BIT

Nina_H

Mitglied
BIT

Daly musste es einfach wissen. Da war diese blinkende Apparatur – eigentlich nicht mehr als eine Ansammlung von Kabeln, selbstgelöteten Platinen und diversen anderen elektronischen Bauteilen. Und eben dieser schwarze Kasten. Der schwarze Kasten stammte von Bit.
Nur zu gerne hätte Daly gewusst, was in dem kleinen Kästchen steckt. Dazu hätte er eigentlich nur Bit fragen müssen, aber Bit – Bit war verschwunden. Bit verschwand, noch lange bevor Daly die Apparatur in dessen Labor gefunden hatte.
Natürlich, er hätte den geheimnisvollen schwarzen Kasten aufbrechen kön-nen, aber dann hätte er höchstwahrscheinlich das Experiment zerstört.
Die einzige Möglichkeit für Daly war, sich auf das Experiment einzulassen. Er musste es wagen.

Bit hatte keine Aufzeichnungen über die Apparatur hinterlassen. Keine Konstruktionspläne, kein Notizbuch, kein noch so winziges Zettelchen, das etwas über die Funktionsweise verraten würde. Er musste sein kleines Labor fluchtartig verlassen haben – auf jeden Fall so schnell, dass er sich nur noch die Aufzeichnungen schnappen konnte, aber die Apparatur selbst zurück-lassen musste.
Wahrscheinlich hatte er gerade experimentiert, als es geschehen war, denn das Gewirr aus Kabeln und elektronischen Komponenten wurde noch immer mit Strom versorgt.
Das Oszilloskop zeigte eine Sinuskurve, glatt wie mit einer Schablone ge-zeichnet. Das unregelmäßige Aufleuchten roter und grüner Lämpchen passte irgendwie nicht so ganz dazu. Zwischen all den Kabeln fand Daly eine blass-grüne Glasplatte, die ihn ein bisschen an das Zeichentablett eines Gra-fikcomputers erinnerte.

Daly hatte Bit immer ein bisschen belächelt. Zugegeben, Bit hatte ihm er-klärt, wie ein Computer funktioniert und hatte ihm, als sie noch Schuljungen waren, über die schwersten Mathematik- und Physikstunden hinweggeholfen. Nun, das hatte er auch immer sehr zu würdigen gewusst. Aber die Experi-mente im Labor – die hatte Daly nie ernstgenommen. Das Labor war eigent-lich nicht mehr als ein Gartenschuppen. Im letzten Jahr war die Hütte sogar einmal in die Luft geflogen. Bit hatte mit hochenergetischer Strahlung und einer bestimmten Chemikalie experimentiert. Gott sei dank war ihm dabei nicht viel passiert, aber sein Labor war nicht mehr wiederzuerkennen gewe-sen.
Aber als Bit ihm vor vielen Monaten zum ersten Mal von dem erzählt hatte, was er jetzt selbst vor sich sah, war irgend etwas anders gewesen. Das waren nicht mehr die üblichen Experimente, die zu keinen nennenswerten Ergeb-nissen geführt hatten. Das war mehr.
Bit hatte nicht viel davon erzählt, weil er genau wusste, wie Daly darüber dachte. Er wollte ihn lieber überraschen, wenn alles funktionieren würde.

Die Glasplatte schien nicht mit der restlichen Apparatur verbunden zu sein. Doch, wenn Daly ganz genau hinsah, konnte er dünne Laserstrahlen er-kennen, die von dem schwarzen Kästchen zur Glasplatte führten und sich kurz vor einem Spiegel kreuzten.
Daly nahm die Glasplatte in die Hand. Sie fühlte sich erstaunlich kalt an. Bei-nahe hätte er sie fallen gelassen – aber nicht wegen der Kälte. Es waren die Laserstrahlen, die die Glasplatte verfolgten, sie festzuhalten schienen. Zuerst wanderten sie nur über die Glasplatte, dann über seine Hände, über seinen Körper, sein Gesicht. Das Erstaunen wich der Faszination, als Daly weder die plötzlich auf dem Oszilloskop auftauchende Zackenlinie noch das pulsieren-de Licht direkt vor seinen Augen wahrnahm.
Der Laser erfasste urplötzlich die Frequenz seiner Gehirnwellen. Auch wenn Daly es gewollt hätte – er hätte das Experiment nicht mehr abbrechen kön-nen. Er war längst zu einem Teil des Experiments geworden. Die Apparatur hatte vollkommen von ihm Besitz ergriffen. Die Laserstrahlen, gesteuert durch das schwarze Kästchen, schrieben neue Erfahrungen in seine Gedan-ken. Seine Gedanken und das Damals existierten nicht mehr. Tausende Er-fahrungen verloren an Bedeutung. Das, was früher unverständlich gewesen war, war nun verständlich. Er sah sich selbst in diesem Labor, zwischen all der Elektronik. Er sah sich selbst auf dem Campus einer jener bedeutenden großen Universitäten. Er sah sich selbst als einen Schuljungen, der unter den stolzen Blicken seines Physiklehrers Formeln und Zeichen wie in Zeitraffer an die Tafel schreibt. Er sah sich selbst, obwohl das nicht sein Leben war. Und in seinem Kopf hämmerten immer nur die Worte von Bit.
Daly wollte schreien. Er wollte den unheimlichen Laserstrahlen entfliehen. Aber die Apparatur vor ihm ließ diese Gedanken sofort wieder verschwinden.
Auch wenn Daly nie wieder zurückkönnen würde: Jetzt wusste er wenigstens, wo Bit war.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
oh,

ich hasse mich! ich hab das ende der geschichte schon gewußt, als der schwarze kasten ins gespräch kam . . . bin schon zu alt für solche geschichten, und was hab ich sie als teeny geliebt! also, schreib weiter, deine fantasie wird mir sicher noch etwas bieten, was ich nicht sofort durchschaue. ganz lieb grüßt
 

Nina_H

Mitglied
Hallo flammarion!

>solche geschichten, und was hab ich sie als teeny geliebt!
Ich hab das mit 14 geschrieben ...

>also, schreib weiter, deine fantasie wird mir sicher noch >etwas bieten, was ich nicht sofort durchschaue.

Ich hab hier schon folgende Stories veröffentlicht:
- Die Stetige
- MASTER
- Reinkarnation
- Weißes Rauschen
Geschrieben von einer 15 - 17jährigen...


Viele Grüße,
Nina
 



 
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