Bitte nicht wegen der Kinder Teil 3

laluni

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Mai

Jens und ich waren einmal samstags alleine ohne Kinder in der Stadt unterwegs. „Wart mal kurz hier ich muss gerade mal in den Laden rein, kannst du mir gerade mal 10,- € leihen?“ Ich saß ewig vor dem Modeschmuck-Laden und fragte mich, was er da drin will. Wollte er mir jetzt einen Antrag machen oder was? Ne ne das wäre ja viel zu früh gewesen. Nach gefühlten 5 Stunden kam er endlich raus und setzte sich breit grinsend neben mich. Er drückte mir eine kleine Tüte in die Hand. „Das soll kein Verlobungsring sein. Ich hab den gleichen und ich finde du solltest auch einen Tragen“ Aus dem Tütchen kullert ein wunderschöner kleiner silberner Ring, mit Goldrand und kleinem Stein in der Mitte. Ok ich wusste ja, dass der Ring nur 10,- € gekostet hat, schließlich habe ich ihn bezahlt, aber das war mir so was von egal. Er war der wertvollste und schönste Ring, den ich besaß!

Schließlich hab ich von meinem ersten Ehemann einen Deckenhaken als Verlo-bungsring bekommen.

Meine Mutter sagte, dass sie mich noch nie so glücklich gesehen hat. Sie freute sich so unwahrscheinlich für mich. Und das machte mich doppelt glücklich.

Und es waren die kleinen Dinge, die mich so glücklich machten.

Irgendwann an einem Gammelwochenende zu Hause stellte sich meine Tochter vor Jens und fragte ihn „Darf ich Papa zu dir sagen?“ Sofort schoss mir der Film 'Ein Schweinchen namens Babe' in den Kopf. Ich musste so an die Szene denken, als das kleine Ferkel diese eine Frage stellt „Darf ich Mama zu dir sagen?“ Ich konnte mir ein Grinsen gerade so verkneifen.

Jens und ich schauten uns überrascht an. Nie haben wir ihn irgendwie Papa genannt oder so. Immer nur beim Vornamen. Aber offensichtlich akzeptierten meine Kinder ihn in dieser Rolle. Erst sagten sie es nur hin und wieder mal. Im Spaß...doch irgendwann war es in Normalität übergegangen. Ich bin die Mama. Jens war der Papa.

So als Familie brauchte man ja auch ein Haustier. Eine Katze wollten sie. Ich mag Katzen nicht sonderlich. Sie sind hinterlistig, beißen und kratzen ohne Vorwarnung. Aber ich war irgendwie die Einzige, die das so sah. Meine Kinder und auch Jens fanden die Idee ganz toll, sich eine Katze zuzulegen. Also holten wir uns ein Katzenbaby. Süß war sie ja schon. Die Lily.

Ein schönes großes Auto musste es mit 4 Personen und Katze natürlich auch geben. Nicht so eine alten Renault Clio, den quasi nur noch der Rost und Unterbodenschutz zusammenhält. Jens erzählte mir, dass er ein Konto besitzt mit 20.000,- €. Warum sollten wir uns also nicht ein schönes großes Auto kaufen. Als war es das selbstverständlichste der Welt, gingen wir also los und kauften uns einen tollen Gebrauchten 7-Sitzer. Einen Zafira mit DVD-Player für die Kinder. Man fühlte ich mich toll. Ich, die Nina. Mal nicht mit so einem alten popligen Auto. Nein ein schöner großer Wagen. Ziemlich neu. Das war ein tolles Gefühl.


Juni

Wie so oft musste ich auch an diesem Abend arbeiten gehen. Jens war – wie sich das als „Ziehpapa“ gehörte, zu Hause bei den Kindern und wartete bis ich wieder kam. Wir schrieben den ganzen Abend SMS. Ich antwortete sobald ich Zeit hatte und freute mich schon auf meinen Feierabend. Da bekam ich eine SMS „Wann hast du denn heute Feierabend? Ich hab eine Überraschung für dich“ Huiuiui Was das nur sein könnte? Voller Spannung – nein ich hatte es eigentlich schon geahnt – fuhr ich heim und ging in meine – verzeihung ich meine unsere Wohnung. Wie würde er es nur anstellen? Die Spannung stieg.

Wie stellst du dir deinen perfekten Heiratsantrag vor?
Ein Bungeejump vom Flugzeug mit einer Banderole in der Hand?
Ein Meer von Kerzen mit einem im Smoking gekleideten
und mit Rose zwischen den Zähnen knienden Mann?
Ein romantisches Candle-Light-Dinner
mit einem Brilli im Schampus –
natürlich nur der beste Tropfen und nicht so ein billiger Sekt vom Aldi?

Ich kam also heim und suchte meinen zukünftigen Ehemann. Na prima. Er stand auf dem Balkon und rauchte. Aber hmm irgendwas war anders. Ich ging zu ihm raus und schaute über das Balkongeländer runter. Hui ein Herz aus Teelichtern und in der Mitte lag ein Brief. „Soll ich den jetzt holen?“ Und er antwortete tatsächlich „ja“. Hmm Bei Romeo und Julia stand doch sie auf dem Balkon oder? Naja gut. Dann machten wir halt mal Rollentausch. Ich ging also raus um den Brief zu holen. Und stand mitten in dem Kerzenherz. Jens stand voller Spannung auf dem Balkon „Lies ihn“

Ich bekam also meinen Heiratsantrag per Brief überreicht. Aber auch schön. Ich freute mich trotzdem. Schließlich liebte ich diesen Mann und sagte natürlich sofort ja. Jetzt war ich also verlobt. Nach 2 Monaten Beziehung. Jens weinte vor Freude und ich war die glücklichste Baldbraut der Welt.

Hätte ich doch nur nein gesagt

Da der Balkon ja im Erdgeschoss war und jeder etwas sportliche Mensch problemlos auf meinen Balkon klettern konnte, versuchte ich möglichst grazil das Balkongelän-der hochzuklettern. Von den starken Armen meines Baldmannes gehalten. Ich habe mir zwar dabei fast das Bein gebrochen und die Hüfte geprellt aber in diesem Moment fand ich es unglaublich romantisch, von meinem Ritter den Balkon hochgezogen zu werden, um glücklich in seinen Armen zu landen.

Wieder auf dem Sofa mit Wein in der Hand, fingen wir an, in Gedanken schon unsere Hochzeit zu planen, sprachen darüber, dass nach der Hochzeit meine Kinder den Nachnamen von Jens ebenfalls bekommen sollten. Einbenennung nennt man so etwas. Oder er sie evtl. sogar adoptieren sollte. Ich fragte ihn ganz direkt „Was ist wenn wir uns eines Tages trennen und du die Kinder adoptiert hast? Dann musst du für 2 Kinder Unterhalt bezahlen, die nicht deine leiblichen sind“ „Schatz ich liebe die Kinder, als wären sie meine Eigenen. Sie sind meine Eigenen! Und selbst für den ungewöhnlichen Fall, dass wir uns trennen sollten, werde ich für die Kinder immer da sein“ Das klang so schön.

„Was meinst Du, wie Deine Eltern reagieren würden?“ Ich überlegte nicht lange „Sie werden sich für uns freuen. Schließlich lieben sie Dich“.

Trotzdem hatten wir beide echt Schiss davor es meinen Eltern zu erzählen. Sie wa-ren zu dem Zeitpunkt noch in Urlaub und wir mussten leider mit der frohen Botschaft noch ein paar Tage warten...

Komisch, immer wenn meine Eltern in Urlaub sind, passiert bei mir etwas Spektaku-läres. Entweder bin ich schwanger, trenne mich oder - wie in diesem Fall - verlobe mich.

Als meine Eltern schließlich aus dem Urlaub zurück waren, fuhren wir mit Herzrasen zu ihnen, um ihnen die Neuigkeiten mitzuteilen. Es war traumhaftes Wetter und wir saßen auf dem Balkon. Sie erzählten von Ihrem Urlaub, wir betrieben Smalltalk und ich wusste einfach nicht wie ich anfangen sollte. Wie würden sie reagieren? Man kennt das ja. Kopfschütteln. Er war doch nicht der richtige. Seid ihr verrückt nach so kurzer Zeit. Aber gut irgendwann mussten wir es ihnen ja sagen.

Jens stand hinter mir und schubste mich als so grinsend an. Irgendwann sagte ich „Wir müssen euch was erzählen“ Prompt antwortete mein Dad „Du bist schwanger“ „ähm nein“ und meine Mama entgegnete „ihr wollt heiraten“ Und es war schließlich gar nicht so schlimm wie befürchtet. Wir erzählten ihnen natürlich auch von unseren Einbenennungs- bzw. evtl. sogar Adoptionsplänen. Sie sprangen zwar nicht vor Freude in die Luft aber so wirklich ganz dagegen waren sie auch nicht...Zumindest sagten sie es nicht. Und ich wusste ja, dass sie Jens auch sehr mochten.

So konnten wir also mit der Planung unsere Hochzeit beginnen. Bis das erste Prob-lem aufkam.

Du kennst das doch oder?
In Gedanken.
Du verlobst dich und dann nimmst du dir ca. 1 Jahr Zeit zum planen,
bis die Hochzeit tatsächlich stattfindet.

Ja Pustekuchen. Der werte Jens hatte es ganz besonders eilig. Schließlich liebte er mich ja so unglaublich sehr. Wieso sollten wir also warten. Mir ging das ja fast alles zu schnell. Aber nach langem Zureden seinerseits und vielen Überlegungen meinerseits dachte ich mir „Naja gut warum auch nicht. Hat ja auch steuerliche Vorteile.“

Hallo? Wir leben im Hier und Jetzt! Gibt es tatsächlich noch Paare die NUR aus Lie-be heiraten?

Ok also beschlossen wir 4 Wochen später zu heiraten. Der Termin stand fest. Stan-desamt am 9. Juli und Kirche am 14. August. Sehr schön. Die Freude war riesig!

Wir planten die Feier, suchten uns Lieder aus, Eheringe...Sie waren wunderschön. Weißgold, matt, mit leicht geschwungener goldener Verzierung. Mein Ring hatte 3 kleine Brillis. In der Innenseite standen unsere Namen und das Hochzeitsdatum eingraviert. Wir hatten uns ein Angebot machen lassen. Knapp 800,00 € sollten die Ringe kosten.

Zum Glück hatten wir sie noch nicht bestellt.

Juli

Vier Tage vor der Hochzeit. Jens war auf Arbeit und ich hatte einiges in der Wohnung zu tun. Ich stand vor dem Schrank wo unsere Unterlagen, Ordner und diese ganzen Sachen drin verstaut waren und fragte mich plötzlich, warum da eigentlich zwei Gerichtsordner von ihm waren. Die Scheidung von seiner Exfrau verlief doch problemlos. Und warum stand da ein Ordner mit „Amt“? Ich dachte er hatte noch nie was mit dem Arbeitsamt usw. zu tun. Tschuldigung ich bin auch nur ne Frau. Logischerweise schaute ich rein. Was ich da sehe konnte, konnte ich kaum glauben. Er bezog schon wie oft Hartz IV – gut war ja ansich nicht schlimm. Bezog ich zu dem Zeitpunkt auch. Aber die anderen zwei Ordner machten mich fast sprachlos. Vorstrafen, Bewährungsstrafen, ein Urteil nach dem anderen. Fahren ohne Fahrerlaubnis, Betrug, Erschleichen von Leistungen. Zwei dicke Ordner voll mit Gerichtsunterlagen. Die Arbeit bei dieser großen Mobilfunkfirma... ja da war er zwar aber nur über eine Zeitarbeitsfirma. Ich schaute seine Arbeitsunterlagen durch. Ständig wechselnde Firmen. Viele Arbeiten bei Leiharbeitsfirmen. Als Lagerhelfer, Maschinenbediener, Produktionshelfer. Er hatte in seinem Leben schon mehr Jobs gehabt wie alle Leser hier wohl zusammen. Von wegen, er war IT-Systemkaufmann.

Was war hier los? War das alles ein schlechter Scherz? Ich wollte diesen Mann in vier Tagen heiraten und hatte schlagartig das Gefühl, ihn nicht mehr zu kennen. War das alles schon wieder nur zu schön um wahr zu sein? War der Traum schon wieder geplatzt? Wurde jetzt der riesen große Haken sichtbar? Der Haken, den es bei mir bisher immer gab?

Als er abends von der Arbeit kam (er arbeitete mittlerweile über eine Zeitarbeitsfirma als Lagerarbeiter. Er sagte bis er einen guten Job als It-Systemkaufmann findet) stellte ich ihn natürlich zur Rede. Meine Schlechte Laune ließ sich sowieso nicht verbergen. „Ach Nina, warum musstest du da rein schauen“ Ja prima. Mit dieser Auskunft konnte ich natürlich sehr viel anfangen.

Was ich an diesem Abend erfuhr, riss mir fast den Boden unter den Füßen weg.

Jens hatte noch nie einen Führerschein besessen, war aber immer schön mit mei-nem Auto herum gefahren. Er saß als Jugendlicher schon mal 7 Monate im Gefäng-nis, angeblich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, war unzählige Male vorbestraft wegen Schwarzfahrens, Betrug, Kreditkartenbetrug, Erschleichen von Leistungen. Seine Privatinsolvenz war am Laufen. Momentan war er auf Bewährung wegen mehrfachem Betrug. Ja Prima ich hatte vor, einen Straftäter zu heiraten. Ich ließ meinen Tränen freien Lauf. Ich fühlte mich noch nie so leer, wie in diesem Moment.

Mit einer Flasche Wein setzten wir uns auf den Balkon und redeten. Jens machte mir glaubhaft, dass das alles schon lange vorbei war. Er hatte aus seinen Fehlern gelernt. „Warum hast Du mir das nicht mit dem Führerschein gesagt? Weißt du was alles hätte passieren können? Du hast meine Kinder in der Gegend rumgefahren.“ Ich musste mich beherrschen, ihn nicht anzuschreien. „Ich hatte Angst. Was hättest Du denn von mir gedacht? In meinem Alter ohne Führerschein“ Und ich glaubte ihm. Er war Profi darin, jemandem Honig ums Maul zu schmieren.

Ich glaubte ihm einfach alles. Wenn er mir erzählt hätte, dass der Himmel grün war, hätte ich das auch geglaubt.

Ich war ja so naiv.

Wir redeten den ganzen Abend. Beide weinten. Es tat ihm so schrecklich leid, dass er es mir nicht gesagt hatte. „Ich schäme mich so sehr für meine Vergangenheit und eine Frau wie Du hätte sich bestimmt nie auf mich eingelassen, wenn ich dir davon erzählt hätte“ Ich machte mir viele Gedanken, aber beschloss, diesem Mann eine Chance zu geben. Das war nicht meine Art, Menschen auf Grund ihrer Vergangen-heit zu beurteilen oder gar zu verurteilen. Schließlich war es ja die Vergangenheit und was zählt war das Hier und Jetzt.

Also heirateten wir am 9. Juli 2010. Und ich verdrängte die ganzen Geschichten. Dachte mir „es ist Vergangenheit Nina. Jeder macht Fehler. Ist doch alles nicht so schlimm. Schließlich hat er niemanden umgebracht oder vergewaltigt“ Ich war mir 100 % sicher, ich heiratete den tollsten Mann der Welt.

Die Trauung war wunderschön. Auch wenn nur meine Eltern und unsere Trauzeugen da waren. An unserem Hochzeitstag war es affig-heiß. Ich trug ein Lila Kleid, ála Marilyn Monroe. Ich sah wirklich schön aus. Nach dem Ja-Wort hörten wir ein Lied 'Das Beste' von Silbermond. Wir weinten vor Glück. Es war einfach wunderschön und perfekt.

Anschließend waren wir bei uns zu Hause bei Kaffee und Kuchen. Das Typische eben. Als unsere wenigen Gäste nach Hause gegangen sind, ging unsere kleine, frisch verheiratete Familie essen. In das Restaurant, in dem ich arbeitete. In das Restaurant, in dem wir unsere kirchliche Trauung feiern wollten. Es war so ein wunderschöner Tag.

...und ich war so glücklich.

Doch ich sollte bald eines Besseren belehrt werden.

Direkt in der Woche nach unserer standesamtlichen Trauung kamen die ersten Briefe. Von diversen Gerichten. Gerichtstermin hier, Gerichtstermin dort. Berufungswiderruf, Haftandrohung, Anklage usw. Ich musste mich erst einmal ein wenig sortieren. Ich verlor fast den Überblick. Vor allem bei der Ladung bzgl. dem Berufungswiderruf. Was sollte das heißen? Muss er etwa ins Gefängnis? Und warum? Ich las weiter „...sind Sie den Bewährungsauflagen nicht nachgekommen...haben Sie die Sozialstunden nicht abgeleistet...“ Mir wurde schlecht.

Kann das sein? Hat er mich angelogen? Schon wieder? Mal wieder sprach ich ihn drauf an. Seine Antwort „Ich hab das vergessen, aber mach dir keine Sorgen, ich werde nicht ins Gefängnis gehen. Ich werde alles dafür tun, da nie wieder rein zu müssen“. Wie kann man so etwas nur vergessen? Er erzählte mir von der Zeit als Jugendlicher im Gefängnis „Es war die Hölle. Eher bringe ich mich um, als dass ich je wieder da rein gehe. Und das war nur der Jugendknast. Der Erwachsenenvollzug ist noch viel schlimmer.“ Er hatte einfach immer eine gute Erklärung parat. Und ich glaubte ihm... mal wieder. Er hat mich mit seinem treudoofen Blick angeschaut. Trä-nen in den Augen. Flehte mich an, ihm zu glauben. Und wieder dachte ich mir „Ach alles wird gut. Er liebt mich, er wird schon dafür sorgen, dass er nicht in den Knast muss“

Wir planten also unsere kirchliche Trauung weiter. Ich bestellte mein Brautkleid. Ein maßgeschneiderter Traum in Weiß. Mit tiefrotem Gürtel mit Pailletten und Perlchen. Am Rücken geschnürt und wunderschöne Stickerei auf der Korsage. Direkt aus Shanghai! In Ebay bestellt. Wir saßen abends da und basteln Einladungskarten. Wir suchten uns unser Menü aus, unsere Kirche. Trafen uns mit der Sängerin. Der ganze normale Wahnsinn nur im Düsenjet-Tempo. Und alles mit einem leicht unguten Gefühl… Wie sollten wir das alles nur schaffen in so kurzer Zeit? Noch 5 Wochen bis zur kirchlichen Trauung... Unfassbar. Aber wir hatten es geschafft. Ok außer, dass 2 Wochen vor der Trauung mein Kleid immer noch nicht da war...ich hatte schon angefangen die Tapete vor lauter Nervosität abzukratzen.

August

Eines Morgens...wie gesagt 2 Wochen vor der Trauung...kam ein Anruf meiner Ma-ma. „Guten Morgen Nina, kannst du vielleicht mit ein paar Brötchen vorbei kommen?“ Panik brach bei mir aus. War was mit meinem Dad? Sie klang so schrecklich schockiert. Was war nur passiert? Also fuhr ich mit Brötchen beladen zu meiner Mama. Darauf eingestellt jetzt die absolute Schreckensnachricht zu erhalten. Als ich klingelte machte mir mein Dad die Tür auf. Hm ok, mit ihm war schon mal alles in Ordnung. Oh Gott, ist was mit meinem Bruder passiert? Ich ging in die Küche und meine Mama saß wie ein Häufchen Elend am Tisch und schaute mich an. „Setz Dich Nina, wir müssen mit Dir reden“ „Was ist denn nur passiert?!?“ „Nina wir haben lange überlegt ob wir dir das sagen können. Aber du musst es einfach wissen. Wir haben uns schon länger über Jens Gedanken gemacht, dass irgendwas nicht stimmen kann. Es war zu perfekt. Und seine Eile mit der Hochzeit...Wir haben gewisse Sachen über ihn herausgefunden“ Schlagartig wurde mit todschlecht. „Nina wir haben herausgefunden, dass er mehrfach vorbestraft war, dass er keinen Führerschein hat, dass er massig Schulden hat...“ sie musste nicht weiter reden. Wie hatten sie das nur rausbekommen? Ich war schockiert, stinksauer, todtraurig und absolut sprachlos zugleich. Alles zerplatzte in Sekunden. Was sollte ich denn jetzt machen? Mir blieb ja nichts anderes übrig als zu sagen „ich weiß Mama. Ich hab das Meiste kurz nach der standesamtlichen Trauung erfahren. Einen Teil wusste ich vorher schon“

Den Blick meiner Mama werde ich glaub ich niemals vergessen. Sie war nun ebenso schockiert, stinksauer, todtraurig und absolut sprachlos zugleich. Sie schrie mich an, ob ich noch ganz sauber wäre, so einen Mann zu lieben, geschweige denn zu heiraten. Was ich mir dabei denken würde. Ich versuchte mich zu erklären. Es klang ziemlich plausibel...meiner Meinung nach. „Unter diesen Umständen muss ich dir sagen, dass ich so nicht in die Kirche kommen werde. Das wäre absolut scheinheilig“ Ich verstand meine Mama nicht. Wo war der Sinn? Schließlich sind wir doch schon verheiratet? Da kam es doch jetzt da quasi nicht mehr darauf an. Und das war noch nicht alles... „Und ich hoffe du siehst das genauso, dass von dem Thema Adoption jetzt ja nicht mehr die Rede sein kann“ Sie hatte ihre eigene Ansicht und ich konnte sie nicht davon abbringen. Ganz im Gegenteil. Ich konnte sie ja irgendwie sogar verstehen. Ich sagte ihr, dass eine Adoption erst einmal nicht in Frage kommen würde, aber die Einbenennung würde ich auf jeden Fall machen. Schließlich änderte das nichts an den „nicht vorhandenen Rechten und Pflichten“ von Jens. Im Gegenteil, es hatte lediglich den Vorteil, dass die Kinder wieder so heißen wie ich. Aber ich fühlte mich elend.

Als Jens abends nach Hause kam, muss ich ihm also sagen, dass ich die kirchliche Trauung verschieben muss. Wenn meine Mama nicht zu meiner Hochzeit kommt, kann ich einfach nicht heiraten...also kirchlich halt. Das geht einfach nicht. Das kann ich nicht. Es war schrecklich. Und er fühlt sich schrecklich. Er sprach plötzlich von Trennung, weil er nicht schuld sein wollte, dass ich zwischen drin stehe. Zwischen meinen Eltern und meinem Ehemann. Er wollte nicht schuld sein, dass ich mit meinen Eltern Streit habe. Was war das nur für eine schreckliche Situation?

Einen Tag später setzte ich mich ans Internet und begann, all unseren Freunden und Bekannten bescheid zu geben, dass wir unsere Hochzeit aus „persönlichen Gründen leider verschieben müssen“. Oh Gott ich kam mir ja so schäbig vor. Natürlich fragt jeder: „Was ist denn passiert? Oh Gott das ist ja schrecklich“ Ja was antwortet man da bitte? Also beschlossen wir einfach finanzielle Probleme als Grund anzugeben. Und unserem Freunde gaben sich mit dieser Antwort zufrieden.

3 Tage später klingelt die Post an der Tür. Mein Hochzeitskleid ist angekommen. Rechtzeitig und einfach nur traumhaft schön. Da bin ich das erste Mal fast zusam-mengebrochen. Als Jens von der Arbeit nach Hause kam und das Päckchen auf dem Bett liegen sah fragt er nur „Ist es das?“ Meine Blicke verrieten alles und wieder weinten wir zusammen.

In diesen Tagen redeten wir viel darüber, warum er mir nicht einfach vorher alles erzählt hat. Ich weinte viel. Ich war zu tiefst deprimiert. Ich verstand es einfach nicht, warum es so weit gekommen war. Warum hat er nicht einfach Klartext geredet. So etwas sollte geklärt sein, bevor man heiratet. Er versuchte sich zu erklären „Ich schämte mich. Ich dachte du wolltest dann mit mir nichts mehr zu tun haben.“ „Aber das ist doch alles Vergangenheit. Es gehört einfach zu Deinem Leben. Und wegen Deinen Schulden. Du weißt dass ich nicht aufs Geld schaue. Hast du wirklich ge-glaubt, ich würde dich weniger oder gar nicht lieben, nur weil du Schulden hast? Hälst du mich für so oberflächlich?“ „Die meisten Frauen sind so“ „Ich bin aber Ich und nicht die meisten Frauen!“ Ich war traurig und stinksauer darüber, dass er mich so oberflächlich einschätzt und mir offensichtlich so wenig vertraute.

Die Wochen vergingen und wir konzentrierten uns nun darauf, alles irgendwie gut hinzubekommen. In die richtigen Bahnen zu lenken. Ich ging mittlerweile in einem Hotel halbtags arbeiten (Mein Chef aus dem Restaurant hat nach gerademal 6 Monaten aufgegeben und den Laden wieder dicht gemacht) und lernte meine inzwischen allerbeste Freundin kennen. Nebenbei kümmerte ich mich darum, die Schulden meines Mannes irgendwie in den Griff zu kriegen. Schulden die für mich absolut unerklärlich waren. Versandhäuser. Hier Rechnungen nicht bezahlt, dort in Hotelzimmern eingemietet und einfach nicht bezahlt. Telefonrechnungen. Viele...unzählig viele Rechnungen an die Deutsche Bahn. Schwarz Gefahren. Strafe. Es war für mich fast unmöglich dort einen Überblick zu bekommen. Ich hatte einmal versucht alles irgendwie zusammen zu rechnen. Und bin auf ca. 40.000,00 € Schulden gekommen.

Meine freien Zeiten verbrachte ich damit, Briefe nach Datum zu sortieren, Mahnun-gen, 2. Mahnungen und 2. Mahnungen zu sortieren, alles zusammenzuschreiben und die ganzen Gläubiger anzuschreiben und anzubetteln, sich doch bitte auf Ratenzahlungen einzulassen. Ratenzahlungen in Höhe von 10 – max. 30.- €. Hochgerechnet hätten wir ca. 275 Jahre abbezahlt aber naja, immerhin oder?

Die Kinder und auch unsere Freunde haben von all dem rein gar nichts mitbekom-men. Tagsüber waren wir die glückliche Familie. Wir verlegten alle unsere Streiterei-en, Diskussionen, Debatten und Tränen ab abends. Nach 19.00 Uhr, wenn die Kids im Bett lagen, selig schlummerten und von den tollen Erlebnissen mit Mama und Papa träumten.

Nach langem Überlegen und vielen Gesprächen mit meiner Mama, beschloss ich einen Termin bei meiner Anwältin zu vereinbaren. Ich wollte einen Ehevertrag. Ich hatte große Angst, dass – für den Fall, Jens muss wirklich ins Gefängnis, oder auch einfach so – seine Schulden, irgendwie auf mich übertragen werden können. Meine Anwältin jedoch erklärte mir, dass ein Ehevertrag nicht nötig wäre. Schließlich sind die Schulden vor unserer Ehe entstanden. Das war also ganz alleine sein Problem.

Das beruhigte mich dann doch ein wenig.

So langsam normalisierte sich unser Verhältnis wieder. Jens tat so als wäre nichts geschehen. Wir redeten von Tag zu Tag weniger darüber und ich arrangierte mich einfach. Was anderes blieb mir auch gar nicht übrig, wenn ich mit diesem Mann weiter verheiratet und irgendwann einfach glücklich sein wollte. Und so begannen wir wieder ein normales Familienleben zu leben. Wir unternahmen sehr viel an Wochenenden mit den Kindern und so langsam fühlte es sich wieder gut an. „Alles wird gut. Wir kriegen das alles hin...irgendwie“

Wie schon so oft hatten wir über das Wochenende kinderfrei und fuhren in seine alte Heimat. Wir besuchten eine gute Bekannte von ihm. Eine Frau in gut gereiftem Alter. Ihr gehört ein Tanzlokal. Eine Typische Wirtin. Mit roten Fingernägeln, einer Brille Marke 70er, riesen Wallemähne und einer absoluten Schlappgosche. Jens hat früher schon oft in ihrem Laden als DJ aufgelegt. Wir tranken Kaffee, unterhielten uns über unsere Hochzeit. Es war ein schöner Nachmittag und die kinderfreie Zeit tat uns beiden wirklich gut. Wir genossen es, mal für ein paar Stunden draußen zu sein und die ganzen Probleme von zu Hause bei Seite schieben zu können. Einfach mal Eheleute zu sein. Uschi (die Wirtin) fragt uns ob wir einen Tag vor Silvester bei ihr im Tanzlokal arbeiten können. Jens als DJ und ich als Bedienung. Sie versprach uns gute Bezahlung. 200,- € für mich plus Trinkgeld und 150,- € für Jens. Das klang wirklich verlockend und wir sagten zu.

Wieder zu Hause angekommen waren wir ziemlich entspannt. Anscheinend hatten die paar freien Stunden zu zweit einiges bewirkt bei uns. Denn wir sind uns wieder näher gekommen und ich war glücklich. Glücklich mit meinem Ehemann. Alles wird gut werden. Ich war so fest davon überzeugt.

Wir kümmerten uns endlich darum, dass die Kinder genauso heißen konnten, wie wir. Nach vielen Erkundigungen und Fragen erfuhren wir, dass ich dazu das Einverständnis meines Exmannes – dem leiblichen Vater der Beiden – benötige. Also fasste ich mir ein Herz und schrieb ihn an. Ich schrieb ihm von unserem Vorhaben und auch dem Plan, dass Jens die Kinder irgendwann mal adoptieren möchte. Ich schrieb extra noch dazu, dass es meinem Exmann ja nur gelegen käme. Er zahlt ja sowieso keinen Cent, und nach einer Adoption wäre er auch rein rechtlich gesehen aus allem fein raus.

Ein paar Wochen, nachdem ich den Brief weggeschickt habe, klingelte mein Telefon. Mein Exmann war dran. Das erste Mal seit 2 Jahren hörte ich mal wieder was von ihm „Ja hier also das mit der Einbenennung geht in Ordnung und mit der Adoption, also ich schicke dir die Unterlagen zu, dann kannst du sie ausfüllen, dann können wir alles so schnell wie möglich über die Bühne bringen“ Ähm Moment mal...Nicht so hastig hier. Ich versuchte ihm klar zu machen, dass es momentan erst einmal nur um die Einbenennung ginge. Ich erklärte ihm, was er nun machen musste und dass ich nun auf sein schriftliches Einverständnis warten würde. Ja ich wartete und wartete...Es kam rein gar nichts von ihm. Irgendwann schrieb ich ihn erneut an. Und wieder rief er mich zurück und sprach auf die Mailbox „Ja also nochmal wegen der Einbenennung. Ich stimme dem zu, wenn du mir schriftlich gibst, dass ich dadurch von allen Rechten und Pflichten entbunden werde“ Ich bin kurz vor dem explodieren.

Dass ich mein Handy nicht an die Wand geknallt habe, war eigentlich alles. Was bildet sich dieser Typ eigentlich ein? Ich erkundigte mich einen Tag später gleich bei meiner Anwältin. „Das ist Verkauf der eigenen Kinder“ sagt sie fassungslos. „Wie abscheulich“ Also ging ich auf seine komische Bitte erst gar nicht ein.

Wir erfuhren auf dem Rathaus, dass man das auch direkt dort schon alles fertig ma-chen kann. Sie schickten ihm dann die Unterlagen zu, sodass wir uns um nichts mehr kümmern müssen. Und tatsächlich. Er gab seine Unterschrift.

Ich war sehr überrascht aber genauso glücklich. Endlich hatten wir es geschafft. Es ging dann alles Schlag auf Schlag. Einen Tag nach dem Anruf des Rathauses, dass sie Post bekommen haben, sind wir hingefahren, haben 2 Unterschriften geleistet, 50,- € bezahlt und plötzlich hatten wir alle den gleichen Nachnamen und es fühlte sich super an.

Irgendwann kam Jens auf die Idee, dass wir uns doch einen Trockner kaufen sollten. Als Familie brauch man so etwas anscheinend. Ich hielt von der Idee gar nichts. Schließlich war ich gerade dabei, seinen Schuldenberg irgendwie in den Griff zu kriegen und nicht noch neue drauf zu schaufeln. „Vielleicht im Winter, wenn es uns finanziell besser geht“ Wir waren uns also einig...glaube ich zumindest.

Als dann jedoch ca. 2 Wochen später eine Karte von einem Lieferant kam, der mir das Zustelldatum unseres neuen Trockners mitteilt, bin ich fast ausgeflippt. Noch dazu war die Karte auf meinen Namen adressiert. Ich rief sofort bei dem Versandhaus an und sagte, dass ich nichts bestellt habe. Eine freundliche Stimme erklärt mir, dass mein Mann angerufen hat und auf meinen Namen bestellt hat. Bitte was? „Ich weiß davon nichts“ Als mir die freundliche Stimme daraufhin in den Hörer säuselte, dass sie meinen Ehemann anzeigen müssten, wenn er ohne mein Einverständnis auf meinen Namen Waren bestellt hat, lenkte ich schnell ein „Was? Anzeige? Ähm ne, ich rede nochmal mit meinem Mann, aber den Artikel möchte ich nicht annehmen.“ Ok, das Thema war von der Seite erledigt.

Als ich Jens darauf ansprach, schaut er mich verdutzt an. „Wir waren uns doch einig“ Ach ja? Ja wir waren uns einig, dass wir den Trockner jetzt noch nicht kaufen. „Und warum überhaupt auf meinen Namen?“ Als wär ich nicht ganz dicht erklärte er mir „Du weißt doch, dass ich durch meine Privatinsolvenz nichts bestellen kann.“ Ja prima. Und dann einfach auf meinen Namen oder wie? Das geht so nicht.

Irgendwann Ende August meldet sich plötzlich Timo wieder. Wir hatten seit April keinen Kontakt mehr und ich war wie vor den Kopf geschlagen. Für mich stand klar, dass er nur noch ein guter Freund war aber ich wollte ihn dennoch unbedingt sehen. Ich wusste, dass mein Mann tierisch eifersüchtig auf ihn war – warum auch immer -, also beschloss ich, mich ohne sein Wissen mit Timo zu treffen.

Während Jens Spätschicht hatte hab ich die Kids bei Oma untergebracht, um mich mit Timo zu treffen. „Schatz ich geh heut mit meinen Kollegen was trinken. Du bist ja eh nicht da“. Somit war das Thema für mich erledigt. Wir saßen in unserer Stammkneipe und unterhielten uns. Er fragte wie es mit meinem Mann läuft und erzählt mir von seiner Freundin/Ex-Freundin - was auch immer sie zu dem Zeitpunkt war...ich weiß es nicht.

Kennst du das, wenn du eine Person schon lange nicht mehr gesehen hast, aber dennoch das Gefühl hast, ihr vollkommen vertrauen zu können? Genauso fühlte ich mich bei Timo und hatte das Bedürfnis, ihm von meinen Sorgen zu erzählen.

Wir redeten viel und lange.

Dann kam plötzlich eine SMS vom Jens „Wenn ich dann Feierabend hab möchte ich bitte dass du dann auch zu Hause bist“

Hmm was war denn hier los? Muss ich mir so was sagen lassen? Ich dachte ich bin eine erwachsene emanzipierte Frau, die selbst entscheiden kann wann sie nach Hause geht und wann nicht. Ich glaub es hackt. Naja ich bin Löwe...und von daher leider auch schnell auf 180. Naja ob das viel mit dem Sternzeichen zu tun hat weiß ich nicht. Wohl eher mit den Genen die ich von meiner Mama geerbt hab. Prompt habe ich ihm eine dementsprechend saftige Antwort an den Kopf bzw. aufs Handy geschmissen. Wir hatten uns gegenseitig so hochgeschaukelt und zu allem Übel hab ich ihn angelogen was mein Ausflug in meine Kneipe betrifft. Aber das war mir zu diesem Zeitpunkt egal.

Ich kümmerte mich nicht weiter um die „Aufforderung“ meines Mannes und ging mit Timo spazieren. Wir liefen am Main entlang und redeten einfach nur. Es war schön so neben ihm her zu laufen und ihm zuzuhören, wie er von der Bundeswehr erzählt. Auch wenn er teilweise weniger schöne Sachen berichtete. Mein Handy ignoriere ich jetzt komplett und die Anrufe vom Jens drückte ich einfach weg. Ich war von seinem Terror nur noch genervt. Irgendwann eskalierte dann der ganze Mist und ich schrieb Jens, dass ich so nicht mehr kann, dass mir der ganze Druck zu groß war.

War das nicht verständlich?? Ich finde das ziemlich verständlich...

Und typisch beleidigter Mann faselt er irgendwas, dass er jetzt weg war. Aber ich dachte mir nur „was ein Glück, dann hab ich wenigstens meine Ruhe“

2 Stunden später haben sich Timos und meine Wege getrennt und ich fuhr nach Hause. … Tadaaa Überraschung, Jens war ja wirklich nicht da. Ich setzte mich gleich an mein Notebook und schaue ob Timo online war, um ihm davon zu berichten. Ich fand die ganze Aktion von Jens so lächerlich, dass ich das gleich erzählen wollte. Timo und ich begannen uns einen Spaß daraus zu machen. Wir hatten schon immer einen recht dreckigen Humor zusammen gehabt und so gingen die spitzen Gespräche los. „Dann hätte ich ja doch zu dir kommen können. Und wir hätten nochmal deinen Tisch in Beschlag nehmen können“

Während Timo und ich zusammen waren, haben wir das ein- oder andermal hem-mungslosen Sex auf meinem Esstisch gehabt, was Timo wohl recht gut gefallen hat. Daher auch der Kommentar, aber ich wusste, dass das alles im Spaß gemeint war und so ging ich darauf ein und witzelte einfach mit. War ja nichts dabei. Ein Spaß unter Freunden. Fertig.

Mein Mann fand das allerdings alles andere als lustig, als er nichts Besseres zu tun hatte, in meinem Profil herum zu schnüffeln und die Nachrichten natürlich las. Selbstverständlich verstand er auch alles falsch und war seit dem nun noch eifer-süchtiger als vorher schon und unterstellte mir zudem noch eine ausgereifte Affäre mit Timo.

Herr Gott, als hatten wir nicht schon genug Probleme

Aber so ne eventuelle Haftstrafe waren natürlich nur Peanuts im Gegensatz zu einer angeblich fremdgehenden Ehefrau. Ganz klar.



Seit dem Abend mit Timo und dem Streit mit Jens, waren wir irgendwie mehr ge-trennt als zusammen. Wenn wir redeten, stritten wir. Im Bett lagen wir jeder in seine Ecke gequetscht und von irgendwelchen zärtlichen Berührungen konnte keine Rede mehr sein.

Ich wollte erst mal versuchen herauszufinden, wie ich mit den ganzen Infos die ich die letzten Wochen Stück für Stück bekommen habe, zurechtkommen sollte. Und noch dazu nervte mich Timo mit seiner scheiß Eifersucht. Ich hatte das Gefühl nir-gends mehr hingehen zu können, ohne mit SMS von ihm überschüttet zu werden. Und das machte mich verrückt.

Meine Mama erzählte mir, dass sie ihm gesagt hat, dass ich für solche Probleme nicht die richtige Frau bin, dass ich für so n Scheiß zu labil bin. Dass ich das nicht packe, mich um SEINE Schulden zu kümmern und das alles zu regeln, seine Ge-richtssachen mit ihm zusammen durchzustehen. Und ich sah das zum derzeitigen Punkt eigentlich genauso.

In der kommenden Woche redeten wir mal wieder sehr viel. Und meine Verwirrung wurde immer größer. Ich redete viel mit Dani, wir redeten über Trennung, ich über-legte das erste Mal, mich vom Jens komplett zu trennen. Mit allem Drum und Dran. Und Ich war schockiert über mich selbst. Ich wollte doch einfach nur glücklich sein. Und Dani konnte mir nur eins raten „Hör auf dein Herz“ ich ging in mich „Mein Herz ist scheiße Dani. Es verarscht mich doch immer wieder. Wie soll ich also darauf hö-ren?“

Ich sagte schließlich Jens, dass er erst mal ausziehen sollte, dass das so nicht weiter gehen konnte. Je länger wir in der kleinen Wohnung aufeinander saßen, desto schlimmer würde es werden. Seine ganze Eifersucht, dass er nicht im geringsten zu verstehen schien, dass wir viel größere Probleme haben, das würde mich irgendwann zum Platzen bringen und wir würden gar keine Chance mehr haben.

Die kommenden Tage waren sehr emotionsgeladen. Wir saßen viel auf dem Balkon und redeten, stritten, diskutierten.. Mal war Jens ziemlich abgeklärt. Absolut ver-ständnisvoll...Er würde es verstehen, dass ich nicht mit 'so jemandem' zusammen sein kann. Dann bettelte er wieder. Weinte viel. Ich auch. Es war furchtbar. Und das alles, ohne dass die Kinder irgendwas davon mitbekommen durften. Es war eine sehr schwierige Situation aber wir gaben Beide unser Bestes, die Kinder von dem ganzen Theater absolut rauszuhalten. Und es gelang uns...

Ich redete wieder mit meiner Mama – Ich konnte mit meiner Mama immer über alles reden und auch in diesen Wochen telefonierten wir sehr viel. Ich heulte mich bei ihr aus, machte meine Ratlosigkeit breit. Ich hatte das Gefühl noch nie so ratlos gewe-sen zu sein, wie in diesen Wochen. Plötzlich sagte meine Mama „Nina wir haben viel darüber nachgedacht und geredet. Wir denken, dass wir dich mit unserem Gerede, was für ein schlechter Mensch Jens ist, ziemlich beeinflusst haben und unter Druck gesetzt haben. Aber wir glauben mittlerweile, ihr solltet es wirklich noch einmal probieren.“ Ich war erstaunt über die Ehrlichkeit meiner Mama, darüber, dass sie quasi zugegeben hat, womöglich einen Fehler begangen zu haben.

Als Jens und ich dann Irgendwann – warum auch immer – im Baumarkt standen und er mir irgendwas erzählte, dass er sein neues Bad dann so und so einrichten würde und ich merkte mit welch Begeisterung er das erzählte, hatte es plötzlich bei mir klick gemacht. „Was wäre wenn wir unser gemeinsames Bad so einrichten?“ Jens stand da und blickte mit sprachlos an. Ich wollte nicht dass er auszieht. Ich wollte mich nicht trennen. Und genau das sage ich ihm.

Alle waren glücklich. Alle waren zufrieden. Wir waren wieder ein glücklich verheiratetes Paar, eine glückliche Familie.

Hätte ich mich doch nur getrennt...

Oktober

Auch wenn ich mich dafür entschieden habe, mit Jens zusammen zu bleiben, war das Thema Eifersucht und Timo für meinen Ehemann immer noch nicht abgeschlossen.

Jens fing nun an, mich jeden Tag mit Nachrichten zu bombardieren. Ich wusste nicht warum er das tat. Ich geh mal davon aus, weil er sich dachte, solange ich mit ihm schreibe, konnte ich schon nichts anderes tun. Wenn ich weg gehen wollte...alleine... traf ich mich laut ihm immer mit Timo. Und ich war so müde, mich ständig rechtfertigen zu müssen.

Kennst du das, wenn du weißt,
dass du an sich nichts Unrechtes getan hast
(ok, vll. bis auf die Notlüge, als ich mich mit Timo getroffen habe) aber ständig ir-gendwas unterstellt bekommst?
Wie reagierst du?

Aber ich gewöhnte mich irgendwie an die ständigen Diskussionen und irgendwann flachte das Thema auch wieder ab.


Zum Glück bekam Jens über eine andere Zeitarbeitsfirma ein tolles Jobangebot in einer großen Fabrik in unserer Stadt. Er sollte dort wirklich viel Geld verdienen und nahm das Angebot natürlich an. Außerdem hatte es den Vorteil, dass er auch mal an was anderes denken musste, als an meine angebliche Affäre mit Timo

Endlich war – zumindest was das Thema Geldprobleme betraf – Besserung in Sicht.

Und das lästige Thema Trockner kam wieder zur Sprache. Außerdem teilte mir mein Mann so nebenbei mit – als er mich mit den Kindern von der Arbeit abgeholt hat – dass er uns einen neues Notebook bestellt hat. „Wie bitte? Ich hab doch einen. Der funktioniert einwandfrei. Was soll der überhaupt kosten?“ „Ach so ca. 650,- €. Aber auf Ratenzahlung nur 40,- € im Monat“ Haha das soll wohl ein Witz sein. Ich kochte vor Wut. Aber Jens meint nur „Schatz, ich verdiene doch jetzt regelmäßig Geld, da können wir das doch ganz leicht bezahlen.“ Ja Wunderbar. Außerdem erklärt er, dass er von seinem Konto – wo die 20.000,- € drauf waren – das restliche Geld was nach der Autobezahlung übrig war, abheben wollte. „Dann könnten wir den Betrag auch auf einmal bezahlen“.

Ich ließ mich erweichen und war einverstanden.

Ein paar Wochen später bestellte er noch eine neue Senseo Latte Select. Kosten 160,- €

Ach was solls. Mein Mann verdiente viel Geld. Was kostet die Welt, ich nehme das Doppelte.

Auch als ich Ende Oktober meine Kündigung – aus betrieblichen Gründen – zum Novemberende bekam, machte ich mir noch nicht wirklich viele Sorgen.

Als ich jedoch irgendwann die ganzen Rechnungen in die Finger bekam, bemerkte ich mal wieder, dass alle Waren auf meinen Namen bestellt waren. Das war doch einfach unfassbar. Aber gut. Mein Mann verdiente ja nun viel Geld. Das war ja alles kein Problem.

Bezüglich der Schulden machte ich mir zu dem Zeitpunkt nicht mehr wirklich viele Gedanken. Dennoch ließ mich eine Sache nicht los. Der Gedanke an die bevorste-henden Gerichtsverhandlungen und was noch kommen könnte. Hatte er mir wirklich die Wahrheit gesagt? Würde wirklich alles gut ausgehen? Hatte er mir diesmal wirklich alles gesagt?

Jens merkte dass ich mich in letzter Zeit ein wenig verändert habe, zurückgezogen und sehr nachdenklich war. Er fragte mich immer öfter was mit mir los war. Was soll-te schon mit mir los sein? Ich hatte Angst dass mein Ehemann ins Gefängnis muss. Warum verstand er es nicht? Wieso sah er alles so leicht? Ich war völlig ratlos.



Dann war es soweit. Der Tag der ersten Gerichtsverhandlung stand bevor. Es ging um Betrug in einigen Fällen. Nicht bezahlte Hotelrechnungen usw.

Mir war bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht wirklich bewusst, dass man wegen einer nichtbezahlten Hotelrechnung ins Gefängnis gehen kann.

Er fuhr zusammen mit seinem Anwalt nach Koblenz. Ich saß zuhause und wartete auf die erlösende Nachricht. Doch es kam nichts. Ich stand wie unter Strom...Irgendwann dann nachmittags meldete er sich. Es gab eine Entscheidung. Doch er wollte mir nicht sagen was raus gekommen war. Er sagte lediglich „Es war nicht schlimm“ Na prima. Jetzt musste ich ja immer noch warten, bis ich endlich wusste was Sache war. Als er endlich zuhause angekommen war, erklärte er mir was raus gekommen war.

„Also Schatz, ich bin zu 10 Monaten Haft verurteilt“ Mir blieb die Luft weg „Der Rich-ter sagte aber gleich, dass wir in Berufung gehen sollen und wenn ich mich mit den Gläubigern in Verbindung setze und ich endlich meine Sozialleistungen ableiste, wird das Berufungsverfahren ganz anders ausgehen. Schatz ich werde nicht ins Gefängnis gehen!“

Hmm beruhigte mich das jetzt?

Und schon kam der nächste große Schlag
 

laluni

Mitglied
Mai

Jens und ich waren einmal samstags alleine ohne Kinder in der Stadt unterwegs. „Wart mal kurz hier ich muss gerade mal in den Laden rein, kannst du mir gerade mal 10,- € leihen?“ Ich saß ewig vor dem Modeschmuck-Laden und fragte mich, was er da drin will. Wollte er mir jetzt einen Antrag machen oder was? Ne ne das wäre ja viel zu früh gewesen. Nach gefühlten 5 Stunden kam er endlich raus und setzte sich breit grinsend neben mich. Er drückte mir eine kleine Tüte in die Hand. „Das soll kein Verlobungsring sein. Ich hab den gleichen und ich finde du solltest auch einen Tragen“ Aus dem Tütchen kullert ein wunderschöner kleiner silberner Ring, mit Goldrand und kleinem Stein in der Mitte. Ok ich wusste ja, dass der Ring nur 10,- € gekostet hat, schließlich habe ich ihn bezahlt, aber das war mir so was von egal. Er war der wertvollste und schönste Ring, den ich besaß!

Schließlich hab ich von meinem ersten Ehemann einen Deckenhaken als Verlobungsring bekommen.

Meine Mutter sagte, dass sie mich noch nie so glücklich gesehen hat. Sie freute sich so unwahrscheinlich für mich. Und das machte mich doppelt glücklich.

Und es waren die kleinen Dinge, die mich so glücklich machten.

Irgendwann an einem Gammelwochenende zu Hause stellte sich meine Tochter vor Jens und fragte ihn „Darf ich Papa zu dir sagen?“ Sofort schoss mir der Film 'Ein Schweinchen namens Babe' in den Kopf. Ich musste so an die Szene denken, als das kleine Ferkel diese eine Frage stellt „Darf ich Mama zu dir sagen?“ Ich konnte mir ein Grinsen gerade so verkneifen.

Jens und ich schauten uns überrascht an. Nie haben wir ihn irgendwie Papa genannt oder so. Immer nur beim Vornamen. Aber offensichtlich akzeptierten meine Kinder ihn in dieser Rolle. Erst sagten sie es nur hin und wieder mal. Im Spaß...doch irgendwann war es in Normalität übergegangen. Ich bin die Mama. Jens war der Papa.

So als Familie brauchte man ja auch ein Haustier. Eine Katze wollten sie. Ich mag Katzen nicht sonderlich. Sie sind hinterlistig, beißen und kratzen ohne Vorwarnung. Aber ich war irgendwie die Einzige, die das so sah. Meine Kinder und auch Jens fanden die Idee ganz toll, sich eine Katze zuzulegen. Also holten wir uns ein Katzenbaby. Süß war sie ja schon. Die Lily.

Ein schönes großes Auto musste es mit 4 Personen und Katze natürlich auch geben. Nicht so eine alten Renault Clio, den quasi nur noch der Rost und Unterbodenschutz zusammenhält. Jens erzählte mir, dass er ein Konto besitzt mit 20.000,- €. Warum sollten wir uns also nicht ein schönes großes Auto kaufen. Als war es das selbstverständlichste der Welt, gingen wir also los und kauften uns einen tollen Gebrauchten 7-Sitzer. Einen Zafira mit DVD-Player für die Kinder. Man fühlte ich mich toll. Ich, die Nina. Mal nicht mit so einem alten popligen Auto. Nein ein schöner großer Wagen. Ziemlich neu. Das war ein tolles Gefühl.


Juni

Wie so oft musste ich auch an diesem Abend arbeiten gehen. Jens war – wie sich das als „Ziehpapa“ gehörte, zu Hause bei den Kindern und wartete bis ich wieder kam. Wir schrieben den ganzen Abend SMS. Ich antwortete sobald ich Zeit hatte und freute mich schon auf meinen Feierabend. Da bekam ich eine SMS „Wann hast du denn heute Feierabend? Ich hab eine Überraschung für dich“ Huiuiui Was das nur sein könnte? Voller Spannung – nein ich hatte es eigentlich schon geahnt – fuhr ich heim und ging in meine – verzeihung ich meine unsere Wohnung. Wie würde er es nur anstellen? Die Spannung stieg.

Wie stellst du dir deinen perfekten Heiratsantrag vor?
Ein Bungeejump vom Flugzeug mit einer Banderole in der Hand?
Ein Meer von Kerzen mit einem im Smoking gekleideten
und mit Rose zwischen den Zähnen knienden Mann? Ein romantisches Candle-Light-Dinner mit einem Brilli im Schampus – natürlich nur der beste Tropfen und nicht so ein billiger Sekt vom Aldi?

Ich kam also heim und suchte meinen zukünftigen Ehemann. Na prima. Er stand auf dem Balkon und rauchte. Aber hmm irgendwas war anders. Ich ging zu ihm raus und schaute über das Balkongeländer runter. Hui ein Herz aus Teelichtern und in der Mitte lag ein Brief. „Soll ich den jetzt holen?“ Und er antwortete tatsächlich „ja“. Hmm Bei Romeo und Julia stand doch sie auf dem Balkon oder? Naja gut. Dann machten wir halt mal Rollentausch. Ich ging also raus um den Brief zu holen. Und stand mitten in dem Kerzenherz. Jens stand voller Spannung auf dem Balkon „Lies ihn“

Ich bekam also meinen Heiratsantrag per Brief überreicht. Aber auch schön. Ich freute mich trotzdem. Schließlich liebte ich diesen Mann und sagte natürlich sofort ja. Jetzt war ich also verlobt. Nach 2 Monaten Beziehung. Jens weinte vor Freude und ich war die glücklichste Baldbraut der Welt.

Hätte ich doch nur nein gesagt

Da der Balkon ja im Erdgeschoss war und jeder etwas sportliche Mensch problemlos auf meinen Balkon klettern konnte, versuchte ich möglichst grazil das Balkongeländer hochzuklettern. Von den starken Armen meines Baldmannes gehalten. Ich habe mir zwar dabei fast das Bein gebrochen und die Hüfte geprellt aber in diesem Moment fand ich es unglaublich romantisch, von meinem Ritter den Balkon hochgezogen zu werden, um glücklich in seinen Armen zu landen.

Wieder auf dem Sofa mit Wein in der Hand, fingen wir an, in Gedanken schon unsere Hochzeit zu planen, sprachen darüber, dass nach der Hochzeit meine Kinder den Nachnamen von Jens ebenfalls bekommen sollten. Einbenennung nennt man so etwas. Oder er sie evtl. sogar adoptieren sollte. Ich fragte ihn ganz direkt „Was ist wenn wir uns eines Tages trennen und du die Kinder adoptiert hast? Dann musst du für 2 Kinder Unterhalt bezahlen, die nicht deine leiblichen sind“ „Schatz ich liebe die Kinder, als wären sie meine Eigenen. Sie sind meine Eigenen! Und selbst für den ungewöhnlichen Fall, dass wir uns trennen sollten, werde ich für die Kinder immer da sein“ Das klang so schön.

„Was meinst Du, wie Deine Eltern reagieren würden?“ Ich überlegte nicht lange „Sie werden sich für uns freuen. Schließlich lieben sie Dich“.

Trotzdem hatten wir beide echt Schiss davor es meinen Eltern zu erzählen. Sie waren zu dem Zeitpunkt noch in Urlaub und wir mussten leider mit der frohen Botschaft noch ein paar Tage warten...

Komisch, immer wenn meine Eltern in Urlaub sind, passiert bei mir etwas Spektakuläres. Entweder bin ich schwanger, trenne mich oder - wie in diesem Fall - verlobe mich.

Als meine Eltern schließlich aus dem Urlaub zurück waren, fuhren wir mit Herzrasen zu ihnen, um ihnen die Neuigkeiten mitzuteilen. Es war traumhaftes Wetter und wir saßen auf dem Balkon. Sie erzählten von Ihrem Urlaub, wir betrieben Smalltalk und ich wusste einfach nicht wie ich anfangen sollte. Wie würden sie reagieren? Man kennt das ja. Kopfschütteln. Er war doch nicht der richtige. Seid ihr verrückt nach so kurzer Zeit. Aber gut irgendwann mussten wir es ihnen ja sagen.

Jens stand hinter mir und schubste mich als so grinsend an. Irgendwann sagte ich „Wir müssen euch was erzählen“ Prompt antwortete mein Dad „Du bist schwanger“ „ähm nein“ und meine Mama entgegnete „ihr wollt heiraten“ Und es war schließlich gar nicht so schlimm wie befürchtet. Wir erzählten ihnen natürlich auch von unseren Einbenennungs- bzw. evtl. sogar Adoptionsplänen. Sie sprangen zwar nicht vor Freude in die Luft aber so wirklich ganz dagegen waren sie auch nicht...Zumindest sagten sie es nicht. Und ich wusste ja, dass sie Jens auch sehr mochten.

So konnten wir also mit der Planung unsere Hochzeit beginnen. Bis das erste Problem aufkam.

Du kennst das doch oder?
In Gedanken.
Du verlobst dich und dann nimmst du dir ca. 1 Jahr Zeit zum planen, bis die Hochzeit tatsächlich stattfindet.

Ja Pustekuchen. Der werte Jens hatte es ganz besonders eilig. Schließlich liebte er mich ja so unglaublich sehr. Wieso sollten wir also warten. Mir ging das ja fast alles zu schnell. Aber nach langem Zureden seinerseits und vielen Überlegungen meinerseits dachte ich mir „Naja gut warum auch nicht. Hat ja auch steuerliche Vorteile.“

Hallo? Wir leben im Hier und Jetzt! Gibt es tatsächlich noch Paare die NUR aus Liebe heiraten?

Ok also beschlossen wir 4 Wochen später zu heiraten. Der Termin stand fest. Standesamt am 9. Juli und Kirche am 14. August. Sehr schön. Die Freude war riesig!

Wir planten die Feier, suchten uns Lieder aus, Eheringe...Sie waren wunderschön. Weißgold, matt, mit leicht geschwungener goldener Verzierung. Mein Ring hatte 3 kleine Brillis. In der Innenseite standen unsere Namen und das Hochzeitsdatum eingraviert. Wir hatten uns ein Angebot machen lassen. Knapp 800,00 € sollten die Ringe kosten.

Zum Glück hatten wir sie noch nicht bestellt.

Juli

Vier Tage vor der Hochzeit. Jens war auf Arbeit und ich hatte einiges in der Wohnung zu tun. Ich stand vor dem Schrank wo unsere Unterlagen, Ordner und diese ganzen Sachen drin verstaut waren und fragte mich plötzlich, warum da eigentlich zwei Gerichtsordner von ihm waren. Die Scheidung von seiner Exfrau verlief doch problemlos. Und warum stand da ein Ordner mit „Amt“? Ich dachte er hatte noch nie was mit dem Arbeitsamt usw. zu tun. Tschuldigung ich bin auch nur ne Frau. Logischerweise schaute ich rein. Was ich da sehe konnte, konnte ich kaum glauben. Er bezog schon wie oft Hartz IV – gut war ja ansich nicht schlimm. Bezog ich zu dem Zeitpunkt auch. Aber die anderen zwei Ordner machten mich fast sprachlos. Vorstrafen, Bewährungsstrafen, ein Urteil nach dem anderen. Fahren ohne Fahrerlaubnis, Betrug, Erschleichen von Leistungen. Zwei dicke Ordner voll mit Gerichtsunterlagen. Die Arbeit bei dieser großen Mobilfunkfirma... ja da war er zwar aber nur über eine Zeitarbeitsfirma. Ich schaute seine Arbeitsunterlagen durch. Ständig wechselnde Firmen. Viele Arbeiten bei Leiharbeitsfirmen. Als Lagerhelfer, Maschinenbediener, Produktionshelfer. Er hatte in seinem Leben schon mehr Jobs gehabt wie alle Leser hier wohl zusammen. Von wegen, er war IT-Systemkaufmann.

Was war hier los? War das alles ein schlechter Scherz? Ich wollte diesen Mann in vier Tagen heiraten und hatte schlagartig das Gefühl, ihn nicht mehr zu kennen. War das alles schon wieder nur zu schön um wahr zu sein? War der Traum schon wieder geplatzt? Wurde jetzt der riesen große Haken sichtbar? Der Haken, den es bei mir bisher immer gab?

Als er abends von der Arbeit kam (er arbeitete mittlerweile über eine Zeitarbeitsfirma als Lagerarbeiter. Er sagte bis er einen guten Job als It-Systemkaufmann findet) stellte ich ihn natürlich zur Rede. Meine Schlechte Laune ließ sich sowieso nicht verbergen. „Ach Nina, warum musstest du da rein schauen“ Ja prima. Mit dieser Auskunft konnte ich natürlich sehr viel anfangen.

Was ich an diesem Abend erfuhr, riss mir fast den Boden unter den Füßen weg.

Jens hatte noch nie einen Führerschein besessen, war aber immer schön mit meinem Auto herum gefahren. Er saß als Jugendlicher schon mal 7 Monate im Gefängnis, angeblich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, war unzählige Male vorbestraft wegen Schwarzfahrens, Betrug, Kreditkartenbetrug, Erschleichen von Leistungen. Seine Privatinsolvenz war am Laufen. Momentan war er auf Bewährung wegen mehrfachem Betrug. Ja Prima ich hatte vor, einen Straftäter zu heiraten. Ich ließ meinen Tränen freien Lauf. Ich fühlte mich noch nie so leer, wie in diesem Moment.

Mit einer Flasche Wein setzten wir uns auf den Balkon und redeten. Jens machte mir glaubhaft, dass das alles schon lange vorbei war. Er hatte aus seinen Fehlern gelernt. „Warum hast Du mir das nicht mit dem Führerschein gesagt? Weißt du was alles hätte passieren können? Du hast meine Kinder in der Gegend rumgefahren.“ Ich musste mich beherrschen, ihn nicht anzuschreien. „Ich hatte Angst. Was hättest Du denn von mir gedacht? In meinem Alter ohne Führerschein“ Und ich glaubte ihm. Er war Profi darin, jemandem Honig ums Maul zu schmieren.

Ich glaubte ihm einfach alles. Wenn er mir erzählt hätte, dass der Himmel grün war, hätte ich das auch geglaubt.

Ich war ja so naiv.

Wir redeten den ganzen Abend. Beide weinten. Es tat ihm so schrecklich leid, dass er es mir nicht gesagt hatte. „Ich schäme mich so sehr für meine Vergangenheit und eine Frau wie Du hätte sich bestimmt nie auf mich eingelassen, wenn ich dir davon erzählt hätte“ Ich machte mir viele Gedanken, aber beschloss, diesem Mann eine Chance zu geben. Das war nicht meine Art, Menschen auf Grund ihrer Vergangenheit zu beurteilen oder gar zu verurteilen. Schließlich war es ja die Vergangenheit und was zählt war das Hier und Jetzt.

Also heirateten wir am 9. Juli 2010. Und ich verdrängte die ganzen Geschichten. Dachte mir „es ist Vergangenheit Nina. Jeder macht Fehler. Ist doch alles nicht so schlimm. Schließlich hat er niemanden umgebracht oder vergewaltigt“ Ich war mir 100 % sicher, ich heiratete den tollsten Mann der Welt.

Die Trauung war wunderschön. Auch wenn nur meine Eltern und unsere Trauzeugen da waren. An unserem Hochzeitstag war es affig-heiß. Ich trug ein Lila Kleid, ála Marilyn Monroe. Ich sah wirklich schön aus. Nach dem Ja-Wort hörten wir ein Lied 'Das Beste' von Silbermond. Wir weinten vor Glück. Es war einfach wunderschön und perfekt.

Anschließend waren wir bei uns zu Hause bei Kaffee und Kuchen. Das Typische eben. Als unsere wenigen Gäste nach Hause gegangen sind, ging unsere kleine, frisch verheiratete Familie essen. In das Restaurant, in dem ich arbeitete. In das Restaurant, in dem wir unsere kirchliche Trauung feiern wollten. Es war so ein wunderschöner Tag.

...und ich war so glücklich.

Doch ich sollte bald eines Besseren belehrt werden.

Direkt in der Woche nach unserer standesamtlichen Trauung kamen die ersten Briefe. Von diversen Gerichten. Gerichtstermin hier, Gerichtstermin dort. Berufungswiderruf, Haftandrohung, Anklage usw. Ich musste mich erst einmal ein wenig sortieren. Ich verlor fast den Überblick. Vor allem bei der Ladung bzgl. dem Berufungswiderruf. Was sollte das heißen? Muss er etwa ins Gefängnis? Und warum? Ich las weiter „...sind Sie den Bewährungsauflagen nicht nachgekommen...haben Sie die Sozialstunden nicht abgeleistet...“ Mir wurde schlecht.

Kann das sein? Hat er mich angelogen? Schon wieder? Mal wieder sprach ich ihn drauf an. Seine Antwort „Ich hab das vergessen, aber mach dir keine Sorgen, ich werde nicht ins Gefängnis gehen. Ich werde alles dafür tun, da nie wieder rein zu müssen“. Wie kann man so etwas nur vergessen? Er erzählte mir von der Zeit als Jugendlicher im Gefängnis „Es war die Hölle. Eher bringe ich mich um, als dass ich je wieder da rein gehe. Und das war nur der Jugendknast. Der Erwachsenenvollzug ist noch viel schlimmer.“ Er hatte einfach immer eine gute Erklärung parat. Und ich glaubte ihm... mal wieder. Er hat mich mit seinem treudoofen Blick angeschaut. Tränen in den Augen. Flehte mich an, ihm zu glauben. Und wieder dachte ich mir „Ach alles wird gut. Er liebt mich, er wird schon dafür sorgen, dass er nicht in den Knast muss“

Wir planten also unsere kirchliche Trauung weiter. Ich bestellte mein Brautkleid. Ein maßgeschneiderter Traum in Weiß. Mit tiefrotem Gürtel mit Pailletten und Perlchen. Am Rücken geschnürt und wunderschöne Stickerei auf der Korsage. Direkt aus Shanghai! In Ebay bestellt. Wir saßen abends da und basteln Einladungskarten. Wir suchten uns unser Menü aus, unsere Kirche. Trafen uns mit der Sängerin. Der ganze normale Wahnsinn nur im Düsenjet-Tempo. Und alles mit einem leicht unguten Gefühl… Wie sollten wir das alles nur schaffen in so kurzer Zeit? Noch 5 Wochen bis zur kirchlichen Trauung... Unfassbar. Aber wir hatten es geschafft. Ok außer, dass 2 Wochen vor der Trauung mein Kleid immer noch nicht da war...ich hatte schon angefangen die Tapete vor lauter Nervosität abzukratzen.

August

Eines Morgens...wie gesagt 2 Wochen vor der Trauung...kam ein Anruf meiner Mama. „Guten Morgen Nina, kannst du vielleicht mit ein paar Brötchen vorbei kommen?“ Panik brach bei mir aus. War was mit meinem Dad? Sie klang so schrecklich schockiert. Was war nur passiert? Also fuhr ich mit Brötchen beladen zu meiner Mama. Darauf eingestellt jetzt die absolute Schreckensnachricht zu erhalten. Als ich klingelte machte mir mein Dad die Tür auf. Hm ok, mit ihm war schon mal alles in Ordnung. Oh Gott, ist was mit meinem Bruder passiert? Ich ging in die Küche und meine Mama saß wie ein Häufchen Elend am Tisch und schaute mich an. „Setz Dich Nina, wir müssen mit Dir reden“ „Was ist denn nur passiert?!?“ „Nina wir haben lange überlegt ob wir dir das sagen können. Aber du musst es einfach wissen. Wir haben uns schon länger über Jens Gedanken gemacht, dass irgendwas nicht stimmen kann. Es war zu perfekt. Und seine Eile mit der Hochzeit...Wir haben gewisse Sachen über ihn herausgefunden“ Schlagartig wurde mit todschlecht. „Nina wir haben herausgefunden, dass er mehrfach vorbestraft war, dass er keinen Führerschein hat, dass er massig Schulden hat...“ sie musste nicht weiter reden. Wie hatten sie das nur rausbekommen? Ich war schockiert, stinksauer, todtraurig und absolut sprachlos zugleich. Alles zerplatzte in Sekunden. Was sollte ich denn jetzt machen? Mir blieb ja nichts anderes übrig als zu sagen „ich weiß Mama. Ich hab das Meiste kurz nach der standesamtlichen Trauung erfahren. Einen Teil wusste ich vorher schon“

Den Blick meiner Mama werde ich glaub ich niemals vergessen. Sie war nun ebenso schockiert, stinksauer, todtraurig und absolut sprachlos zugleich. Sie schrie mich an, ob ich noch ganz sauber wäre, so einen Mann zu lieben, geschweige denn zu heiraten. Was ich mir dabei denken würde. Ich versuchte mich zu erklären. Es klang ziemlich plausibel...meiner Meinung nach. „Unter diesen Umständen muss ich dir sagen, dass ich so nicht in die Kirche kommen werde. Das wäre absolut scheinheilig“ Ich verstand meine Mama nicht. Wo war der Sinn? Schließlich sind wir doch schon verheiratet? Da kam es doch jetzt da quasi nicht mehr darauf an. Und das war noch nicht alles... „Und ich hoffe du siehst das genauso, dass von dem Thema Adoption jetzt ja nicht mehr die Rede sein kann“ Sie hatte ihre eigene Ansicht und ich konnte sie nicht davon abbringen. Ganz im Gegenteil. Ich konnte sie ja irgendwie sogar verstehen. Ich sagte ihr, dass eine Adoption erst einmal nicht in Frage kommen würde, aber die Einbenennung würde ich auf jeden Fall machen. Schließlich änderte das nichts an den „nicht vorhandenen Rechten und Pflichten“ von Jens. Im Gegenteil, es hatte lediglich den Vorteil, dass die Kinder wieder so heißen wie ich. Aber ich fühlte mich elend.

Als Jens abends nach Hause kam, muss ich ihm also sagen, dass ich die kirchliche Trauung verschieben muss. Wenn meine Mama nicht zu meiner Hochzeit kommt, kann ich einfach nicht heiraten...also kirchlich halt. Das geht einfach nicht. Das kann ich nicht. Es war schrecklich. Und er fühlt sich schrecklich. Er sprach plötzlich von Trennung, weil er nicht schuld sein wollte, dass ich zwischen drin stehe. Zwischen meinen Eltern und meinem Ehemann. Er wollte nicht schuld sein, dass ich mit meinen Eltern Streit habe. Was war das nur für eine schreckliche Situation?

Einen Tag später setzte ich mich ans Internet und begann, all unseren Freunden und Bekannten bescheid zu geben, dass wir unsere Hochzeit aus „persönlichen Gründen leider verschieben müssen“. Oh Gott ich kam mir ja so schäbig vor. Natürlich fragt jeder: „Was ist denn passiert? Oh Gott das ist ja schrecklich“ Ja was antwortet man da bitte? Also beschlossen wir einfach finanzielle Probleme als Grund anzugeben. Und unserem Freunde gaben sich mit dieser Antwort zufrieden.

3 Tage später klingelt die Post an der Tür. Mein Hochzeitskleid ist angekommen. Rechtzeitig und einfach nur traumhaft schön. Da bin ich das erste Mal fast zusammengebrochen. Als Jens von der Arbeit nach Hause kam und das Päckchen auf dem Bett liegen sah fragt er nur „Ist es das?“ Meine Blicke verrieten alles und wieder weinten wir zusammen.

In diesen Tagen redeten wir viel darüber, warum er mir nicht einfach vorher alles erzählt hat. Ich weinte viel. Ich war zu tiefst deprimiert. Ich verstand es einfach nicht, warum es so weit gekommen war. Warum hat er nicht einfach Klartext geredet. So etwas sollte geklärt sein, bevor man heiratet. Er versuchte sich zu erklären „Ich schämte mich. Ich dachte du wolltest dann mit mir nichts mehr zu tun haben.“ „Aber das ist doch alles Vergangenheit. Es gehört einfach zu Deinem Leben. Und wegen Deinen Schulden. Du weißt dass ich nicht aufs Geld schaue. Hast du wirklich geglaubt, ich würde dich weniger oder gar nicht lieben, nur weil du Schulden hast? Hälst du mich für so oberflächlich?“ „Die meisten Frauen sind so“ „Ich bin aber Ich und nicht die meisten Frauen!“ Ich war traurig und stinksauer darüber, dass er mich so oberflächlich einschätzt und mir offensichtlich so wenig vertraute.

Die Wochen vergingen und wir konzentrierten uns nun darauf, alles irgendwie gut hinzubekommen. In die richtigen Bahnen zu lenken. Ich ging mittlerweile in einem Hotel halbtags arbeiten (Mein Chef aus dem Restaurant hat nach gerademal 6 Monaten aufgegeben und den Laden wieder dicht gemacht) und lernte meine inzwischen allerbeste Freundin kennen. Nebenbei kümmerte ich mich darum, die Schulden meines Mannes irgendwie in den Griff zu kriegen. Schulden die für mich absolut unerklärlich waren. Versandhäuser. Hier Rechnungen nicht bezahlt, dort in Hotelzimmern eingemietet und einfach nicht bezahlt. Telefonrechnungen. Viele...unzählig viele Rechnungen an die Deutsche Bahn. Schwarz Gefahren. Strafe. Es war für mich fast unmöglich dort einen Überblick zu bekommen. Ich hatte einmal versucht alles irgendwie zusammen zu rechnen. Und bin auf ca. 40.000,00 € Schulden gekommen.

Meine freien Zeiten verbrachte ich damit, Briefe nach Datum zu sortieren, Mahnungen, 2. Mahnungen und 3. Mahnungen zu sortieren, alles zusammenzuschreiben und die ganzen Gläubiger anzuschreiben und anzubetteln, sich doch bitte auf Ratenzahlungen einzulassen. Ratenzahlungen in Höhe von 10 – max. 30.- €. Hochgerechnet hätten wir ca. 275 Jahre abbezahlt aber naja, immerhin oder?

Die Kinder und auch unsere Freunde haben von all dem rein gar nichts mitbekommen. Tagsüber waren wir die glückliche Familie. Wir verlegten alle unsere Streitereien, Diskussionen, Debatten und Tränen ab abends. Nach 19.00 Uhr, wenn die Kids im Bett lagen, selig schlummerten und von den tollen Erlebnissen mit Mama und Papa träumten.

Nach langem Überlegen und vielen Gesprächen mit meiner Mama, beschloss ich einen Termin bei meiner Anwältin zu vereinbaren. Ich wollte einen Ehevertrag. Ich hatte große Angst, dass – für den Fall, Jens muss wirklich ins Gefängnis, oder auch einfach so – seine Schulden, irgendwie auf mich übertragen werden können. Meine Anwältin jedoch erklärte mir, dass ein Ehevertrag nicht nötig wäre. Schließlich sind die Schulden vor unserer Ehe entstanden. Das war also ganz alleine sein Problem.

Das beruhigte mich dann doch ein wenig.

So langsam normalisierte sich unser Verhältnis wieder. Jens tat so als wäre nichts geschehen. Wir redeten von Tag zu Tag weniger darüber und ich arrangierte mich einfach. Was anderes blieb mir auch gar nicht übrig, wenn ich mit diesem Mann weiter verheiratet und irgendwann einfach glücklich sein wollte. Und so begannen wir wieder ein normales Familienleben zu leben. Wir unternahmen sehr viel an Wochenenden mit den Kindern und so langsam fühlte es sich wieder gut an. „Alles wird gut. Wir kriegen das alles hin...irgendwie“

Wie schon so oft hatten wir über das Wochenende kinderfrei und fuhren in seine alte Heimat. Wir besuchten eine gute Bekannte von ihm. Eine Frau in gut gereiftem Alter. Ihr gehört ein Tanzlokal. Eine Typische Wirtin. Mit roten Fingernägeln, einer Brille Marke 70er, riesen Wallemähne und einer absoluten Schlappgosche. Jens hat früher schon oft in ihrem Laden als DJ aufgelegt. Wir tranken Kaffee, unterhielten uns über unsere Hochzeit. Es war ein schöner Nachmittag und die kinderfreie Zeit tat uns beiden wirklich gut. Wir genossen es, mal für ein paar Stunden draußen zu sein und die ganzen Probleme von zu Hause bei Seite schieben zu können. Einfach mal Eheleute zu sein. Uschi (die Wirtin) fragt uns ob wir einen Tag vor Silvester bei ihr im Tanzlokal arbeiten können. Jens als DJ und ich als Bedienung. Sie versprach uns gute Bezahlung. 200,- € für mich plus Trinkgeld und 150,- € für Jens. Das klang wirklich verlockend und wir sagten zu.

Wieder zu Hause angekommen waren wir ziemlich entspannt. Anscheinend hatten die paar freien Stunden zu zweit einiges bewirkt bei uns. Denn wir sind uns wieder näher gekommen und ich war glücklich. Glücklich mit meinem Ehemann. Alles wird gut werden. Ich war so fest davon überzeugt.

Wir kümmerten uns endlich darum, dass die Kinder genauso heißen konnten, wie wir. Nach vielen Erkundigungen und Fragen erfuhren wir, dass ich dazu das Einverständnis meines Exmannes – dem leiblichen Vater der Beiden – benötige. Also fasste ich mir ein Herz und schrieb ihn an. Ich schrieb ihm von unserem Vorhaben und auch dem Plan, dass Jens die Kinder irgendwann mal adoptieren möchte. Ich schrieb extra noch dazu, dass es meinem Exmann ja nur gelegen käme. Er zahlt ja sowieso keinen Cent, und nach einer Adoption wäre er auch rein rechtlich gesehen aus allem fein raus.

Ein paar Wochen, nachdem ich den Brief weggeschickt habe, klingelte mein Telefon. Mein Exmann war dran. Das erste Mal seit 2 Jahren hörte ich mal wieder was von ihm „Ja hier also das mit der Einbenennung geht in Ordnung und mit der Adoption, also ich schicke dir die Unterlagen zu, dann kannst du sie ausfüllen, dann können wir alles so schnell wie möglich über die Bühne bringen“ Ähm Moment mal...Nicht so hastig hier. Ich versuchte ihm klar zu machen, dass es momentan erst einmal nur um die Einbenennung ginge. Ich erklärte ihm, was er nun machen musste und dass ich nun auf sein schriftliches Einverständnis warten würde. Ja ich wartete und wartete...Es kam rein gar nichts von ihm. Irgendwann schrieb ich ihn erneut an. Und wieder rief er mich zurück und sprach auf die Mailbox „Ja also nochmal wegen der Einbenennung. Ich stimme dem zu, wenn du mir schriftlich gibst, dass ich dadurch von allen Rechten und Pflichten entbunden werde“ Ich bin kurz vor dem explodieren.

Dass ich mein Handy nicht an die Wand geknallt habe, war eigentlich alles. Was bildet sich dieser Typ eigentlich ein? Ich erkundigte mich einen Tag später gleich bei meiner Anwältin. „Das ist Verkauf der eigenen Kinder“ sagt sie fassungslos. „Wie abscheulich“ Also ging ich auf seine komische Bitte erst gar nicht ein.

Wir erfuhren auf dem Rathaus, dass man das auch direkt dort schon alles fertig machen kann. Sie schickten ihm dann die Unterlagen zu, sodass wir uns um nichts mehr kümmern müssen. Und tatsächlich. Er gab seine Unterschrift.

Ich war sehr überrascht aber genauso glücklich. Endlich hatten wir es geschafft. Es ging dann alles Schlag auf Schlag. Einen Tag nach dem Anruf des Rathauses, dass sie Post bekommen haben, sind wir hingefahren, haben 2 Unterschriften geleistet, 50,- € bezahlt und plötzlich hatten wir alle den gleichen Nachnamen und es fühlte sich super an.

Irgendwann kam Jens auf die Idee, dass wir uns doch einen Trockner kaufen sollten. Als Familie brauch man so etwas anscheinend. Ich hielt von der Idee gar nichts. Schließlich war ich gerade dabei, seinen Schuldenberg irgendwie in den Griff zu kriegen und nicht noch neue drauf zu schaufeln. „Vielleicht im Winter, wenn es uns finanziell besser geht“ Wir waren uns also einig...glaube ich zumindest.

Als dann jedoch ca. 2 Wochen später eine Karte von einem Lieferant kam, der mir das Zustelldatum unseres neuen Trockners mitteilt, bin ich fast ausgeflippt. Noch dazu war die Karte auf meinen Namen adressiert. Ich rief sofort bei dem Versandhaus an und sagte, dass ich nichts bestellt habe. Eine freundliche Stimme erklärt mir, dass mein Mann angerufen hat und auf meinen Namen bestellt hat. Bitte was? „Ich weiß davon nichts“ Als mir die freundliche Stimme daraufhin in den Hörer säuselte, dass sie meinen Ehemann anzeigen müssten, wenn er ohne mein Einverständnis auf meinen Namen Waren bestellt hat, lenkte ich schnell ein „Was? Anzeige? Ähm ne, ich rede nochmal mit meinem Mann, aber den Artikel möchte ich nicht annehmen.“ Ok, das Thema war von der Seite erledigt.

Als ich Jens darauf ansprach, schaut er mich verdutzt an. „Wir waren uns doch einig“ Ach ja? Ja wir waren uns einig, dass wir den Trockner jetzt noch nicht kaufen. „Und warum überhaupt auf meinen Namen?“ Als wär ich nicht ganz dicht erklärte er mir „Du weißt doch, dass ich durch meine Privatinsolvenz nichts bestellen kann.“ Ja prima. Und dann einfach auf meinen Namen oder wie? Das geht so nicht.

Irgendwann Ende August meldet sich plötzlich Timo wieder. Wir hatten seit April keinen Kontakt mehr und ich war wie vor den Kopf geschlagen. Für mich stand klar, dass er nur noch ein guter Freund war aber ich wollte ihn dennoch unbedingt sehen. Ich wusste, dass mein Mann tierisch eifersüchtig auf ihn war – warum auch immer -, also beschloss ich, mich ohne sein Wissen mit Timo zu treffen.

Während Jens Spätschicht hatte hab ich die Kids bei Oma untergebracht, um mich mit Timo zu treffen. „Schatz ich geh heut mit meinen Kollegen was trinken. Du bist ja eh nicht da“. Somit war das Thema für mich erledigt. Wir saßen in unserer Stammkneipe und unterhielten uns. Er fragte wie es mit meinem Mann läuft und erzählt mir von seiner Freundin/Ex-Freundin - was auch immer sie zu dem Zeitpunkt war...ich weiß es nicht.

Kennst du das, wenn du eine Person schon lange nicht mehr gesehen hast, aber dennoch das Gefühl hast, ihr vollkommen vertrauen zu können? Genauso fühlte ich mich bei Timo und hatte das Bedürfnis, ihm von meinen Sorgen zu erzählen.

Wir redeten viel und lange.

Dann kam plötzlich eine SMS vom Jens „Wenn ich dann Feierabend hab möchte ich bitte dass du dann auch zu Hause bist“

Hmm was war denn hier los? Muss ich mir so was sagen lassen? Ich dachte ich bin eine erwachsene emanzipierte Frau, die selbst entscheiden kann wann sie nach Hause geht und wann nicht. Ich glaub es hackt. Naja ich bin Löwe...und von daher leider auch schnell auf 180. Naja ob das viel mit dem Sternzeichen zu tun hat weiß ich nicht. Wohl eher mit den Genen die ich von meiner Mama geerbt hab. Prompt habe ich ihm eine dementsprechend saftige Antwort an den Kopf bzw. aufs Handy geschmissen. Wir hatten uns gegenseitig so hochgeschaukelt und zu allem Übel hab ich ihn angelogen was mein Ausflug in meine Kneipe betrifft. Aber das war mir zu diesem Zeitpunkt egal.

Ich kümmerte mich nicht weiter um die „Aufforderung“ meines Mannes und ging mit Timo spazieren. Wir liefen am Main entlang und redeten einfach nur. Es war schön so neben ihm her zu laufen und ihm zuzuhören, wie er von der Bundeswehr erzählt. Auch wenn er teilweise weniger schöne Sachen berichtete. Mein Handy ignoriere ich jetzt komplett und die Anrufe vom Jens drückte ich einfach weg. Ich war von seinem Terror nur noch genervt. Irgendwann eskalierte dann der ganze Mist und ich schrieb Jens, dass ich so nicht mehr kann, dass mir der ganze Druck zu groß war.

War das nicht verständlich?? Ich finde das ziemlich verständlich...

Und typisch beleidigter Mann faselt er irgendwas, dass er jetzt weg war. Aber ich dachte mir nur „was ein Glück, dann hab ich wenigstens meine Ruhe“

2 Stunden später haben sich Timos und meine Wege getrennt und ich fuhr nach Hause. … Tadaaa Überraschung, Jens war ja wirklich nicht da. Ich setzte mich gleich an mein Notebook und schaue ob Timo online war, um ihm davon zu berichten. Ich fand die ganze Aktion von Jens so lächerlich, dass ich das gleich erzählen wollte. Timo und ich begannen uns einen Spaß daraus zu machen. Wir hatten schon immer einen recht dreckigen Humor zusammen gehabt und so gingen die spitzen Gespräche los. „Dann hätte ich ja doch zu dir kommen können. Und wir hätten nochmal deinen Tisch in Beschlag nehmen können“

Während Timo und ich zusammen waren, haben wir das ein- oder andermal hemmungslosen Sex auf meinem Esstisch gehabt, was Timo wohl recht gut gefallen hat. Daher auch der Kommentar, aber ich wusste, dass das alles im Spaß gemeint war und so ging ich darauf ein und witzelte einfach mit. War ja nichts dabei. Ein Spaß unter Freunden. Fertig.

Mein Mann fand das allerdings alles andere als lustig, als er nichts Besseres zu tun hatte, in meinem Profil herum zu schnüffeln und die Nachrichten natürlich las. Selbstverständlich verstand er auch alles falsch und war seit dem nun noch eifersüchtiger als vorher schon und unterstellte mir zudem noch eine ausgereifte Affäre mit Timo.

Herr Gott, als hatten wir nicht schon genug Probleme

Aber so ne eventuelle Haftstrafe waren natürlich nur Peanuts im Gegensatz zu einer angeblich fremdgehenden Ehefrau. Ganz klar.



Seit dem Abend mit Timo und dem Streit mit Jens, waren wir irgendwie mehr getrennt als zusammen. Wenn wir redeten, stritten wir. Im Bett lagen wir jeder in seine Ecke gequetscht und von irgendwelchen zärtlichen Berührungen konnte keine Rede mehr sein.

Ich wollte erst mal versuchen herauszufinden, wie ich mit den ganzen Infos die ich die letzten Wochen Stück für Stück bekommen habe, zurechtkommen sollte. Und noch dazu nervte mich Timo mit seiner scheiß Eifersucht. Ich hatte das Gefühl nirgends mehr hingehen zu können, ohne mit SMS von ihm überschüttet zu werden. Und das machte mich verrückt.

Meine Mama erzählte mir, dass sie ihm gesagt hat, dass ich für solche Probleme nicht die richtige Frau bin, dass ich für so n Scheiß zu labil bin. Dass ich das nicht packe, mich um SEINE Schulden zu kümmern und das alles zu regeln, seine Gerichtssachen mit ihm zusammen durchzustehen. Und ich sah das zum derzeitigen Punkt eigentlich genauso.

In der kommenden Woche redeten wir mal wieder sehr viel. Und meine Verwirrung wurde immer größer. Ich redete viel mit Dani, wir redeten über Trennung, ich über-legte das erste Mal, mich vom Jens komplett zu trennen. Mit allem Drum und Dran. Und Ich war schockiert über mich selbst. Ich wollte doch einfach nur glücklich sein. Und Dani konnte mir nur eins raten „Hör auf dein Herz“ ich ging in mich „Mein Herz ist scheiße Dani. Es verarscht mich doch immer wieder. Wie soll ich also darauf hören?“

Ich sagte schließlich Jens, dass er erst mal ausziehen sollte, dass das so nicht weiter gehen konnte. Je länger wir in der kleinen Wohnung aufeinander saßen, desto schlimmer würde es werden. Seine ganze Eifersucht, dass er nicht im geringsten zu verstehen schien, dass wir viel größere Probleme haben, das würde mich irgendwann zum Platzen bringen und wir würden gar keine Chance mehr haben.

Die kommenden Tage waren sehr emotionsgeladen. Wir saßen viel auf dem Balkon und redeten, stritten, diskutierten.. Mal war Jens ziemlich abgeklärt. Absolut verständnisvoll...Er würde es verstehen, dass ich nicht mit 'so jemandem' zusammen sein kann. Dann bettelte er wieder. Weinte viel. Ich auch. Es war furchtbar. Und das alles, ohne dass die Kinder irgendwas davon mitbekommen durften. Es war eine sehr schwierige Situation aber wir gaben Beide unser Bestes, die Kinder von dem ganzen Theater absolut rauszuhalten. Und es gelang uns...

Ich redete wieder mit meiner Mama – Ich konnte mit meiner Mama immer über alles reden und auch in diesen Wochen telefonierten wir sehr viel. Ich heulte mich bei ihr aus, machte meine Ratlosigkeit breit. Ich hatte das Gefühl noch nie so ratlos gewesen zu sein, wie in diesen Wochen. Plötzlich sagte meine Mama „Nina wir haben viel darüber nachgedacht und geredet. Wir denken, dass wir dich mit unserem Gerede, was für ein schlechter Mensch Jens ist, ziemlich beeinflusst haben und unter Druck gesetzt haben. Aber wir glauben mittlerweile, ihr solltet es wirklich noch einmal probieren.“ Ich war erstaunt über die Ehrlichkeit meiner Mama, darüber, dass sie quasi zugegeben hat, womöglich einen Fehler begangen zu haben.

Als Jens und ich dann Irgendwann – warum auch immer – im Baumarkt standen und er mir irgendwas erzählte, dass er sein neues Bad dann so und so einrichten würde und ich merkte mit welch Begeisterung er das erzählte, hatte es plötzlich bei mir klick gemacht. „Was wäre wenn wir unser gemeinsames Bad so einrichten?“ Jens stand da und blickte mit sprachlos an. Ich wollte nicht dass er auszieht. Ich wollte mich nicht trennen. Und genau das sage ich ihm.

Alle waren glücklich. Alle waren zufrieden. Wir waren wieder ein glücklich verheiratetes Paar, eine glückliche Familie.

Hätte ich mich doch nur getrennt...

Oktober

Auch wenn ich mich dafür entschieden habe, mit Jens zusammen zu bleiben, war das Thema Eifersucht und Timo für meinen Ehemann immer noch nicht abgeschlossen.

Jens fing nun an, mich jeden Tag mit Nachrichten zu bombardieren. Ich wusste nicht warum er das tat. Ich geh mal davon aus, weil er sich dachte, solange ich mit ihm schreibe, konnte ich schon nichts anderes tun. Wenn ich weg gehen wollte...alleine... traf ich mich laut ihm immer mit Timo. Und ich war so müde, mich ständig rechtfertigen zu müssen.

Kennst du das, wenn du weißt,
dass du an sich nichts Unrechtes getan hast
(ok, vll. bis auf die Notlüge, als ich mich mit Timo getroffen habe) aber ständig irgendwas unterstellt bekommst?
Wie reagierst du?

Aber ich gewöhnte mich irgendwie an die ständigen Diskussionen und irgendwann flachte das Thema auch wieder ab.


Zum Glück bekam Jens über eine andere Zeitarbeitsfirma ein tolles Jobangebot in einer großen Fabrik in unserer Stadt. Er sollte dort wirklich viel Geld verdienen und nahm das Angebot natürlich an. Außerdem hatte es den Vorteil, dass er auch mal an was anderes denken musste, als an meine angebliche Affäre mit Timo

Endlich war – zumindest was das Thema Geldprobleme betraf – Besserung in Sicht.

Und das lästige Thema Trockner kam wieder zur Sprache. Außerdem teilte mir mein Mann so nebenbei mit – als er mich mit den Kindern von der Arbeit abgeholt hat – dass er uns einen neues Notebook bestellt hat. „Wie bitte? Ich hab doch einen. Der funktioniert einwandfrei. Was soll der überhaupt kosten?“ „Ach so ca. 650,- €. Aber auf Ratenzahlung nur 40,- € im Monat“ Haha das soll wohl ein Witz sein. Ich kochte vor Wut. Aber Jens meint nur „Schatz, ich verdiene doch jetzt regelmäßig Geld, da können wir das doch ganz leicht bezahlen.“ Ja Wunderbar. Außerdem erklärt er, dass er von seinem Konto – wo die 20.000,- € drauf waren – das restliche Geld was nach der Autobezahlung übrig war, abheben wollte. „Dann könnten wir den Betrag auch auf einmal bezahlen“.

Ich ließ mich erweichen und war einverstanden.

Ein paar Wochen später bestellte er noch eine neue Senseo Latte Select. Kosten 160,- €

Ach was solls. Mein Mann verdiente viel Geld. Was kostet die Welt, ich nehme das Doppelte.

Auch als ich Ende Oktober meine Kündigung – aus betrieblichen Gründen – zum Novemberende bekam, machte ich mir noch nicht wirklich viele Sorgen.

Als ich jedoch irgendwann die ganzen Rechnungen in die Finger bekam, bemerkte ich mal wieder, dass alle Waren auf meinen Namen bestellt waren. Das war doch einfach unfassbar. Aber gut. Mein Mann verdiente ja nun viel Geld. Das war ja alles kein Problem.

Bezüglich der Schulden machte ich mir zu dem Zeitpunkt nicht mehr wirklich viele Gedanken. Dennoch ließ mich eine Sache nicht los. Der Gedanke an die bevorstehenden Gerichtsverhandlungen und was noch kommen könnte. Hatte er mir wirklich die Wahrheit gesagt? Würde wirklich alles gut ausgehen? Hatte er mir diesmal wirklich alles gesagt?

Jens merkte dass ich mich in letzter Zeit ein wenig verändert habe, zurückgezogen und sehr nachdenklich war. Er fragte mich immer öfter was mit mir los war. Was sollte schon mit mir los sein? Ich hatte Angst dass mein Ehemann ins Gefängnis muss. Warum verstand er es nicht? Wieso sah er alles so leicht? Ich war völlig ratlos.



Dann war es soweit. Der Tag der ersten Gerichtsverhandlung stand bevor. Es ging um Betrug in einigen Fällen. Nicht bezahlte Hotelrechnungen usw.

Mir war bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht wirklich bewusst, dass man wegen einer nichtbezahlten Hotelrechnung ins Gefängnis gehen kann.

Er fuhr zusammen mit seinem Anwalt nach Koblenz. Ich saß zuhause und wartete auf die erlösende Nachricht. Doch es kam nichts. Ich stand wie unter Strom...Irgendwann dann nachmittags meldete er sich. Es gab eine Entscheidung. Doch er wollte mir nicht sagen was raus gekommen war. Er sagte lediglich „Es war nicht schlimm“ Na prima. Jetzt musste ich ja immer noch warten, bis ich endlich wusste was Sache war. Als er endlich zuhause angekommen war, erklärte er mir was raus gekommen war.

„Also Schatz, ich bin zu 10 Monaten Haft verurteilt“ Mir blieb die Luft weg „Der Richter sagte aber gleich, dass wir in Berufung gehen sollen und wenn ich mich mit den Gläubigern in Verbindung setze und ich endlich meine Sozialleistungen ableiste, wird das Berufungsverfahren ganz anders ausgehen. Schatz ich werde nicht ins Gefängnis gehen!“

Hmm beruhigte mich das jetzt?

Und schon kam der nächste große Schlag
 



 
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