bilanz

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Tula

Mitglied
bilanz


ich hatte damals viele pläne
mehrdimensionale gebilde
als lichtstrebender hyperbelkranz
symmetrisch geordnet und
traumdifferenziert

einer führte mich zum kap
scheitel jugendlicher sehnsüchte
fand die tafel nur am fuße des berges
tranken wir wein aus stellenbosch
für mehr war wieder keine zeit

ein paar pläne blieben mir
im hinterkopf dieser alte narr
meint es wäre nie zu spät
er hat seine eigene physik und
glaubt jetzt an wurmlöcher ...
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Tula,

deine Bilanz gefällt mir ausgesprochen gut.
Das ist nicht resignativ, sondern mit einem Augenzwinkern geschrieben und solange wir alle diesen alten Narren im Hinterkopf bewahren, wird alles gut.
Sehr gerne gelesen!

Liebe Grüße
Manfred
 
Hallo Tula,
inhaltlich gefällt mir deine "bilanz" sehr. Mit der 2. bis 4. Zeile der ersten Strophe habe ich ein wenig Mühe. Zu viele Adjektive, die mir außerdem auch etwas zu geschraubt wirken. Das Gedicht würde ohne diese Zeilen aus meiner Sicht besser klingen.
Nichts für ungut und herzliche Grüße
Karl
 

morgenklee

Mitglied
Narrativ / Gedicht

Hallo Tula

Deine "Bilanz" scheint mir doch eher etwas resignativ
zu sein. Aber dann schleicht sich der "alte Narr" in
den Text ein - und schon werden aus den Tiefschlägen
wieder Finckenschläge ("Alter Narr - was nun?").
Diesen Kontext willst Du wahrscheinlich gar nicht
herstellen. Aber ich - und schon funktioniert das
"Prinzip Hoffnung" wieder. ;-)

Ein "schwerer" Text mit leicht-ironischer Einfärbung.
Weiter so!

mfg m'klee
 

Tula

Mitglied
Lieber Manfred, Karl und Morgenklee

euch allen mein Dank für Kommentare und Bewertungen, über welche ich mich sehr gefreut habe.

Wie ihr herausgelesen habt, der Inhalt sollte nicht auf Resignation hindeuten, die Ironie der letzten Strophe bestätigt, dass der Narr noch herumspukt; er besteht auf theoretische Möglichkeiten, andere Lappen im Hirn antworten dann, dass sich diese in praktischer Hinsicht nicht ergeben (werden) :)

Zur ersten Strophe und der inhaltlichen Absicht:
Es geht um ' wirkliche Pläne', nicht irgendwelche Flausen der Jugend, mal irgendwann irgendwo hin zu reisen. Also: konkret, aber auch mehrschichtig, für Außenstehende nicht immer nachvollziehbar. 'Licht-strebend' steht sowohl für die Höhe der Ziele als auch für den Ehrgeiz des Lyrichs, als komplexe Funktion der Hyperbel andererseits für die Perfektion der besagten Pläne und auch ihre gedankliche Schönheit (als Hyperbelkranz), wobei man unter anderem auf die Verwendung der Hyperbel als stilistisches Element in der modernen Architektur verweisen könnte. Dann sind die Pläne auch symmetrisch geordnet – das deutet auf die Sorgfalt in der Planung hin, während 'differenzieren' hier in seiner doppelten Bedeutung steht, d.h. als mathematisch ausgerichtete Allegorie wird 'die Funktion der Zukunft (und des Berufswunsches) über die Träume differenziert'.

Vor der übermäßigen Benutzung von Adjektiven wird ja immer wieder gewarnt. Da nehme ich Vorschläge gern entgegen.

LG
Tula
 

Tula

Mitglied
bilanz


damals
standen die pläne fest
auf meiner sternenkarte
schlug ich jeden rat an das kreuz
des südens
vermaß der sextant den traumwinkel
der gestirne
hinter dem horizont

dann trug mich der strom
doch an einen dieser strände
jugendlicher sehnsüchte
fand die tafel nur am fuße des berges
tranken wir wein vom besten für mehr
war keine zeit

jetzt hängen die bilder
sich ab und an in meinen kopf
dieser alte narr
glaubt noch immer nicht an schwerkraft
kramt die karte wieder raus und
zeigt mir wurmlöcher …


--- erste Version ---

ich hatte damals viele pläne
mehrdimensionale gebilde
als lichtstrebender hyperbelkranz
symmetrisch geordnet und
traumdifferenziert

einer führte mich zum kap
scheitel jugendlicher sehnsüchte
fand die tafel nur am fuße des berges
tranken wir wein aus stellenbosch
für mehr war wieder keine zeit

ein paar pläne blieben mir
im hinterkopf dieser alte narr
meint es wäre nie zu spät
er hat seine eigene physik und
glaubt jetzt an wurmlöcher ...
 

Tula

Mitglied
Hallo nochmal

da Karl nicht der einzige Leser war, der die erste Strophe weniger zugänglich fand, habe ich eine neue Version erarbeitet.

Da die erste zweimal bewertet wurde, möchte ich sie dennoch stehen lassen, schon weil die Abänderung mehr oder weniger erheblich ist (etwa 40%). Das nimmt mir hoffentlich niemand krumm.

LG
Tula
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Tula!

Das nimmt dir niemand krumm.
Allerdings würde ich nur die erste Strophe ändern, die ist jetzt viel besser. Strophe 2 und 3 waren nach meiner Meinung in der ersten Version besser.

Liebe Grüße
Manfred
 

Tula

Mitglied
Hallo Manfred

Danke für dein feedback.
Zur zweiten Strophe: da wurde anderswo bemerkt, dass die zu sehr persönlichen Dinge vom Leser nicht unbedingt mit Interesse aufgenommen werden, d.h. der doch eindeutige geografische Bezug mag die einen berühren, andere aber langweilen. Die Idee war also, den Ort der Träume wirklich nur als wages Beispiel zu lassen, dann kann sich der Leser 'seinen/ihren Strand' selbst erträumen. Auf den Tafelberg habe ich am Ende dann aber doch nicht vollkommen verzichtet. Wer den nicht sieht, wird die Absicht dennoch erfassen.
Die dritte Strophe sollte etwas hoffnungsvoller und herzhafter sein, d.h. nicht so dicht an der Grenze der Resignation.

Dankeschön nochmals für dein Interesse an diesem Gedicht.

LG
Tula
 

Tula

Mitglied
Hallo revilo

Danke für feedback. - Ja sicherlich gingen auch andere Bilder und Vergleiche. Nun war die erste Version aber auch absichtlich nüchtern angelegt, mit einem Schuss subtiler Selbstironie. Mehr hatte ich nicht im Sinn.
Die zweite Version ist nun etwas 'farblicher' (hoffe ich jedenfalls); noch mehr sprachliche Farbe reinzubringen, weicht dann aber noch weiter von der eigentlichen Absicht ab. Unter Umständen könnte die erste Strophe noch euphorischer sein, aber dann ginge vielleicht auch verloren, dass es durchaus erreichbare Träume waren, die zielstrebig verfolgt wurden. Nicht irgendeine jugendliche Spinnerei.

Danke für's Reinlesen

LG
Tula
 

Tula

Mitglied
Hallo Patrick

vielen Dank für die Bewertung und Ermutigung. Diese kommt gerade recht, denn ich muss durch irgendein Wurmloch in eine lyrisch verarmte Parallelität gestürzt sein, d.h. hänge kreativ gesehen etwas durch :)

Liebe Grüße
Tula
 

revilo

Mitglied
Grüß dich...das Gedicht ist sicherlich nicht schlecht...aber es ist mir zu anschmiegsam geschrieben, weil du durchgängig eine bestimmte Art von Metaphern verwendest, so dass es auf Dauer gelesen ein wenig blutleer wirkt....mir fehlt das Rotzige, das gegen den Scheitel Bürsten....ich weiß nicht, ob ich mich verständlich ausgedrückt habe.....da ist wesentlich mehr drin....

Lg revilo
 

Tula

Mitglied
Hallo revilo

ich verstehe dich schon und gestehe auch, dass sich bei den Remineszenzen der Jugend in mir der Romantiker zu Worte meldet. Sicherlich geht es auch frecher, auch inhaltlich frei nach dem Motto "Scheiß auf die 50, jetzt erst recht volle Pulle!"

Wie dem auch sei, ich hebe mir deinen Ratschlag für spätere Versuche auf und belasse es bei dieser leicht verträumten Variante.

LG
Tula
 



 
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