Bitte

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Tula

Mitglied
Bitte

lass dich noch einmal bewundern
jetzt wo du fast fertig bist
wobei es mir weniger um die Eleganz deiner Form geht, zu eng
geschnitten ist ohnehin démodé; das Kleid trägt heute
den Körper, nicht umgekehrt

zeige ihn ohne zu entblößen, sonst wirkst du banal
bedenke: die herrlichste Blüte verlockt niemanden ohne ihren Duft
und willst Du verführen, brauchst du ein besonderes Bouquet:
die Phantasie des Betrachters, also erlaube
vage Einsichten, nicht mehr, die schönsten Stellen dürfen
nur durchschimmern, dann enthüllt dich jeder auf seine Weise

erzähle aber keinem etwas! von mir schon gar nicht, das langweilt
oder besser: halte meine Narben im Spiegel der Perlen und meine
Sehnsüchte im Glanz deiner Augen, wer immer sich darin verliert,
wird sich finden, Blick für Blick

bereit für die Bühne? – gib acht, im Publikum
lauert die eine oder andere Hyäne; doch bei Applaus
bitte nicht eitel werden, immerhin bist du nicht mehr als
ein Gedicht
 

Scal

Mitglied
Hier mein Bouquet:

Zeigt sich hier – gewissermaßen duftverführerisch – ein Schimmern?
Oh ja! Der Glanz des dichterischen Auges - die Perle!
Sie rollt, wohl durch des Lebens Wanderungen ironieglitzrig geschliffen,
geradezu, nun ja, ich möchte sagen „elegant“ über die Bühne unter meiner Leselupe .

Applaus! *****;)

LG
Scal
 
Hallo Tula, der Vergleich Frau/Gedicht ist gut angelegt, weil das schwarze Tuch erst zum Schluss mit Tatarata gelüftet wird.

Die "Bühne", als die Ebene der Veröffentlicheung Ist ebenso ein gekonntes Wortspiel.
Ich mag dein Werk, welches sich nicht auf den ersten Blick erschließt, obwohl ich eher Freund der klaren Kante bin.
Beislgrüße
 

Tula

Mitglied
Hallo Hans
Ja, man könnte die Idee der sprachlichen Verkleidung vielleicht sogar in verschiedene Geschmäcker aufteilen. Nicht jeder geht sprachlich mit seinem Werk wie mit einer Geliebten um. Manche bevorzugen eine hermetisch fest verschlossene Rüstung, andere einen schlichten Overall und wieder andere stehen auf einen besonders bizarren SM-Fetish ;)

Dankend lieben Gruß
Tula
 

Perry

Mitglied
Hallo Tula,
ich denke, ein Gedicht an sich ist erst einmal sächlich.
Erst durch die intentierte Aussage erhält es manchmal eine geschlechtsspezifische Färbung.
Ich bin zwar auch der Meinung, dass einmal veröffentliche Texte eine gewisse Selbstständigkeit haben,
aber Reaktionen können sie nur indirekt im Leser auslösen.
Zusammenfassend halte ich den Text für ein Selbstgespräch des Dichters, das ich gut nachvollziehen kann.
LG
Manfred
 

Tula

Mitglied
Hallo Manfred
Ein Selbstgespräch sicher nicht, das ginge nur ganz ohne Gedicht ;) Ansonsten stets 'du' zum Gedicht. Was die Leser da im Text an weiblichen Verlockungen entdecken, kann nur an ihrer Phantasie liegen :)

Dankend lieben Gruß
Tula
 



 
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