Bruchlinien - Eine Vorgeschichte (Teil 3)

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Wenn sie in jenen hoffnungsarmen Jahren von ihrem Anwesen auf den gegenüberliegenden Südhang blickten, hatten sie ein Gut mittlerer Größe vor sich, das an Menschenhaus erinnern konnte. Hinter diesem Hügel lag am Oberlauf des Flusses, der weiter unten die stinkenden Abwässer der Eisenhütte aufnahm, eine kleine alte Stadt. Sie war seit Jahrhunderten der Verwaltungsmittelpunkt der Gegend, nur durch die Industrialisierung immer mehr in den Schatten der Hüttenstadt geraten. Ein wuchtiges Gebäude im neoromanischen Stil überragte das verschlafene Städtchen, das in den 1870er Jahren erbaute Lehrerseminar, das die Volksschulen mehrerer Landkreise mit Schulmeistern versorgte. Auch mein Vater sollte Lehrer werden, Lehrer und Landwirt, wie sein Großvater. Doch er bestand die Aufnahmeprüfung nicht. Als er seiner Schulpflicht genügt hatte, blieb er auf dem Hof und wuchs in die Rolle hinein, die sein Vater vielleicht nicht ganz hatte ausfüllen können. Ein Jahr lang besuchte er eine Landwirtschaftsschule und ihr verdankte er neben praktischen Kenntnissen eine ausgeprägte Theoriefeindlichkeit. Alljährlich im Sommer erinnerte er sich gewisser Lehren, um gegen sie zu verstoßen. Die Wiesen sollten früh gemäht werden, dann sei das Heu besonders gehaltreich und im Spätsommer könne man an die zweite Mahd gehen? So hielten es auch, ohne die Schule besucht zu haben, immer schon die Bauern der Umgebung. Mein Vater erklärte es trotzdem für graue Theorie. Ihm genügte eine Mahd, die möglichst große Mengen erbringen sollte und daher gewöhnlich in den entweder heißen oder verregneten Juliwochen erfolgte. Tatsächlich wäre er – klein, schmächtig und ohne ausreichend Hilfskräfte – zu zweimaligem Schnitt kaum imstande gewesen. Gegenüber seinen Lehrern zeigte er sich bei aller Kritik erstaunlich anhänglich. So besuchte er einmal mit meiner Mutter und mir einen von ihnen, der schon im Ruhestand lebte. Der alte Lehrer freute sich über die seltenen Zuhörer. Mein Vater ließ ihn ausgiebig reden, lächelte fein, stand in der unterwürfigen Haltung des mittelmäßigen Schülers herum und mokierte sich auf der Heimfahrt über ihn: „Alles schön und gut in der Theorie, aber das sind ja doch keine Praktiker.“

War die nichtbestandene Aufnahmeprüfung sein Ur-Schock gewesen? Ich kam dort später ohne Mühe an und brachte die Jahre leicht hinter mich. Aus dem alten Lehrerseminar war nach dem Krieg ein Aufbaugymnasium geworden und das beruhigte mich lange. Ich wusste, dass mein Vater in meinem Alter dort durchgefallen war – hatte Oma mir das gesteckt? -, und ich spürte, dass er meine guten Zeugnisse mit gemischten Gefühlen betrachtete. Gut, dass es zwei verschiedene Bildungsgänge waren … Später, mein Vater war schon tot, erfuhr ich, dass die Anstalt wiederholt den Charakter gewechselt hatte. Sie war in der Zwischenkriegszeit schon Aufbaugymnasium gewesen, um nach 1945 vorübergehend wieder als Lehrerseminar zu dienen.

In seinen jungen Jahren absolvierte mein Vater nicht nur eine Bildungsreise, es waren deren gleich fünf. Ihnen war gemeinsam, dass alle gen Osten führten und sein Enthusiasmus dabei in dem Maß abnahm, in dem sie, wie er meinte, seinen Horizont doch erweiterten. Bildungsreisen waren längst nicht mehr auf Angehörige adliger oder bürgerlich-wohlhabender Kreise beschränkt. Wie solche Reisen im Lauf der Generationen abliefen, hing nicht nur von wechselnden geistigen Strömungen ab, es erlaubt auch Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Lage der Reisenden und den Grad der Freiheit, den ihnen die Gesellschaft einräumte. Großvater Wilhelms Zug über die Landstraßen zwischen Paris und Prag, Hamburg und Wien passt zum großen Aufbruch der Jugend seiner Zeit, wies in der Rückbesinnung auf alte Handwerkerherrlichkeit auch konservative Züge auf und endete auf den Schlachtfeldern Frankreichs, wo ein Teil der Generation verblutete. Für diese Art fahrender Existenz waren, soweit es die Vorkriegszeit betrifft, offene Grenzen und der Verzicht der Staaten, stärker in die Arbeitswelt einzugreifen, die wesentlichen Voraussetzungen. Ganz anders war die Lage, als mein Vater jung war. Als Angehöriger des Nährstandes genoss er hohe öffentliche Wertschätzung und war gleichzeitig in seiner persönlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Dem Achtzehnjährigen, der ans Herumziehen dachte, wäre es kaum möglich gewesen, abseits des väterlichen Hofs Arbeit zu finden. Glücklicherweise entsprachen seine Neigungen den von Staats wegen erwünschten. Mein Vater wollte die östlichen Provinzen kennenlernen, in denen die Landwirtschaft tatsächlich noch dominierte und nicht nur mehr in der Propaganda. Er verabredete mit zwei Schulkameraden eine Reise durch das Reich in seiner längsten Ausdehnung. Sie radelten vom Südwesten in den Nordosten. Da er später nie davon erzählte, behielt ihre Tour für mich etwas Sagenhaftes. Immerhin konnte ich mir die vielen Fotos in seinem Vorkriegsalbum ansehen. Da posierten sie etwa am Leipziger Völkerschlachtdenkmal, wo das Trio auf ein Sims geklettert war, um sich aufnehmen zu lassen. Ein anderes Bild zeigte sie vor dem in Bronze gegossenen Elch von Gumbinnen; Mama sagte mir, das liege in Ostpreußen. Zwei von ihnen, ernst blickend, darunter mein Vater, bildeten mit sich berührenden Schultern die Basis für den Dritten, der war hinaufgeklettert, hielt über ihnen breitbeinig das Gleichgewicht, ein lachender Triumphator.
Als bald nach dieser Reise der Großvater gestorben war, konnte mein Vater nur noch kurze Zeit auf dem Hof mitarbeiten. Seine zweite Reise in den Osten stand bevor. Diesmal fuhr er auf Staatskosten und Ziel war eine Kaserne in Döberitz in der Mark. Wie es scheint, nutzte mein Vater seine Militärzeit nicht dazu, die nahe Hauptstadt näher kennenzulernen. Wenn ich später in den West-Berliner Jahren zu Besuch kam, fragte er gern nach meinen Eindrücken von Döberitz. Dabei kannte ich den Ort an der Bahnstrecke nach Hannover nur aus der Zugfensterperspektive, die Kasernen blieben unsichtbar. Ich konnte es lange nicht begreifen: Mein Vater schien sich lieber an Döberitz als an die Landwirtschaftsschule zu erinnern. Liebevoll sprach er vom „Barras“, rühmte dessen Fähigkeit, junge Männer an Disziplin zu gewöhnen und daran, Entbehrungen zu ertragen. In Döberitz hatte begonnen, was ich zu einem Zeitpunkt, da sie sich bei ihm aufzulösen begann, als eine Ästhetik des Mangels auffasste. Wie tief musste es ihn befriedigt haben, dass seine engen Grenzen nun allen Altersgenossen gezogen waren. Die Erziehung zum Mangel währte freilich etwas länger, als er für unbedingt notwendig gehalten hätte. Der Überfall auf Polen verschob den Zeitpunkt seiner Rückkehr auf den Hof auf einen unbestimmten Tag in der Zukunft.
Treblinka, Maidanek, Auschwitz – Orte des Schreckens, deren Namen wir niemals vergessen dürfen ... Oft las ich diesen Text auf dem Mahnmal am Berliner Wittenbergplatz, wenn ich, dreißig Jahre nach dem Polenfeldzug, abends zu Fuß von der Uhlandstraße zu den Schwulenbars an der Kleiststraße ging. Dann war mir gegenwärtig, dass mein Vater zu der Zeit, als diese Orte des Schreckens in Polen eingerichtet wurden, selbst in Polen gewesen war. Vielleicht war ich über die Lager besser unterrichtet als er. Ich verdankte es auch einem jungen Lehrer, der uns Primanern den schweren Stoff auf seine spröde, scheinbar unbeteiligte Art wirklich nahebrachte. Indem er seine eigenen Gefühle verbarg, standen wir allein dem Geschehen gegenüber und nicht den Reaktionen eines Erwachsenen auf sie. Mein Großvater schränkte in den sechziger Jahren das Lesen ein und ersetzte es zum Teil durch Fernsehen. Der Alte schaltete fast alles ein und so konnte ich den Eichmann-Prozess bei ihnen daheim verfolgen. Bei den Eltern gab es kein Gerät und ich wagte nicht, meinen Vater nach Auschwitz zu befragen, nach seinem Wissen darüber. Seine seltenen Bemerkungen über den Krieg ließen mich vermuten, er betrachte ihn aus einer Perspektive, die Gaskammern und Völkermord ausschloss. Dafür rühmte mein Vater an den Menschen Osteuropas deren Bedürfnislosigkeit. Die Not dieser Völker, gerade auch die im Krieg, geriet ihm zu einer Idylle eigener Art. Sie kamen ohne Strom und fließendes Wasser aus, betrieben keine übertriebene Hygiene und benutzten ihre hölzernen Essgeschirre mehrmals, ohne sie nach jeder Mahlzeit abzuwaschen. Das alles sollte uns, meiner Mutter und mir, zum Vorbild dienen. Wenn ich meinen Vater so reden hörte, fragte ich mich: Hatten die Deutschen den Krieg verloren, da sie zu viel Seife verbrauchten? Mein Vater stand zwei Jahre in Polen (Bildungsreise Nr. 3) und drei Jahre in Russland (Bildungsreise Nr. 4) und war dann noch vier Jahre in sowjetischer Kriegsgefangenschaft (Bildungsreise Nr. 5). Ich kannte die Ergebnisse von alledem – und mein Vater hatte keinen Einfluss mehr auf meine Lebenspläne, als ich sechzehn war.

Später wurdest du nachsichtiger. Du sahst dir bei deinen seltenen Besuchen daheim den kranken alten Mann an, der nur noch wenig und immer dasselbe aß und seine Tage auf dem Küchensofa verdämmerte. Diese atmende Totenmaske … Wie miserabel war seine Lage gewesen mit achtzehn, mit fünfundzwanzig, mit dreißig, im Unterschied zu deiner im selben Alter. Er hatte insgesamt wenig Glück gehabt, auch nicht mit dir, der du den Anblick nie lange aushieltest und dich in sprachlosem Mitleid abwandtest.

Auf der Suche nach Inhalten, die als positiv empfunden werden können und mein Ansehen als objektiver Erzähler stützen, geriet ich auf das Phänomen der unbedingten Treue. Sie hatte sich erwiesen und bewährt. Die Großeltern lebten fast sechs Jahrzehnte eng miteinander verbunden, obwohl sie nicht in idealer Weise zusammen passten. Meine Eltern lernten sich zum Beginn des Krieges oder etwas früher kennen und blieben sich während der acht Jahre, in denen sie sich nur in großen Abständen jeweils bloß für wenige Tage sahen, vollkommen treu. In der Mitte dieses langen Zeitraums heirateten sie. Es war bei seinem letzten Heimaturlaub, Anfang vierundvierzig. Dann dauerte es bis ins Jahr achtundvierzig, ehe sie sich wiedersahen. Mein Vater erschien verändert, gealtert, er sprach höchstens fünfzig Wörter am Tag. Doch ihre Beziehung war gerade durch den Zeitablauf noch viel fester geworden und stand nie mehr in Frage. Heute mache ich mir klar, was es bedeutet, dass meine Mutter in ihrem Leben nur einen einzigen Partner gehabt hat. Die Treue erscheint mir auf einmal in einem anderen Licht. Ich kann sie nicht länger als Ausdruck einer Entscheidung von sittlicher Größe ansehen, sondern eher als Ergebnis eines Mangels an Gelegenheit. Die Treue ergab sich nicht aus der Natur meine Eltern, sie war ihr Schicksal. Auf wen hätten sich die Wünsche meines Vaters in Sibirien richten können, wenn nicht auf die ferne Frau? Welche Möglichkeiten des Vergleichs boten sich meiner Mutter in dem von Männern entblößten Land? Krieg und Gefangenschaft waren der günstige Nährboden für eine romantische Liebe im Stil des 19. Jahrhunderts. Es ist wahr, nie trübte ernstlicher Streit dieses scheinbar beneidenswerte Glück. Doch bei näherem Hinsehen bemerkt der Betrachter den langen Schatten, den es wirft und der aus Kontaktarmut, vor allem auf Seiten der Frau, und weitgehender sozialer Isolierung besteht. Je älter ein solches Paar wird, umso kleiner wird sein Bekannten- und Freundeskreis. Die innere Bindung nimmt dann nicht mehr an Gehalt zu, dafür zerstört sie allmählich die Fähigkeit, auf andere einzugehen. Je näher der Zeitpunkt rückt, an dem anstelle des Paares ein einzelner Überlebender steht, umso weniger können sie sich dieses neue Leben vorstellen. Sinnvoll auszufüllen vermögen sie es nur in seltenen Fällen.

Und ist dir denn der Gegenentwurf gelungen? Das darf bezweifelt werden!

Als mein Vater aus der Gefangenschaft heimkehrte, hatte seine Staatsangehörigkeit inzwischen wieder einmal gewechselt. Frankreich hatte gleich nach dem Krieg erneut die Hand auf das Kohlerevier gelegt, unser Ländchen war ein zweites Mal internationalisiert worden. Eine Volksabstimmung war nach den Erfahrungen des Jahres fünfunddreißig nicht mehr vorgesehen. Wer sich, schuldbewusst oder nicht, an sein Votum für den Anschluss damals erinnerte, verspürte vorerst noch wenig Neigung, das Schicksal der Volksgenossen im Reich wieder zu teilen. Sie hungerten – bei uns war bald nach Kriegsende eine ausreichende Versorgung mit Lebensmitteln in Gang gekommen. Das zivile Leben normalisierte sich rasch. So war die Lage, als meine Mutter ein Jahr nach Heimkehr des Gatten eine Früh- und Totgeburt hatte. Man verschwieg mir jahrzehntelang, dass ich nicht die Erstgeburt gewesen war. Unbekanntes Geschwister – warst du der ältere Bruder, den ich mir in jungen Jahren erträumte?
Ich selbst wurde in jenen Frühlingswochen gezeugt, in denen drüben im Reich der neue westliche Teilstaat installiert wurde. Der erste Boom begann sich dort bald zart zu regen. Bis zu meiner Geburt verfinsterte sich der politische Horizont erneut. Auch die kleinen Leute konnten begreifen, dass immer noch oder schon wieder Krieg war, kalter Krieg diesmal. Und als ich geboren wurde, war er gerade in einen neuen heißen übergegangen. Der Koreakrieg befand sich auf seinem ersten Höhepunkt. Ich vermute, dass meine Familie die Geburt mehr aus privatem Blickwinkel betrachtete. Genau genommen handelte es sich um mehrere unterschiedliche Perspektiven, die weniger mit mir als mit den unerfüllt gebliebenen Lebensplänen der einzelnen Familienmitglieder zu tun hatten. In diesen voneinander abweichenden und sich durchkreuzenden Erwartungen lag die erste schwere Hypothek, die dem neuen ahnungslosen Menschlein aufgebürdet wurde. Warte nur ein wenig, bald sollst du erfahren, was sie dir bestimmt haben.
Übrigens scheint es, dass ich wenig Neigung verspürte, überhaupt zur Welt zu kommen. Die Hausgeburt verlief so kompliziert, dass meine Mutter danach meinte, auf weiteres Gebären besser verzichten zu sollen.

Die frühe Kindheit erscheint später als eine seltsame Schattenwelt. Undurchdringliches Dunkel liegt über dem größten Teil der Landschaft jener scheinbar endlosen Jahre. Wie langsam die Zeit damals verfloss ... An einigen Stellen weicht die Finsternis der tiefbraunen Tönung alter Landschaftsbilder, die im Lauf von Jahrhunderten stark nachgedunkelt sind. Die Grundstimmung ist noch wahrzunehmen, aber die Einzelheiten sind kaum zu unterscheiden. Die Erinnerung bleibt unscharf. Dann jedoch stoßen wir auf seltene Momente großer Klarheit. Ein starkes Licht, dessen Herkunft unbekannt bleibt wie auf barocken Gemälden, erhellt die Situation von damals und zeigt Personen und Konturen in voller Schärfe. Zu diesen Plätzen kehrt die Erinnerung immer wieder zurück, ohne zu wissen warum. So bleibt das Erinnerte unverstandene Episode, mag es sich auch um den Schlüssel zu allem Verständnis handeln.
Wie alt bin ich an jenem entferntesten Punkt, zu dem die Erinnerung noch gelangen kann? Ich sehe mich als Dreijährigen auf einem kurzen Spaziergang. Mutter und Großmutter haben mich bei der Hand genommen und führen mich in ihrer Mitte. Neben uns geht mein Großvater und raucht Pfeife. Mein Vater scheint zu fehlen. Wahrscheinlich hat er gearbeitet. Wir gehen sehr langsam vom Haus meiner Großmutter zum Bahnhof unseres Vorortes, dafür braucht man fünf Minuten. Eine schon heiße Frühlingssonne scheint von einem heiteren Himmel. Straßenstaub tanzt im Sonnenlicht. Die kleinen Häuser an der Straße sind schmutzig grau. In der Nähe ist die Einfahrt zu einem Eisenbahntunnel. Wenn die Dampflokomotiven die Wagen bei der Ausfahrt mit Volldampf wieder anziehen, stoßen sie große Rauchwolken aus. Die Züge verschwinden schon hundert Meter nach dem Bahnhof in einem Tunnel. Vor der Einfahrt gibt die Lokomotive ein kurzes gellendes Signal und stößt dabei eine kleinere Rauchwolke aus. Daher sind alle Fassaden in der Umgebung rußgeschwärzt.
Genau neben der Tunneleinfahrt steht das Haus eines Bekannten meiner Großeltern. Der Mann arbeitet im kleinen Vorgarten. Er harkt die Erde um die wenigen Tulpen, sie blühen rot oder gelb. Während die Erwachsenen mit dem Nachbarn plaudern, kann ich mich von den Händen losmachen. Ich trete dicht an das Gärtchen heran, betrachte die Blumen aus der Nähe und klatsche vor Vergnügen in die Hände. Die Großen werden aufmerksam. Der Nachbar greift zu einer Schere und schneidet eine rote Tulpe für mich ab. Die Großen bedanken sich für mich. Ich darf die Blume tragen, während wir weitergehen, und empfinde große Freude. Wir gehen noch bis zum Bahnhof und kehren dort um. Die Szene verschwindet in völligem Dunkel.
Warum gerade diese Erinnerung? Ja, ich liebe Blumen und arbeite gern im Garten, ich fahre auch gern Eisenbahn ... Aber es gelingt mir nicht wirklich, hinter das Geheimnis des Erinnerungsbildes zu kommen. Vielleicht bedeutet es die Neigung zum ästhetischen Lebensvollzug, wie sie mir später mal einer vorgeworfen hat. Mir scheint, viele Deutungen sind möglich, auch solche, die mich unangenehm berühren könnten. Mir bleibt nur die Vermutung, dass unsere früheste Erinnerung nicht zufällig ist. Vielleicht enthält sie im Kern schon unser Wesen und seine Entwicklung in der Zeit.
"Mach Licht, Frau", sagte mein Großvater oft in der Abenddämmerung, "wir können noch lange genug da oben im Dunkeln liegen." Mit oben war nicht das himmlische Jerusalem gemeint, an das sie beide nicht glaubten, sondern unser hochgelegener Friedhof.
Den besten Blick auf den Friedhof hatte man vom Bahnhof aus. War das Jenseits nur per Reise ohne Wiederkehr zu erreichen? Wenn man vom Bahnsteig nach Norden blickte, sah man in den schwarzen Mund einer Tunnelöffnung wie in das Ofenloch eines Krematoriums. Davon löste sich der Blick und glitt den steil ansteigenden Hang aufwärts. Er war mit Dornengebüsch bewachsen, unzugänglich und von der weiß verputzten Leichenhalle im neoromanischen Stil gekrönt. Ein Aussichtscafé konnte nicht schöner liegen. Die Kuppe, die die Eisenbahn im Tunnel unterfuhr, war ein einziges Gräberfeld. Seit fünf Generationen bestatteten die Einwohner da ihre Toten. Meine Großeltern hatten mir wiederholt gesagt, sie würden auch einmal dort liegen. Der Gedanke war mir unbegreiflich. Ich war noch niemals durch den Tunnel gefahren …
… und träumte immer wieder denselben Angsttraum. Darin spaziere ich vom Bahnhof zum Haus der Großeltern. In Höhe des Tunnelmundes, gerade unterhalb der Feierhalle, nähert sich mir ein von zwei braunen Pferden gezogener Leichenwagen. Es ist ein einfacher Pritschenwagen ohne Verdeck, wie ihn die Bauern zum Transport von Rüben benutzen. Wie mich die Pferde sehen, fallen sie gleich in scharfen Galopp. Der Leichenwagen holpert und schlingert, der Sarg springt auf und nieder. Ich weiche zurück, voll Entsetzen, zu spät: Die Pferde bäumen sich auf und setzen an, mich niederzutrampeln. Schon spüre ich ihre Hufe - und erwache, von tiefem Schrecken erfüllt.
Beim Aufwachen stürzte ich eines Nachts aus dem Bett und renkte mir das Schultergelenk aus. Danach trat meine Großmutter mit mir die Reise zu einer Wunderheilerin an. Sie hatte einen sagenhaften Ruf und war doch nur eine geschickte Heilpraktikerin. Rasch und schmerzlos wurde das Gelenk von ihr eingerenkt. Meine Großmutter jedoch spürte die geheimnisvolle Kraft, die von jener Schamanin ausging, als sie mich berührte. Jahrelang noch pries sie die wundersame Heilung in bewegten Worten. (Auch Atheisten neigen manchmal zum Wunderglauben.)
Auf dieser Fahrt nach Norden hatte ich erstmals den Tunnel unter dem Friedhof durchfahren - und ich war zurückgekehrt! Ich war also genesen, wenigstens was die Schulter betraf. Und der Traum mit dem Leichenwagen kehrte auch nicht wieder. Dafür träumte ich nun andere Angstträume.
Unser gewöhnlicher Spaziergang zum Bahnhof und der Blick zur hochgelegenen Leichenhalle verbanden sich in meiner Vorstellung bald mit dem Ende der Frau Klein, einer Nachbarin aus unserer Straße. Meine Großmutter hatte sich mit ihr angefreundet, besuchte sie häufig und nahm mich gelegentlich mit. Wenn ich nicht im Garten vor der hohen, mit Efeu bewachsenen Mauer spielte, saß ich mit ihnen gelangweilt in der Stube. Sie unterhielten sich sehr lebhaft und, wie mir bald auffiel, in oft gehässigem Ton über andere Nachbarinnen. Sie schienen sich sehr gern zu mögen, besonders meine Großmutter ließ es an heftigen Gefühlsausbrüchen nicht fehlen. „Liebe Frau Klein“, konnte sie dann mit so lauter Stimme ausrufen, dass es auch draußen Vorübergehende noch hören konnten, „der Himmel allein weiß, was wir aneinander haben!“ Solche Bekenntnisse hinderten sie allerdings nicht, sich, wenn sie anderswo Besuch machte, abfällig über jene Frau Klein zu äußern. Meine stumme Gegenwart war auch kein Hindernis für sie, den dunklen Punkt (oder Fleck) in Frau Kleins Lebensumständen immer wieder ans Licht zu ziehen und recht grell zu beleuchten. „Ja, warum heiratet sie ihn denn nicht?“ war die wiederkehrende rhetorische Frage. Noch ehe man antworten konnte, gab sie, zwei Tonlagen höher, selbst die Antwort: „Weil sie die schöne Kriegerwitwenpension nicht verlieren will!“ Frau Klein lebte nämlich, wie viele Frauen ihrer Generation, deren Männer im Krieg gefallen waren, mit einem Mann zusammen, der seinerseits die Frau in den Zeitwirren verloren hatte. Sie ließen ihren Bund jedoch nicht im Register des Standesamts eintragen und hatten dafür vielleicht noch andere Gründe als die sonst sichere Schmälerung der gemeinsamen Einkünfte. Heute, Jahrzehnte später, ist die moralische Entrüstung dieser braven Leute kaum noch zu verstehen. Damals war es etwas Revolutionäres, wenn eine anständige Bürgersfrau, die man von Kindesbeinen auf gekannt hatte, als reife Frau und Witwe in wilder Ehe lebte. Einer Hergelaufenen hätte man leichter verziehen, das Verhältnis hätte zu den beschränkten Vorstellungen von den bedenklichen Sitten Entwurzelter gepasst. So aber saß meine Großmutter im Wohnzimmer der Frau Klein, schwur heilige Freundschaftseide und blickte durchs Fenster auf den eigenen Garten drüben, den sie bald in einen Bauplatz verwandeln wollte. Das würde wieder ein Abrackern und Knausern geben … Wie gut es doch dieser Frau Klein ging.

Jetzt kann ich mir diese Straße und wie sie heute aussieht im Internet anschauen – Google Streetview. Ein Vierteljahrhundert nicht mehr dagewesen! Nr. 80 ist der Neubau aus meinen Kindertagen, sieht kaum verändert aus, ein Nachkriegsgebäude, etwas in die Jahre gekommen. Aber das schmale Biedermeierhaus daneben – Nr. 78 – zeigt deutlich fortgeschrittenen Verfall. Hier hat sich all das abgespielt, wovon meine Mutter sprach und schrieb: die Besuche von Honecker senior, um gemeinsam Feindsender zu hören, die KP-Druckerei im Keller … Als mein Vater zurückkam, zog die vergrößerte Familie zurück in die Doppelhaushälfte von 1920; da war mehr Platz. Das junge Paar wohnte im Oberstock. Ich blicke auf die sanierte Fassade von Nr. 70 – so hübsch war das früher nicht – und weiß: Da oben bist du auf die Welt gekommen. Ich werde mir über meine Gefühle nicht klar.

Einige Zeit darauf wusste die halbe Straße, dass Frau Klein an Darmkrebs litt. Meiner Großmutter war es unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut worden und dieses Siegel zu erbrechen, war das natürliche Bedürfnis meiner Großmutter. Ihr Leben war arm an großen Ereignissen. Traten Umstände ein, die ihrer Sensationslust dienten, kannte sie keine Rücksichten. Nach meiner wundersamen Heilung erlebten wir nun das Voranschreiten der unheimlichen Krankheit. Mehrmals wöchentlich besuchte sie die Kranke und versorgte danach die Nachbarschaft mit grausigen Bulletins. Meine Nähe nahm sie dabei zum Vorwand, ihre gewöhnliche Stimme in ein dramatisches Flüstern zu verwandeln. Es hätte jedoch einer schwerhörig sein müssen, um es nicht noch im letzten Winkel des Raumes zu verstehen. Die einzelnen Symptome des körperlichen Verfalls wurden peinlich genau beschrieben. Ich ekelte mich, ich ängstigte mich. Frau Klein erschien mir bald als bedrohliches Monstrum. War ihre Krankheit ansteckend? Hatte sie Schuld daran? Meine Großmutter formulierte es nicht so – und ich wagte nicht, sie danach zu fragen -, ich fühlte nur, dass es ihr auch um diese beiden Punkte ging.
Seit längerem war es meine Aufgabe gewesen, Frau Klein wöchentlich mit einem Dutzend frischer Eier vom Gütchen meines Vaters zu beliefern. Nun weigerte ich mich, sie weiter hinzubringen. Man schickte mich mit harten Worten zu der Kranken. Ich stolperte glücklich auf der Treppe zum Vorgarten der Frau Klein, zerbrach mehrere Eier und kehrte um. Ich brauchte nicht mehr hinzugehen. Zufällig begegnete ich der Kranken noch einmal. Ich ging eben die Straße hinunter, als sie, wohl auf dem Weg zum Arzt, in den Wagen ihres Hausgenossen stieg. Sie erkannte mich, winkte mir von weitem zu. Ein wenig erschöpft kam sie mir vor, war mager geworden und ernst. Jetzt empfand ich nur Mitleid und keine Furcht mehr. Für einen Augenblick ahnte ich, wie wenig die aufregenden Szenen, die meine Großmutter aufführte, mit Frau Klein zu tun hatten. Ich ging dennoch nicht mehr zu ihr. Als sie gestorben war, weigerte ich mich, zur Beerdigung mitzukommen, und man ließ mich in Ruhe. Bei der Eröffnung des Testaments stellte sich heraus, dass die kinderlose Frau Klein ihr Speisezimmer meiner Großmutter vermacht hatte. Es waren feine Eichenmöbel vom Anfang des Jahrhunderts.
In einem anderen häufig wiederkehrenden Traum bin ich unterwegs von den Großeltern zum Hof des Vaters. Es geht am Friedhof vorbei, wo man von der Straße her die weiße Leichenhalle zwischen alten Bäumen durchschimmern sieht. Dann kommen die kleinen Schachteln einer Stadtrandsiedlung aus der Hitlerzeit, weiter die Baugruben für noch eine Zeile Häuserchen. Es folgen Gärten, die ersten Äcker und Wiesen. Ich steige ein kurzes Stück bergan und habe rechter Hand, wo das Gelände steil zum Fluss abfällt, ein kleines, undurchdringliches Gebüsch, lauter Schwarzdorn. Weiter komme ich im Traum nie, denn ein Wolf bricht immer aus dem Dickicht hervor und setzt zum Sprung auf mich an, worauf ich erwache.
Bei Tag passierte ich den Ort dieses Alptraums oft und furchtlos. Mein Vater hatte bald nach seiner Heimkehr den inzwischen stillgelegten Steinbruch und umliegendes Land von der Gemeinde gekauft. Er wollte nicht mit Frau und Kind zur Mutter am Fuß des Berges ziehen. Wenn zwei Zimmer im Dorf für uns ausreichten, so musste es auch die Holzbaracke der Steinbrucharbeiter sein. Dort standen uns zunächst nur drei kleine Räume zur Verfügung, in den beiden anderen drängte sich eine mehrköpfige Familie, von der Gemeinde dort notdürftig untergebracht. Bis die ersten Sozialwohnungen beziehbar waren, blieben sie, nun unsere Mieter. Warum siedelte ich damals nicht mit über? War es die Beengtheit da oben oder die Furcht der Erwachsenen vor dem Einfluss der Mitbewohner auf das Kind? Ich blieb zunächst bei den Großeltern und wanderte immer wieder zu den Eltern hinaus. Manchmal übernachtete ich dort im Wohnzimmer auf einer Klappcouch und hörte vor dem Einschlafen den Ratten zu, wie sie auf dem Dachboden der Baracke umherjagten.

Ich nenne das primitive Holzhaus hier immer Baracke, doch Mama hatte Recht, wenn sie Wert auf diese Feststellung legte: Ein Holzhaus mit einem Steinsockel ist mehr als eine Baracke. - Wie viel mehr?

Hinter dem fatalen Gebüsch des Traums begann eine Welt großer Entwürfe, sei es der gescheiterten von früher, sei es der gegenwärtigen, deren Scheitern sich schon abzeichnete. Nach wenigen Metern erreichte man eine Gabelung, an der ein Baum vor sich hin kümmerte, kurz vor dem Krieg gepflanzt und Adolf-Hitler-Linde getauft. Jetzt war er nur noch die Linde.
Rechts führte ein Weg steil hinunter zum massigen Wirtschaftsgebäude und zur „Villa Lustig“ – so nannte mein Vater das nach dreißig Jahren schon baufällige Haus, in dem seine Mutter jetzt allein lebte. Ich nahm den ebenen Weg geradeaus, der zwischen Wiesen auf ein Gehölz hinführte. Dieser schmale Feldweg verschwand unter Kronen hoher Robinien und Vogelkirschen, rechts von ihnen auf abfallendem Terrain verwilderte Obstbäume, zwischen denen Brombeerhecken, Holunderbüsche und Brennnesseln wucherten. Der Obstgarten war vom Vater des Vaters angelegt und nach seinem Tod sich selbst überlassen worden. Wir pflückten dort Beeren, soweit sie erreichbar waren, und sammelten Fallobst und Nüsse. Leitern konnten nicht mehr aufgestellt werden. Der Weg wand sich sodann links um eine Bergnase, um die letzte Bodenterrasse unterhalb der Bergkuppe zu erreichen. Eine kurze Strecke führte er noch durch einen tiefen Einschnitt, dessen rechte Flanke ein sargförmiger Rücken bildete, dicht bewaldet, doch der Eindruck jahrhundertelangen ungestörten Wachstums täuschte. Diese sehr regelmäßige Erhebung war erst um 1900 aus Schuttmassen, die beim Betrieb eines Steinbruchs anfallen, entstanden. Nun wuchsen hier starke Eichen.

Jahre später ludest du Mitschüler zur Rodung dort ein. Eigentlich wolltest du nur einige Sträucher am Hang neben dem Weg ausreißen und da ein Gärtchen anlegen. Doch die Jungen brachten Beile und Äxte mit. Unter Baumfällen würden sie es nicht tun. Die hallenden Axtschläge alarmierten meinen ahnungslosen Vater. Er kam angerannt, sah den Stamm einer Eiche fast sturzreif und brachte uns in Sicherheit. Er wies mir eine andere Fläche für meinen ersten Garten zu.

Der Hang auf der anderen Seite des Weges war in jüngster Zeit von meinem Vater gerodet und in einen weiteren Obstgarten verwandelt worden. Die neue Anlage war viel größer als die inzwischen verwilderte. Die jungen Bäume waren von der Baumschule geliefert und in sorgfältig vorbereitete Pflanzgruben gesetzt worden. Die starre Geometrie ihrer Reihen kümmerte sich nicht um das Bodenrelief und stach seltsam von der üppig wuchernden Wildnis ringsum ab. Diese Buschbäumchen sollten schon bald Pfirsiche tragen, falls es das manchmal rauhe Klima zuließ. Die halbhohen Stämme, die inmitten des weiten Wiesenhangs noch etwas verloren wirkten, würden uns viele Zentner Äpfel und Birnen bringen, sagte mein Vater. Freilich würde die Ernte am steilen Hang schwierig werden … Und würde die Wiese auch in Zukunft regelmäßig gemäht werden, wie das jetzt noch geschah? Einige Himbeerranken hatten die letzte Mahd überstanden und schlängelten sich schon ausgreifend über die dünne Grasnarbe. Auch bildeten die Brennnesseln hier und da kleine Kolonien, denen mit der Sense nicht mehr beizukommen war.
Rechts vom Weg brach der Höhenrücken abrupt ab und man stand vor einer Grube, die uns als Schuttplatz und Müllhalde diente. Dahinter erhob sich, hoch wie ein fünfstöckiges Haus, die Felswand, von den Steinbrucharbeitern in einem halben Jahrhundert modelliert worden. In warmen roten und gelben Tönen leuchtete der Sandstein, durchzogen vom schwefligen Grün der Flechten. Eine junge Fichte wuchs in einer Nische im oberen Drittel der Wand. Ich sah oft zu ihr hinauf. Würde sie nicht bald so groß sein, dass ihre Wurzeln keinen Halt mehr fänden? Ich wusste noch nicht, dass sie sich nur in dem Maß entwickelte, in dem die Verwitterung voranschritt. Es gab eine Balance zwischen dem Zerbröckeln des weichen Steines und dem Wachstum der Fichte sowie ihrer Verankerung durch das Wurzelwerk. In diesen Felsen kletterten die Kinder aus der Baracke, mit denen ich nicht spielte, gern herum, bis eines der wilden Mädchen zu Tode stürzte.
Mein Weg führte an der Grube vorbei und die Felswand näherte sich ihm bis auf wenige Meter. Sie bildete einen mächtigen Block mit annähernd quadratischem Grundriss, gekrönt von dichtem Schwarzdorngebüsch. Dann wich die Wand in weitem Bogen zurück, machte Platz für eine halbrunde steinige Wiese, wie für das Naturtheater eines Kurortes. Der Weg beschrieb eine letzte Biegung nach links und stieg noch einmal leicht an, ehe er die oberste Bodenterrasse erreichte. Der Hang des Obstgartens lief sanft aus. Zwischen den neuen Buschbäumchen hatte mein Vater hier Erdbeerbeete angelegt. An der Wegbiegung stand die kleine Steinhütte, die früher den Arbeitern als Unterstand gedient hatte; in ihr zog mein Vater jedes Frühjahr Hunderte von Küken groß. In einer Aprilnacht ging ein Felsblock nieder und hätte fast die Hütte mit den Küken unter sich begraben. Noch immer lag der gewaltige Brocken gleich neben dem Häuschen.
Ich wanderte fast täglich durch diese romantische Miniaturlandschaft, die geprägt war vom Wechselspiel zwischen menschlichen Eingriffen und reicher natürlicher Vegetation. Es schien, als wäre ein bedeutender Gartenarchitekt am Werk gewesen. Aber die Wirkung des Ganzen beruhte nicht auf einem unter ästhetischen Aspekten entworfenen Plan, sondern auf dem zusammenhanglosen, wenig produktiven Wirtschaften mehrerer Generationen und der geschmeidigen Antwort der Natur, deren Unterwerfung hier noch nicht gelungen war.
 



 
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