*Broke in Munich*

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Benni Beilke

Mitglied
Da ich davon ausgehe, dass UBER schon überprüfen wird, ob ihre Fahrer eine Lizenz haben und auch schon 18 sind, wird mein Taxifahrer, der aussieht wie t-low*, wenn er gerade mal gute Laune hat, wohl auch über ebenjene verfügen.

"Hi"

"Servus"

Er hat 1 guten Undercut, frisurmäßig. Gut drauf scheint er auch zu sein.

Nett: Check.

Einzigartigkeit: Check.

Leicht bayrischer Dialekt: Passt scho.

Bleibt nur noch die Frage, ob man bereits soooo jung aussehend einen Führerschein haben kann. Ich zweifle an meiner Grundannahme und muss leider trotzdem nochmal nachfragen:

"Hey Taxifahrer, sei mir nicht böse, aber wie alt bist Du denn eigentlich? Ach ja, und wie heißt Du? Ich bin Haro."

Da er nicht antwortet plus je länger ich ihn anschaue, desto jünger wird er, entscheide ich mich für weiterbohren. Bin mir nicht sicher, ob es sein Alter oder meine Wahrnehmung ist, deswegen frage ich direkter, frei von der Leber weg:

"Bist Du eigentlich schon 18? Sorry für die Frage, aber ich will sicher gehen."

Ups, ich hab ihn wohl entwaffnet. Früher hätte man gesagt: seine Gesichtszüge entgleisen. Zeitgenössische Intellektuelle würden sagen: ein Jüngling.
Er sagt (fast in Tränen ausbrechend, aber irgendwie auch gefasst, nennen wir es mitleiderregend):

"Bitte mach kein 31er."

"Mach ich nicht. Wieso auch? Kenn Dich gar nicht und warum? Aber: Wie alt bist denn jetzt ehrlich?!?!"

Er fasst sich beherzt ein Lebkuchen-Herz (Vorweihnachtszeit), beißt rein und sagt dann:

"15"

"Dafür fährst Du aber gut", entfährt es mir.

Weiter meine Nachfrage:

"Aber warum machst Du das denn? Du könntest doch auch wie jeder andere vernünftige Jugendliche in München PS5 spielen und ins P1 gehen."

Mein 15-jähriger Taxifahrer hat mehr Stories zu erzählen als Effenberg und Matthäus zusammen. Aber er reduziert es auf eine:

"Bitte Bro. Ich fahr mit der Lizenz von meinem Vater gerade. Er arbeitet währenddessen in der Wurstfabrik von Uli Hoeneß. Wir brauchen das Geld, weil Hasenbergl kein günstiges Pflaster ist. Bitte sag den Cops nichts."

Eigentlich mag ich nur heimgebracht werden. Da ist es relativ offensichtlich, dass man den Polizisten nix sagen würde. Am Ende würden sie ermitteln und Nachfragen stellen wie Columbo, will kein Mensch. Ich verspreche es ihm trotzdem wie Old Shatterhand es einst Winnetou versprochen hat. Dieses Mal allerdings ohne Blutvergießen. Zum Glück.

Nach ein wenig Auto-Geschick samt Kurven sind wir da, wo ich hin wollte.
Bezahlung, aussteigen und ich flüstere ihm auch noch was ins Ohr:

"Hey, ich kann Deine Familie voll verstehen. Ich bin genauso broke, aber in München darf man nicht pleite sein, weil die Stadt per se reich ist. Quasi ein Gesetz, dass man nicht durchbrechen darf. Je reicher die Anderen, desto ärmer kommt man sich selber vor."

Nach dem Monolog betone ich nochmal, dass es mir komplett egal ist, wie alt er ist, zusätzlich zucken wir beide mit den Schultern und laufenfahren jeder für sich nach seines Weges.

Zum Glück ist bald Oktoberfest.
Dann können wir wieder Geld verdienenausgeben.
 
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Aufschreiber

Mitglied
Hallo Benni,

Dein spezieller Stil ist immer wieder schön.
Ich kenne das mit dem "reichen München" über einen Freund, der aus Sachsen dahinzog und begann, DESIGNER-Computer zu verkaufen.
Für läppige 15 000 € gabs ein Unikat, das innendrin aus Mediamarkt-Billigstkisten-Teilen bestand, aber außen eben genau das war, ein Unikat.

Und der konnte sich in M vor Kunden kaum retten, während das "daheim" keine Geschäftsidee gewesen wäre, weil einfach eine Null zuviel dran hing, am Preis.

Den 15 jährigen Driver kann ich mir daher auch sehr gut vorstellen.
Gut geschrieben und glaubwürdig erzählt.

Beste Grüße,
Steffen
 

Benni Beilke

Mitglied
Hallo Benni,

Dein spezieller Stil ist immer wieder schön.
Ich kenne das mit dem "reichen München" über einen Freund, der aus Sachsen dahinzog und begann, DESIGNER-Computer zu verkaufen.
Für läppige 15 000 € gabs ein Unikat, das innendrin aus Mediamarkt-Billigstkisten-Teilen bestand, aber außen eben genau das war, ein Unikat.

Und der konnte sich in M vor Kunden kaum retten, während das "daheim" keine Geschäftsidee gewesen wäre, weil einfach eine Null zuviel dran hing, am Preis.

Den 15 jährigen Driver kann ich mir daher auch sehr gut vorstellen.
Gut geschrieben und glaubwürdig erzählt.

Beste Grüße,
Steffen
Vielen Dank, lieber Steffen. Es ist tatsächlich gar nicht so einfach in München zu "überleben", wenn man den Reichtum ständig vor Augen hat. Vielleicht brauche ich auch so eine Geschäfts-Idee ;-)
 



 
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