Bleiernes Licht (gelöscht)

B

bonanza

Gast
Bleiernes Licht
flutet
die Stille
in jener letzten Sekunde
die mich die Welt
eine zeitlose Zeit lang
vergessen lässt
lockt das Katzengold
blankgeschlafener
Träume
in die Bannmeile
vor den Steilküsten
des Nirgendwann

erst im Morgenlicht
finde ich zurück
ans flache Ufer
der Zeit.


ich lese jede menge überhöhungen, ndk.
"bleiernes licht" - licht gilt quasi als schwerelos.
"flutet die stille in jener letzten sekunde" - trieft
vor schwülstigkeit.
"eine zeitlose zeit lang" - (s.o.) reiht sich in die
überhöhungen ein. eine zeitlose zeit ist unmöglich.
"lockt das katzengold blankgeschlafener träume"
- die beste metapher des gedichts.
"in der bannmeile vor den steilküsten des nirgendwann"
- dreifache überhöhung: bannmeile - steilküste - nirgendwann.

"erst im morgenlicht finde ich zurück ans flache ufer
der zeit" - etwas aufatmen zwar und eine schöne wendung
aber noch triefend von silber-, golden-, dichterischer
göttermorgendämmerung.

ndk, mir ist das einfach zu viel des guten.
auch wenn`s erstmal schön klingt.
(gebe einer häßlichen frau schminckzeug, und sie sieht
hernach aus wie ein clown.)

bon.
 

NewDawnK

Mitglied
Hallo Bonanza,

Danke für Deinen erläuternden Kommentar.
Meine Texte sollen ein bisschen mehr sein als nur Kosmetik. Da Du nur die Oberfläche zu beurteilen scheinst, ist Dir der Inhalt des Gedichtes möglicherweise entgangen: Der im Prinzip unbeschreibbare "Zeitsprung" zwischen Einschlafen und Aufwachen.
Die Ausführung ist auf genau diesen Inhalt abgestimmt.

Schöne Grüße, NDK
 

Walther

Mitglied
Hi NDK,

über den Text selbst kann man streiten, die Zahl der Metaphern überbordend nennen - allerdings ist er bei Weitem besser als die Wertung von bon. Ich habe sie daher ein wenig korrigiert.

In der Tat weist bon, wie so häufig, auf einen möglichen Schwachpunkt des Textes hin: Im Eifer des Gefechts könntest Du ein wenig zuviel des Guten aufgetragen haben. Das als kleine Anmerkung für die Beschreibung des Gefühls, das Dir sonst gelungen ist. Manchmal, das muß ich mir ebenfalls immer wieder sagen (lassen), ist jedoch ein wenig weniger vielleicht am Ende doch mehr.

Daher halte ich meine Wertung so oder so für begründet, auch wenn sie vielleicht um einen Punkt geringer ausgefallen wäre, wenn, ja wenn, unser bon nicht schon so tief gegriffen hätte.

Liebe Grüße W.
 
B

bonanza

Gast
ndk, deine intention zweifele ich nicht an.
sie dringt nur nicht recht zu mir durch.
das kosmetische überwiegt.

bon.
 
Hallo NDK,

oft habe ich versucht, mich an die Sekunden vorm Einschlafen zu erinnern. Und wie allen von uns, mögen wir uns auch noch so sehr anstrengen, gelang mir dieses nie. Twighlightzone?!
Im Moment des Aufwachens erinnern wir uns vielleicht noch an Bruchstücke unserer Träume, können aber die Erinnerung an das, was darin passierte, nicht lange speichern. Das menschliche Gehirn verdrängt das Traumgeschehen schnell, genauso wie die kurze Zeit nach dem Erwachen. Mag sein, dass das gut für uns ist, weil wir sonst Reales mit Unwirklichem vermischen würden.
Ich glaube, wenn es einem von uns gelingt, die Windungen des Gehirns zu entwirren, sind wir tot.

Du hast mit deinem Gedicht bei mir mitten ins Schwarze meiner Gedanken getroffen.
Bravo!

LG
GFÜ
 

NewDawnK

Mitglied
@ Walther
Ich danke Dir für Deine freundliche Einschätzung. Die Wertung ist für mich eher nebensächlich.
Bonanzas abwertende Kritik bezog sich auf jede einzelne Formulierung - ich müsste diesen Text demnach löschen und meinen Schreibstil komplett ändern oder besser gar nichts mehr veröffentlichen, wenn ich seinem Urteil konsequent folgen würde.

@ Bonanza
"das kosmetische überwiegt."
Das Konstruktive überwiegt leider nicht bei Deiner Kritik.
Danke für Deine aufschlussreiche Meinung.

@ GFÜ
Vielen Dank für Deinen netten Kommentar!
Es freut mich, dass Dich dieser Text erreichen konnte.

Liebe Grüße, NDK
 
M

Melusine

Gast
Hallo NDK,
ich finde deinen Text zwar interessant und irgendwie ansprechend, aber er scheint auch mir etwas überladen. Ich ersticke unter der Fülle deiner Metaphern wie unter einem zu dicken Federbett.

Es mag natürlich auch daran liegen, dass sich das so gar nicht mit meinen eigenen Einschlaferfahrungen deckt. Bewusstes Einschlafen verbinde ich mit Leichtigkeit, einer Art Schwebezustand. Vielleicht ist das individuell sehr unterschiedlich.
Dein Gedicht hat etwas Alptraumhaftes: drückende Schwere (das "bleierne Licht"), Steilküste (Absturz?), das (erleichterte?) Zurückfinden an die flachen Ufer der Zeit am Morgen ... dann aber - und das erscheint mir widersprüchlich - die "lockenden" Träume ...
Angst vor der Irrationalität des Nicht-bei-sich-Seins im Schlaf?

LG Mel
 

NewDawnK

Mitglied
Hallo Melusine,

Du hast Recht, die Nähe des Schlafes zum Nicht-bei-sich-Sein bzw. zur Nichtexistenz spielt die Hauptrolle in diesem Text - in Anlehnung an Homer, von dem der Satz "Der Schlaf ist der kleine Bruder des Todes" überliefert ist.
Nicht zu existieren bedeutet das Nichtvorhandensein von individueller Zeit. Damit geht auch der Verlust des Zeitgefühls einher - aus subjektiver Sicht (allein um die geht es mir in diesem Text) scheint es keinen Unterschied zu geben zwischen Schlaf und Tod. Nur wenn man die Situation von außen beobachtet oder beim Aufwachen im Nachhinein bewertet, wird der Unterschied natürlich klar.

Zu den Metaphern: Die gegensätzlichen Bilder Steilküste - flaches Ufer stehen für das Zeitempfinden im Schlaf bzw. im normalen Wachzustand. Die Bannmeile soll hindeuten auf die Angst vor der Steilküste (d.h. vor der Nichtexistenz bzw. dem Verlust des Zeitgefühls). Das Katzengold steht für Traum-Illusionen, mit der diese Angst schließlich überwunden wird. (Träume könnten so gesehen ein Art psychische Abwehrstrategie gegen die Angst vor der "Nichtexistenz im Schlaf" sein.)
"Bleiernes Licht" ist eine nicht unübliche Metapher für Mondlicht, das manchmal als grau und kalt beschrieben wird.
Mir ist klar, der Text ist ziemlich dicht. Andererseits beschreiben die Bilder genau das, was ich beschreiben wollte.

Vielen Dank für Deinen Kommentar, der mir Gelegenheit gegeben hat, das Gedicht aus meiner eigenen Sicht zu erläutern.

Liebe Grüße, NDK
 

Perry

Mitglied
Hallo NDK,
mir gefällt die düstere Stimmung, das Hin- und Hergerissen Sein zwischen Wach- und Traumzustand.
Vielleicht ist dir meine Version ein Gedankenanstoß, wie du das Gedicht "entschlacken" könntest:

Bleierne Stille
in jener letzten Sekunde
die mich die Welt
im Zeitlosen
vergessen lässt
Das Katzengold
blankgeschlafener
Träume lockt
zur Bannmeile
vor der Steilküste
erst im Morgenlicht
finde ich zurück
ans flache Ufer

LG
Manfred
 

NewDawnK

Mitglied
Hallo Perry,

besten Dank für Deine Anregung!
Ich habe oben noch eine zweite, inhaltlich leicht veränderte Version angefügt, die hoffentlich etwas verständlicher ist als die erste.

Schöne Grüße, NDK
 



 
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