Blind

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Flex

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Mein zweijähriger Sohn weckte mich, voll Begeisterung, letzten Sonntag - um sechs Uhr früh. "Fische gehen?", quietschte er mehr, als er es aussprach. "Noch zu früh Süßer", murmelte ich in den Polster, "das Haus des Meeres sperrt erst um neun Uhr auf." Seine Reaktion war eine finstere Miene - welche sich lichtete, als er kurz danach zwei Toast mit Honig aß und eine Milch lautstark schlürfte.

Wir spielten noch ein wenig mit seinen Matchbox Autos, bevor wir uns auf den Weg machten. In der Wohnanlage, auf dem Weg zum Auto, trafen wir Frau Schmidt mit ihren pummeligen kleinen Hund, der sich aufgrund seines Gewichtes kaum noch auf den Beinen halten konnte. "Kleiner Spaziergang?" fragte ich. Sie meinte, dass sie noch schnell eine Runde dreht, bevor sie in die Messe ginge. "In der Kirche war ich schon lange nicht mehr", dachte ich.

Das Haus des Meeres war ein riesen Erfolg. Christopher huschte von den kleinen bunten Fischen, zu den kleinen weißen Quallen und wieder zurück. "Schau Papa, so schön", bemerkte er aufgeregt und drehte die nächste Runde. Bevor wir gingen schauten wir noch beim Imbiss vorbei und schlemmerten Pommes mit Apfelsaft, als Nachspeise ein paar Schokokekse. "Hm das schmeckt gut" und strahlte über das ganze Gesicht.

Als wir nach Hause kamen, legte ich ihn in sein Bettchen und streichelte ihn in seinen Schlaf. Ich legte mich auf die Couch und schaltete die Nachrichten ein. Der letzte Beitrag war über eine Dürreperiode mit Hungersnot irgendwo in Afrika. Er zeigte ein kleines Kind. Ich verkrampfte: der Ausdruck im kleinen Gesicht ist einer, den ich kannte. Voll von Hoffnung und dem Wunsch nach Zuneigung.

Schnell schaltete ich um. "Ich sehe nur, was ich sehen will; sehen will ich, was ich verkraften kann.", dachte ich. "Wieso gerade jetzt, es ist doch ein so wunderschöner Tag", murmelte ich in den Polster. Es dauerte ein wenig länger als sonst, bis ich einschlief.
 



 
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