BLIMPER (6) DDD - stirb!

Michael Kempa

Mitglied
DDD – stirb!





Tausende Kilometer entfernt saßen sich Mansfeld, der Leiter der Basis und Rosen gegenüber. Simon Rosen wollte den aktuellen Stand der Dinge hören. Mansfeld wusste nichts neues zu berichten. „Sie sind wahrscheinlich tot, im Atlantik ertrunken!“
Rosen wollte die Geschichte zu Ende bringen. „Sollten wir nicht den Verlust bekannt geben?“
Mansfeld überlegte.
„Noch ist es zu früh, so ganz sicher können wir uns nicht sein und wie die Leute darauf reagieren, kann ich nicht abschätzen...“
Rosen hakte nach: „Was willst du eigentlich? Wem nützt es, wenn die sechs Leute tot sind? Wie sieht dein Plan aus, wem willst du etwas beweisen?“
Kurz schien Mansfeld überrascht, fing sich aber wieder. „Ich dachte, wir hätten gemeinsame Ziele... Wir lenken die Bevölkerung und sorgen für Tauglichkeit.“
„Vielfalt hast du vergessen,“ erinnerte Rosen.
„Vielfalt können wir uns nicht leisten, bei 5000 Leuten in einem Bunker kann es keine Vielfalt geben, was Wichtig ist, ist Einheit!“ Mansfeld war deutlich genug. „Einheit und Vertrauen!“, wiederholte er.

Simone Ford klopfte kurz an der Tür, trat dann aber selbstbewusst ein. „Ich habe neue Nachrichten!“
Ford wartete auf Aufmerksamkeit.
Mansfeld und Rosen sahen sie aufmerksam an.
Ford begann mit der Nachricht: „Es gibt eine Peilung zur Expedition, sie sind definitiv nicht tot, eine Peilung hat Signale von einem Transmitter aufgefangen, könnte von Lorson sein, Paul Lorson. Auf jeden Fall nicht aus Frankreich, die Peilung liegt daneben, wir können nur eine Richtung bestimmen, wir können nicht kreuzen. Die Koordinaten geben das nicht her. Doch wir haben ein Signal und wir können davon ausgehen, dass die Expedition noch lebt!“
Mansfeld lehnte sich zurück. „Ein Lebenszeichen?“
„Definitiv!“ Ford suchte nach Antworten.
Mansfeld hatte sofort bessere Laune und eine Idee. „Gebt diese gute Botschaft sofort weiter! Der Kontakt zur Expedition ist wieder da! Alle wohlauf! Alles läuft wieder wie geplant! Gebt ein paar Bilder frei. Die Blimper in ihren Luftschiffen, die Blimper in allen Situationen, macht die Bilddateien auf und sucht geeignete Bilder!“
Simone Ford fühlte sich überrumpelt. „Ich hatte nur eine Nachricht...“
„Ach was!“, überfuhr Mansfeld ihre Bedenken, „Das ist genau das, was wir gebraucht hatten!“
Simon Rosen verließ schweigend das Büro, Simone folgte. Beide sahen sich kurz in die Augen und für eine Sekunde teilten sie die Zweifel. Nur für eine Sekunde. Dann gingen sie ihren Verpflichtungen nach. Jeder für sich.

Marcel rieb sich den Arm, an einer Stelle war er warm, die Stelle, unter der das Implantat saß.
Marcel stieg alleine zum Ankerplatz hinauf. In einem halsbrecherischem Manöver erklimmte er die Luke der „Cairo“. Alleine machte er sich an der Steuerung zu schaffen. Marcel kannte sich aus. Er wusste wo er zu suchen hatte. Da war sein Signal. Das Signal war gespeichert und der Verlauf zeigte ihm an, dass seine Daten übermittelt wurden. Das Gefühl im Arm hatte ihn nicht getäuscht.

Am Abend brannte wieder das Feuer, alle waren sich einig, dass es Zeit war den Ort zu verlassen. In Ruhe genossen alle den Abend, einzelne Funken stoben in den schwarzen Himmel. Marcel, Paul und Sabrina blieben noch am Lagerfeuer, Blimper gesellte sich dazu und sie schauten schweigend in den stillen Nachthimmel. Dann kam das Blinken. Rot, rot, rot. Wie ein Komet zog das Blinken vorbei. Ein leises Rumoren lag in der Luft. Dann war es vorbei.
Blimper fand als erste Worte: „Wir sollten bald aufbrechen!“
Der Entschluss war gefasst, das Lager wurde abgebrochen. Das Zodiac wurde an den Strand gezogen, getrocknet, gereinigt und wie neu in der Cairo verstaut. Die Zelte wurden abgebrochen und in den Blimps gelagert. Der Schlafplatz war nun in den Blimps, wenn nicht jemand im Schlafsack am Ufer sein wollte. Nach zwei Tagen war die kleine Flotte zum Abflug bereit. Aus dem Funk kamen erste Botschaften, es gab wieder Kontakt zum Dorf. Die Verbindung war nicht stabil, Filme und Audio-Botschaften schafften nicht die erforderliche Übertragungsrate. Texte problemlos. Das Dorf wusste, wo sie waren, die schriftlichen Logbücher waren übertragen.

„Mansfeld hat neue Order gesendet!“ Die Stimme von Marcel überschlug sich fast. „Wir sollen weiter nach Osten! Es gibt noch Orte, die wir besuchen sollen!“
Alaska wollte wissen, wann es losgehen soll.
„Sobald wir können!“, antwortete Marcel.
Der Entschluss stand fest und am nächsten Morgen standen wieder die „Cairo“, die „London“ und die „Kiew“ in einer Reihe und verließen die Insel.
Corfu war nur noch eine Erinnerung und der Rest des Mittelmeers lag vor der Flotte.

Kreta war der nächste Stopp. Die Flotte untersuchte das Gebiet und fand es geeignet zu einer Landung, doch es gab andere Ziele und es war allen klar, dass noch viele Tage in den Blimps nötig waren und ein Ausflug wie auf Corfu noch lange nicht anstand.

Nach einem weiteren Tag fuhren die Blimps über die Ausläufer der Sahara, Wasser wechselte mit Sand. Viel Sand und kein Leben, kein Mensch und kaum Kontakt mit dem Dorf.

Mansfeld vergewisserte sich über die Funktionsfähigkeit der Flotte, er wollte Bilder und er wollte Daten. Die Blimper wurden zu seinen Augen. Der Informationsaustausch wurde oft unterbrochen, es blieb bei Schriftwechsel. Dann kam Gizeh.
Paul stocke zuerst der Atem, er sah die Pyramiden zuerst. Vor ihm erstrecke sich das Tal von Kairo, eine Sandwüste und darüber die Pyramiden.
Cheops, Chephren und Mykerinos.
Alle drei Pyramiden waren mit Gold verkleidet, die oberen 10 Meter jedenfalls. Der Rest war glatt und mit makellosem Gestein verkleidet. Das Gold strahlte direkt auf die Blimps. In einem Reflex steuerte Paul um die Pyramiden und stand direkt der Sphinx gegenüber, die ihn mit makellosem Gesicht anstarrte.
Paul machte eine Menge Fotos von der Szene und rief die Besatzung der anderen zwei Blimps.
„Das ist unglaublich!“, rief er. „So, wie ich die Pyramiden kenne, sind sie nicht mehr! Auf alten Fotos haben sie keine goldene Spitze und die Sphinx hatte keine Nase, jedenfalls nicht so ein perfektes Gesicht, wie das da vor uns!“
Marcel meldete sich von der „Cairo“. „Lasst uns näher heran fliegen, vielleicht auch landen, wir sollten das untersuchen...“

Zeitgleich kamen zwei Funksprüche an. Der erste kam aus dem Dorf und war von Georg Mansfeld persönlich signiert. Die Durchsage von Mansfeld war knapp: „Bleibt weg von den Pyramiden!“

Der zweite Funkkontakt kam wieder im Morse-Code und konnte fast sofort entschlüsselt werden, der Bordcomputer hatte die nötigen Daten. „Abdrehen!“, lautete die knappe Durchsage.
Paul reagierte und drehte die „London“ gegen den Wind und beschleunigte deutlich. Die „Cairo“ und die „Kiew“ drehten ebenfalls gegen den Wind, nebeneinander schafften sie rasch Abstand zu den Pyramiden. Nach zehn Kilometern hielten sie ihre Position zu den Pyramiden und brachten die optischen Verstärker zum Einsatz. Die Spitzen der Bauwerke konnten sie nun genau untersuchen, die Umgebung abtasten.
Das „Dorf“ sendete einen eindeutigen Befehl: „Abdrehen!“
Paul bestätigte den Befehl und hielt 10 Kilometer für ausreichend, die Sonne ging unter, eine weitere Beobachtung war nicht mehr möglich.
Fast gleichzeitig meldete sich Alaska und Blimper über Funk.
Alaska sprach die Warnung aus: „ Eve will, dass wir mehr Abstand halten.“
Paul war nicht begeistert, aber er gab den Befehl, weitere 10 Kilometer in die Wüste auszuweichen und dort die Anker zu werfen. Die „Cairo“ und die „Kiew“ folgten. Die Nacht kam rasch, kaum ein Übergang, keine Dämmerung, einfach Nacht.

Blimper und Alaska schliefen unruhig ein. Träume ließen sie aufwachen und nur schwer wieder einschlafen.
Dann kam das Feuerwerk: Am Horizont strahlten erst grüne, dann blaue Strahlen senkrecht in den Himmel, Von weit oben wurde das Licht reflektiert, sammelte sich in niedriger Höhe. Die Instrumente in den Blimps spielten verrückt, die Kompasse kreisten, die Bildschirme fielen aus, dann auch die Beleuchtung, fahler Schimmer erfüllte die Gondeln, in denen die Blimper das Schauspiel verfolgten. Die Nacht war vorbei, bevor sie richtig angefangen hatte, Alle waren wach, Blimper und Alaska verpassten zwar den Anfang des Schauspiels, doch waren ebenso fasziniert, wie der Rest der Luftfahrer. Dann überzog den Himmel ein wunderbares Schauspiel: Bunte Schleier waberten im Himmel, Wolken aus Licht erschienen und verschwanden. Grün wechselte zu dunkelstem Rot, blaue Fäden verbanden die Wolken, breiteten sich aus und ließen den Himmel schließlich bläulich leuchten.
„Elmsfeuer!“, stieß Marcel hervor.
„Polarlichter“, ergänzte Paul.
„Wie kann das sein, hier in der Nähe des Äquators?“, fragte Ricarda.

Alaska und Blimper hatten die gleiche Botschaft.
„Beseitigt die Implantate!“ Eve und Sophia sprachen in einer Sprache.
Alaska sprach mit Paul und Blimper nahm sich Marcel vor. Paul ließ sich als erster überzeugen. Die kleine Flotte zog sich weiter zurück und landete in festem Wüstensand, kleine Anker wurden in den Sand gebohrt, die Crew verließ die Blimps und traf sich in der aufgehenden Sonne in den Dünen. Das Hospital-Zelt wurde aufgebaut und Die Crew traf sich zum Gespräch. Alaska hatte dieses mal das Wort. „Ich habe von Sophia erfahren, dass die Implantate eine Gefahr sind. Die alten Implantate sind Hannah und ich losgeworden, nun seid ihr an der Reihe. Die Implantate müssen raus!“
Ricarda und Sabrina waren nicht leicht zu überzeugen, verlegen rieben sie sich an den Armen. Die Stellen waren gerötet, auch ohne Reiben. Marcel und Paul verstanden die Situation auch ohne weitere Worte.

Alaska begann mit dem Eingriff. Örtliche Betäubung, beherzter Schnitt, Zug und die kleinen Kabel weiter herausziehen, bis alle Teile an einem Stück entfernt waren. So hatte sie es gelernt. Nach einer Stunde lag ein blutiger Haufen Techno-Schrott auf dem Seziertisch. Ricarda und Sabrina betrachteten erstaunt den Haufen. Marcel und Paul litten.

Auf den Displays der Implantate erschienen laufend neue Kombinationen. CHF3, ZKI3, HHG9, und so weiter, durchlaufend. Die Crew starrte gebannt auf den Haufen Technik, der sie mit dem Dorf verband. Dann blieb das erste Display stehen, bei DDD. Das zweite Display folgte: DDD. Kurz darauf zeigten alle Displays das DDD.

Hannah war froh, dass die Angelegenheit gut ausgegangen war, Alaska war sichtlich stolz auf ihre Fähigkeiten, besonders das Nähen. Die Wunden ihrer „Patienten“ bluteten kaum noch. Die durchgeschlagenen Verbände konnten bald entfernt werden. Das Hospital-Zelt war wieder verstaut. Die Blimps standen in der Luft und vier Besatzungsmitglieder trugen nun leichte Verbände an den Armen. Marcel hatte die Funkleitungen ausgeschaltet. Es gab wieder keinen Kontakt. Nirgendwohin.

Die Flotte verließ Ägypten und zog weiter nach Osten. Mit reduziertem Tempo.

Irgendwo im Zweistromland, Marcel nannte es Irak, warfen sie ihre Anker.

 



 
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