potter?“
„Na klar. Aber immerhin nicht ausschließlich.“ Er wendet sich dem Regal zu. „Böll, Wilde, Pratchett, jede Menge Grass und die obligatorische Shakespeare-Komplett-Edition.“
„Günter Grass? Echt?“ staune ich. „Ich war mal auf einer seiner Lesungen. Jetzt habe ich eine signierte Ausgabe der ‚Blechtrommel’.“ Ich puste einige Schwa-den beiseite. „Ist sie hübsch?“ Irgendwie frage ich das immer, wenn ich mich über ein Mädchen unterhalte, dass ich noch nicht kenne. Olafs gedehnte Bestä-tigung lässt auf ein gewisses Maß heimliche Bewunderung schließen. „Kann dir aber kein Foto zeigen“, gesteht er fast schuldbewusst.
„Das da ist ihr Freund, nehme ich an“, sage ich und nicke zum PC hinüber.
„Karsten. Ja.“ Olaf runzelt die Stirn. „Komischer Vogel. Ziemlich abgehoben. Lässt sich von niemandem so gekonnt beeindrucken wie von sich selbst.“
„Hauptsache, du kommst mit ihr gut klar?“ sage ich zwischen zweimal Pusten.
„Na ja, die meiste Zeit schon ...“ Er druckst herum, schließlich grinst er etwas gequält: „Wo viele zarte Hände walten. Na, das ist so, wie es ist. Kellerschlüs-sel, Bodenschlüssel, führen leicht zu Zank und Zwist.“
„Busch?“
Er nickt. „Pater Filuzius. – Wie geht es dir jetzt?“
Die Schale ist fast leer. Ich merke wie heiße Müdigkeit sich in mir ausgebreitet hat und wie mein Blick meinen Augen hinterherhinkt. Meine Lider sind schwer wie Bleivorhänge. „Zwei Pinnchen?“ frage ich forschend.
Olaf schafft das breiteste Grinsen, das ich je gesehen habe. „Können auch drei-und-ein-bißchen gewesen sein.“
Ich lache matt und spüre, dass meine Batterien endgültig aufgebraucht sind. Beim Gähnen recken sich meine Halsschmerzen empfindlich.
Olaf erhebt sich. „Tobias sechs, Vers drei. – ‚Oh, Herr, er will mich fressen.’ Alles klar. Ich hab’ verstanden.“
Ich lasse mich einfach zur Seite sinken, nehme gerade noch wahr, wie das Licht ausgeht. Dunkelheit wickelt mich in ein schweres, warmes Samttuch. „Schlaf gut“, dringt Olafs Stimme zu mir durch. Ich sinke tief. In diese wohlige Wärme. Tiefer.
Ich sitze. In einer Reihe von Menschen. Viele Menschen. Vor, hinter, neben mir. Vierzig. Fünfzig. Jetzt stehen alle auf und applaudieren. Ich fühle mich ir-gendwie ertappt, springe auf und klatsche ebenfalls. „Ist er nicht wundervoll?!“ kreischt mir eine dicke Vettel ins Ohr.
„Ja, toll“, sage ich, ohne zu wissen, wen sie meint. Ich schaue nach vorn. Ein Mann – Schnauzer, schwarze Haare, Scheitel, Brille – sitzt an einem Tisch mit Mikrofon. Jetzt erhebt er sich zur Verbeugung und murmelt ein „Danke“ nach dem anderen. Von der Seite zischt mich eine Stimme an: „Nun geh’ schon. Gib ihm dein Buch.“
Julia! – Schau an!
Gleich darauf stehe ich in einer Menschenschlange. Viele Leute. Sie stehen auf einem Laufband, das ruckartig läuft und wieder anhält. Julia steht vor mir. Jeder hier hat ein Buch in der Hand. Auch ich. Ich schaue auf den Einband. ‚Biggi und der Wolf’
Wir gelangen an einen Tisch. Der dunkelhaarige Mann sitzt dahinter, eingehüllt in einer Rauchwolke, die aus seiner übergroßen Pfeife qualmt. Der Schnauzer passt gar nicht zu ihm. Er ist sichtbar angeklebt. Dieses Gesicht habe ich schon mal gesehen. Dieser verkniffene Mund ... Ich versuche, ihn nachzuäffen. Die Leute auf dem Förderband legen dem Mann ihre aufgeschlagenen Bücher vor und er drückt in jedes einen Stempel.
Julia kommt an die Reihe. „Könnten Sie bitte dazuschreiben: ‚Für Julia Verklenberg.’ Ach, das wär’ nett“, flötet sie überfreundlich.
Der Typ mit dem unechten Schnauzer grinst gekünstelt. „Ferkelberg war das, ja?“
Julia reagiert angesäuert. „Nein. Verklenberg“, wiederholt sie. „V-E-R-K-L-E-N-Berg.“
Der Typ holt einen Kuli hervor und erfüllt ihr den Wunsch. Vorher klickt er af-fektiert die Miene rein und raus. Ich will kein Autogramm. „Hab schon“, knurre ich.
Das Förderband läuft plötzlich ohne weiteres Stocken weiter und bringt uns zu einer Tür. Julia öffnet sie und wir betreten mein Zimmer. Daheim. Eine Hitze-welle schlägt mir entgegen. – Aber Moment! Hier stehen zwar meine Möbel, aber der Raum ist viel größer und altbauhoch. Doch auf dem Tisch steht eine Rose und meine Unordnung ist hier. Na also.
Julia stöhnt und stellt ihr Buch in meinen Schrank. Dann öffnet sie die oberen Knöpfe ihrer Bluse. „Eine Bullenhitze hast du hier.“
Ich will am Thermostaträdchen zu drehen. Aber irgendwie klemmt es und lässt sich nicht bewegen. Die Hitze ist wirklich zum Ersticken. Ich lasse mich in meinen Korbsessel fallen und lege die Füße über allen gestapelten Krempel auf den Beistelltisch. Nur die schmale Vase schiebe ich vorsichtig beiseite.
„Sogar deine Rose lässt den Kopf hängen.“ Julia betrachtet mitleidig die dursti-ge Schnittblume, die traurig ihr rotes Köpfchen hängen lässt. „Herzloser Kerl. Ich an ihrer Stelle würde mich in deiner trostlos ungrünen Bude auch nicht wohl fühlen. Nicht genug damit, dass du alle, die du kaufst, für dich selbst behältst.“
„Stimmt gar nicht“, verteidige ich mich und nehme die halb vertrocknete Rose aus der Vase. „Ich habe dir mal eine geschenkt. In der Kneipe.“
Julia winkt ab. „Och, ja. Die eine. Ganz im Anfang. Da warst du furchtbar be-trunken.“ Sie erhebt sich und geht zum Fenster. Vergeblich versucht sie, es zu öffnen.
Ich greife zu einem Filzstift, der irgendwo unter dem Durcheinander liegt und male die Schnittstelle der Rose blau aus. Das hatte ich damals auch gemacht, damit sie meine Rose sofort unter denen erkennt, die sie sonst noch so be-kommt. „Da“, sage ich und strecke sie ihr hin. „Nummer zwei.“
Julia dreht sich um, schaut zunächst erstaunt, dann freudig. Beides wirkt ge-künstelt. Aber sie weiß, dass ich das weiß und wie verdammt süß sie in diesem Augenblick aussieht. Mit ihren grünen Augen, den gewellten, dunkelblonden Haaren. Sie kommt auf mich zu und ich kann kaum abschätzen, ob sie es gut meint oder empört ist. Ich habe sie nie durchschauen können.
Dann explodiert sie. Alles um mich herum löst sich auf. – Nein, es schmilzt. Das Bild fließt in eine Finsternis hinunter. Schwindel wabert in meinem Kopf und ich bin nicht sicher, ob ich noch in dem Sessel sitze. Doch, es ist der Sessel. Das Rattangeflecht knarrt unter mir. Unter uns. Da ist ein erregendes Gewicht über mir. Es bewegt sich auf und ab. Räkelt sich. Verwöhnt mich, während ich in der Dunkelheit sitze. Julia. Ich spüre sie, rieche sie. Ihre Haut taucht in meine Haut, wie zwei Pfützen die sich ineinander schmiegen. Ihr Mund ist in meinem Mund. Ich liege, kralle meine Finger in Stoff. Ich kann nichts erkennen im Dunkel, nur Haut um mich herum. Ich höre ein Pumpen, ein Pulsieren, es wird schneller, gerät in Extase. Mein Gesicht brennt. Es ist umgeben, eingehüllt, von Weichem, Heißem, Waberndem. Julia schreit. Der Schrei hallt gegen hundert ferne Wände. „Fasse mich an! Halt’ mich fest!“ schreit sie mir durch die Dun-kelheit zu. „Reite, mein Wolf, reite mit mir!“ Links ist ihre Stimme weit weg. Rechts brüllte sie mir direkt ins Ohr. „Reite mit mir nach England, mein Wolf!“ Ich will das nicht, versuche den Kopf zu schütteln. Meine Zunge klebt an etwas Klebrigem. Wieder schreit Julia. Ich bin erschöpft, spüre meine Lenden nicht mehr. Ein meterhoher Obelisk hat sich aus meinem Körper gebohrt. Meine Fin-ger krallen sich fester, mein Halt droht zu reißen. Alles wird schneller, über-schlägt sich, pulsiert wie verrückt. Überall ist alles. Oben ist unter anderem un-ten. Ich halte die Luft an, erzittere. Sterne, Funken, Blitzlichtgewitter. Julias Schrei sickert in die Finsternis. Ich nehme alle Kraft zusammen. „Nein!“ schreie ich.
Plötzlich klatschen Farben an mir vorbei, verteilen sich zu einem Muster. War-mes Pastell ordnet sich zu Kreisen und Dreiecken. Julias Gesicht taucht vor mir aus der Tiefe auf, ganz nah an meinem. Ich sehe ihre nackten Schultern. Sie hat nun kurze Haare. Die Frisur macht sie erwachsener. „Nein?“ fragt sie atemlos und schaut mich ungläubig an.
Es gelingt mir, den Kopf zu schütteln. „Sei du meinetwegen dort und ich hier. Aber so, wie du dir das vorstellst, funktioniert das nicht.“
Ihre grünen Augen funkeln zornig. Oh, ich kenne diesen Raubkatzenblick. „A-ber du hast doch gesagt, dass du mich ...“ Sie stockt keuchend.
„Ich weiß, was ich gesagt habe“, bringe ich hervor. „Aber ich kann nicht.“
Wind kommt auf. Ich erfriere und verbrenne gleichzeitig. Julias kurzen Haare wehen zu allen Seiten, werden vom Wind in die Länge gezogen. Der pastellfar-bene Hintergrund flimmert vor Hitze.
„Du hast es geschworen!!“ brüllt sie. Es klingt unmenschlich. Dann schlägt sie zu. Ich weiß nicht, wohin, aber ich spüre die Schmerzen. Überall. In meinem Kopf, meinen Gliedern, meinen Innereien. Julia gebärdet sich wie wild. Immer wieder schlägt sie zu. Ich müsste bluten. Ich verblute! „Du hast es geschworen! DU HAST ES MIR GESCHWOREN!“
Ich versuche mich zu wehren, greife aber nur durch sie hindurch. Keinerlei Wiederstand. „Du Sau!“ schreie ich verzweifelt, meine Stimme überschlägt sich. „Lass mich in Ruhe, du Sau, lass mich in Ruhe!“
Ihr Gesicht wird größer. „Sau? SAU? JA!“ Ihre Stimme, völlig entartet. „ICH BIN EINE SAU!“ Ihr Gesicht. Immer größer. „ICH BIN EIN SCHWEIN!“ Mein Kopf! Mein Magen! Schmerz! „ICH BIN EIN FERKEL! EIN FERKELBERG!“ Ich sehe nur noch ihren Mund. Sie wird mich zerbeißen. Ich zerspringe, berste! Schmerzen! „F-E-R-K-E-L-BERG!!“
Mit einem Ruck richte ich mich auf. Um mich herum wankt alles. Meine Kehle fühlt sich entzündet an, mein Atmen ist wildes Japsen, und ich habe Mühe, mei-ne zitternden Arme auf dem durchnässten Laken ruhig zu halten. Ich schaue auf die Uhr auf der Fensterbank. – 11:43 – Vierzehn Stunden? Kann das sein? Ein dünner Pfeifton durchzieht mein Hirn wie ein leises, winselndes Fiepen, als hät-te ich die Zeit in der Disco vor den Lautsprechern verbracht. Weit dahinter ver-nehme ich leise Geräusche aus der Küche. Es dauert eine ganze Weile, bis ich die Reste des Traum-Puzzles einigermaßen sortiert habe. Die Kopfschmerzen hindern mich am Erinnern.
Was ist das gewesen? – Julia Verklenberg? – Der Name kramt Bilder aus mei-ner Vergangenheit. Ich lehne den Kopf an die Wand, schließe die Augen.
Es ist Jahre her. Wir waren sechzehn, als unsere Beziehung in der Schule be-gann. Sie ging weiter aufs Gymnasium, ich machte meine Lehre. Sie war ganz vernarrt in Tiere und begann nach der Schule eine Ausbildung zur Tierpflegerin. Ich brachte den Zivildienst hinter mich und arbeitete zwei Jahre, holte dann das Abitur in der Abendschule nach. In dieser Zeit hatte ich wenig Zeit für sie. Ir-gendwann bekam sie ein Angebot, für ein Jahr in England zu arbeiten. Ihre Tan-te war Tierärztin und hatte eine Praxis in Bristol. Sie bot ihrer Nichte an, bei ihr als Assistentin zu arbeiten. Julia wäre schön dumm gewesen, dieses Angebot auszuschlagen. Zuerst war ich davon nicht sonderlich begeistert, doch beim zweiten Nachdenken wurden mir die Vorzüge klar.
Nach sechs Jahren war unsere Beziehung reichlich ausgelutscht und irgendwie war es mir recht, dass sie weggehen wollte. Julia aber war bis dato gar nicht auf die Idee gekommen, unsere Beziehung auf Grund der Entfernung aufzugeben. Für mich war das jedoch eine klare Sache. Sechs Jahre hin, sechs Jahre her. – Es war eine schöne Zeit, aber jetzt gefiel mir der Gedanke an Freiheit immer bes-ser. Julia war kurz davor, ihr Jahr in England ausfallen zu lassen. Doch ich sagte ihr, ob sie bliebe oder nicht, es käme auf dasselbe heraus. Es kam zu einer scheußlichen Szene, an die ich nicht gern zurückdenke.
Einige Wochen später, nach ihrer Abschlussprüfung, war sie dann in Richtung England verschwunden. Ich habe nie wieder etwas von ihr gehört, gelesen oder gesehen, was mir, ehrlich gesagt, nie wirklich unrecht war.
Und jetzt hat die kurze Erinnerung durch einen Fotografierstil gereicht, mich in einen wilden Fiebertraum mit Julia zu verirren? Unfassbar.
All diese Details, die sich in den Traum eingeschlichen haben. Der Geruch ihres Körpers. Ich habe ihn immer noch in der Nase. Auch ihre Mimik und ihre Art, sich schwungvoll umzuwenden ... all das ist so realistisch gewesen. Dann die Sache mit der angemalten Rose. Und dieses Pastell-Muster. Dreiecke und Krei-se. Das hatte auch mit ihr zu tun. Fällt mir sicher noch ein. – Und wie wir da-mals in meinem Korbsessel ... Wow! Ja, auf meinen Sessel war sie immer nei-disch. Und die Lesung von Günter Grass damals, – stimmt, da war Julia auch mit. Aber im Traum ... das war nicht Grass. Der Typ im Traum war jemand, der nur als Günter Grass verkleidet war ... aber wer ...
Ich schaue zum Computertisch. Zum Monitor. Zu dem dort haftenden Foto.
Da ist das Gesicht. Dieser verkniffene, mühsame Versuch zu grinsen. Zum Schreien, was ein Traum so alles vermischen kann. Julia hat mich angeschrien. Ich hätte ihr etwas geschworen. Na ja, gut, ich habe ihr des öfteren etwas ge-schworen, aber ... Wolf. Das war es.
Wolf?!? Der Text an dem Poster. Da, über mir im Halbdunkel. Das Tier starrt mich an, als solle ich sein nächstes Opfer sein.
Mein Kopf gibt noch immer keine Ruhe. Da war noch mehr. Echos hallen durch mein Hirn. Ich lasse den Blick durch den Raum schweifen, – und er bleibt haf-ten. An der Miss-Piggy-Puppe auf dem Sofa. ‚Ich bin eine Sau! Ich bin ein Schwein! Ich bin ein Ferkel.’ Julia hat es immer tierisch gefuchst, wenn man ihren Namen wie Ferkelberg aussprach. ‚Die hat sie vor einem Jahr von ihren Kommilitonen zum Geburtstag bekommen. Zum Fünfundzwanzigsten.’
Biggi ist also 26. Genauso alt wie ich. ‚Miss Biggi, hm?’ Spitznamen ... Julia Verklenberg – Ferkelberg – Ferkel – Schweinchen – Miss Piggy – Miss Biggi – Biggi ... Manchmal vollziehen sie seltsame Metamorphosen.
‚Ich denke, sie wird Mitleid haben. Sie studiert Veterinärmedizin.’ – Da liegen die Bücher. Tiermedizin. Da oben auf dem Regal neben dem Zimmerefeu. 'Ich würde mich in deiner trostlos ungrünen Bude auch nicht wohl fühlen.'
Mir wird schwindelig. ‚Reite mit mir nach England, mein Wolf!’ Peter Pan. Hy-de-Park, Big Ben, Westminsterseite.
Aber das kann doch alles nicht ... Das Fieber. Ich muss den Kopf wieder klar kriegen, pelle mich aus dem schweißnassen Schlafsack. Möglichst langsam, um das dumpfe Gefühl hinter meiner Stirn nicht zu reizen. Dieser Geruch wallt mir um die Nase. Der altvertraute Liebesnachtduft ihres Körpers. Das Bett, die Mat-ratze, das Laken, alles hat den Geruch angenommen! – Ach was! Sie benutzen eben beide dasselbe Parfum!
Ich hebel mich von dem Schlaflager. Meine Beine sind Stelzen aus Pudding. Die Luft ist zum Ersticken, voller ausgeschwitzter Keime. Zum Fenster. Wahr-scheinlich wird es wie eine Coladose zischen, wenn ich es öffne.
Die Kühle tut gut. Am Fenstergriff rascheln die getrockneten Rosen. Sie hängen mit den Köpfen nach unten, die Schnittstellen nach oben. Eine ist dunkler als die anderen. Dunkelblau. Wie angemalt. Meine Finger zittern. Trockene Blätter zerbröseln.
Nein. Ein solcher Zufall, der ... das kann nicht sein! – Das Zimmer scheint sich zu drehen. Ich suche Halt an der Wand. Auf der Couch gegenüber sitzt die Muppet-Puppe und lacht mich divenhaft an. Das Halbdunkel macht daraus ein hämisches Grinsen. ‚Ich bin ein Schwein, ein Ferkel, eine Miss Biggy.’ Ich taumle auf sie zu. Stiche piesacken hinter meiner Stirn. Tief sinke ich in die durchgesessene Polsterung des Sofas. Die lilablaue Überdecke rutscht von den Rückenkissen. Beim Anblick des tatsächlichen Sofabezuges wird mir klar, wo-her ich das pastellfarbene Muster kenne. Dreiecke und Kreise. Oft genug habe ich mit Julia auf ihnen gelegen, ihren stöhnenden Kopf unter mir auf dem fahle Muster gesehen.
‚ Was liest sie so?’ ‚... jede Menge Grass ...’ ‚Nun geh schon. Gib ihm dein Buch.’ ‚Ich war mal auf einer seiner Lesungen.’ ‚Könnten Sie bitte dazuschreiben: Für Julia Verklenberg. Ach, das wär’ nett.’ ‚V-E-R-K-L-E-N-berg.’ Das Bücherregal. Ich traue mich gar nicht nachzusehen. Ich schiebe die Blätter des Russischen Weins wie einen Vorhang zur Seite. ‚Man kann einen Menschen anhand dessen charakterisieren, was er im Bücher-schrank stehen hat.’ Shakespeare, englischsprachig. Reclam-Heftchen. Heinrich Böll. Oscar Wilde. Eine ganze Ebene Terry Pratchett. Darunter: Die Blech-trommel. – Ziemlich abgegriffen. Ich nehme das Buch heraus. Der Filzschrei-ber, mit dem er schrieb hat, war fast leer. Trotzdem ist es deutlich zu lesen.
Für Julia VERKLENberg
Günter Grass
Ihr Name in Druckschrift. Er wurde diktiert.
Wie benommen lege ich das Buch fort, gehe langsam zum Schreibtischstuhl. Mir ist kalt. T-Shirt und Shorts sind klatschnass. Ich ziehe mich an. Dann ver-lasse ich das abgedunkelte Zimmer, tapse in die Küche, setze mich auf einen der Stühle. Mein Kopf fühlt sich an wie eine Stadt bei Stromausfall.
„Hallo?“ tönt Olafs Stimme aus dem Hintergrund. Ich drehe mich nicht um. „Na, wieder unter den Lebenden? ‚Eine Nacht lang war der Frosch sehr krank. Jetzt raucht er wieder. Gott sei Dank.’ Hast ganz schön rumort da drin. Wie geht’s dir heute? Waren ziemlich lange unter Deck, Käpt’n.“ Ich reagiere nicht, hypnotisiere nur den Wasserkocher. „’Allo, monsieur! Isch jemand zu ’ause?“ Olafs Finger schnippen vor meinen Augen. Ich glaube, ich runzle die Stirn.
„Kannst du mir einen Tee oder so was machen? Nur Tee. Nichts drin. Höchs-tens Zucker.“
„Oh.“ Olaf zuckt zusammen. „Ja, klar, kriegst du.“
Ich stütze den Kopf in meine Hände und höre, wie Olaf schweigsam den Tee zubereitet. Mein Gewissen macht sich bemerkbar. Aber ich kann nicht anders. Es könnte jetzt wer weiß was passieren, mir scheißegal, ich ließe es einfach ge-schehen.
Olaf stellt die volle Tasse vor mir auf den Tisch. TEA-TIME in geschwunge-nem Schriftzug. Der Löffel klimpert. Ich schaue Olaf an, versuche ein dankba-res Lächeln, weiß aber nicht, ob ich es hingekriegt habe. „Entschuldige bitte“, sage ich.
Er winkt ab und reicht mir die Zuckerdose. „Biggi hat vorhin angerufen. Sie kommt später.“ Seine Worte klingen schwammig.
Ich süße, rühre um, lutsche den Löffel trocken und schaue in seine Wölbung. Ich sehe mich verkehrt herum. Kreidebleich. Das Kinn auf der Hand. Sehe zum Kotzen aus.
Plötzlich ein Geräusch. Schlüsseldrehen. Weit hinter mir. „Na, wenn man vom Teufel spricht.“ Die Wohnungstür kracht gegen die Flurwand. Ich rühre mich nicht. Schaue weiterhin in die Löffelwölbung. Die Welt steht Kopf. Zwei ver-zerrte Gestalten bewegen sich im umgedrehten Flur.
„Na, Globetrotter, wie war’s?“
„Au, das dauert länger, fürchte ich. Ich erzähle dir später alles.“
„Aah, ist er das?“
„Ja, eben erst aufgestanden. – Sei gnädig mit ihm.“
Ich muss kichern. Die eine Gestalt in dem Löffel wird größer. Kurzes Blond. Steht ihr. Macht sie erwachsener.
„Hallo! Du hast also heute nacht in meinem Bett gefiebert. Wie geht es dir jetzt?“
Müde, ich bin so müde. Ich würde gern wieder zurück in dieses Bett.
„Den Umständen entsprechend“, murmle ich und drehe mich um. „Hallo, Julia. Wie geht’s?“


Januar – März 1996
überarbeitet im Juni 2003
 

Rainer

Mitglied
...habe NICHTS zu meckern...

hallo markus,

nachdem vierzehn tage lang niemandem ein konstruktiver kommentar eingefallen ist...
habe zwar auch ich keinen anzubieten, aber ich will dir nur schnell meinen eindruck schreiben.
obwohl mir relativ schnell klar war, bzw. ich es hoffte, dass biggi und julia die gleiche person sind, bin ich von deiner umsetzung trotzdem beeindruckt. logisch, zielstrebig und herrlich unbestimmt näherst du dich deinem ziel. nebenbei verpackst du noch biografien und zeitläufte so wunderbar leicht(ohne dass es leichte kost wird), dass mir das lesen großen spass bereitet hat. ob es nun grass sein muss, mag dahingestellt bleiben - ich hätte mir einen anderen, weniger honorierten und hofierten autor gewünscht - der langsame aufbau erinnert mich an eigene grippe- in verbindung mit alkohol induzierte träumereien.

viele grüße

rainer
 

Markus Veith

Mitglied
Hallo, Rainer!

Wow, Danke für dieses Lob. Nun ja, Grass habe ich genommen, weil er wirklich jedem bekannt ist und man sich im Grunde bloss einen dicken Schnauzer ankleben muss, um eine Assoziation an diesen Autor zu wecken. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich noch kein einziges Buch von Grass gelesen habe. Auch nicht die Blechtrommel.
Markus
 

Gandl

Mitglied
Grass?... who's that fuckin' guy?

Lieber Markus,
Rainer hat - wie eigentlich immer - schon alles gesagt.
Eine sehr schön "gebaute" Erzählung.
Ich war so voll drin, dass ich eben meine Haltestelle verpasst habe.
Und das passiert mir selten.
Mit dem Lesen von anderer Leute Träumen habe ich normalerweise
große Schwierigkeiten; bei Dir ist der Traum aber spannend und witzig,
ist keine irrationale Aneinanderreihung von Nichtigkeiten.
Eine prima Erzählung.
Vielen Dank,
ich hatte zwei schöne U-Bahn-Fahrten.
Liebe Grüße
Gandl

P.S. was n büschn stört sind die vielen Wort-trennungen.
 



 
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