Du!
Die Leut, also eigentlich auch seine ganze Familie,
haben immer so getan als sei er ein Unfall.
Etwas das, verschweigt man es, so was wie unsichtbar wird.
Unsern …, Punkt Punkt Punkt, ei die weil er noch lebt,
und die Leut in Delgem alles lesen, auch wenn se so tun,
als könnte sie`s nicht, also unsern …
[natürlich werden sie´s lesen und wieder schwätzen,
weil sie die Punkte entschlüsseln werden,
und schwätzen in ihrer Natur, ihrer DNA liegt.
Aber ich kann zumindest so tun, als meinte ich jemand anderen]
iss neber de Kapp.
Unsern…war ein Nachzügler, der vierte Sohn.
Seine Brüder alles Kerle und ganz klar im Kopp.
Die Leut ham geraunt, dass sei Mutter zu alt gewesen sei.
Wenn du den … sehen würdest, und er grad nix sagt
[zu dem unsichtbaren Begleiter an seiner Seite],
würdeste nix merken, von wegen neben de Kapp und so.
Aber die meiste Zeit iss er da.
Musste dir so vorstellen: De … kommt dir entgegen. So mir nix dir nix.
Und plötzlich dreht er seinen Kopp zur Seite und fängt an zu schwätze.
Da kommen dann so Sätze wie:
‚Mit dir an meiner Seite verraumschiffe ich die Zeit‘.
Anschließend scheint er angestrengt einer Antwort zu lauschen.
Nickt, schüttelt den Kopp oder lacht…manchmal weint er auch.
Gestern ging er an mir vorüber und sagte:
‚Du bist mir doch nicht gleichgültig‘.
Ich antwortete, dass mich das freue, bis ich sah, dass sein Blick von mir abgewandt war
und ich kapierte,
‚Nein, nein! Du bist mir gleich (und hier machte er eine Pause) gültig‘.
dass er seinen unsichtbaren Freund meinte.
Ich stell mir dann immer einen großen Hasen vor.
Weißt schon, wie damals in ‚Mein Freund Harvey‘.
Ich stell mir den Hasen vor und bin ein wenig neidisch auf … .
Ei die weil ich es mir schön vorstelle, so einen Freund zu haben.
So einen ganz und gar persönlichen Freund.
Einen, der immer für einen da iss.
Und mir ist schon längst klar geworden,
dass dieses neben de Kapp sein, nichts mit dem zu tun hat,
was die Leut hier im Dorf sich darunter vorstellen.
Gar nix!
Würden die dem … mal zuhören, so richtig zuhören,
wüssten sie`s. Aber sie lauschen nur.
Sehen nur das für sie Offensichtliche.
[Das mit dem … iss eine dieser Bordsteinkantengeschichten.
Über die man drüber stolpert.
Wo immer was hängen bleibt.
Ei die weil man sich beim Gestolpere was ausgerenkt.
Und das meldet sich immer wieder.
Iss wie mit der Migräne und dem Wetter.
Eigentlich, sagste dir, haste mit der Geschichte nix zu tun.
Eigentlich.
Aber was iss schon eigentlich?
Schauen wir es uns mal an, dieses 'eigentlich'.
Nennen wir den Bordsteingeschichte einfach ‚Vorurteile‘.
Und schon biste bei Blicken und Getuschele.
Schon biste mittendrin, schon stolpert man,
ei die weil‘s einem auf `en Keks geht.}
Wo war ich?
Ach da!
Letztens hat der … zu seinem Freund folgendes gesagt
(und ich hab’s mir gleich notiert, ei die weil’s so geil war):
Der Tod ist unser Leben
Wir tanzen still um ihn herum
Jetzt weißte auch, warum ich gerne neben dem … gehe.
Hörste immer wieder Sachen, die nicht von dieser Welt sind.
Und die Leut denken bestimmt, dass ich mittlerweile auch neben de Kapp bin,
wenn sie sehen, wie ich mit ihm laufe und nicke, lache, traurig schaue und hin
und wieder auch mal weine.