Bruchstücke

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Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Weile gerade im friesischen Land


Es war als gäben sich die Gezeiten die Hand
Verlören friedvoll voller Freude ihren Verstand
Gingen ineinander über um zu sehen

Heraus kam ein großes Verstehen
Vom Kommen und Gehen

Vom Kommen
Und Gehen
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Du!
Jetzt ich, also gestern, auf der Terrasse.
Hier, also in Norddeich.
Ich also auf der Terrasse, hier in Norddeich, meinen Platz an der Sonne suchend.
Suchend und Platsch!
Ich hatte sie nicht gesehen.
Ich schwör's!
Also Platsch und tot die Schnecke.
Als solche konnte ich sie nicht erkennen.
War mehr so ein ekliger Matsch.
Während ich mich noch fragte, wer da nun himmelwärts unterwegs war,
kamen die Brüder und Schwestern der Schnecke aus dem Unterholz bzw Gras gekrochen.
Dacht ich: Oje, war bestimmt ihr Oberhaupt, Königin oder so.
Jetzt große Trauerzeremonie.
Aber denkste!
Die haben sich über sie hergemacht.
Kannibalen Scheißdreck dagegen.
Dachte ich.
Aber dann auch gleich: Vielleicht gehört sich das in Schneckenkreisen so.
Von wegen den Geist aufnehmen.
Was wissen wir schon, was in so Schneckenköpfen abgeht.
Ich für mich dachte:
Zum Glück musste das nicht wegmachen und legte meinen betroffenen Hausschuh mit der Sohle nach oben neben die vermatschten Schneckenreste,
wollte ich doch nicht, daß ein Rest der Schneckenseele von den Brüdern und Schwestern (die sie ja wohl in einem sind) vergessen wird.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Untermalt vom endlosen Rauschen der mobilen Gesellschaft,
gehe ich gedankenversunken zum Fenster.
Blicke, mit einer Glühbirne/die monden scheint/
in der Hand, zum sternenden Himmel.

Heute Nacht werde ich /mit einem Klappstuhl im Gepäck/
zum vollen Monde wandern und mir einen Platz im Meer der Ruhe suchen.
In einem Krater, nicht zu tief, so dass mein Blick gerade so,
über den Rand hinweg, auf unsre Erde fällt.

Meine Augen werden tauchen, tief ins blaue Blau hinein.
Dort, am Grund des tiefen blauen Blau,
werde ich jemanden mit einer Glühbirne/die monden scheint/
in der Hand, an einem Fenster stehen sehen.

Wir werden uns lächelnd zuwinken und alles sein lassen.
 

petrasmiles

Mitglied
Schon bemerkenswert, wo Du Dich überall 'rumtreibst' :)
Dieses Bild des Eintauchens ins tiefe blaue Blau, das ist ein Traum - den ich gerne mitgeträumt habe.
Liebe Grüße
Petra
 

Scal

Mitglied
Glühbirne
die monden scheint
am Grund des tiefen tiefen Blau


Da atmest Du wieder viel Otto-Gestimmtheit in die Lyriklandschaft hinaus, färbst sie.
Da bin ich gerne zu Besuch. Weniger Eile hier.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Du!
Ich hab jetzt grad mit Gott gesprochen.
Hab ihm erzählt, dass er sich um mich keinen Kopp machen muss.
Von wegen alles im grünen Bereich und so.
Stattdessen solle er sich, bat ich ihn, doch mal um den Manfred kümmern.
Ei die weil der doch so fertig iss.
Der kommt einfach nicht drüber hinweg, dass sich seine Frau umgebracht hat.
Da kannste den noch so viel von wegen Depression iss ne Krankheit erzählen.
Der nickt zwar und sagt dass er das alles weiß, aber dann kommt immer ein: Ja aber.
Und all die ja aber betreffen ihn.
Von wegen, dass er hätte besser aufpassen müssen.
Und noch viel mehr Liebe schenken.
Und dass es bestimmt auch dran gelegen hat, weil er, der Manfred, der Manfred sei.
Ei die weil er selbst so oft verzweifelt war, wär er wie ein schwarzes Tuch für seine Frau gewesen.
Aber er wär´ sich so hilflos vorgekommen.
So hilflos, wenn er in die Augen seiner Frau schaute und dort kein Leben fand.
Aber vor allen Dingen hätte er merken müssen, dass ihn seine Frau aus dem Haus haben wollte,
an jenem Tag. Aus dem Haus, damit sie das alles regeln konnte,
von wegen dem Abschiedsbrief (es tut mir leid), dem Strick und dem Erhängen und so.
Überhaupt wäre er seiner Frau kein guter Mann gewesen.
Sonst hätte sie ja nie eine Depression bekommen.
Und hätte sich schließlich und endlich nicht umgebracht.
Du, lieber Gott, hab ich zum lieben Gott gesagt, du musst nur mal in deine Akten schauen.
Da wirste sehen, dass der Manfred ein guter Mensch iss und ein guter Ehemann war.
Und darum, hab ich zu Gott gesagt, wäre es jetzt an der Zeit, ihm war Gutes zu tun.
So im Sinne von ‚alles wird gut‘ in Herz und Seele betten.
Schließlich habe er ja die Mittel dazu. Wenn nicht er, wer sonst, hab ich dem lieben Gott gesagt.
Und jetzt warte ich mal auf die Zeichen.
So lange höre ich dem Manfred zu.
Und wenn er ganz schlimm auf sich herumhackt, hab ich auch ein paar ‚ja aber‘ für ihn auf Lager.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Kennste das?
Man hat so seine Sprüche.
Je nach Gelegenheit.
Bei mir ‚Meine Herren‘ zum Beispiel.
Immer wenn was nicht so läuft bzw. doch, wie in diesem Fall.
Kommste in die Küche, alles unter Wasser.
Meine Herren!
Jetzt hab ich mir nach der küchigen Sintflut mal `nen Kopf gemacht.
Meine Herren? Was sind das eigentlich für Herren?
Müssten in meinem Fall ja die Bewahrer der persönlichen Unglücke sein.
Und wo sind diese Herren, wenn sie sind?
Gibt’s da im Irgendwo ein Unglückverteilungsministerium?
Und sitzen da verbeamtete Herren die die Unglücke einzelner betreuen?
Meine Herren!
Da kommste echt ins Grübeln.
Oder hat dieses Ministerium etwa seinen Sitz in meinem Kopf?
Nicht auszudenken…
…eigentlich schon.
Da sitzen ja jede Menge Herren in meinem Kopf.
Und sind einige dieser Herren meine persönlich verbeamteten Unglücksbetreuer?
Meine Herren!
Und schon sind die Synapsen wieder zum Zerreißen gespannt.
Erste Hirnschleifenverkrümmungen machen sich an den Schläfen bemerkbar.
Ich bzw. einer bzw. mehrere meines Ich´s die Herren meiner Unglücke Schrägstrich
Missgeschicke Schrägstrich Unwägbarkeiten.
Am Ende gar des eigenen Irgendwo…nebst Universum, Gott etc. pepe.
Adam und Eva included.
Meine Herren!
Das würde ja im End- bzw. Anfangseffekt auch bedeuten:
Meine Damen und Herren!
Meine Herren!
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
noch hängt der atem des letzten abends in unserer straße.
hingerotzte worte des hasses, der unstillbaren lust,
sich/den anderen vor allen zu erniedrigen.
ein wöchentliches schauspiel, dessen zuschauer wir,
die nachbarn sind. fast möchte man applaudieren,
zugabe rufen. er, oben am fenster, wie er ihre kleidung,
ihre liebsten dinge, auf die straße schmeißt.
[Romeo kommt mir in den sinn]
und sie, Julia, wie sie in ihrer rolle aufgeht.
tränen und ‚nie mehr‘!
bravo, bravissimo!
wie oft und wo sie sich schon überall konnten.
am arsch, schwanz, fotze.
diese hingerotzten worte,
die durch die geringe haltbarkeit jeden sinn verlieren.
Julia…wie sie eilig ihre habe aufklaubt,
ihm dabei alle scheiße der welt wünscht.
Romeo: schlampen wie dich kriege ich an jeder ecke.
sie ab ins auto.
der vorhang fällt.
heute morgen: Julias auto steht vor der tür.
im baum gegenüber des nachbarhauses hängt ein teddy.
es scheint, als blicke er in Romeo und Julias wohnung-
sehnsüchtig!
 

anbas

Mitglied
Du!
Ich hab jetzt grad mit Gott gesprochen.
Hab ihm erzählt, dass er sich um mich keinen Kopp machen muss.
Von wegen alles im grünen Bereich und so.
Stattdessen solle er sich, bat ich ihn, doch mal um den Manfred kümmern.
Ei die weil der doch so fertig iss.
Der kommt einfach nicht drüber hinweg, dass sich seine Frau umgebracht hat.
Da kannste den noch so viel von wegen Depression iss ne Krankheit erzählen.
Der nickt zwar und sagt dass er das alles weiß, aber dann kommt immer ein: Ja aber.
Und all die ja aber betreffen ihn.
Von wegen, dass er hätte besser aufpassen müssen.
Und noch viel mehr Liebe schenken.
Und dass es bestimmt auch dran gelegen hat, weil er, der Manfred, der Manfred sei.
Ei die weil er selbst so oft verzweifelt war, wär er wie ein schwarzes Tuch für seine Frau gewesen.
Aber er wär´ sich so hilflos vorgekommen.
So hilflos, wenn er in die Augen seiner Frau schaute und dort kein Leben fand.
Aber vor allen Dingen hätte er merken müssen, dass ihn seine Frau aus dem Haus haben wollte,
an jenem Tag. Aus dem Haus, damit sie das alles regeln konnte,
von wegen dem Abschiedsbrief (es tut mir leid), dem Strick und dem Erhängen und so.
Überhaupt wäre er seiner Frau kein guter Mann gewesen.
Sonst hätte sie ja nie eine Depression bekommen.
Und hätte sich schließlich und endlich nicht umgebracht.
Du, lieber Gott, hab ich zum lieben Gott gesagt, du musst nur mal in deine Akten schauen.
Da wirste sehen, dass der Manfred ein guter Mensch iss und ein guter Ehemann war.
Und darum, hab ich zu Gott gesagt, wäre es jetzt an der Zeit, ihm war Gutes zu tun.
So im Sinne von ‚alles wird gut‘ in Herz und Seele betten.
Schließlich habe er ja die Mittel dazu. Wenn nicht er, wer sonst, hab ich dem lieben Gott gesagt.
Und jetzt warte ich mal auf die Zeichen.
So lange höre ich dem Manfred zu.
Und wenn er ganz schlimm auf sich herumhackt, hab ich auch ein paar ‚ja aber‘ für ihn auf Lager.
Hallo Otto,

diese Zeilen diese Zeilen sind für mich ganz großes Kino (10 Sterne ;))! Ich habe sie schon mehrfach gelesen und werde es sicherlich noch ein paar mal tun.
Insgesamt gefallen mir die Texte von Dir besonders gut, die mit "Du!" beginnen.

Liebe Grüße

Andreas
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Heute feiert Caspar David Friedrich seinen 250sten Geburtstag. Er sagte einmal:

Die einzig wahre Quelle der Kunst ist unser Herz, die Sprache eines reinen kindlichen Gemüts.

Ich glaube, liebe Andreas, da ist was dran. Danke dir!
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Schattenriss

Meine Erinnerung an dich
Ist wie eine zu lang dem Licht ausgesetzte Fotografie
Leicht vergilbt wie die Seiten eines alten Notizbuches

Die Worte darin nur noch Schatten
Aus denen manchmal ein rahmenloses Bild bricht
Um gleich darauf wieder zu vergehen
 

wirena

Mitglied
...für diesen Schattenriss alle mögliche Sterne, die es gibt und mangels Worte, lediglich ein herzliches Hallo - bleib gesund und munter -
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ist.

ich bin mir nicht mehr böse, es ist halt wie es ist.
zu subtrahieren gäbe es genug, im lauf der zeit. doch fehlte mir am ende meines lebens jedes mi -
nus, wär ich doch wieder nur ein schatten meiner selbst.

drum aufgepasst, ihr kinder des olymp. ihr götter meines scheinbar selbstbestimmten Ich´s.
berufend klagend nach des sinnes sinn. wohl wissend dass dies eine maer,

dass minus mal minus plus gebiert, dass leben leben ist. mal weniger, mal mehr.
doch immer wieder leben.
 



 
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