Doc Sternau
Mitglied
Botschaft aus dem Gestern
Jaulend hielt der Turbolift. Popow trat einen Schritt nach vorn und stand auf der Ops von Deep Space Nine. Er trug einen makellosen blauschwarzen Anzug und machte wie üblich den Eindruck eines Mannes der wusste was er wollte. Unter seinem Arm trug er ein langes in Leinen eingeschlagenes Bündel.
Er blickte sich kurz auf der Kommandozentrale der Raumstation um, packte dann sein Bündel etwas fester und begann ruhigen Schrittes auf den Raum des Commanders zu zugehen.
Als er die Wissenschaftsstation passierte blickte die gerade Dienst tuende Trill auf und begrüßte den Händler mit einem Lächeln: "Guten Morgen Mister Popow!"
Frank erwiderte das Lächeln und erkundigte sich diskret: "Lieutenant Dax, sind sie zufrieden mit ihren Einkäufen?"
Dax lächelte nun noch intensiver und ein schelmisch wissender Blick traf Popow: "Oh, ja, wie sie sagten, es sieht nicht nur verführerisch aus, es fühlt sich tatsächlich besser an als alles was ich sonst aus der Föderation kenne!"
Auch Popow blickte wissend und meinte versonnen: "Es ist schade, dass so etwas heutzutage nicht mehr hergestellt wird. Aber keine Sorge, ich habe eine Quelle von wo ich noch lange Waren beziehen kann, die dort seit dreihundert Jahren Fabrikneu gelagert werden!"
Jadzia grinste nun förmlich und sagte: "Ich glaube, dass ich ihr Geschäft bald wieder beehren werde."
"Das scheint ja ein sehr interessanter Laden zu sein, wenn der Alte Mann ihn bald wieder besuchen will."
Popow und Dax wandten sich um. Commander Benjamin Sisko hatte sich, von Beiden unbemerkt, genähert und stand nun, Dax angrinsend, vor ihnen.
Popow machte eine abwehrende Geste und begrüßte dann den Kommandanten von DS9:
"Commander Sisko! Mein Name ist Popow, Frank Popow, mir gehört das Kuriositätengeschäft am Ende des Promenadendecks."
"Natürlich! Ich habe schon von ihren Golfspielen gehört. Leider hatte ich noch keine Gelegenheit persönlich bei ihnen vorbei zu schauen."
"Deshalb komme ich zu Ihnen Commander, ich wollte sie im Namen aller Teilhaber meines Geschäftes willkommen heißen!", mit diesen Worten zog er elegant das Bündel unter seinem Arm hervor und reichte es dem Commander.
Dieser blickte überrascht, in den zwei Wochen seit seiner Ankunft hatten ihn schon mehrere Geschäftsleute der Station begrüßte aber bisher hatte ihm noch keiner ein Geschenk gemacht. Neugierig schlug er das Leinentuch auseinander.
"Ein Baseballschläger?" fragte er verblüfft.
"Ich habe von ihrem Interesse an diesem Spiel gehört und da schon lange niemand mehr nach Accessoires für diesen Sport gefragt hat..."
"...Haben sie sich gedacht, sie könnten mir den Ladenhüter schenken!" Sisko grinste.
Popow lachte kurz: "So in etwa, es ist zwar sehr schade darum, aber heutzutage interessiert sich kaum noch jemand für Baseball! Also schenke ich ihnen einen der letzten erhaltenen Originalschläger der Nationalmannschaft der Erde."
Sisko sog die Luft ein und drehte den Schläger, tatsächlich, das einstige Logo der Nationalmannschaft der Erde war in das Holz eingeprägt.
"Das kann ich nicht annehmen!" Sisko war schockiert, er hatte den wahren Wert des Geschenks erkannt, in Sammlerkreisen war er bestimmt mehrere hundert Barren Latinum wert!
"Oh, wie sie schon sagten, bei mir ist es ein Ladenhüter, nehmen sie ihn und tun sie mir einen Gefallen, benutzen sie ihn für was er gemacht wurde - zum Spielen! Er lag lange genug in irgendwelchen Vitrinen."
"Aber sie können doch nicht...!" Sisko wollte den Schläger um alles in der Welt haben aber es war einfach ein zu wertvolles Geschenk als das er ihn hätte annehmen können.
Popow blickte unglücklich auf den Kommandanten der Station, dann hellte sich sein Gesicht auf: "Dann betrachten sie ihn als eine Art Gefallen, den sie mir irgendwann in einer ihnen angenehmen Form vergelten können!"
Ben war immer noch nicht so recht zufrieden und wollte dies gerade zum Ausdruck bringen, als er plötzlich die hektische Tätigkeit von Dax bemerkte.
"Commander! Ich habe hier ein paar sehr seltsame Daten, es scheint als nähere sich etwas mit sehr hoher Geschwindigkeit der Station!"
Sisko runzelte die Stirn: "Auf den Schirm!"
Der Hauptmonitor der Ops veränderte sich und zeigte einen anderen Ausschnitt des Alls.
"Ich kann nichts sehen!" Sisko war nervös, zu viel war in den zwei Wochen seit seiner Ankunft geschehen.
"Ich kann es nicht richtig erfassen!" Dax' Hände huschten über die Konsole.
Plötzlich überstrahlte ein Blitz die Ops, der Weltraum war in einem hell leuchtenden Riss aufgebrochen. Sisko dachte erst es wäre das Wurmloch aber das befand sich auf der anderen Seite der Station!
Popow blickte entsetzt auf den Hauptschirm und machte einen zögernden Schritt nach vorn, dabei murmelte er: "Mein Gott, sie haben es geschafft! Aber das Kontinuum ist instabil!"
Sisko blickte kurz zu dem Händler, dann wurde seine Aufmerksamkeit wieder vom Hauptschirm gefesselt.
In diesem Moment durchbrach ein Schatten das Gleißen des Kontinuumrisses.
Dax keuchte: "Ben dieses Ding fliegt mit Warp14 und es sendet Föderationsidentifikationscodes!"
Sisko war noch immer gefesselt vom Geschehen auf dem Hauptschirm, trotzdem antwortete er wie in einem Reflex: "Unmöglich, niemand kann die Warpbarriere durchbrechen, noch dazu im Normalraum!"
Auch Popow sah zum Schirm und murmelte weiter vor sich hin: "Warp14 als Austrittsgeschwindigkeit, das ist viel zu schnell! Ihre Masse wird instabilisiert, der Normalraum ist für solche Geschwindigkeiten nicht geschaffen."
Dann wandte er sich an Dax: "Erfassen sie sofort das Schiff mit sämtlichen Transporterstrahlen, es wird gleich explodieren!"
Dax blickte fragend zu Sisko und dieser musterte einen Augenblick den so unscheinbaren Händler, dann nickte er: "Tun sie was er sagt, ich glaube Mister Popow weiß mehr über dieses Schiff als wir."
"Ich erfasse das Schiff, seine Geschwindigkeit nimmt rapide ab, allerdings beginnt sich der Rumpf zu verformen, es wird gleich auseinander brechen! Ich habe eine Person erfasst!"
Popow schien etwas einzufallen: "Beamen sie sofort auf die Krankenstation und sagen sie Bashir er soll sich auf schwere Strahlungsschäden einstellen."
Sisko war mehr als irritiert, woher wusste dieser Mann soviel über ein ihm unbekanntes Schiff?
"Transport eingeleitet!", in diesem Moment zuckte eine grelle Explosion über den Hauptschirm, die Crew auf der Ops sah gebannt, wie eine riesige Entladung aus dem noch immer geöffneten Spalt im Kontinuum schoss und das zerbrechende Schiff traf.
Es hatte keine Chance, in einem aufpulsen der Gewalten wurde es zu Atomen zerrieben.
"Haben sie die Person?", fragte Sisko von dem Geschehen aufgewühlt.
"Bashir hat gemeldet das ein stark verstrahlter Mann bei ihm eingetroffen ist, er weiß nicht wie lange er noch leben wird. Er sagte außerdem, dass der Mann nach Mister Popow verlangt hat!"
Die Besatzung der Ops blickte verwundert auf den Händler.
"Ich glaube sie schulden mir eine Erklärung!"
Popow nickte gequält, dann wollte er zu erzählen anfangen, als ihn Sisko wieder unterbrach: "Später, jetzt gehen wir erst einmal zur Krankenstation, ein Sterbender hat nach ihnen verlangt!"
Als Sisko und er die Ops verließen, sah Popow noch, wie Kira zu Dax trat und dieser endlich die Frage stellte, die ihr schon die ganze Zeit auf der Zunge gebrannt hatte.
"Was haben sie bei ihm gekauft?"
Dax blickte sich kurz um bevor sie leise antwortete: "Wäsche!"
"Wäsche?!"
Dax nickte und flüsterte verschwörerisch: "Für drunter!"
Trotz des vorrangegangenen Geschehens musste Popow nun grinsen, als er Major Kira's Gesicht sah, dann setzte sich der Lift in Bewegung.
Kurz darauf betraten sie die Krankenstation.
Bashir erwartete sie schon.
"Commander, Mister Popow. Ich habe getan was ich konnte, trotzdem wird er nicht mehr lange leben! Solche Strahlungsverbrennungen habe ich noch nie gesehen, äußerlich sieht man ihm kaum etwas an aber sobald er auch nur leicht berührt wird löst sich die Haut großflächig auf und darunter ist sie total zerstört! Es ist als hätte er innerlich gebrannt."
Popow nickte nur, "So etwas ähnliches ist auch passiert. Wo ist er?"
"Hier entlang bitte."
Bashir führte sie in einen abgetrennten Bereich der Krankenstation. In diesem befand sich eine Stasisröhre, in der der Verletzte sanft auf einem Luftpolster ruhte. Nur der Kopf schaute an einem Ende der Kammer heraus.
Popow hatte in etwa gewusst was ihn erwartete, doch als er das Gesicht des Mannes sah atmete er keuchend ein, die Hälfte des Gesichtes war nur noch eine blutige verbrannte Masse und als er durch die Scheibe der Stasiskammer blickte, erkannte er, dass fast der gesamte Körper des Mannes so aussah. Frank wandte sich kurz ab und kämpfte gegen seinen Brechreiz, als der Mann mit schrecklich röchelnder Stimme zu sprechen begann:
"Frank? Bist du hier?" erst jetzt wurde Popow klar, dass der Mann erblindet sein musste.
"Ich bin hier!", Frank trat an das Kopfende der Stasiskammer und sah auf den Verletzten herab.
Dann erkannte er ihn.
"Josh? Mein Gott Josh, was habt ihr getan? Ihr wusstet doch das das Fluxkontinuum nicht stabil ist!"
Der Verletzte, Josh, versuchte zu grinsen, was ihn nur vor Schmerzen aufstöhnen ließ, dann antwortete er: "Es war die einzige Möglichkeit...musste dich schnell erreichen...es ist wichtig, du musst nach New Berlin...es geht um deine Eltern...such Laurie, sie wird dir helfen...sei vorsichtig, sie wissen über dich Bescheid...musst dich beeilen!", der Sterbende hustete gequält, dann lächelte er noch einmal und einen Augenblick schien es als könne er Popow sehen. Er blickte in Franks Augen: "Es war ein verdammt heißer Ritt, Frank, aber man könnte es stabilisieren!"
Josh zuckte zusammen und starb.
Kaum hatte er seinen letzten Atemzug getan, begann ein seltsames Glühen seinen Körper zu erfassen. Es strahlte immer intensiver, bis sich der Körper des Verstorbenen in einem grellen Blitz auflöste.
"Was, was war das?" Bashir war entsetzt, noch nie hatte sich ein verstorbener Patient vor ihm in Luft aufgelöst!
Popow strich sich die Haare aus der Stirn und schluckte, er hatte das Gefühl ersticken zu müssen.
"Ich glaube ich schulde ihnen ein paar Erklärungen. Was sie soeben gesehen haben, war die natürliche Folge einer Reise im Fluxkontinuum. Ein Mensch kann zwar in das Kontinuum eintreten und es wieder verlassen aber ein Teil seiner körperlichen Komponente verbleibt immer darin. Der einzige Grund weshalb er wieder im Normalraum materialisiert ist, dass ein Mensch weiß, dass er nicht in das Fluxkontinuum gehört. Sobald er allerdings stirbt oder durch schwere Verletzungen seinen Körper nicht mehr richtig unter Kontrolle hat, beginnt unweigerlich der Rücksturz der Materie."
Sisko war nicht zufrieden gestellt: "Was ist das Fluxkontinuum und woher weiß ein zurück gezogen lebender Händler wie sie davon?"
Frank zuckte mit den Achseln: "Ich habe nicht immer auf DS9 gelebt.
Sie werden wahrscheinlich in ihren Daten über mich heraus finden, dass ich in meiner Jugend Mathematik und Hochenergiephysik studiert habe.
Und wenn sie bei Starfleet eine Anfrage über mich einreichen werden sie ein kleines Dossier erhalten, in dem steht, dass ich mehrere Jahre in der Entwicklungsabteilung für Warptechnologie gearbeitet habe.
Der Rest der Unterlagen ist streng vertraulich und wird nur an Leute vergeben, deren Geheimhaltungsstufe so hoch ist, dass Sie, als Kommandant von DS9, wahrscheinlich noch nicht einmal davon gehört haben!"
Bashir war neugierig geworden: "Was ist so vertraulich an einem Ingenieur für Warptechnologie?"
Frank musterte den Doktor kurz, dann schien er eine Entscheidung getroffen zu haben: "Was ich ihnen jetzt erzähle, darf nie diesen Raum verlassen!"
Kommandant und Chefarzt von DS9 blickten sich kurz an, dann verriegelte Bashir den Zugang zur Krankenstation.
"Ich habe nur kurz bei der Entwicklung von Warptechnik gearbeitet, so etwa zwei oder drei Wochen. Danach reichten wir unsere Arbeit über das Fluxkontinuum beim Forschungsrat der Sternenflotte ein. Unsere Entdeckungen waren so bahnbrechend, dass Starfleetcommand beschloss eine eigene streng geheime Abteilung einzurichten. Wir, Joshua Genesser, Laura Hembley und ich, die Entdecker des Fluxraums, bekamen unsere eigene Forschungsabteilung.
Der Fluxraum könnte Geschwindigkeiten weit über die Warpbarriere hinaus ermöglichen!
Zumindest dachten wir und Starfleet das damals. Aber nachdem wir über vier Jahre die Bedingungen über einen Flug im Fluxkontinuum berechnet hatten und wir uns bei einem Testflug beinahe selbst umbrachten, stellten wir die Forschungen ein."
Bashir schien nicht überrascht über das was Popow ihnen gerade erzählt hatte, ihn schien vielmehr eine andere Tatsache zu beunruhigen: "Sie sagten sie hätten einen Testflug unternommen? Wie...?"
"Wieso ich noch lebe? Es liegt daran, mit was für einem Schiff man in den Fluxraum eindringt. Je größer die Masse des Schiffes, desto größer ist sein Beharrungsvermögen im Fluxkontinuum. Und gleichzeitig seine Austrittsgeschwindigkeit. Wir benutzten damals ein umgerüstetes Galileoshuttle. Unsere Austrittsgeschwindigkeit lag etwa bei Warp4, dadurch wurde die mitgerissene Fluxstrahlung in Grenzen gehalten und wir sprangen rechtzeitig in den Warpraum, bevor das Shuttle zerrissen werden konnte."
Popow zog kurz sein rechtes Hosenbein nach oben und enthüllte so eine sein Bein überziehende Narbe.
"Wir haben unseren Preis bezahlt, Laura und ich!"
"Aber wenn es so gefährlich ist, wieso hat man dann ein Schiff gebaut, das diese Antriebstechnik benutzt?"
"Ich weiß es nicht, offiziell wurden unsere Forschungsarbeiten vor zwölf Jahren als nicht durchführbar eingestellt. Ich habe keine Ahnung warum die Föderation versucht ein Schiff mit einer Technologie auszurüsten, die so unsicher ist wie der Fluxantrieb."
Sisko zog eine Grimasse: "Aber ich, zur Zeit versucht Starfleet jeden Vorteil nutzbar zu machen, um der Bedrohung durch die Borg entgegen treten zu können! Und ein Schiff, das weit schneller als Warp fliegen kann, wäre ein großer Schritt in diese Richtung!"
Bashirs Neugier war noch nicht befriedigt: "Was meinte er damit, man könne es stabilisieren?"
Popows Gesicht nahm einen abwehrenden Ausdruck an, er hatte gehofft das die Beiden es vergessen hätten.
"Ja, man kann den Flug durch den Fluxraum stabilisieren!" er spuckte die Worte fast aus.
"Aber warum wurden ihre Forschungsarbeiten dann eingestellt?"
"Die Föderation hatte keine Ahnung, nur Laura Hembley und ich wussten davon. Die einzigen Personen die den Flux bereist hatten! Nach diesem Flug hielten wir den Preis für zu hoch!"
"Was? Sie hielten den Preis für zu hoch? Wieso glauben sie, das Recht zu so einer Entscheidung zu haben?" Sisko war wütend, wenn er daran dachte, das Föderationsschiffe schon seit zehn Jahren mit einem Transwarpantrieb ausgerüstet hätten sein können, vielleicht wäre die Begegnung bei Wolf 359 anders verlaufen.
Aber auch Popow wurde wütend, er hasste es, wenn seine Entscheidungen angezweifelt wurden, vor allem, wenn er von deren Richtigkeit felsenfest überzeugt war.
"Die Erfahrung gab mir das Recht dazu! Haben sie nicht gesehen was mit Josh passiert ist? Wollen sie, dass das jedem passiert, der ein Schiff durch den Flux steuert? Was mit Josh geschehen ist, würde jeden Tag, bei jedem Austritt aus dem Flux geschehen, Tausende würden sterben! Keiner würde sein Leben riskieren wollen um ein Schiff durch den Flux zu steuern! Und kein Computer der Welt könnte ihnen diese Arbeit abnehmen, nur die Fähigkeiten eines intelligenten Lebewesens sind in der Lage ein Schiff im Flux zu dirigieren!"
Popow starrte den Kommandanten der Station wütend an, dieser war bei den Worten des Händlers blass geworden. Er hatte sich ausgemalt was die Folgen eines solchen Antriebs waren, ein Todesurteil für den Steuermann des Schiffes!
Popow drehte sich auf dem Absatz herum: "Wenn sie mich suchen, ich bin in meinem Laden!", dann verließ er die Krankenstation.
Niemand hielt ihn auf.
Frank überquerte das Promenadendeck grübelnd. Irgendetwas hatte mit Josh nicht gestimmt, es schien fast als hätte er eine vorbereitete Nachricht überbracht und wäre sofort danach gestorben. Sehr seltsam!
Als er seinen Laden betrat blickte er sich kurz prüfend um, dann hob er eine scheinbar uralte Tasse, aus einem Sortiment ähnlich gearteter Trinkgefäße. Sie war mit einem Comicbären, der einen grünen Hut trug, und dem knallbunten Schriftzug "Yoghi Bear!" verziert.
Frank war sich sicher noch nie eine Yoghitasse besessen zu haben!
"Guten Morgen Mister Odo!", sofort ging eine erstaunliche Veränderung mit der Tasse vor sich. Sie zerfiel zu einem seltsamen bräunlich schimmernden Brei, der dann von Franks Hand floss, um auf dem Boden die Gestallt des Sicherheitschefs von DS9 zu bilden.
Der sonst so beherrschte Odo sah Frank völlig verduzt an: "Woher haben Sie das schon wieder gewusst?"
Popow lächelte kurz: "Odo, ein guter Händler weiß, welche Sachen er besitzt, vor allem wenn sie so wertvoll wie eine Yoghi - Bär - Tasse sind!"
Odo konnte sich zwar nicht recht vorstellen, was an einer solchen Tasse wertvoll war aber die Menschen benahmen sich im Allgemeinen sehr komisch. Er würde noch einiges lernen müssen, wenn er sie je richtig verstehen wollte.
"Weshalb haben Sie mich eigentlich heute aufgesucht Odo? Haben Sie die Sherlock Holmes Bücher schon fertig gelesen?"
Der Sicherheitschef der Station grinste etwas verlegen und nickte, bisher kannte er nur cardassianische Kriminalliteratur, diese war aber im Vergleich zur menschlichen eher öde und langweilig, kannte man den Täter doch schon im Voraus. Odo hatte die Geschichten Conan Doyles verschlungen, er fand es faszinierend wie Holmes es schaffte mittels winziger Details, Mördern auf die Spur zu kommen und diese zu überführen.
Popow musste bei diesem Eingeständnis des Gestaltwandlers selbst lachen; "Keine Sorge Odo, die Geschichten um Holmes und Watson sind schon seit fast 500 Jahren Klassiker und dennoch ziehen sie weiterhin die Menschen in ihren Bann. Diese Tatsache ist nun einmal ‚Elementar!'. Leider gibt es keine weiteren Abenteuer von Holmes."
Odo schien bei dieser Offenbarung betrübt zu sein und wollte schon den Laden verlassen, als sich Franks Gesicht erhellte.
"Aber vielleicht finden Sie ja den ‚Mord im Orient Express' genauso fesselnd?", bei diesen Worten ging er zu einem der Decken hohen Bücherregale und zog ein sichtlich altes Buch daraus hervor. Der Formwandler hing am Haken, er hatte ‚Mord' gehört und musste dieses Buch haben. Schnell war die Transaktion von einer vergleichsweise geringen Anzahl an Fedcredits abgeschlossen und Odo verließ mit einem seligen Gesichtsausdruck das Geschäft.
Popow blickte ihm stirnrunzelnd hinterher, seit zwei Wochen schnüffelte Odo ihm nun nach. Bisher hatte er zwar nichts gefunden aber auf die Dauer würde er sicherlich etwas ausgraben. Frank würde sich etwas einfallen lassen müssen!
Ilena betrat durch die hinter Tür, die zu ihren Wohnräumen führte, den Laden.
Sie stellte zwei Tassen Kaffee auf den kleinen Tisch im hinteren Teil des Ladens: "Hat sich der Commander gefreut?"
Franks Gesicht verdüsterte sich, während er sich setzte, als ihm die Ereignisse des Morgens ins Gedächtnis zurück gerufen wurden.
Kurz angebunden brummte er bestätigend: "Mhh."
Ilena schmiegte sich von hinten an Frank, wodurch ihr Kopf auf seiner Schulter zu liegen kam: "Was ist los?"
‚Es ist seltsam,' dachte Frank, ‚Sie scheint immer zu wissen wenn ich die Nähe eines Menschen brauche und wann ich allein sein möchte!', im Moment brauchte Frank jemanden aber nicht zum Reden, er suchte Trost.
Die blonde Trill schien auch das zu spüren und so saßen sie eine ganze Weile eng umschlungen im hinteren Teil des Geschäfts, bis Frank leise sagte: "Möglicherweise müssen wir zur Erde fliegen!"
Ilena runzelte kurz die Stirn sagte aber nichts, Frank würde sich ihr anvertrauen, wenn es für ihn Zeit war.
Dann wurde ihre Ruhe gestört, die Glöckchen der Ladentür bimmelten und kündigten einen Kunden an. Frank erhob sich seufzend und begab sich in den vorderen Teil des Ladens, um sich um den Besucher zu kümmern.
Ein großer langhaariger Klingone stand vor einer Vitrine, in der antike Waffen ausgestellt waren. Ein uraltes, aus einem längst ausgestorbenem Haus stammendes, Bath'let schien es ihm angetan zu haben.
"Sie interessieren sich für das Schwert von Tro'Lok?", fragte Frank während er sich näherte.
Der Klingone blickte auf und zog beim Anblick Popows die Mundwinkel verachtend nach oben. ‚Eine weitere Krämerseele von einem Menschen, nicht viel besser als ein Ferengie und ehrlos bis ins Mark!', dachte er.
"Woher haben Sie es?" herrschte der Klingone Frank an.
"Es war der Preis in einem Duell!"
"Seit wann ist das Feilschen unter Halunken und Dieben ein Duell?" knurrte der Klingone.
Frank zuckte nur mit den Schultern, sollte er doch denken was er wollte, er musste sich nicht vor einem Klingonen rechtfertigen.
"Was kostet es?", der Klingone schien ein angeborenes Talent dafür zu besitzen jeden Satz wie eine Beleidigung klingen zu lassen.
"500 Kredite oder 20 Barren Latinum, was ihnen lieber ist!"
"Daran sieht man, dass sie das Schwert nicht in einem Duell gewonnen haben! Niemand würde das Bath'let Tro'Loks verkaufen, schon gar nicht, wenn er es in einem Kampf auf Leben und Tod errungen hat!"
Langsam wurde es Frank zu bunt, er brauchte sich in seinem eigenen Laden nicht beschimpfen zu lassen.
"Wie wäre es, wenn Sie versuchten es in einem ehrlichen Zweikampf zu erringen? Wenn Sie mich im Schwertkampf besiegen, gehört es ihnen und Sie können damit machen was sie wollen."
Der Klingone brach in schallendes Gelächter aus.
"Mensch, willst du dein Leben wirklich wegwerfen?"
Das Lachen des Klingonen verstummte, als er Popows eisigen Blick bemerkte.
"Ihr meint das wirklich ernst!" sagte er verblüfft über seine Erkenntnis.
Eisig entgegnete Frank: "In einer halben Stunde in Arena 2! Ich werde das Bath'let mitbringen. Seid lieber dort, sonst werde ich bekannt machen, dass Gulas vom Hause der Danor ein Feigling ist, der vor einem einfachen Händler davon läuft!", bei diesen Worten riss er dem Klingonen eine der zahlreichen Zierspangen von der Uniform.
Völlig verdutzt starrte Gulas den Händler an, woher wusste ein Mensch, welche der Spangen die Symbole seines Hauses waren? Seine Hand fuhr an seinen Gürtel, in dem sein Met'let steckte.
"Ich würde nicht einmal daran denken!" die Stimme der Trill war eiskalt. Gulas drehte sich in ihre Richtung und blickte in die Mündung eines romulanischen Schnellfeuerdisruptors.
"Arena 2 in einer halben Stunde!" grollte er, als er die Ausweglosigkeit seiner Situation erkannte.
Jaulend hielt der Turbolift. Popow trat einen Schritt nach vorn und stand auf der Ops von Deep Space Nine. Er trug einen makellosen blauschwarzen Anzug und machte wie üblich den Eindruck eines Mannes der wusste was er wollte. Unter seinem Arm trug er ein langes in Leinen eingeschlagenes Bündel.
Er blickte sich kurz auf der Kommandozentrale der Raumstation um, packte dann sein Bündel etwas fester und begann ruhigen Schrittes auf den Raum des Commanders zu zugehen.
Als er die Wissenschaftsstation passierte blickte die gerade Dienst tuende Trill auf und begrüßte den Händler mit einem Lächeln: "Guten Morgen Mister Popow!"
Frank erwiderte das Lächeln und erkundigte sich diskret: "Lieutenant Dax, sind sie zufrieden mit ihren Einkäufen?"
Dax lächelte nun noch intensiver und ein schelmisch wissender Blick traf Popow: "Oh, ja, wie sie sagten, es sieht nicht nur verführerisch aus, es fühlt sich tatsächlich besser an als alles was ich sonst aus der Föderation kenne!"
Auch Popow blickte wissend und meinte versonnen: "Es ist schade, dass so etwas heutzutage nicht mehr hergestellt wird. Aber keine Sorge, ich habe eine Quelle von wo ich noch lange Waren beziehen kann, die dort seit dreihundert Jahren Fabrikneu gelagert werden!"
Jadzia grinste nun förmlich und sagte: "Ich glaube, dass ich ihr Geschäft bald wieder beehren werde."
"Das scheint ja ein sehr interessanter Laden zu sein, wenn der Alte Mann ihn bald wieder besuchen will."
Popow und Dax wandten sich um. Commander Benjamin Sisko hatte sich, von Beiden unbemerkt, genähert und stand nun, Dax angrinsend, vor ihnen.
Popow machte eine abwehrende Geste und begrüßte dann den Kommandanten von DS9:
"Commander Sisko! Mein Name ist Popow, Frank Popow, mir gehört das Kuriositätengeschäft am Ende des Promenadendecks."
"Natürlich! Ich habe schon von ihren Golfspielen gehört. Leider hatte ich noch keine Gelegenheit persönlich bei ihnen vorbei zu schauen."
"Deshalb komme ich zu Ihnen Commander, ich wollte sie im Namen aller Teilhaber meines Geschäftes willkommen heißen!", mit diesen Worten zog er elegant das Bündel unter seinem Arm hervor und reichte es dem Commander.
Dieser blickte überrascht, in den zwei Wochen seit seiner Ankunft hatten ihn schon mehrere Geschäftsleute der Station begrüßte aber bisher hatte ihm noch keiner ein Geschenk gemacht. Neugierig schlug er das Leinentuch auseinander.
"Ein Baseballschläger?" fragte er verblüfft.
"Ich habe von ihrem Interesse an diesem Spiel gehört und da schon lange niemand mehr nach Accessoires für diesen Sport gefragt hat..."
"...Haben sie sich gedacht, sie könnten mir den Ladenhüter schenken!" Sisko grinste.
Popow lachte kurz: "So in etwa, es ist zwar sehr schade darum, aber heutzutage interessiert sich kaum noch jemand für Baseball! Also schenke ich ihnen einen der letzten erhaltenen Originalschläger der Nationalmannschaft der Erde."
Sisko sog die Luft ein und drehte den Schläger, tatsächlich, das einstige Logo der Nationalmannschaft der Erde war in das Holz eingeprägt.
"Das kann ich nicht annehmen!" Sisko war schockiert, er hatte den wahren Wert des Geschenks erkannt, in Sammlerkreisen war er bestimmt mehrere hundert Barren Latinum wert!
"Oh, wie sie schon sagten, bei mir ist es ein Ladenhüter, nehmen sie ihn und tun sie mir einen Gefallen, benutzen sie ihn für was er gemacht wurde - zum Spielen! Er lag lange genug in irgendwelchen Vitrinen."
"Aber sie können doch nicht...!" Sisko wollte den Schläger um alles in der Welt haben aber es war einfach ein zu wertvolles Geschenk als das er ihn hätte annehmen können.
Popow blickte unglücklich auf den Kommandanten der Station, dann hellte sich sein Gesicht auf: "Dann betrachten sie ihn als eine Art Gefallen, den sie mir irgendwann in einer ihnen angenehmen Form vergelten können!"
Ben war immer noch nicht so recht zufrieden und wollte dies gerade zum Ausdruck bringen, als er plötzlich die hektische Tätigkeit von Dax bemerkte.
"Commander! Ich habe hier ein paar sehr seltsame Daten, es scheint als nähere sich etwas mit sehr hoher Geschwindigkeit der Station!"
Sisko runzelte die Stirn: "Auf den Schirm!"
Der Hauptmonitor der Ops veränderte sich und zeigte einen anderen Ausschnitt des Alls.
"Ich kann nichts sehen!" Sisko war nervös, zu viel war in den zwei Wochen seit seiner Ankunft geschehen.
"Ich kann es nicht richtig erfassen!" Dax' Hände huschten über die Konsole.
Plötzlich überstrahlte ein Blitz die Ops, der Weltraum war in einem hell leuchtenden Riss aufgebrochen. Sisko dachte erst es wäre das Wurmloch aber das befand sich auf der anderen Seite der Station!
Popow blickte entsetzt auf den Hauptschirm und machte einen zögernden Schritt nach vorn, dabei murmelte er: "Mein Gott, sie haben es geschafft! Aber das Kontinuum ist instabil!"
Sisko blickte kurz zu dem Händler, dann wurde seine Aufmerksamkeit wieder vom Hauptschirm gefesselt.
In diesem Moment durchbrach ein Schatten das Gleißen des Kontinuumrisses.
Dax keuchte: "Ben dieses Ding fliegt mit Warp14 und es sendet Föderationsidentifikationscodes!"
Sisko war noch immer gefesselt vom Geschehen auf dem Hauptschirm, trotzdem antwortete er wie in einem Reflex: "Unmöglich, niemand kann die Warpbarriere durchbrechen, noch dazu im Normalraum!"
Auch Popow sah zum Schirm und murmelte weiter vor sich hin: "Warp14 als Austrittsgeschwindigkeit, das ist viel zu schnell! Ihre Masse wird instabilisiert, der Normalraum ist für solche Geschwindigkeiten nicht geschaffen."
Dann wandte er sich an Dax: "Erfassen sie sofort das Schiff mit sämtlichen Transporterstrahlen, es wird gleich explodieren!"
Dax blickte fragend zu Sisko und dieser musterte einen Augenblick den so unscheinbaren Händler, dann nickte er: "Tun sie was er sagt, ich glaube Mister Popow weiß mehr über dieses Schiff als wir."
"Ich erfasse das Schiff, seine Geschwindigkeit nimmt rapide ab, allerdings beginnt sich der Rumpf zu verformen, es wird gleich auseinander brechen! Ich habe eine Person erfasst!"
Popow schien etwas einzufallen: "Beamen sie sofort auf die Krankenstation und sagen sie Bashir er soll sich auf schwere Strahlungsschäden einstellen."
Sisko war mehr als irritiert, woher wusste dieser Mann soviel über ein ihm unbekanntes Schiff?
"Transport eingeleitet!", in diesem Moment zuckte eine grelle Explosion über den Hauptschirm, die Crew auf der Ops sah gebannt, wie eine riesige Entladung aus dem noch immer geöffneten Spalt im Kontinuum schoss und das zerbrechende Schiff traf.
Es hatte keine Chance, in einem aufpulsen der Gewalten wurde es zu Atomen zerrieben.
"Haben sie die Person?", fragte Sisko von dem Geschehen aufgewühlt.
"Bashir hat gemeldet das ein stark verstrahlter Mann bei ihm eingetroffen ist, er weiß nicht wie lange er noch leben wird. Er sagte außerdem, dass der Mann nach Mister Popow verlangt hat!"
Die Besatzung der Ops blickte verwundert auf den Händler.
"Ich glaube sie schulden mir eine Erklärung!"
Popow nickte gequält, dann wollte er zu erzählen anfangen, als ihn Sisko wieder unterbrach: "Später, jetzt gehen wir erst einmal zur Krankenstation, ein Sterbender hat nach ihnen verlangt!"
Als Sisko und er die Ops verließen, sah Popow noch, wie Kira zu Dax trat und dieser endlich die Frage stellte, die ihr schon die ganze Zeit auf der Zunge gebrannt hatte.
"Was haben sie bei ihm gekauft?"
Dax blickte sich kurz um bevor sie leise antwortete: "Wäsche!"
"Wäsche?!"
Dax nickte und flüsterte verschwörerisch: "Für drunter!"
Trotz des vorrangegangenen Geschehens musste Popow nun grinsen, als er Major Kira's Gesicht sah, dann setzte sich der Lift in Bewegung.
Kurz darauf betraten sie die Krankenstation.
Bashir erwartete sie schon.
"Commander, Mister Popow. Ich habe getan was ich konnte, trotzdem wird er nicht mehr lange leben! Solche Strahlungsverbrennungen habe ich noch nie gesehen, äußerlich sieht man ihm kaum etwas an aber sobald er auch nur leicht berührt wird löst sich die Haut großflächig auf und darunter ist sie total zerstört! Es ist als hätte er innerlich gebrannt."
Popow nickte nur, "So etwas ähnliches ist auch passiert. Wo ist er?"
"Hier entlang bitte."
Bashir führte sie in einen abgetrennten Bereich der Krankenstation. In diesem befand sich eine Stasisröhre, in der der Verletzte sanft auf einem Luftpolster ruhte. Nur der Kopf schaute an einem Ende der Kammer heraus.
Popow hatte in etwa gewusst was ihn erwartete, doch als er das Gesicht des Mannes sah atmete er keuchend ein, die Hälfte des Gesichtes war nur noch eine blutige verbrannte Masse und als er durch die Scheibe der Stasiskammer blickte, erkannte er, dass fast der gesamte Körper des Mannes so aussah. Frank wandte sich kurz ab und kämpfte gegen seinen Brechreiz, als der Mann mit schrecklich röchelnder Stimme zu sprechen begann:
"Frank? Bist du hier?" erst jetzt wurde Popow klar, dass der Mann erblindet sein musste.
"Ich bin hier!", Frank trat an das Kopfende der Stasiskammer und sah auf den Verletzten herab.
Dann erkannte er ihn.
"Josh? Mein Gott Josh, was habt ihr getan? Ihr wusstet doch das das Fluxkontinuum nicht stabil ist!"
Der Verletzte, Josh, versuchte zu grinsen, was ihn nur vor Schmerzen aufstöhnen ließ, dann antwortete er: "Es war die einzige Möglichkeit...musste dich schnell erreichen...es ist wichtig, du musst nach New Berlin...es geht um deine Eltern...such Laurie, sie wird dir helfen...sei vorsichtig, sie wissen über dich Bescheid...musst dich beeilen!", der Sterbende hustete gequält, dann lächelte er noch einmal und einen Augenblick schien es als könne er Popow sehen. Er blickte in Franks Augen: "Es war ein verdammt heißer Ritt, Frank, aber man könnte es stabilisieren!"
Josh zuckte zusammen und starb.
Kaum hatte er seinen letzten Atemzug getan, begann ein seltsames Glühen seinen Körper zu erfassen. Es strahlte immer intensiver, bis sich der Körper des Verstorbenen in einem grellen Blitz auflöste.
"Was, was war das?" Bashir war entsetzt, noch nie hatte sich ein verstorbener Patient vor ihm in Luft aufgelöst!
Popow strich sich die Haare aus der Stirn und schluckte, er hatte das Gefühl ersticken zu müssen.
"Ich glaube ich schulde ihnen ein paar Erklärungen. Was sie soeben gesehen haben, war die natürliche Folge einer Reise im Fluxkontinuum. Ein Mensch kann zwar in das Kontinuum eintreten und es wieder verlassen aber ein Teil seiner körperlichen Komponente verbleibt immer darin. Der einzige Grund weshalb er wieder im Normalraum materialisiert ist, dass ein Mensch weiß, dass er nicht in das Fluxkontinuum gehört. Sobald er allerdings stirbt oder durch schwere Verletzungen seinen Körper nicht mehr richtig unter Kontrolle hat, beginnt unweigerlich der Rücksturz der Materie."
Sisko war nicht zufrieden gestellt: "Was ist das Fluxkontinuum und woher weiß ein zurück gezogen lebender Händler wie sie davon?"
Frank zuckte mit den Achseln: "Ich habe nicht immer auf DS9 gelebt.
Sie werden wahrscheinlich in ihren Daten über mich heraus finden, dass ich in meiner Jugend Mathematik und Hochenergiephysik studiert habe.
Und wenn sie bei Starfleet eine Anfrage über mich einreichen werden sie ein kleines Dossier erhalten, in dem steht, dass ich mehrere Jahre in der Entwicklungsabteilung für Warptechnologie gearbeitet habe.
Der Rest der Unterlagen ist streng vertraulich und wird nur an Leute vergeben, deren Geheimhaltungsstufe so hoch ist, dass Sie, als Kommandant von DS9, wahrscheinlich noch nicht einmal davon gehört haben!"
Bashir war neugierig geworden: "Was ist so vertraulich an einem Ingenieur für Warptechnologie?"
Frank musterte den Doktor kurz, dann schien er eine Entscheidung getroffen zu haben: "Was ich ihnen jetzt erzähle, darf nie diesen Raum verlassen!"
Kommandant und Chefarzt von DS9 blickten sich kurz an, dann verriegelte Bashir den Zugang zur Krankenstation.
"Ich habe nur kurz bei der Entwicklung von Warptechnik gearbeitet, so etwa zwei oder drei Wochen. Danach reichten wir unsere Arbeit über das Fluxkontinuum beim Forschungsrat der Sternenflotte ein. Unsere Entdeckungen waren so bahnbrechend, dass Starfleetcommand beschloss eine eigene streng geheime Abteilung einzurichten. Wir, Joshua Genesser, Laura Hembley und ich, die Entdecker des Fluxraums, bekamen unsere eigene Forschungsabteilung.
Der Fluxraum könnte Geschwindigkeiten weit über die Warpbarriere hinaus ermöglichen!
Zumindest dachten wir und Starfleet das damals. Aber nachdem wir über vier Jahre die Bedingungen über einen Flug im Fluxkontinuum berechnet hatten und wir uns bei einem Testflug beinahe selbst umbrachten, stellten wir die Forschungen ein."
Bashir schien nicht überrascht über das was Popow ihnen gerade erzählt hatte, ihn schien vielmehr eine andere Tatsache zu beunruhigen: "Sie sagten sie hätten einen Testflug unternommen? Wie...?"
"Wieso ich noch lebe? Es liegt daran, mit was für einem Schiff man in den Fluxraum eindringt. Je größer die Masse des Schiffes, desto größer ist sein Beharrungsvermögen im Fluxkontinuum. Und gleichzeitig seine Austrittsgeschwindigkeit. Wir benutzten damals ein umgerüstetes Galileoshuttle. Unsere Austrittsgeschwindigkeit lag etwa bei Warp4, dadurch wurde die mitgerissene Fluxstrahlung in Grenzen gehalten und wir sprangen rechtzeitig in den Warpraum, bevor das Shuttle zerrissen werden konnte."
Popow zog kurz sein rechtes Hosenbein nach oben und enthüllte so eine sein Bein überziehende Narbe.
"Wir haben unseren Preis bezahlt, Laura und ich!"
"Aber wenn es so gefährlich ist, wieso hat man dann ein Schiff gebaut, das diese Antriebstechnik benutzt?"
"Ich weiß es nicht, offiziell wurden unsere Forschungsarbeiten vor zwölf Jahren als nicht durchführbar eingestellt. Ich habe keine Ahnung warum die Föderation versucht ein Schiff mit einer Technologie auszurüsten, die so unsicher ist wie der Fluxantrieb."
Sisko zog eine Grimasse: "Aber ich, zur Zeit versucht Starfleet jeden Vorteil nutzbar zu machen, um der Bedrohung durch die Borg entgegen treten zu können! Und ein Schiff, das weit schneller als Warp fliegen kann, wäre ein großer Schritt in diese Richtung!"
Bashirs Neugier war noch nicht befriedigt: "Was meinte er damit, man könne es stabilisieren?"
Popows Gesicht nahm einen abwehrenden Ausdruck an, er hatte gehofft das die Beiden es vergessen hätten.
"Ja, man kann den Flug durch den Fluxraum stabilisieren!" er spuckte die Worte fast aus.
"Aber warum wurden ihre Forschungsarbeiten dann eingestellt?"
"Die Föderation hatte keine Ahnung, nur Laura Hembley und ich wussten davon. Die einzigen Personen die den Flux bereist hatten! Nach diesem Flug hielten wir den Preis für zu hoch!"
"Was? Sie hielten den Preis für zu hoch? Wieso glauben sie, das Recht zu so einer Entscheidung zu haben?" Sisko war wütend, wenn er daran dachte, das Föderationsschiffe schon seit zehn Jahren mit einem Transwarpantrieb ausgerüstet hätten sein können, vielleicht wäre die Begegnung bei Wolf 359 anders verlaufen.
Aber auch Popow wurde wütend, er hasste es, wenn seine Entscheidungen angezweifelt wurden, vor allem, wenn er von deren Richtigkeit felsenfest überzeugt war.
"Die Erfahrung gab mir das Recht dazu! Haben sie nicht gesehen was mit Josh passiert ist? Wollen sie, dass das jedem passiert, der ein Schiff durch den Flux steuert? Was mit Josh geschehen ist, würde jeden Tag, bei jedem Austritt aus dem Flux geschehen, Tausende würden sterben! Keiner würde sein Leben riskieren wollen um ein Schiff durch den Flux zu steuern! Und kein Computer der Welt könnte ihnen diese Arbeit abnehmen, nur die Fähigkeiten eines intelligenten Lebewesens sind in der Lage ein Schiff im Flux zu dirigieren!"
Popow starrte den Kommandanten der Station wütend an, dieser war bei den Worten des Händlers blass geworden. Er hatte sich ausgemalt was die Folgen eines solchen Antriebs waren, ein Todesurteil für den Steuermann des Schiffes!
Popow drehte sich auf dem Absatz herum: "Wenn sie mich suchen, ich bin in meinem Laden!", dann verließ er die Krankenstation.
Niemand hielt ihn auf.
Frank überquerte das Promenadendeck grübelnd. Irgendetwas hatte mit Josh nicht gestimmt, es schien fast als hätte er eine vorbereitete Nachricht überbracht und wäre sofort danach gestorben. Sehr seltsam!
Als er seinen Laden betrat blickte er sich kurz prüfend um, dann hob er eine scheinbar uralte Tasse, aus einem Sortiment ähnlich gearteter Trinkgefäße. Sie war mit einem Comicbären, der einen grünen Hut trug, und dem knallbunten Schriftzug "Yoghi Bear!" verziert.
Frank war sich sicher noch nie eine Yoghitasse besessen zu haben!
"Guten Morgen Mister Odo!", sofort ging eine erstaunliche Veränderung mit der Tasse vor sich. Sie zerfiel zu einem seltsamen bräunlich schimmernden Brei, der dann von Franks Hand floss, um auf dem Boden die Gestallt des Sicherheitschefs von DS9 zu bilden.
Der sonst so beherrschte Odo sah Frank völlig verduzt an: "Woher haben Sie das schon wieder gewusst?"
Popow lächelte kurz: "Odo, ein guter Händler weiß, welche Sachen er besitzt, vor allem wenn sie so wertvoll wie eine Yoghi - Bär - Tasse sind!"
Odo konnte sich zwar nicht recht vorstellen, was an einer solchen Tasse wertvoll war aber die Menschen benahmen sich im Allgemeinen sehr komisch. Er würde noch einiges lernen müssen, wenn er sie je richtig verstehen wollte.
"Weshalb haben Sie mich eigentlich heute aufgesucht Odo? Haben Sie die Sherlock Holmes Bücher schon fertig gelesen?"
Der Sicherheitschef der Station grinste etwas verlegen und nickte, bisher kannte er nur cardassianische Kriminalliteratur, diese war aber im Vergleich zur menschlichen eher öde und langweilig, kannte man den Täter doch schon im Voraus. Odo hatte die Geschichten Conan Doyles verschlungen, er fand es faszinierend wie Holmes es schaffte mittels winziger Details, Mördern auf die Spur zu kommen und diese zu überführen.
Popow musste bei diesem Eingeständnis des Gestaltwandlers selbst lachen; "Keine Sorge Odo, die Geschichten um Holmes und Watson sind schon seit fast 500 Jahren Klassiker und dennoch ziehen sie weiterhin die Menschen in ihren Bann. Diese Tatsache ist nun einmal ‚Elementar!'. Leider gibt es keine weiteren Abenteuer von Holmes."
Odo schien bei dieser Offenbarung betrübt zu sein und wollte schon den Laden verlassen, als sich Franks Gesicht erhellte.
"Aber vielleicht finden Sie ja den ‚Mord im Orient Express' genauso fesselnd?", bei diesen Worten ging er zu einem der Decken hohen Bücherregale und zog ein sichtlich altes Buch daraus hervor. Der Formwandler hing am Haken, er hatte ‚Mord' gehört und musste dieses Buch haben. Schnell war die Transaktion von einer vergleichsweise geringen Anzahl an Fedcredits abgeschlossen und Odo verließ mit einem seligen Gesichtsausdruck das Geschäft.
Popow blickte ihm stirnrunzelnd hinterher, seit zwei Wochen schnüffelte Odo ihm nun nach. Bisher hatte er zwar nichts gefunden aber auf die Dauer würde er sicherlich etwas ausgraben. Frank würde sich etwas einfallen lassen müssen!
Ilena betrat durch die hinter Tür, die zu ihren Wohnräumen führte, den Laden.
Sie stellte zwei Tassen Kaffee auf den kleinen Tisch im hinteren Teil des Ladens: "Hat sich der Commander gefreut?"
Franks Gesicht verdüsterte sich, während er sich setzte, als ihm die Ereignisse des Morgens ins Gedächtnis zurück gerufen wurden.
Kurz angebunden brummte er bestätigend: "Mhh."
Ilena schmiegte sich von hinten an Frank, wodurch ihr Kopf auf seiner Schulter zu liegen kam: "Was ist los?"
‚Es ist seltsam,' dachte Frank, ‚Sie scheint immer zu wissen wenn ich die Nähe eines Menschen brauche und wann ich allein sein möchte!', im Moment brauchte Frank jemanden aber nicht zum Reden, er suchte Trost.
Die blonde Trill schien auch das zu spüren und so saßen sie eine ganze Weile eng umschlungen im hinteren Teil des Geschäfts, bis Frank leise sagte: "Möglicherweise müssen wir zur Erde fliegen!"
Ilena runzelte kurz die Stirn sagte aber nichts, Frank würde sich ihr anvertrauen, wenn es für ihn Zeit war.
Dann wurde ihre Ruhe gestört, die Glöckchen der Ladentür bimmelten und kündigten einen Kunden an. Frank erhob sich seufzend und begab sich in den vorderen Teil des Ladens, um sich um den Besucher zu kümmern.
Ein großer langhaariger Klingone stand vor einer Vitrine, in der antike Waffen ausgestellt waren. Ein uraltes, aus einem längst ausgestorbenem Haus stammendes, Bath'let schien es ihm angetan zu haben.
"Sie interessieren sich für das Schwert von Tro'Lok?", fragte Frank während er sich näherte.
Der Klingone blickte auf und zog beim Anblick Popows die Mundwinkel verachtend nach oben. ‚Eine weitere Krämerseele von einem Menschen, nicht viel besser als ein Ferengie und ehrlos bis ins Mark!', dachte er.
"Woher haben Sie es?" herrschte der Klingone Frank an.
"Es war der Preis in einem Duell!"
"Seit wann ist das Feilschen unter Halunken und Dieben ein Duell?" knurrte der Klingone.
Frank zuckte nur mit den Schultern, sollte er doch denken was er wollte, er musste sich nicht vor einem Klingonen rechtfertigen.
"Was kostet es?", der Klingone schien ein angeborenes Talent dafür zu besitzen jeden Satz wie eine Beleidigung klingen zu lassen.
"500 Kredite oder 20 Barren Latinum, was ihnen lieber ist!"
"Daran sieht man, dass sie das Schwert nicht in einem Duell gewonnen haben! Niemand würde das Bath'let Tro'Loks verkaufen, schon gar nicht, wenn er es in einem Kampf auf Leben und Tod errungen hat!"
Langsam wurde es Frank zu bunt, er brauchte sich in seinem eigenen Laden nicht beschimpfen zu lassen.
"Wie wäre es, wenn Sie versuchten es in einem ehrlichen Zweikampf zu erringen? Wenn Sie mich im Schwertkampf besiegen, gehört es ihnen und Sie können damit machen was sie wollen."
Der Klingone brach in schallendes Gelächter aus.
"Mensch, willst du dein Leben wirklich wegwerfen?"
Das Lachen des Klingonen verstummte, als er Popows eisigen Blick bemerkte.
"Ihr meint das wirklich ernst!" sagte er verblüfft über seine Erkenntnis.
Eisig entgegnete Frank: "In einer halben Stunde in Arena 2! Ich werde das Bath'let mitbringen. Seid lieber dort, sonst werde ich bekannt machen, dass Gulas vom Hause der Danor ein Feigling ist, der vor einem einfachen Händler davon läuft!", bei diesen Worten riss er dem Klingonen eine der zahlreichen Zierspangen von der Uniform.
Völlig verdutzt starrte Gulas den Händler an, woher wusste ein Mensch, welche der Spangen die Symbole seines Hauses waren? Seine Hand fuhr an seinen Gürtel, in dem sein Met'let steckte.
"Ich würde nicht einmal daran denken!" die Stimme der Trill war eiskalt. Gulas drehte sich in ihre Richtung und blickte in die Mündung eines romulanischen Schnellfeuerdisruptors.
"Arena 2 in einer halben Stunde!" grollte er, als er die Ausweglosigkeit seiner Situation erkannte.