bilanz (gelöscht)

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Manfred Groß

Mitglied
Es kommt was rüber in deinem Gedicht, etwas das mich bewegt und traurig macht, etwas das mich innerlich anstimmt. Existenz im Randbereich des Lebens. Hinausgedrängt? Gibt es Hoffnung? Herzliche Grüße!
 

ameise

Mitglied
Hallo Manfred,

danke für Deine Rückmeldung.
Meist entfachen die unschönen Erfahrungen in mir den Wunsch, darüber zu schreiben.
Das Scheitern, das zwischenmenschliche Dilemma etc. erzeugt einfach eine Energie, die irgendwie raus muss, z.B. in Gedichten.
Für die wirklich schönen Momente fehlen mir oft die Worte...
leider ;)

LG
ameise
 

Manfred Groß

Mitglied
... vielleicht ist es auch gar nicht verkehrt, dass einem für schöne Momente die Worte fehlen. Denn ist es nicht manchmal so, dass schöne Momente auch zerredet werden können? Und dann sind sie weg! Besser man zerredet die düsteren Momente, damit sie sich auflösen können.
 

revilo

Verboten
Das Gedicht ist ganz ok....... was mich aber erheblich stört, sind die vielen Zeilensprünge, die den Lesefluss gewaltig stören und die Qualität erheblich schmälern.... schade.... und jetzt erzähl mir bloß nicht, es sei so gewollt.... es gibt hier einige Gedichte, die durch Zeilensprünge als Lyrik getarnt werden und in Wahrheit nur belanglose Prosa sind... dazu gehört dieses Teil allerdings selbstverständlich nicht ...
LG revilo
 

Perry

Mitglied
Hallo ameise,

ich denke auch, dass das Leid einen größeren inneren Druck verursacht als Glück.
Was deine (Lebens)Bilanz anbelangt, lese ich rückblickend:

- in den kreis gestrandeter
- inmitten von salpetrigen wänden
und f6-Dauerqualm
- klingenblitze
- fremd unter fremden
- der leib gespeist und
scheitel gezogen
- gebügelt
auch der wille

Bilder, die von einem Aufwachsen am Rand einer autoritären Gesellschaft, ev. sogar in einem Kriegsland.

Das Fazit im Jetzt fällt nicht viel besser aus:

- immer
noch nicht zu hause...
- in grenzenloser zeit
verblichen -
die hoffnung
- hinter unsichtbaren zäunen

Insgesamt eine bedrückende Stimmung, die durch eine prägnante Bilderwahl beeindruckt.

LG
Manfred
 
O

orlando

Gast
Hallo Ameise,
mich erstaunt die Überzahl der Adjektive, die das Gedicht stark überfrachten.
Sind die denn wirklich alle nötig?
Müssen die Wände salpetrig, das Laken azurblau, das Garn locker, die Zeit grenzenlos und die Zäune unsichtbar sein?
Hier könntest du gut einiges streichen.
Der Aufwand machte sich sicherlich "bezahlt", denn im Kern ist das Gedicht interessant und schön bebildert.
Das verdorrte Bier und die Sache mit dem Scheitel gefallen mir ausgesprochen gut ...
LG, Orlando

Habe eben deine anderen Arbeiten wieder überflogen: Du zeigst diese "Macke" zum ersten Mal.
Warum nur, warum? ;)
 

ameise

Mitglied
Hallo Orlando,

danke, dass Du Dich gemeldet hast.
Das mit den Adjektiven ist an sich ein gutes Argument.
Azurblau muss das Laken nicht sein, stimmt. Mir stieg nur dieses Bild in den Schädel.
Was die anderen betrifft, so sind sie ganz bewusst gewählt / gesetzt:

Vorweg noch der Hinweis, dass das Gedicht nichts ersponnenes ist.

Die salpetrigen Wände sind noch deutlich im Gedächtnis verankert.
Das lockere Garn bedeutet schlichtweg, dass der Knopf (ich) mit seiner Mutter damals nur noch anmit einem äußerst dünnen Fädchen verbunden war. Locker meint hierbei, dass ich mich nicht festgehalten / verlassen fühlte usw.
Der Knopf, welcher beispielsweise locker an einem Hemd hängt,
ist für mich eine Metapher, fehlende Ordnung / Struktur im familiären Kontext darzustellen.
Das grenzenlose unserer Zeit, der sogenannte Zeitgeist, bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung.
Unsichtbare Zäune bedeutet, dass, von außen gesehen, mein Leben völlig in Ordnung ist. Ich aber spüre Widerstände in mir, Zäune, die für andere nicht unbedingt sichtbar sind.

Deshalb vermag ich es nicht, diese Adjektive zu streichen.
Vielleicht offenbare ich hier zuviel persönliches. Nicht gerade trendy. Oder?
Man(n) muss doch stark sein und was auf der Schippe haben!

P.S. Noch gehts ohne Psychologen ;)

LG
ameise
 

ameise

Mitglied
Hallo Manfred,

danke auch Dir für Dein Feedback.
Autoritär? Genau...
mein Stiefvater wird hier zum Teil porträtiert.
Wurde letztlich nicht vor ihm geschützt.

Komme an sich gut klar, wirklich:)
Doch manchmal steigen die alten Drachen aus der Vergangenheit eben auf, zumal der Herbst bald anbricht.

LG
ameise
 

ameise

Mitglied
Hallo Revilo,

habe das Gedicht auch öfters gelesen...
sehe das etwas anders.
Aber das macht ja nix.

Deine Gedanken sind dennoch hilfreich - wenn mal wieder zur "Feder" gegriffen wird.
Schreibe die Gedichte in der LL nahezu spontan und sofort am Rechner. Handschriftliches existiert schon lang nicht mehr.
Ist vielleicht nicht das klügste, aber eine "Macke", wie Orlando es in einem anderen Zusammenhang erwähnt hat.

LG zurück!
ameise
 

revilo

Verboten
Hallo Ameise... hinter dem Gedicht steckt eine bittere Erfahrung, die mit der starken Metapher F 6 verbunden ist..jetzt liest es sich flüssiger....
LG revilo
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo ameise!

Mir gefällt Dein Gedicht in allen Varianten - mit allen Adjektiven (ich finde keine überflüssig) - viel besser als meinen "Vorherlesern"; weil darin der Mensch unter den Verhärtungsmechanismen der beschriebenen Welt
nur
der leib gespeist und
scheitel gezogen

gebügelt
auch der wille
seine Eigenart des Empfindens verwahrt wie ein verbotenes Tierchen unter der Jacke und mit sich trägt.

Das Verbleichen der Hoffnung hinter unsichtbaren Zäunen hinterlässt am Ende etwas Anderes als Hoffnungslosigkeit. Darin liegt m.E. die Stärke dieser gefundenen Worte.

Vielleicht einen Raum. Vielleicht gegen das Warten.

Mit herzlichen Grüßen

Elke
 

ameise

Mitglied
Liebe Elke,

danke für Deinen Kommentar. Habe mich gefreut.
Das Tierchen unter der Jacke wollte einfach etwas Luft schnappen. Deshalb kam es zu diesem Gedicht. Dieses arme Geschöpf sprang heraus...
und vielleicht ist es glücklich damit ;).

LG
ameise
 
D

Die Dohle

Gast
hallo ameise, ein starkes stück. es stimmt, es ist sehr viel einfacher, leiden zu beschreiben als glück. da du, wie ich sehe, keineswegs nur das jammertal pflegst, probier doch mal ;-)

doch nun zu deinem gedicht, eine bittere bilanz. ich bastle mal, mich stören die vielen zeilenbrüche, mir ist das zuviel:

###

geboren an der flussbiegung
des lebens gestrandet im kreis
von mauersalpeter und kippenqualm

klingenblitze hinter dem laken
des kindlichen himmels

fremd unter fremden
knopf am lockeren garn
der leib gespeist zwar
und der scheitel gezogen
gebügelt der wille
während die blume verdorrte
im bierglas des vaters

jetzt, immer
noch nicht zu hause...

zwischen allegorien
und verstaubten seiten
zwischen kinderlärm

seifenopern
unter wolldecken
und mandarinengeruch

in purpurner zeit
verblichen die hoffnung
hinter unsichtbaren zäunen

###


... ob das weiterhilft? das poltert noch .... hoff, ich hab´s nicht zerlegt. nimm, was du davon brauchen kannst. es ist deines.

LG
Die Dohle
 
O

orlando

Gast
Hallo Ameise,
ich möchte mich noch einmal wegen der Adjektive zu Wort melden.
Was ich darüber weiß, bzw. neuerdings hinzugelernt habe, ist Folgendes: Eine so reiche Auswahl sollte - wenn überhaupt - nur in einem formal absolut strengen Gedicht vorkommen, also in der Regel in einem gereimten.
George arbeitete zuweilen in dieser Art - so viele wie du verwendete der allerdings nie. ;)

Mir geht es nicht darum, dein Gedicht schlechtzureden, finde es jedoch im Vergleich zu Bisherigem nicht so gelungen.
LG, orlando
 
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