BLIMPER (15) Jan

Michael Kempa

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Jan





Die Fahrt dauerte fünf Tage und Hannah kam aus dem Staunen nicht heraus. Orte, voll mit Menschen, Brücken, Flugzeuge, Malls, Bahnlinien und Ozeandampfer. Alles auf einer Reise. Schließlich waren sie am Flughafen. Zwei Blimps warteten am Fixpoint. Der Leiter des Unternehmens begrüßte sie. „Sie sind Hannah Susandottier? Ich begrüße sie, es ist schön, sie einmal persönlich zu sehen! Ich bin Oswald Kern, ein eher seltener Name, doch ich versichere ihnen, dass ich durch und durch Amerikaner bin!“
Hannah nickte höflich und wartete was kam. Kern machte keine Umstände, er zog Jan und Hannah in den nächsten Blimp. Der Blimp hatte sechs Sitzplätze und zwei für die Piloten. Recht klein, fand Hannah. Der Aufstieg funktionierte reibungslos. Oswald bot seinen Vornamen an und begeistert bestand er auf die Anrede „Os“.

Der Flug hatte gerade begonnen, da kehrte Os um. „Wir sind ganze 100 Kilometer geflogen, wir müssen zurück. Die Akkus halten 300 Kilometer aus, doch eine Sicherheitsreserve muss sein!“ Os wirkte vergnügt und irgendwie stolz. Hannah war maßlos enttäuscht. Jan merkte das und machte zu Hannah eine beschwichtigende Geste. Hannah verstand.
„Wie gefällt ihnen der Blimp Miss Susandottier?“, fragte der Ingenieur.
Hannah war irritiert. „Os? So darf ich sie nennen? Dann dürfen sie zu mir auch Hannah sagen, das ist kein Problem für mich.“
Os war geschmeichelt und Hannah hatte einen Freund mehr.

„Os, ich finde das Teil gut, weil es fliegt... Allerdings könnte da mehr daraus werden. Die Hülle könnte leichter werden, die Motoren stärker. Das Schiff könnte größer werden, mehr Tragkraft entwickeln. Der Weg mit den Elektromotoren ist richtig. Wie weit fliegt das Schiff mit den Verbrennungsmotoren?“
Os musste sich sammeln, er wusste nicht, ob es vernichtende Kritik oder Lob war. „Die Verbrenner fliegen viel weiter, so etwa 1000 Kilometer. 500 Kilometer hin und 500 Kilometer zurück. Dann die Reserve, also ein Aktionsradius von 400 Kilometern...“
Hannah nickte. Eine Eingebung wollte aus ihr raus. „Os, mach die Hülle stabiler und leichter, wo sind die Akkus für den Strom?“
Os zögerte nicht lange und zeigte ihr den Lagerraum im Heck, dort dampften die Akkus, ein Schwall heißer Luft schlug Hannah entgegen.
Hannah war sprachlos, ein Heck ohne Toilette konnte sie sich nicht vorstellen. Os fragte sie nach einem Stück Papier, dort zeichnete sie die Position der Akkus ein. Zwei Reihen und etwas länger. Os begriff nicht sofort.
„Das wird den Aktionsradius vergrößern und Toiletten brauchen sie auch!“
Os blieb sprachlos zurück und bedankte sich höflich.

Mit Jan begann Hannah die Rückfahrt. Sie genoss den Herbst und die bunten Blätter an den Bäumen, doch die Fahrt war wenig unterhaltsam.

Der Winter kam wieder, Jan kam seltener und Hannahs Ausflüge zum Meer wurden länger. Dann kam ein Brief von Os. Die Hülle wurde leichter, die Akkus waren nun außerhalb des Blimps in zwei Reihen angebracht. Der Elekro-Blimp war fast so leistungsfähig wie das Verbrennermodell. Hannah war zufrieden und schlief ein paar Tage über den Brief, dann überkam sie das übermächtige Gefühl etwas schreiben zu müssen. Os Antwort kam prompt.

Jan brachte wieder einen Koffer mit Geld. Der Blimp flog nun 500 Kilometer weit. 500 Kilometer hin und 500 Kilometer zurück. Hannah hatte einen Traum. Es ging um Folien für die Batterien. Gefaltet, dünn und gepresst. Os war begeistert.

Hannah fuhr mit ihrem Elektrobike immer weiter hinaus, das Meer zog sie an. An einem Abend kam sie zurück zu ihrem Haus und sah, dass einige Autos vorm Haus standen. Sie schob das Rad vorsichtig in die Garage und wurde von einem Polizisten aufgehalten. Er brachte sie in das Haus. Auf dem Tisch lagen ihre Bücher und ihre Briefe. Ein Mann im schwarzen Anzug sortierte die Beute.
„Wer hat ihnen die Geheimnisse verraten?“, fragte er unumwunden. Hannah wurde blass.
Der Mann wurde unangenehmer. „Woher haben sie die Kenntnisse über Material und Energie?“
„Wer sind sie?, Für wen arbeiten sie?“
Hannah schwieg.
Der Mann im schwarzen Anzug trat auf Hannah zu. „Wer sind sie? Für wen arbeiten sie? Was ist ihre Religion?
Hannah schwieg.
Die Männer zogen ab. Kisten mit Büchern und Briefen nahmen sie mit. Übrig blieb das Chaos. Übrig blieb Hannahs Verzweiflung. Übrig blieb die Angst.
 

Michael Kempa

Mitglied
BLIMPER (16) Eve

Eine Vorschau auf Teil 16 von 20
Ab mitte Dezember geht es nach der Zwangspause normal weiter.
Es können in der Leselupe maximal 15 Beiträge pro Monat erscheinen. (Wusste ich bisher nicht)



Eve


Jan tauchte wieder auf, er beruhigte Hannah und erklärte ihr, wie das mit den staatlichen Stellen funktionierte. „Die wollen dich einschüchtern, die wollen an deine Informationen ran. Energie und Werkstoffe sind für das Militär relevant, du wirst sehen, es kommt alles zurück. Sie werden alles lesen und dir wieder geben. Allerdings wollen sie alles wissen, was mit Werkstoffen und Energie zu tun hat. Habe einfach etwas Geduld und halte den Ball flach!“
Hannah war nicht überzeugt, doch sie beschloss zu schweigen und weiter mit dem Rad zu fahren. Der eisige Februar konnte sie auch nicht aufhalten. Die Strände waren leer und sie genoss die Einsamkeit am Meer. Die Einsamkeit im Haus fürchtete sie dafür umso mehr.

Im eisigen Wind stand sie am Meer und schaute auf den Pazifik. Sie glaubte nicht richtig zu sehen, der eisige Wind trieb ihr die Tränen in die Augen und sie rieb sich das Gesicht trocken. In den unruhigen Wellen trieb etwas. Hannah schaute näher hin. Sie glaubte einen Menschen im Wasser treiben zu sehen und rannte den Strand runter zu den Wellen. Aus dem Wasser stieg tatsächlich eine Gestalt und hielt auf sie zu. Ganz ruhig, so als gäbe den eisigen Wind nicht. Hannah strich ihre Haare unter die Kapuze und schützte ihre Augen mit den Händen. Dann stand Eve vor ihr. Ein dünner Badeanzug war alles was Eve trug. Eve lächelte und kam nah heran. „Mach weiter und gib nicht auf! Vertraue Jan, er ist unser Bote. Er wird dir sagen, was du erzählen kannst und er wird dir sagen worüber du schweigen musst! Mit Alaskas Hilfe wirst du auch Alaska finden... Es geht ihr gut und ich bringe dir Grüße von ihr. Mach einfach weiter, wir haben ein Auge auf dich und wir finden: Du machst es gut!“
Eve drehte sich um und verschwand mit einem leichten Dauerlauf in den Wellen, nur noch der Rücken war zu sehen. Dann tauchte sie in den Wellen unter und nicht wieder auf. Hannah stand wie eine Statue am Strand, sie spürte den scharfen Wind und fühlte die Kälte aufsteigen. Rasch ging sie zu ihrem Rad und nutzte den Rückenwind für eine rasche Heimfahrt.

Os hatte eine Nachricht hinterlassen, er fragte nach Hannahs Meinung zur Hüllenstabilität. Os war mit den Hüllen nicht zufrieden. Einige Tests endeten in zerrissenen Stofffetzen und einem Chaos im Labor.
Hannah schlief eine Nacht darüber, sie träumte einen süßlichen Traum, durchquerte das Universum und badete in Farben, Geruch und visionären Bildern. Der Morgen holte sie in die Realität. An ihrem Frühstückstisch blätterte sie in ihren Aufzeichnungen.
Dann fiel ihr Blick auf das Bild, das sie von ihren Reisen gerettet hatte. Sie erinnerte sich an ihre Malerei und an die Begegnungen mit Eve. Das Bild von ihr und Eve hing im Flur, im Schatten. Sie stand auf, holte das Bild und betrachtete es lange. Schließlich fand sie einen Ort im Haus, wo das Bild besser wirkte und ab und zu von der Sonne angestrahlt wurde. Nachdem sie das Bild umgehängt hatte, ging es ihr besser. Hannah goss sich den zweiten Tee ein.

Karl suchte weiter nach Kontakten. Heute waren es 7 Kontakte die auf die Zentrale deuteten. Alaska könnte in der Zentrale sein. Einen Kontakt zur Zentrale, zur Zitadelle, hatte Hannah nicht.
Hannah ließ es bleiben, weiter zu suchen, ihre Gedanken trieben ab, so wie die Wolken, die vom Pazifik über das Land trieben.
Karl, ihr elektronischer Helfer schwieg und arbeitete weiter im Verborgenen. Hannah entwickelte Ideen.
Dann rief sie Os an. Sie fragte, wie es um die Entwicklung der Blimps stand. Os wirkte niedergeschlagen, es ging nicht richtig voran. Die Hüllen der Blimps waren zu schwer, es gab Leckagen und weitere schwere Rückschläge. Hannah versprach Os nochmals anzurufen, am Abend.
Das Gespräch am Abend mit Os war entspannter. Os gab zu, sich eine Flasche Chianti geöffnet zu haben und nun überlegte, was er sich kochen könnte. Im Kühlschrank fand er Romanesco. Hannah kannte das nicht und ließ sich das beschreiben. Os suchte nach Worten und beschrieb schließlich Fraktale, wiederkehrende Strukturen, so wie nun mal Romanesco aussah. Os werkelte in seiner Küche, hatte den Sender im Ohr und wirkte entspannt. Hannah lag auf der Couch, hatte das Mikro an der Wange, den Empfang im Ohr und entspannte. Es wurde ein langes Gespräch. Es ging um Tomaten und Basilikum. Das Gespräch wurde abgehört.

Der diensthabende Agent legte seine Weste säuberlich zusammen und versuchte dem Gespräch zu folgen, nebenbei gab es Störgeräusche. Die Analyse ergab: Das bruzzeln von Zwiebeln in einer Pfanne. Der Agent stierte mit den Augen gegen die Decke und stieß in Gedanken einen Fluch aus.
Hannah sprach nun nicht mehr aus sich selbst, sie roch den süßlichen Duft und ahnte, dass es sich bald auflösen würde. Sie empfahl Os, zu seinem Gericht doch einfach Mandelbrot dazuzugeben. Os verstand nicht sofort. Doch dann entstand eine Pause und er plapperte gedankenverloren, dass er nun nach Mandelbrot suchen würde. Hannah wünschte ihm noch viel Erfolg beim Kochen. Os war noch nicht fertig und erzählte weiter von seinen Kochkünsten. Hannah lauschte und sagte ab und zu „Aha“ oder „Soso“, sie war nicht mehr bei der Sache, brach das Gespräch aber nicht ab.
Der Agent bekam unbändigen Hunger und bestellte eine Pizza, mit Basilikum und Tomaten. Der Lieferant klingelte an seiner Tür und als der Agent wieder in das Gespräch einklinkte, war es beendet. Er fluchte einen derben Fluch und verschlang seine Pizza, ein weiterer Abhörabend ohne Ergebnis.

Hannah schlief auf der Couch ein. Ein Traum blieb ihr in Erinnerung. Sie sah Georg Mansfeld in ihrem Traum. Ein Mansfeld, der mit seinen Fäusten gegen eine dicke Glasscheibe hämmerte. Sie bekam Mitleid. Mitleid mit diesem Gefangenen. In ihrem Ohr bildete sich Musik. Musik mit einem wiederkehrenden Refrain. „Welcome in...“

Hannah stand auf, sah in den grauen Himmel und startete eine weitere Tour an das nahe Meer.
Sie dachte an die Bemühungen von Karl.
Karl spielte ihr Daten zu. Auch von Paul.
Paul Lorson: Hier hatte Karl nicht die meisten Kontakte. Von Georg war klar, dass er irgendwo in Miami in der Psychiatrie saß.

Sechs Kontakte gab es zu Denise.Vier Kontakte zu einem Ort Namens Elberton. Elberton – der Name klingelte in Hannahs Ohr. Zu Mansfeld hatte Karl 5 lockere Kontakte geknüpft. Karl war fleißig. Karl arbeitete unermüdlich. Chan tauchte 4-mal in Karls Auflistungen auf. Dass Chan nun in Hawaii wohnte, wusste Hannah bereits. Alaska konnte nicht in Hawaii wohnen, das war Hannah klar. Aber dass Karl mehr als fünf mal versucht hatte, Alaska zu kontaktieren, das war Hannah neu.

 



 
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