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Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Manchmal, wenn du bei mir liegst,
ganz unverstohlen in mich blickst,
mit deinen Mondenaugen meine Seele prüfst,
öffnest du dich. Dann sehe ich,
durch deiner Augen Blick, in dich.
In deine Seele, die nur ihrer selbst bedarf.
Die, wenn sie Liebe schenkt, kein Halten kennt.
Sehe, durch deine Mondenaugen mich;
ganz nah, ganz fremd. Spüre,
wie du durch meine Augen auf dich blickst,
weiß um dein Fühlen, um die Fremde,
diese Nähe. Bin ganz du, ganz ich.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Also...jetzt kam´s mir letzte Nacht.
Nein, nicht was du jetzt schon wieder denkst.
Ich mitten in der Einschlafphase.
Die Beta-Wellen sich schon total in Alpha-Wellen am Umplätschern.
Meine Augen voll im SEM-Rhythmus.
Die Frequenz meiner Hirnströme bei 4-8 Hz.
Und gerade, als ich so auf meinen Alpha-Wellen am Dahingleiten bin,
Erleuchtistan.
Fließen da voll die Quantenphysik, der liebe Gott und überhaupt alles in mich ein.
Von jetzt auf gleich verstand ich das Wort 'anderweitig'.
Ei die weil ich mittendrin.
Du...ich total am Einsteinigisieren.
Gravitationswellen, wohin ich auch denke.
Mein Kopf ein ÜberAll.
Ich schlendere auf den Saturnringen, spiele mit dem Asteroidengürtel Boule
und reise über den Erinnerungshorizont hinaus.

Nichts zu denken
Bewege mich
In der Mitte
Weder Anfang
Noch Ende

0,5 - 2 Hz.


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Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Du!
Ich jetzt wieder im Wald am Walken.
Geh so mir nix dir nix meines Weges.
Augen nur auf den Weg gerichtet.
Ei die weil in der Nacht Regen.
Und das bringt bekanntlich die Nacktschnecken zum Walken.
Wobei...schleichen, schleimender Weis.
Ich also nur am Gucken, sie zu umwalken.
Und während ich so am Umwalken bin, Erkenntnis!
Alle, also wirklich alle Schnecken, von rechts nach links des Weges.
Keine einzige Schneck, die von links nach rechts schleicht.
Du...da wird doch der Darwin auf Galápagos verrückt.
100 Schnecken später kommt der Grzimek in mir raus.
Nicht lang Denk!
Eine Nacktschnecke, sagen wir Proband 1, aufgehoben.
Aufgehoben, gedreht, und wieder auf den Weg gesetzt.
Und weißte was?
Genau!
Dreht sich Proband 1 langsam...sehr langsam und ab nach links.
Probanden 2,3,4....gleiches schleimkriechwalkendes Spiel.
Wandern sie mit der Sonne?
Trommelt der große Schneckenguru zur Versammlung?
Was ist der Plan?
Und aus meinem MP3-Player dröhnen die Einstürzenden Neubauten:

Hier leben die Blinden
die glauben was sie sehen
und die Tauben
die glauben was sie hören

Ich drücke die Pause-Taste des Players und denke:

OK. Lass es sein.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Der Regenbog

Im Aqua mummte
sich ein Regenbog.
Verschwamm schlamm
drüber drunter,
bunterkunt und Augenpauk,
mitsinn vernapsten
Strapsen im Verdukt.
Herfür, herfür,
berief er alle Poods,
ich schleire schon.
Bin kaum noch Pahl,
nur noch ein Quadtsch
voll Plumps.
Doch arg, oh arg!
Zu spät gequirt,
längst stichelst hier
und dort. Verschliert
ist nun der Regenbog,
verschlammt und
Augenpauk.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Komm-pliziert

Unser sonischer Traum
Dem Wachzustand nah
Ein immerwährendes Hier
Und Da

[Deine Lippen wie Honig
Die Bienen summen ihr Lied dazu]

Wüsste ich dich zu benennen
Ich verlöre dich
Darum lass ich dich
Sein
In diesem Traum

Aus dem das Erwachen
Ein immerwährender Traum
Ist
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wir sind zwei Abgründe -
ein Brunnen, der in den Himmel schaut
(Fernando Pessoa)

Die Nacht bricht herein
Herzen fallen
in dunkle Brunnen
wo Sehnsüchte
im Strudel der Träume
zu Morganen verblassen

Die Nacht bricht herein
Herzen fliegen
ins Licht
wo Sehnsüchte
im Strudel der Träume
zu Oasen werden


Alles in mir neigt dazu, weiterzugehen und etwas anderes zu werden; es ist eine Ungeduld der Seele mit sich selbst wie mit einem lästigen Kind; eine wachsende, immer gleiche Unruhe.
Alles fesselt mich und nichts hält mich... Ich bin zwei, und beide halten Abstand – siamesische Zwillinge,
die nicht miteinander verwachsen sind.
(Fernando Pessoa)


Ich bemühe mich
Trotz dem Leben (Trotz des Lebens)

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Gott sprach mit mir.
Auf hebräisch.
Da ich kein Wort verstand, steckte ich mir den Babel Fish ins Ohr.
Bekam so den Rest von Gottes Ansprache noch mit.
'So bist allein du es mein Sohn, der die Erde retten kann.
Erfülle meine drei Aufgaben und es soll geschehen.
Für jede Aufgabe schenke ich dir und der Erde einen Tag'.
Dann war er weg.
All mein Flehen und Bitten um eine Wiederholung der Aufgaben unerhört.
Verzweiflung. Wer konnte um die Aufgaben wissen?
Die Kirche! Klar, die Kirche.
Ich ab zu unserem Pfarrer.
Zwar glaubte er mir kein Wort, ich sah es an seiner gerunzelten Stirn,
doch er nahm meinen anscheinenden Irrsinn ernst.
'Eine Aufgabe könnte das Beichten deiner Sünden sein'. meinte er.
'Es fällt zwar nicht direkt in meinen Bereich, aber wenn du magst'.
Ich erklärte ihm, dass dafür die drei Tage nicht ausreichten, worauf er sagte,
dass es vielleicht ausreiche, all meine Sünden zu bereuen.
Leider musste ich ihm erwidern, dass ich nicht alle meine Sünden bereute.
'Vielleicht reicht es aus, dass du die Sünden die du bereust, bereust'.
'Deal!'
Tausende von Sünden gingen mir im Schnelldurchlauf durch den Kopf.
Bereue, bereue, bereue, hörte ich mich denken.
Schweißgebadet wachte ich auf.
Auf der Bettkante saß ein alter Mann.
'Für den ersten Tag nicht schlecht', sagte er sanftmütig.
Abermals wachte ich schweißgebadet auf.
Tag Zwei.......
 
O

orlando

Gast
Was ich dir schon lange mal schreiben wollte:
Mir gefällt, dass du dich formal und stilistisch mehr und von Vorherigem ablöst. - Ablösung ist vielleicht das falsche Wort; es handelt sich eher um einen fließenden Übergang.
Lyrische Prosa scheint etwas zu sein, was dir sehr liegt. Die hast du sicherlich früher auch schon geschrieben, vielleicht aber weniger "gut."

Dies alles deutet auf ein Lyrikverständnis hin, das bereit ist, metrische Fesseln gänzlich abzustreifen und sich nur noch der Stimmigkeit einer eigenen Gedanken- und Bilderwelt hinzugeben.

Sehr schön.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
hinterm horizont

hinterm horizont
steht eine Leiter
und wenn du die
hochkletterst
tip tip tap
kommste gerade
wegs in den himmel
und da kannste dann
cloudjumping machen
wie auf federn oder
flügeln oder so
oder kannst
regentropfen spucken
blitze putzen
blitzeblank
und danach
donnergurgeln
oder einfach
die milchstraße
anzapfen
oder auch
- natürlich nur
wenn du magst -
um die wette fliegen
mit den schnuppen
und wer dann
erster unten ist
der
ja nur der
hat dann
´nen traum
frei
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Oberfläche
Mein Gesicht
Siehst du
Siehst du
Siehst du
Nicht

Spiegelt alles
Alles
Alles
Was du willst

Doch die Narben
Unsres Lebens
Siehst du
Siehst du
Siehst du
Nicht

Meine Augen
Längst Betrüger
Malen mir
Ein falsches Bild
Ferngesteuert
Von Synapsen
Deren Steuerung
Dir gehört

Hier im Heute
Morgen
Gestern
Bin ich das
Was dir gefällt
Und so lächle ein Lächeln
das mir längst nicht mehr gehört

Und in mir vergeht ein Leben
das ein Leben suggeriert
Ferngesteuert
Von Synapsen
Deren Steuerung
Dir gehört

Oberfläche
Mein Gesicht
Siehst du
Siehst du
Siehst du
Nicht

Spiegelt alles
Alles
Alles
Was du willst

Doch die Narben
Unsres Lebens
Siehst du
Siehst du
Siehst du
Nicht

_________________
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
es bleiben diese ahnungen von etwas schönem
selbst wenn die rinnsale zu tosenden flüssen werden
die welt darunter einen zu ertränken droht
und der bittere geschmack den gaumen auf dauer vergiftet

bleiben diese ahnungen von etwas schönem
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Mit dir im Wort bleiben

Darüber hinaus
Bleiben
Mich still
Immer wieder aufs Neue
In dich verlieben
Stiller
Aber um die Brotkrumen
Wissend
Im Wort bleiben

Und darüber hinaus
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Du erzählst mir, dass dich Atlantis fasziniert.
Ich blicke dir bei deinen Worten in die Augen und frage mich,
ob du das Atlantis vor oder nach dessen Untergang meinst.
Die linke Hand hast du in der Hosentasche vergraben.
Dort hütest du deinen Schatz. Fünf 8ter Murmeln.
Du mischst sie mit der Hand durcheinander und hoffst darauf die Goldene zu fischen.
Gelingt es, hältst du sie ins Licht und weißt, dass der Tag gut wird.
Die rechte Hand ist dein Substantiv. Sie dient mehr deiner Ausdrücklichkeit als deine Worte.
'Irgendwann', sagst du, 'irgendwann werde ich mein Atlantis finden'.
In deiner linken Hand bricht sich das Sonnenlicht in der goldenen Murmel.
'In der Zwischenzeit rauschen die Tage vorüber.
Nur kurze Momente des Glücks und dieser irdische Schmerz'.
Weisheit des Kindes, Philosophie der Alten, denke ich.
Bei deinen Worten, untermalt von deiner rechten Hand, tanzt du zu einer Musik, die nur für dich hörbar ist.
Schritte, die keinem festen Rhythmus folgen.
Die Spuren folgen, die nur du erkennst.
Vollkommen taktlos, frei.
Ich forme einen Rahmen um deinen Tanz,
sehe mit malerischen Augen hindurch.
Erkenne die Spuren, denen du folgst und tanze.
So vergehen die Tage mit dir.
Bist so was wie der Fluchtpunkt meiner Realität.
Was wäre ich wohl ohne dich in meinem Kopf?

_________________
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Es geht mir gut.
Ja, es geht mir gut!
Ich könnte heulen,
aber es geht mir gut.
Ist mehr so ein Zustand.
Du weißt schon!
Dieses ungute Kribbeln,
das dir suggeriert,
dass dieses 'alles ist gut'
nur ein Vorhang ist.
Eine Erwartung.
Wie bei alten Menschen,
die dir erzählen,
dass sich das Wetter ändern wird.
Und so wartest du auf den Regen.
Hoffst auf die Sonne.
Hinter den Wolken.
Muss ja kein Sommer sein.
Ein kleiner verspäteter Frühling.
Warum nicht.
Licht. Wärme.
Vielleicht mit Aussicht aufs Meer.
Die Hände durch den warmen Sand wühlen.
Diesem ewigen Gefühl der Kindheit.
Das Landen der Wellen.
Diesem Stranden in der Ewigkeit.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Weil es gerade angebracht ist

wer bin ich?

weiß das meer
von seinem kommen und gehen?

weiß der mond
von der erde?

weißt du von mir?

und ich?
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Kerngeschäft

Du!
Des Pudels Kern.
Der lag jetzt vor unserem Tore.
Wieder und wieder einmal.
Aber nicht dass du denkst!
Es war nicht die/der von Goethe.
Der vom Nachbarn seinem Pudel war´s.
Zum wiederholten Male.
Ich kenn´ dessen Konsistenz.
Dieses schneckenhausförmige Sein.
Wiederholt bat ich beim Nachbarn um Abhilfe.
Doch nein.
Nun gut, so soll es sein.
Drum schob ich des Pudels Kern in seinen Briefkasten hinein.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Auf dem Dachboden spielen sie Murmeln.
Ich höre das Aufklacken und Rollen der Kugeln auf den morschen Dielen.
Höre die Kinder beim Spielen kichern.
Der Dachboden ist ihr Zuhause.
Manchmal lausche ich ihren Erinnerungen.
Eigentlich stammen sie aus Porspoder, in der Bretagne.
Sie erzählen von Tagen, an denen die sturmgepeitschten Wellen den Leuchtturm verschluckten.
Vom Verstecken spielen zwischen den gezackten Felsen, die dem Kirchturm so ähnelten,
dass man beide nicht unterscheiden konnte.
Fühle das Echo ihrer glücklichen Erinnerungen als ob es meine wären.
Doch meist klingt Trauer und Angst aus ihren Worten.
In solchen Momenten scheinen sie ihre Köpfe zusammenzustecken
und ihre Stimmen klingen nur noch wie ein Murmurmeln zu mir.
Sie erzählen von den Soldaten, die sie und ihre Eltern mitnahmen.
In ein fremdes Land.
Dort lebten sie auf dem Dachboden.
Während die Eltern von Sonnenauf- bis Untergang auf den Feldern arbeiteten,
harrten sie auf dem Boden aus und vertrieben sich die Zeit mit den Murmeln.

Es war ein brütend heißer Sommer.
Die Kinder wussten, dass sie den Speicher nur verlassen durften,
um Wasser aus dem Brunnen zu trinken oder ihr Geschäft auf dem Plumpsklo zu erledigen.
Ein wenig trockenes Brot lag immer auf dem Dachboden bereit.
Die Hitze war schon am frühen Morgen kaum auszuhalten.
Über eine Woche hatte die Sonne auf die Ziegel gebrannt.
War es ein Windzug, eines der Kinder, die der Falltür zu nahe kam oder einfach nur Schicksal?
Die Tür verklemmte sich. Ließ sich nicht öffnen.
Als die Eltern am Abend vom Feld zurückkehrten, fanden sie die zwei Söhne, ihre Tochter.
Die Fingernägel blutig, abgebrochen vom Versuch, die Tür zu öffnen.

Sie werden nicht älter, bleiben ewig Kinder.
Umherirrende Seelen, die mir ihre Geschichten erzählen, auf dass sie nicht vergessen werden.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Meine Augenbrauen waigeln,
die Nase depardieut.
Körpchengröße, Bauchumfang,
wachsen ametrisch zum Verstand.
Ich expandiere.
Wäre ich doch nur ein Unternehmen.
Implosion.
Halt!
Deus ex machina.
Noch täuschst du mich nicht,
Hirn.
Oder doch?
Minus plus Minus
=
Da bin ich wieder.
Beim Bartwuchs.
Hätte ich mir früher gewünscht.
Dafür Gicht.
Vielleicht Mitleidsschiene?
Hinkefuss+Arthristis
= Liebe
?
Ach was.
Dann doch lieber mit den Brauen waigeln.
Nase depardieuend in den Wind halten.
Körpchengröße und Bauchumfang symbolisieren.
Macht, Wohlstand, Erfolg.
Minus plus Minus
=
?
!
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Warte auf mich
wo der kleine fluss auf den großen trifft
sag mir dort
an diesem verwunschenen ort
was für dich groß und wichtig ist
was nichtig und klein
erzähl mir all deine geschichten
lass mich bei dir sein

schweige mir deine liebe
gegen die strömung
unseres seins
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Peter hatte nichts gegen mich, es war nur so, er konnte niemanden leiden. Und so mieden wir ihn hier im Dorf, wo immer es ging. Seine schroffe Art, dieser Blick, der einem sofort klarmachte was er von uns hielt, war wie eine Grenze,die man nicht überschreiten wollte. Wir alle hatten schon erfahren, was uns dahinter erwartete.Und so ließen wir es sein. Ließen ihn sein.
Wenn er im Winter in abgewetzten Jeans, sein Gesicht hinter einem ungebändigten Bart versteckend, barfuss, durch den Schnee stapfte und dabei vor sich hinbrabbelte, nötigte uns das Furcht und Ehrfurcht zugleich ab.
Peter lebte im weißen Haus. Ein von der Stadt gekauftes, heruntergekommenes, abgeplättertes etwas, das den Namen Haus nicht verdient hatte. Dort hausten die, die keiner haben wollte. Typen wie Peter, von der Norm abweichende, die sich irgendwann entschlossen hatten, nicht mehr zu entsprechen.
Man sah sie am frühen Morgen zum Lebensmittelhändler schlappchen und auf dem Rückweg mit ausgebeulten Hosentaschen zurück ins traute Heim.
Peter wäre nur einer von ihnen gewesen, wenn er nur still und spurlos wie die Anderen seiner Wege gegangen wäre. Aber lauschte man seinen Worten, immer wieder blieb er auf seinem Weg stehen um mit sich ins Streitgespräch zu geraten,erkannte man, dass dieser Mensch etwas besonderes war.
Er vergaß während dieser Gespräche die Welt um sich herum,
und so konnte man ihm in diesen Momenten nahe sein.
Die Zwiegespräche eines gespaltenen Geistes.
'Weißt du noch wie ich mit der Hindenburg zum Mond flog?'
'Erstens flog die Hindenburg nie zum Mond, zweitens bist du viel zu jung um mit der Hindenburg wer weiß wohin geflogen zu sein.'
'Erstens weißt du überhaupt nicht wie alt ich bin und zweitens war das ein geheimes Projekt.'
'Klar...klar doch! Projekt Luna wahrscheinlich.'
'Nein Klugscheißer. Projekt Mare Tranquillitatis.
'Typen wie du schwimmen immer nur an der Oberfläche.
Keine Ahnung was unter Wasser abgeht, geschweige denn auf dem Grund. Geheim...verstehste? Geheim!'
Während er mit sich immer mehr in Streit geriet, klebte die obligatorische Kippe an seiner Unterlippe.
Durch die Bewegungen der Lippe entwickelte sie ein marionettisches Eigenleben.
Manchmal erweckte es für den faszinierten Zuschauer den Eindruck, als wäre die Kippe der Gesprächspartner.
'Klar...klar doch! Unser Peter. Auch Doppel-Null genannt.
Aber sag mal. Hätte sich nicht der Aggregatzustand des Wasserstoffs in der Kälte des Alls verändert? Zu durchsichtig deine Geschichten, zu durchsichtig!'
'Ach Peter! Wasserstoff ändert seinen Aggregatzustand erst bei einer Temperatur von -259,2°.'
Das waren die Momente, in denen ich voller Ehrfurcht lauschte,
um im nächsten Augenblick z. B. durch einen tierischen Schrei Peter´s auf die andere Seite gezogen zu werden.
Gestern wurde Peter beerdigt. Im Stillen hatte ich darauf gehofft, bei der Trauerfeier ehemalige Schüler von ihm zu treffen. Menschen die mir davon erzählen, was für ein geiler Lehrer er gewesen sei und dass der Tod seiner Frau oder irgendein anderes schreckliches Ereignis, ihn so aus der Bahn geworfen hatte. Aber dem war nicht so. Ein paar Andersartige aus dem weißen Haus und das war´s.Keiner von ihnen konnte mir von seiner Vergangenheit erzählen. Er war halt der Peter, und der war schon immer so. Und so erging sich der Pfarrer in sein allgemeines Bla Bla und entließ inn schließlich von allem gereingt.
Ich hätte Peter fragen sollen, als ich noch eine Chance dazu hatte. Ich denke, er hätte mir gerne geantwortet.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
...und irgendwo
zwischen all dem Tirili, Tirila
setzt sich die Seele auf einen Ast
und lässt sich sein
 



 
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