Binnen-I, Männinnen und Parkuhreriche

ex-mact

Mitglied
Hallo,

ich möchte diese Diskussion anregen, da ich in den letzten Tagen - wieder einmal - eine angeregte kontroverse Diskussion mit einem Menschen geführt habe, der sich selbst als Feministin bezeichnet und es für unabdingbar hält, die Schrift- und Gemeinsprache mit "verweiblichten" Pluralen zu bereichern, mit "politisch korrekten" Berufsbezeichnungen und dem sogenannten Binnen-I, also einem im Wort großgeschriebenen "I" gefolgt von "nnen" zur Deutlichmachung davon, daß außer den (allgemein als geschlechts-unspezifisch verstandenen) "männlichen" Berufsausübenden auch die weiblichen Zugehörigen der jeweiligen Gruppe gemeint sind.

Meine Meinung hierzu ist, das wurde mir - vielleicht zu Recht - vorgeworfen, voreingenommen. Mir wurde gesagt, daß meine Beschwerde, der Lesefluss würde durch Binnen-I und "ungewöhnliche" Plural-Formen gestört, sei dadurch begründet, daß ich eben als Mann "männlich orientierte Texte" lese und daß über 99 Prozent der Texte im deutschen Sprachbereich nunmal eine Ausrichtung auf ausschließlich männliche Bezeichnungen verwende. Dem kann ich, da diese Argumentation mir sehr emotional und wenig hinterfragt vorkommt, kaum etwas entgegensetzen. Ich möchte aber meine Argumentation GEGEN Binnen-I und "falsche" Plurale hier kurz zusammenfassen:

"Man" ist ungeschlechtlich - genau so, wie im Englischen das "you" die unpersönliche, allgemeine Beispielfigur meinen kann, ist das "man" im Deutschen nicht auf den "Mann" sondern auf den "Menschen" bezogen. Beim "Menschen" beschweren sich selten Feministen über den maskulinen Artikel (sic - dieser ist es, der dem Begriff nunmal seine Geschlechtlichkeit verleiht, nicht der Begriff selbst), beim "man" passiert es häufig. Sprachgeschichtlich halte ich das für verfehlt - und sprachtechnisch für falsch, stattdessen von einer allgemeinen "frau" zu sprechen. Es wurde ja schon (von einer "starken Frau", die sich aber nicht als Feministen bezeichnet) angemerkt, daß das Gegenstück zum klassischen "Mann" das "Weib" ist, daß "Frau" die hochgestellte ("adlige") weibliche Person meint und erst heute im Zuge der Klassengleichheit die Frau allgemeiner Begriff ist.

Das Binnen-I stört mich deshalb, weil es MEINEN Lesefluss stört. Im Deutschen wird üblicherweise nicht mitten im Wort groß geschrieben, auch wenn das "Neudeutsche", das Computer-Begriffe übernimmt, Schreibweisen wie "WebSite" populär sind. Das Binnen-I stört mich weiterhin, weil es eine nicht-gleichstellende Betonung der weiblichen Form einbringt, was auch beim Sprechen deutlich wird. Auch viele Frauen, mit denen ich diskutiert habe, stimmen mir zu, daß sie nicht an ausschließlich männliche Ärzte denken, wenn davon die Rede ist, daß die Deutsche Ärztekamme einen Beschluss gefasst hat. Meiner Meinung nach sind Berufsbezeichnungen sowohl historisch etabliert und bezeichnen für einen modernen Menschen immer einen "geschlechtsunspezifischen Angehörigen" der entsprechenden Gruppe ("der Angehörige" ist hier auch maskulin - na und?). Die Verfremdung der normalen Umgangs- und Schriftsprache mit "neuen" Pluralen führt meiner Meinung nicht dazu, wie von meinem Diskussions-"gegner" behauptet, daß Sprecher und Schreiber aufmerksam werden auf ihre sexistische, Frauenfeindliche Denkweise - sondern es stört in manchen Fällen die Rezipienten, in anderen führt es zu gar keinem Effekt, weil die Kommunikationspartner sich ohnehin einig sind.

Mein Beispiel, man spreche auch nicht vom "Krankenschwesterich" wurde abgetan als typische Überheblichkeit der Männer, die dann eben nicht den "Krankenbruder" eingeführt hätten sondern den "Krankenpfleger" und damit wieder eine qualitative Wertung zwischen Mann und Frau vornähmen. Ich konnte dem nicht zustimmen, mir fehlten aber Argumente, diese Denkweise aufzubrechen.

Wie ich an anderer Stelle in diesem Umfeld bereits laut dachte, halte ich Frauen eher für Menschen der Tat: ich kenne viele sich selbst gleichberechtigende Frauen, die nicht über Feminismus reden und an allen möglichen Stellen gegen "männliche Strukturen" demonstrieren sondern sich ihre Rechte und ihre Anerkennung einfach nehmen. Ich bin mit einer solchen Frau glücklicherweise verheiratet und mein Glaube an die "Weiberwelt" ist somit recht gefestigt. Nun interessiert mich aber die Meinung sowohl der Autorinnen hier als auch der Autoren - und ich bin gespannt, ob Argumente für oder wider diese Spielart des theoretischen Feminismus vorgebracht werden.

Marc Albrecht
 

urte

Mitglied
Meine Güte

Muß das immer nochmal sein? Es war m.W. jon, die dazu kürzlich eine definitive Kurz-Satire in einem Thread geschrieben hat, die ich aber leider jetzt nicht wiederfinden konnte. (Wenn schon diese Diskussion, dann übrigens bitte auch die Unterscheidung zwischen sexus und genus - oder so).
Freundliche Grüße, Urte
 

gladiator

Mitglied
Ich finde....

...es erstaunlich, wieviel Gedanken man sich darüber machen kann. Die Feminisierung der deutschen Sprache, wie sie immer mal wieder gefordert wird, ist eine Vergewaltigung des Sprachgefühls und des -flusses. An der Uni kannte ich mal einen, der hießt Manfred und wollte nur noch Menschfred genannt werden. Auf Manfred hat er einfach nicht mehr gehört. Das ist doch total daneben. Ich finde, die feministische Bewegung hat erstmal ganz andere Problem zu lösen, als ein paar sprachliche Eigenheiten zu bekritteln.

So, jetzt habe ich schon wieder viel zu viel geschrieben.
 
JAAAAAAAA, als überzeugter Feminist bin ich natürlich dazu verpflichtet, an der Vergewaltigung der männlichen Sprache teilzunehmen. Deshalb habe ich eine/n KatalogIn mit ForderungInnen erstellt, der/die meiner Meinung nach in Zukunft von allen eingehalten werden sollte:

1. sollte jedes weibliche "Mitglied" in Zukunft als "Ohneglied" bezeichnet werden.
2. fordere ich, daß es nicht mehr "DER Gott" heißen sollte, sondern "DAS Gott", also geschlechtlich neutral
3. desweiteren sollte das Geschlecht der Himmelsgestirne neutralisiert werden, also "DAS Sonne", "DAS Mond" und "DAS Stern", oder das Geschlecht entsprechend spezifiziert werden, also "Die Sonnin - Der Sonne", "Die Mondin - der Mond" und "Die Sternin - Der Stern"

...und wenn wir grade dabei sind, schaffen wir auch gleich eine Ungerechtigkeit uns Männern gegenüber aus der Welt und schaffen die einheitliche Verweiblichung aller Menschengruppen ab. "DIE Männer" ist nämlich absoluter Schwachsinn, es sollte "DER Männer" heißen.

Außerdem fordere ich im Zuge der Gleichberechtigung die anatomische Anpassung des Mannes an die Frau, daher sollte eine Zwangskastration gesetzlich eingeführt werden. Da im Grundgesetz festgeschrieben ist, daß alle Menschen gleich sind, werde ich notfalls diese Anpassung in Karlsruhe einklagen.

Mit freundlichen GrüssInnen, S.Teichmann, Sprachfeminist und -terrorist
 
B

beisswenger

Gast
Werter Herr Kollege,
ich bin mir sicher, dass es wichtigere Diskussionen gibt!
Da wir bereits beim Thema sind, hier meine Meinung:

Jeder soll schreiben, wie er es für richtig hält.
Sprache lebt! Sprache verändert sich im Zeitpfeil!
Sprache ist individuell, Sprache kann schön sein!
Mir persönlich gefällt der kurze, knappe Ausdruck ohne Redundanz. Hier bin ich Ökonom und schreibe nach dem Minimalprinzip. Ich scheiße auf die "Political Correctness"! Ich akzeptiere die Meinung der Feministinnen und habe keine Probleme mit ihrem Standpunkt, der von meinem stark abweicht.

Demokratie leben heißt Toleranz leben nach dem kategorischen Imperativ!

Guten Abend, werte Kolleginnen und Kollegen!
 
L

loona

Gast
Tach auch...

Ich kann mich an das große Binnen-I auch nicht so recht gewöhnen, finde aber den Ansatz durchaus gut. (Im übrigen schreibe ich auch hin und wieder Binnen-Capitals, besonders bei englischen Worten, die ja eigentlich eigentlich gesamt-klein zu schreiben wären... ;-) )

Weitere Diskussionen über Sprache und ihre Anwendung erspare ich mir (inzwischen?), denn Sprache ändert sich durch ihre Anwendung und nicht durch die Diskussion darüber - auch sollte ein Umdenken im feministischen Sinne nicht in der Sprache beginnen und irgendwann dann in den Taten enden, sondern umgekehrt (eben aus dem Grund, daß Sprache sich erst beim Gebrauch ändert, wie wir ja auch an der großen, vergangenen Rechtschreibreform sehen werden und den beiden Generationen, die daraus entstehen - prä- und postreform-Deutsch noch 50 Jahre lang)

In diesem Sinne

Gruß

loona, die meist "mensch" statt "man" schreibt, aber bereit ist, das als persönliche Schrulligkeit anerkannt zu bekommen und keinerlei missionarischen Eifer an den Tag legt, was diesen Sprachgebrauch anbelangt...
 

lara_star

Mitglied
Über Terrorismus und Vergewaltigung der armen Sprache

Hallo zusammen,
also ich finde es prinzipiell überflüssig sich derart darüber zu ereifern.
Aber wenn man sich mit Extremisten runstreitet, ist das wohl ärgerlich. Aufgeklärter Feminismus kommt meiner Meinung nach von anders denken und nicht von der Zwanghaftigkeit dies in jeglicher Form (auch der Sprache) übertrieben (da liegt für mich der Knackpunkt) auszuleben.
Ich finde ein bischen Toleranz ist einfach angebracht, auf beiden Seiten. Ich verwende die "Innen" recht selten, auch wenn mein Umfeld extremst P.C. orientiert ist, wenn sie ein Problem mit meinem Sprachgebrauch haben, ist es noch lang nicht meins, auch wenn sie es dazu machen wollen.
Ich find es es so schlecht nicht jedem Ding seinen eigenen Namen zu geben, anstatt alles in eins zu verpacken.
Mit diesem Wandel nicht leben zu wollen, finde ich einfach ein wenig unflexibel.
Darüber zu streiten ist ebenfalls müßig, aber an manchen Tagen komme ich auch nicht umhin überall meinen Senf dzu zu geben.
:)
So long,
Lara Star
 

Andrea

Mitglied
Das ist etwas länger geworden..

Als die ersten Feministinnen und Feministen anfingen, eine gleichberechtigte Sprache zu fordern (wenn schon unsere Gesellschaft keine solche ist..), gab es viele schöne Gegenargumente. Eine der beliebtesten Taktiken, um Diskussionen über eine derartige Veränderung der Sprache im Keim zu ersticken, war, die "feministische" Sprache kurzerhand ins Lächerliche zu ziehen, und wie ich sehe, ist diese Taktik immer noch überaus beliebt. Ja, möchte ich da doch ausrufen, weiter so, lieber Kinder und Kinderinnen! Reden wir auf unsere Anrufbeantworterin, wenn uns sonst schon niemand zuhört.. und versuchen wir einfach den Gedanken zu verdrängen, daß Sprache wohl einen der elementarsten Einflüsse auf unser Denken hat. Oder denkt ihr nur in Bildern? Ignorieren wir die Tatsache, daß Frauen seit Jahrzehnten, ach: Jahrhunderten, immer "mitgemeint" waren, daß es natürlich keinen wie auch immer gearteten Ausschluß gab und, nebenbei, auch die Tatsache, daß eine veränderte Sprache Kennzeichen einer veränderten Gesellschaft ist (weswegen sich z.B. in einer globalisierenden Welt auch der hohe Anteil an Anglizismen in der dtsch. Sprache erklären ließe).

Als sich die meisten Berufsbezeichnungen geprägt haben, war die Geschlechterzuordnung noch ziemlich einfach, und weil das System der -männer und der -ers so einleuchtend war - und Sprache nun mal auf Strukturen basiert - wurde es bis heute übernommen. Jetzt gibt es auch Frauen, die "Kaufmänner" und "Ärzte" und "Studenten" und "Fabrikarbeiter" geworden sind. Ja was, verdammich, ist denn so unglaublich schlimm daran, daß wir dann auch unsere Sprache nutzen und diese Bezeichnungen variieren, zu aller mindesten, wenn wir ein Individuum ansprechen? Oder wenn wir, wo es geht, uns um geschlechtsneurale Bezeichnungen bemühen, wie etwa dem "Studierenausweis"?

Niemand, meine Herren und Damen, verlangt ernsthaft, jedwedes "Mann" aus der Sprache zu streichen. Niemand verlangt eine Aufhebung von Sexus (biol. Geschlecht) und Genus (gramm. Geschlecht). Vielleicht haben es einige (Frauen) einfach nur satt, ständig mitgemeint zu werden. Vielleicht reagieren sie "zickig". Aber wer will's ihnen verdenken? Die priviligierte Männerwelt?


Übrigens: "frau" statt "man" halte ich für kindisch. Das Binnen-I benutze ich nur, wenn ich Platz sparen möchte (es ist ja immerhin graphisch - oder ist es zu anstrengend, in Gedanken z.B. bei AnwenderInnen "Anwender und Anwenderinnen" zu lesen?), sonst bevorzuge ich die Nennung beider Formen - zumindest bei Personengruppen, die nicht Teil einer längeren Wortkonstruktion wie Ärtzekammer sind. Und ich fühle mich nicht angesprochen, wenn lediglich die männliche Form benutzt wird.

So. Jetzt macht euch "lächsielich".
 

ex-mact

Mitglied
Moin, Andrea,

danke dafür, daß Du wenigstens eine Diskussion wagst. Wie man (sic!) an Deiner Formulierung sieht, bist Du wirklich dagegen, das "man" zu streichen - schließlich schreibst Du "nieMANd" :)

Zum Glück hat meine Diskussionspartnerin die dumme Sitte des "frau tut so etwas nicht" nicht angewendet - der Hinweis auf "frau statt man" war also mehr generischer Natur.

Natürlich mache ich die Verwenderinnen alberner Sprachkonstrukte lächerlich, indem ich von Parkuhrerichen und Kühlschränkinnen schreibe - denn so etwas (genau wie die Begründung für's Binnen-I und die agressive-arrogante Verweiblichung aller Plurale) IST lächerlich. Ich suchte lediglich nach Argumenten dafür (oder dagegen), denn eine Diskussion hierüber gerät allzuschnell in die üblichen Rollenspielchen (ich-arme-Frau-Du-grundsätzlich-böser-Mann), die, wie Du richtig schreibst, kindisch sind. Dabei ist "kind" nicht im wörtlichen Sinne zu gebrauchen, denn kein Kind stellt sich so DÄMlich an wie die Missbraucherinnen der deutschen Sprache, die ihre Chancen zur Durchsetzung einer Gleichberechtigung verspielen, indem sie Freund und Feindin gegen sich aufbringen.

Abschließend erlaube (und sielaube) ich mir hier einfach mal, mich in der und dem Runde zu bedanken dafür, daß sich hier offensichtbarlich alle einig sind: werfen wir altertümliche Feminin-Plurale von Maskulin-Begriffen über Bord, schaffen wir den allgemeinen Begriff "frau" statt "man" ab und sprechen wir zukünftig nur noch von den Leuten, die wir persönlich kennen. Was gehen uns schon Frauen allgemein an - wenn Andrea z.B. nicht mitgemein ist, weil sie sich nicht angesprochen fühlt? Oder was gehen uns Menschen im Allgemeinen an (DER Mensch), wenn DER Mensch, den wir meinen, sich nicht gemeint fühlt... oder wie oder wer?

Allenthalben eine schöne Nacht und einen guten Morgen - womit der Gleichberechtigung hoffentlich Genüge getutet wurde.
 
andrea: "Eine der beliebtesten Taktiken, um Diskussionen über eine derartige Veränderung der Sprache im Keim zu ersticken, war, die "feministische" Sprache kurzerhand ins Lächerliche zu ziehen, und wie ich sehe, ist diese Taktik immer noch überaus beliebt."

Ich ziehe die Diskussion keineswegs ins Lächerliche, ich finde die Diskussion an sich schon lächerlich.

Sprache ist etwas, was sich über Jahrhunderte hinweg langsam entwickelt. Mag sein, daß sich die deutsche Sprache aufgrund gesellschaftlicher Mißstände in der Vergangenheit in Bezug auf den weiblichen Teil der Bevölkerung nicht gerade positiv entwickelt hat. Ich gebe auch gerne zu, daß die deutsche Sprache (bis auf wenige Ausnahmen) sehr auf den männlichen Teil der Bevölkerung fixiert ist und den Frauen kaum Beachtung schenkt. Das heiße ich nicht unbedingt gut, aber so hat sich die Sprache nun mal entwickelt. Daß aber nun die Feministinnen mit aller Gewalt versuchen, die Sprache "gerechter" zu machen, ist einfach nur Schwachsinn. Man erreicht mit der Holzhammer-Methode keine wirkliche Veränderung. Das einzige, was die Feministinnen auf diese Weise erreichen, ist, daß sie vom männlichen Teil der Bevölkerung nur müde belächelt und nicht mehr ernst genommen werden.
Meiner Ansicht nach wird die gesellschaftliche Veränderung hinsichtlich der Emanzipation automatisch auch eine Veränderung der Sprache mit sich führen. Diese wird allerdings ihre Zeit in Anspruch nehmen und eher unbewußt über die Bühne gehen.

Mit freundlichen GrüssInnen (konnt ich mir jetzt doch nicht verkneifen), S.Teichmann
 
K

kolibri

Gast
Mir scheint’s fast so, als ob sich an dieser Stelle einige >arme Männer< dem (ihrer Ansicht nach) lächerlich bis mißratenen Sprachgebrauch >grundsätzlich bösartiger Frauen< zur Wehr setzen müßten. Das Drängen auf eine gleichberechtigte Sprache, ist aber keineswegs lächerlich und schon gar nicht geht es darum, die männliche Form gänzlich durch die weibliche auszutauschen, auch wenn dies von unterdrückt geglaubten Männern gerne so dargestellt wird. Lächerlich ist es wohl aber, den traditionellen, und wahrhaft einseitig ausgerichteten Sprachgebrauch, nun mit Händen und Füßen gegen eine notwendige Anpassung verteidigen zu wollen, indem man(n) Klischee an Klischee aneinanderreiht und letztlich selbst in ein solches verfällt.

Ach ja, kurz noch zu den beliebten Berufsbezeichnungen: Wird sich beispielsweise ein Sekretär als „Bürokauffrau“ bezeichnen lassen, bloß weil dies der übliche Sprachgebrauch ist? Nach hier dargestellter Logik müßte er’s eigentlich über sich ergehen lassen.
 

Andrea

Mitglied
Lieber mact:
Als Männer in Berufe wie Putzfrau oder Hebamme drangen, hieß es plötzlich Raumpfleger und Geburtshelfer. Wo also sind die lächerlichen Zwangsfeminisierungen der Plurale?


Lieber Steffen:
Alle Achtung, du hast noch Illusionen! Die Sprache wird sich verändern, wenn sich die Gesellschaft verändert hat? Die Gesellschaft hat sich verändert, und eine Veränderung der Sprache wird boykottiert, lächerlich gemacht, herabgewürdigt.


Liebste kolibri:
Du sprichst mir aus dem Herzen!
 
Ich versuche keineswegs, die traditionelle Sprache mit Händen und Füssen zu verteidigen. Ich sage lediglich, daß die Veränderung mit der Zeit sowieso eintreten wird. Viele Neuerungen sind einfach noch zu ungewohnt, um sich einfach von heute auf morgen durchzusetzen. Das wird aber in vielen Fällen über kurz oder lang trotzdem geschehen.
Beispielsweise bin ich der Ansicht, daß sich die "Kauffrau" neben dem "Kaufmann" längst eingebürgert hat.

Kolibri: "Das Drängen auf eine gleichberechtigte Sprache, ist aber keineswegs lächerlich und schon gar nicht geht es darum, die männliche Form gänzlich durch die weibliche auszutauschen, auch wenn dies von unterdrückt geglaubten Männern gerne so dargestellt wird."
Wäre an dieser Stelle vielleicht sinnvoller, wenn du etwas konkreter werden könntest. Willst du, daß ein Binnen-I bindend eingeführt wird oder willst du, daß beide Geschlechter in zwei Worten getrennt berücksichtigt werden?
Beides würde ich ehrlich gesagt als störend empfinden, weil mir ein Binnen-I einfach zu "undeutsch" ist und die andere Variante den Lesefluß stört. Das könnte u.a. darauf zurückzuführen sein, daß mir das ganze einfach noch zu ungewohnt ist. Viellciht sieht das ja in einem Jahr ganz anders aus.

@andrea: Die Sprache ändert sich mit der Gesellschaft, nicht umgekehrt. Wenn die Feministinnen nun denken, sie könnten die letzten Mißstände in der Gesellschaft was die Gleichberechtigung betrifft, dadurch aus dem Weg räumen, daß sie die Sprache ändern, haben sie sich IMHO getäuscht.
 

visco

Mitglied
zu laufenden Diskussion

Hallo allerseits!

Meine kleine Schwester will Hauptmann werden. Was sagt man dazu? Als Offizi..., Moment, darf ich das dann noch sagen? Ich wollte sagen, als Offizier unterstehen ihr dann die Unteroffiziers- und Mannschaftsdienstgrade (Gefreite, Ufze, Feldwebel, etc.). Ist sie dann Offizierin oder Offiziöse, oder wie nennt man das dann? In so etwas wird doch heute unterschieden.
Und wenn ich sage: "als Offizierin unterstehen ihr", wird dann noch deutlich, daß das natürlich genauso für Offiziere, also ich meine, die gleichrangigen Befehlsbevollmächtigten männlichen Geschlechts gilt? Oder läßt das nicht Raum für Spekulationen, ob männlichen Offizieren vielleicht andere Dienstgrade unterstehen als weiblichen?
"Hauptmann" klingt dann auch irgendwie blöd. Aus "Kaufmann" wurde ja auch "Kauffrau". Also will sie wohl Hauptfrau werden. Nein, das geht nicht. Ich glaube, polygame Männer haben Hauptfrauen.
Dann also "Frau Hauptmann". Auch blöd. Klingt wie "Frau Geheimrat", und jeder weiß, daß ihr Ehegatte der Geheimrat ist - sie nicht.
Also was jetzt? Ich werd´ ´mal meine kleine Schwester fragen.

Ich habe sie gefragt. Die Dienstgradbezeichnungen bleiben. Also doch "Frau Hauptmann". Aber Offizierin. Ist doch wichtiger, was man tut als wie es heißt, sagt sie. Na schön, denke ich, ist vielleicht einfacher so. Schließlich rennen sie ja auch uniform herum. Wenn sie mir also später ´mal davon berichtet, wie sie Gefreite durch den Schlamm gehetzt hat, dann weiß ich jetzt, daß vielleicht auch Frauen darunter waren.

Bei uns in der Firma ist das nicht anders. Wir sind alles Angestellte. Unter meinen Kollegen sind auch Männer. Als wir zur Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnenbesprechung zitiert wurden, dachten doch manche, es gäbe zwei Veranstaltungen. Seitdem heißt es nur noch "Mitarbeiterbesprechung", und alle gehen hin.
Und wenn ich zum Frisör gehe, dann ist mir eigentlich egal, ob mir ein Mann oder eine Frau die Haare macht. Hauptsache, ich sehe anschließend nicht so aus wie beim letzten Mal.
Oder wenn ich den Notarzt rufen muß. Da weiß ich auch nicht, wer kommt. Ist doch auch nicht wichtig. Die Ausbildung ist ja wohl dieselbe.

Soll sie also ruhig Hauptmann werden. Und irgendwann vielleicht sogar Major oder Oberst. Ich wäre auf jeden Fall mächtig stolz auf sie.

Viktoria Scholz
 

Chrissie

Mitglied
In die Vollen!

Ich bin ein erklärter Feind des Binnen-I. Ein Feind, weil es der Feind heißt und nicht die Feindin. Ich habe einen kaufmännischen Abschluss, keinen kauffrauischen. Eine Kauffrau mag ich nicht sein, weil ich lasse mich nicht gerne kaufen. Andererseits, wenn im Umgang mit mir nicht bemerkt wird, dass ich weiblichen Geschlechts bin, dann mache wohl ich etwas falsch, nicht meine Umwelt und auch die sprachlich andere Aufbereitung bringt mir dann nichts mehr.

Versteht mich bitte richtig: Ich bin gerne ein Weib. Und ich stehe meinen Mann im Leben.

Feministische Änderungen in erbrechenswürdiger Political- Correctness-Manier einer ganzen Gesellschaft oktroyieren zu wollen, das ist doch lächerlich. Die Zeit der Suffragetten ist vorbei, wir können uns als Frauen doch überall breit machen, wo wir möchten! Jedenfalls hier in Mitteleuropa. Gleiche Ausbildung, gleiche Chancen. (Die Putzfrauen übrigens, die kehren sich einen Dreck um sowas. Ich habe lange genug in Fabriken gearbeitet, um zu wissen, dass die nicht-intellektuellen Frauen dieser ganze Feminismuskram einen feuchten Kehricht interessiert.) Und wenn wir irgendwann alle Europäer sind und nur noch englisch sprechen, dann ist das mit den lästigen Artikeln auch gelöst und jedes Substantiv ist ein Neutrum.

Emanzipation kann nicht heißen, dass Frauen den Spieß umdrehen und jetzt den Männern etwas aufdrängen, nämlich verhunzte, vergewaltigte deutsche Sprache. Emanzipation bedeutet Gleichstellung, nicht eine Umkehr der zugegeben langjährigen Unterdrückung - die doch aber der Vergangenheit angehört. Wenn sich Sprache ändert, dann sicher nicht auf die Schnelle durch Political Correctness, sondern langsam und von unten, nicht von oben durch ein Häuflein kopfgesteuerter Feministen.
Es gibt eine Menge emanzipierte Frauen und emanzipierte Männer in unserer Gesellschaft und es kommen immer mehr nach. Auch ohne Vergewaltigung unserer Sprache.

Liebe Grüße
Chrissie
 
K

kolibri

Gast
@Steffen Teichmann:
Wenn sich Leserinnen derart nachteilig auf den Lesefluß und die Stimmungslage des Lesers auswirken, so ist dies wohl das Problem des Lesers und nicht der Leserin. Dennoch plädiere ich keinesfalls für die Einführung eines Binnen-I’s, was aber einzig und allein darauf zurückzuführen ist, daß dieses im Schriftbild immer so unschön wirkt.

@visco:
Der Angestellte kann m.W. keinen Anspruch auf eine Buchstabensonderzulage erheben.

@Andrea: Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit!! :)


Einen gleichberechtigten Sprachgebrauch durchzusetzen, heißt m.E. nicht, von einem Extrem ins andere zu verfallen, sondern eine entsprechende Anpassung vorzunehmen, die sich aber keineswegs dadurch ergeben wird, daß man darauf hofft, daß irgendwann (irgendwann, nur nicht jetzt), auf irgendeine Art und Weise sich die Sprache der Gesellschaft angepasst hat, denn die Tatsache stets im Alten zu verharren, hat noch keine Neuerung hervorgebracht. Als „verständnisvolle“ Frau möchte man geflissentlich darüber hinwegsehen, wenn man sprachlich mal eben zum „Mannweib“ gemacht wird, da ja manche (manche, wohl bemerkt nicht alle) Männer bereits in Panik verfallen, wenn neben (neben und nicht statt) einer männlichen auch eine weibliche Sprachform existieren darf. In diesem speziellen Falle, hätte die sog. Gleichberechtigung mal eben eine Vollbremsung hingelegt.

Grüße
kolibri
 

Chrissie

Mitglied
Hallo kolibri,

mit 'Gewalt' wird eine Änderung des Sprachgebrauchs aber auch nicht durchgedrückt. Alle sprachlichen Änderungen der Vergangenheit verliefen sukzessive über den umgangssprachlichen Gebrauch hinein in die Schriftsprache. Sämtliche Bestrebungen (z.B. gegen Anglizismen um die letzte Jahrhundertwende) dieser Art waren deshalb von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil sie nicht von der Gesellschaft mitgetragen wurden. Die Gesellschaft besteht nun aber zum größten Teil nicht aus Intellektuellen, sondern aus einfacher gestrickten Zeitgenossen, die sich über 'so etwas' keine Gedanken machen und auch solch neuen Wörter nicht in den Mund nehmen. Somit bleibt alles graue Theorie und wird außerhalb gewisser elitärer Kreise nicht aufschlagen.
Für mich ist es wichtiger, dass Männer und Frauen zunehmend als gleichberechtigte Partner zusammen leben und arbeiten, dafür wende ich gerne soviel Energie als möglich auf und nur das bringt unsere Gesellschaft weiter, nicht gewollt gesuchte 'sprachliche Ungerechtigkeiten' zu ändern.

Ich bin beileibe keine Soziologin, meine Erkenntnisse resultieren ausschließlich aus den persönlichen Erfahrungen und Lernerfolgen meines Lebens.

Liebe Grüße
Chrissie
 

Andrea

Mitglied
Liebe Chrissie,

wenn du's nicht magst, magst du's halt nicht (auch wenn ich Zahnschmerzen von dieser Einstellung kriege..).
Aber es heißt die Feindin. Und wenn eine Kauffrau eine käufliche Frau ist, ist ein Kaufmann eben ein käuflicher Mann. Punkt. Käuflich bleibst du also eh, warum willst du dann noch das falsche Geschlecht?
Veränderung von Adjektiven ist schon aus Gründen der "Schriftökonomie" (ja, ich behaupte, daß wir sowas haben, ebenso wie Sprachökonomie. Erscheint mir nur logisch.)nicht möglich. Wir haben uns ja auch schon dran gewöhnt. Aber sobald etwas nicht mehr allgemein ist, sondern Personen betriff, ganz besonders ein einzelnes Individuum, halte ich ein unschuldiges "-in" oder "-frau" nicht für eine Vergewaltigung der Sprache, sondern dessen Weglassen schlicht und ergreifend für eine Vergewaltigung von Vernunft und Logik. Sieht aus wie 'ne Frau, verhält sich wie 'ne Frau, ist aber ein -mann?

"Die Zeit der Sufragetten ist vorbei." Richtig, es gibt keine Gefängnisstrafen und Zwangsernährungen mehr, wenn Frauen es wagen, für ihre Rechte einzutreten. Aber es gibt immer noch Unterschiede in Löhnen, Arbeitsangeboten etc. Klar, wenn wir lediglich die Sprache ändern, die ja wiederum lediglich die Grundlage unserer Kommunikation ist, werden wir natürlich nichts ändern.... ... ?


Liebe Victoria,

ich glaube, ich könnte mich an Hauptfrauen gewöhnen. In polygamen Kulturen könnte eine Frau ja auch einen Hauptmann in ihrem Harem haben.. Es ist nur einfach so, daß die militärische Sprache ganz am Anfang steht, sich mit Frauen auseinander setzen zu müssen. Auch an Sprache muß man sich gewöhnen wie an den Euro (krummes Bild? Ich gehe jede Wette ein, daß alle, die jetzt noch mit Magenschmerzen an die Umstellung denken, in zehn Jahren ganz selbstverständlich in Cent und Euro rechnen!).


Gruß
Andrea
 
K

kolibri

Gast
Hallo Chrissie,

ich gebe Dir recht, daß sich mit Gewalt nichts erzwingen läßt, demzufolge dann auch nicht zum erwünschten Effekt beitragen dürfte, und auch die Tatsache, daß sich ein großer Teil der Gesellschaft mit derartigen Sachen gar nicht erst beschäftigt, ist leider nicht von der Hand zu weisen.

Ich glaube zu Ostzeiten wurde über diese Themen auch nicht groß diskutiert, was aber damit zusammenhängen dürfte, daß (möchte ich jetzt mal behaupten) eine Gleichberechtigung und auch der damit verbundene Sprachgebrauch weitestgehend selbstverständlich waren, so daß man sich mit bestimmten Problemen, wie sie sich heutzutage z.T. wieder darstellen, gar nicht erst auseinandersetzen mußte.

Wenn ich aber nun z.B. weiß, daß sich der Sprachgebrauch ohnehin in ca. 50 Jahren dem derzeitigen Stand angeglichen hat, so macht mich dies so glücklich auch wieder nicht, denn dann muß ich mich „Oma“ nennen, kein wirklich sprachlicher Fortschritt mehr, denn, „Oma“ dürfen sich heutige Omas auch schon nennen.


Grüße
kolibri
 



 
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