6. Tag
Freitag der 19. September 2003 08.20 Uhr
Mit einem leicht sauren Nachgeschmack im Mund erwartete uns der vorletzte Urlaubstag. Der Gedanke an nur noch zwei besuche im Bad ließ sofort Glückshormone in meine Blutbahn schießen. Ich beschloss am Strand zu duschen und winkte dem Schimmel nur von weitem zu.
Als wir unsere Bottroper zum Frühstück abholten, fuhr uns der erste Schreck des Tages in die Knochen. Der hintere Flur war mit einem gelben Band abgesperrt. Die Schließung des Hotels hatte über Nacht fortschritte gemacht.
Beim Frühstück beschwerte sich Helmut über eine telefonische Störung mitten in der Nacht.
„Um kurz na säx klingelt dat, un die Räzäpzion will dat ich zum Bus komm, na Istanbul.“
„Aber wir haben doch gar nicht gebucht!“, stellte meine Frau erschrocken fest. „Was hast du denn da gesagt?“
„Ich hab der gesacht, falsch verbunden“, grinste Helmut. Ich grinste zurück. „Fünf Minuten später klingelt dat nochma. War da dä vorstraalte Berliner drann.“
„Ja der ist dann jetzt wirklich nach Istanbul gefahren“, stellte meine Frau korrekt fest. „Was hast du ihm denn gesagt?“
„Ich hab ihm ne gute Reise gewünscht und gesacht wir ham doch keine Lust. Und dann war ich dat Klingeln leid und hab dat Kabel rausgerupft.“
„Dann können wir uns ja heute auf einen ruhigen Strandtag einrichten“ freute ich mich. Alle grinsten und kicherten, nur meine Frau schüttelte betrübt den Kopf. „Warum ist der denn jetzt alleine nach Istanbul gefahren“, rätselte sie.
Vor dem Hotel begutachteten wir zuerst den Himmel und beschlossen dann, diesen herrlichen Tag wieder am Strand zu verbringen. Ein Kleinlaster mit diversen Baugeräten stand seitlich vor dem Hotel. Einige bulgarische Arbeiter standen davor und rauchten. Sie sahen aus wie das hiesige Abrisskommando. Nach einiger Zeit verschwanden sie mit ihren Geräten in einem Nebeneingang im Hotel. Wir warteten noch einen Moment, konnten aber keine Abrissgeräusche vernehmen und hofften, dass dies auch noch einen weiteren Tag so bleiben würde.
Mit Handtuch, Buch und unseren Damen bewaffnet gingen wir danach an den Strand. Der Tag wurde so herrlich, dass schon am Vormittag die Sonnenschirme aufgespannt werden mussten.
Man merkte aber, dass die späte Nachsaison begonnen hatte. Es waren nur wenige Plätze am Strand mit Urlaubern belegt, so dass sich unsere Strandhostess nur um uns kümmern konnte. Hin und wieder verschwand ich mit Helmut zur Hawaii Bar, mal spazierte ich mit den Damen den Strand hinunter. So hatte ich mir einen perfekten Urlaubstag vorgestellt.
Neugierig hatte ich seit einigen Tagen mehrere hohe Liegen am hinteren Strand betrachtet. Meist war über diese Liegen, die immer paarweise Platziert waren, noch ein Sonnenschutz gespannt. Diese Sonnensegel mit unter gestellten Liegen konnte man alle hundert Meter am Strand beobachten. Oft saßen einige junge Frauen davor oder verteilten kleine Zettel an vorbei gehende Urlauber. Meine Neugier ließ mir keine Ruhe und am Nachmittag beschloss ich der Sache auf den Grund zu gehen.
Bevor ich mich aber erheben konnte, wanderte eine der jungen bulgarischen Schönheiten bereits zwischen den Liegestühlen herum und verteilte an alle Sonnenhungrigen kleine bunte Zettel. Des Rätsels Lösung war, die Damen boten Massagen aller Art an.
Für nur 10 Lewa konnte man sich 30 Minuten lang richtig durchkneten lassen und für 15 Lewa wurde daraus sogar eine ganze Stunde. Da ich im meinem Leben noch nie eine Massage genossen hatte, beschloss ich dies nun nachzuholen. Die Mädels waren zierlich und sahen recht ungefährlich aus.
Ich trabte also an den nächsten Massagestand und legte die gewünschten 10 Lewa einer wirklich hübschen jungen Frau in die Hand. Mit einer Armbewegung forderte sich mich auf, die hohe Liege zu besteigen. Ich schwang mich mit einiger Mühe darauf und legte mich auf den Bauch. Wie ein gestrandeter Walsfisch kam ich mir dabei vor. Ein recht angenehm riechendes Öl wurde zuerst auf den Beinen und dann auch auf dem Rücken verteilt.
Zu Beginn war die Massage recht zärtlich, so dass ich bald genüsslich die Augen schloss. Durch langjährige PC Arbeit waren meine Schultern und der obere Teil meines Rückens permanent verspannt. Als die zierliche junge Frau an dieser Stelle angelangt war, schaltete sie zwei Gangarten höher. Eine solche Kraft hätte ich diesen zierlichen Händen im Leben nicht zugetraut. Als sie bei den Halswirbeln war bete ich nur noch. Sollte ihr danach sein, könnte sie mir nun mit Leichtigkeit das Genick brechen. Nachdem vermutlich leichte Ermüdungserscheinungen in ihren Händen auftraten, ging sie zum Hauptangriff über und bearbeitete meinen Rücken mit den Ellebogen. Eine Mischung von Grunzen und Stöhnen entrang sich meinen Lippen, was ihr aber nur ein Lächeln entlockte. Sie verdoppelte nun ihre Anstrengungen.
Lautes gepolter ließ mich zur Nebenliege schauen. Dort hatte ein zweites Mädel einen weiteren Kunden eingefangen. Welche Überraschung, es handelte sich um Vater Kugelbauch. Er besaß tatsächlich auch eine Badehose unter seinem Trainingsanzug. Wegen seines enormen Bauchumfangs hatte er wesentlich größere Probleme als ich die Liege zu besteigen. Die Mädchen kicherten leise. Das schien ihn aber nicht im Geringsten zu stören. Als er endlich auf der Liege lag, ragte sein Bauch wie ein Gebirge über ihn empor. Die Bulgarin forderte ihn nun auf, sich auf den Bauch zu drehen. Die Massagen erfolgten ausschließlich im Rückenbereich und berührten in keiner Weise die Vorderseite. Das sich der Dicke jetzt weigerte konnte ich gut nachvollziehen. Wie kann man auf solch einem Gebirge liegen? Es blieb ihm aber nichts anderes übrig. Also fing er langsam an sich zu drehen. Als sein Bauch endlich unter ihm gewuchtet war, wirkte er wie eine menschliche Wippe. Ich musste den Kopf wieder zur Seite drehen, sonst hätte ich laut losgelacht. Auch meine Masseuse kicherte immer noch. Langsam fingen meine Muskeln an sich zu entspannen und wurden weicher. Sobald das eintrat, waren die Griffe meine Masseuse auch nicht mehr so schmerzhaft. Trotzdem kamen mir die 30 Minuten vor wie eine Ewigkeit.
Mit einem Klaps auf dem Allerwertesten wurde ich entlassen und durfte von dem Foltergerät steigen. Nebenan auf der Liege hatte der Dicke inzwischen angefangen laut zu schnarchen.
Mit dem Versprechen auch Morgen wieder hereinzuschauen machte ich mich auf den Rückweg. Trotz guten Zuredens konnte ich keinen meiner Reisefreunde zu einer Massage überreden. Zuerst taten mir auch alle Muskeln weh, aber nach einiger Zeit trat doch eine gewisse Entspannung und Wohligkeit auf.
Aus der Ferne konnten wir noch beobachten, dass es wohl einige Schwierigkeiten bereitete, den Dicken wieder von der Liege zu bekommen. Vermutlich wollte er jetzt dort ausschlafen und weigerte sich die einmal besetzte Liege zu verlassen. Wir konnten sehen, dass die Mädchen ihn einfach zu zweit von der Liege rollten. Wären wir näher gewesen, hätten wir ihr sicher lautstark Beifall gezollt.
Den Spätnachmittag verbrachten wir wieder auf der Strandpromenade und entdeckten hier ein McDonald Restaurant. Spontan beschlossen wir unser Abendessen hier einzunehmen. Am späten Abend kehrten wir deshalb hier nochmals ein um einen bulgarischen Hamburger zu testen.
Die Preise waren zwar entsprechend bulgarisch günstig, im Gegensatz zu den anderen einheimischen Restaurants aber recht hoch. Für das gleiche Geld hätten wir auch sicher ein gutes Steak bekommen. Die Hamburger selber enttäuschten nicht. Sie schmeckten wie in jedem x-beliebigen McDoof Restaurant in Deutschland: pappig, lauwarm und machten nicht satt. Ein uralter Testbericht des inzwischen einstellten Satiremagazins Titanic geht mir immer durch den Kopf, wenn ich mich in einem solchen Restaurant anstelle. Dort wurden die ersten McDonalds Restaurants in Deutschland getestet. Daran kann man schon erkennen wir alt dieser Bericht sein muss, aber trotzdem hat er nichts von seiner Aktualität verloren. Gemäß diesem Test schmeckten die Hamburger nach „bissfesten Mullbinden mit Käsegeschmack“. Ich kann dem bis heute noch nicht widersprechen.
Sollte man in der Ferne Heimweh bekommen, rate ich jedem ein solches Restaurant aufzusuchen. Es schmeckt dort wirklich, egal in welchem Land, immer wie zu Hause.
Beim Verdauungsspaziergang danach hatten wir dann auch die Begegnung der dritten Art, die hier von vielen Kegelclubs so geschätzt wird. Helmut stand mal wieder vor einer Uhrenauslage, die Damen stöberten im nächsten Bikiniladen und ich betrachtete die flanierenden Menschen.
Eine hübsche junge Frau stellte sich neben Helmut und sprach ihn an. Sie hängte sich bei ihm ein und zog ihn heran. Gespannt, wie das nun weitergeht, setzte ich mich auf eine Bank um das alles entspannt zu beobachten.
Helmut war das anscheinend nicht so unangenehm. Er behielt die linke Hand in der Hosentasche und stieß die Frau auch nicht zurück. Sie flüsterte ihm nun etwas ins Ohr und Helmut nickte dazu. Eine Unterhaltung kam zwischen den Beiden in Gang.
Jetzt aber verließen unsere Damen den Bikiniladen und Roswitha blieb stockt steif stehen. Sie sah ihren Helmut und die junge Frau, die an Helmut wie angenäht hing. Empört eilte sie nun auf die Turteltauben zu.
„Hömma , wat solln dat hier geben“, schrie sie die beiden aus kurzer Entfernung an. Die bulgarische Bordsteinschwalbe, die sich plötzlich einer wütenden Ehefrau gegenüber sah, nahm sofort reiß aus.
„Du komms au immer im falschen Moment“, nörgelte Helmut, „no zwei Minuten un ich hätt die auf 30 Lewa runner gehabt. En echtes Schnäppken.“, grinste er sorglos.
„Nix da“ schnappte Roswitha wütend, „ ich glaubet dir wohl. Du weiss genau zu Hause wird gegessen.“ Und zog ihn einfach mit sich.
Nachdem ich diese Szene erlebt hatte, bemerkte ich auch beim Bummeln überall die aufreizenden Damen, die wie selbstverständlich langsam durch die Menge schlenderten. Manche standen oder saßen auch vor den größeren Hotels. Jetzt erst, beim Beobachten, fielen mir ihre schätzenden Blicke auf. Besonders einzelne Herren und Kegelclubs waren ihre bevorzugte Beute. Da Helmut so alleine gestanden hatte, betrachteten sie ihn als willkommene Gelegenheit. Unsere Bitte an unsere Ehefrauen um 30 Lewa und einer Stunde Freizeit für heute Abend, wurde leider nicht entsprochen.
Den Abend wollten wir in der Hotelbar ausklingen lassen. Groß war unsere Überraschung als sich dort ein weiterer Kegelclub am Tresen niedergelassen hatte. Es handelte sich um einen kleinen gemischten Club, der aus vier Pärchen bestand. Da inzwischen auch die internationalen Biersorten ausgegangen waren, wurde einfach zu den härteten Spirituosen gewechselt.
Eine junge Frau aus diesem Club saß Tränen überströmt, aber auch schon reichlich alkoholisiert auf einem Barhocker und orderte im Minutentakt bulgarischen Wodka.
Es stellte sich heraus, dass dieser Kegelclub dieses Hotel für zwei Wochen gebucht hatte und heute Morgen angereist war. Die Vorstellung, zwei ganze Wochen in diesem Ekelschuppen zu verbringen, konnte auch den stärksten Urlauber umhauen. Richtig fertig gemacht hatte sie aber dann heute Mittag die Mitteilung an der Rezeption, dass sie übermorgen ihre Zimmer räumen mussten. Den Grund, nämlich der bevorstehende Hotelabriss, hatten sie eben an der Bar erzählt bekommen.
Wir konnten es natürlich nicht unterlassen sie damit noch ein wenig aufzuziehen. Sie beklagte sich auch bei uns laut weinend über ihr Schicksal und ihr Urlaubspech. Man musste allerdings ziemlich genau zuhören, da sie durch den Wodka, kurz vor dem Verlust ihrer Muttersprache stand.
Helmut beruhigte sie dann aber so gut er konnte. Wir erzählten vom Akazia I, dass ihr Ausweichquartier werden würde und dass um einiges neuer und moderner war als diese Bruchbude. Nach und nach hellte sich ihre Miene dadurch auf. Roswitha und Rita führten die Gruppe sogar einmal durch den Speisesaal in das neue Hotel. Nach einiger Zeit tauchten sie bedeutend ruhiger und gelöster wieder auf.
Wir haben an diesem Abend die restlichen Spirituosenbestände der Bar stark dezimiert. Der Kegelclub hat dabei seinen Frust ersäuft. Mit jedem Wodka und mit jedem Whisky wurde das Hotel wieder schöner. Vielleicht lag es aber auch nur am schummerigen Licht, denn selbst daran wurde jetzt in der Lobby gespart.
Es war in der Frühe, aber so genau weiß das keiner mehr von uns, als wir endlich auf unser Zimmer schlichen. In dieser Nacht habe ich auch keine Ohrstöpsel für den Alpen Fuzzi Anton benötigt. Ich dämmerte sofort weg als ich in der Waagerechten lag.
Freitag der 19. September 2003 08.20 Uhr
Mit einem leicht sauren Nachgeschmack im Mund erwartete uns der vorletzte Urlaubstag. Der Gedanke an nur noch zwei besuche im Bad ließ sofort Glückshormone in meine Blutbahn schießen. Ich beschloss am Strand zu duschen und winkte dem Schimmel nur von weitem zu.
Als wir unsere Bottroper zum Frühstück abholten, fuhr uns der erste Schreck des Tages in die Knochen. Der hintere Flur war mit einem gelben Band abgesperrt. Die Schließung des Hotels hatte über Nacht fortschritte gemacht.
Beim Frühstück beschwerte sich Helmut über eine telefonische Störung mitten in der Nacht.
„Um kurz na säx klingelt dat, un die Räzäpzion will dat ich zum Bus komm, na Istanbul.“
„Aber wir haben doch gar nicht gebucht!“, stellte meine Frau erschrocken fest. „Was hast du denn da gesagt?“
„Ich hab der gesacht, falsch verbunden“, grinste Helmut. Ich grinste zurück. „Fünf Minuten später klingelt dat nochma. War da dä vorstraalte Berliner drann.“
„Ja der ist dann jetzt wirklich nach Istanbul gefahren“, stellte meine Frau korrekt fest. „Was hast du ihm denn gesagt?“
„Ich hab ihm ne gute Reise gewünscht und gesacht wir ham doch keine Lust. Und dann war ich dat Klingeln leid und hab dat Kabel rausgerupft.“
„Dann können wir uns ja heute auf einen ruhigen Strandtag einrichten“ freute ich mich. Alle grinsten und kicherten, nur meine Frau schüttelte betrübt den Kopf. „Warum ist der denn jetzt alleine nach Istanbul gefahren“, rätselte sie.
Vor dem Hotel begutachteten wir zuerst den Himmel und beschlossen dann, diesen herrlichen Tag wieder am Strand zu verbringen. Ein Kleinlaster mit diversen Baugeräten stand seitlich vor dem Hotel. Einige bulgarische Arbeiter standen davor und rauchten. Sie sahen aus wie das hiesige Abrisskommando. Nach einiger Zeit verschwanden sie mit ihren Geräten in einem Nebeneingang im Hotel. Wir warteten noch einen Moment, konnten aber keine Abrissgeräusche vernehmen und hofften, dass dies auch noch einen weiteren Tag so bleiben würde.
Mit Handtuch, Buch und unseren Damen bewaffnet gingen wir danach an den Strand. Der Tag wurde so herrlich, dass schon am Vormittag die Sonnenschirme aufgespannt werden mussten.
Man merkte aber, dass die späte Nachsaison begonnen hatte. Es waren nur wenige Plätze am Strand mit Urlaubern belegt, so dass sich unsere Strandhostess nur um uns kümmern konnte. Hin und wieder verschwand ich mit Helmut zur Hawaii Bar, mal spazierte ich mit den Damen den Strand hinunter. So hatte ich mir einen perfekten Urlaubstag vorgestellt.
Neugierig hatte ich seit einigen Tagen mehrere hohe Liegen am hinteren Strand betrachtet. Meist war über diese Liegen, die immer paarweise Platziert waren, noch ein Sonnenschutz gespannt. Diese Sonnensegel mit unter gestellten Liegen konnte man alle hundert Meter am Strand beobachten. Oft saßen einige junge Frauen davor oder verteilten kleine Zettel an vorbei gehende Urlauber. Meine Neugier ließ mir keine Ruhe und am Nachmittag beschloss ich der Sache auf den Grund zu gehen.
Bevor ich mich aber erheben konnte, wanderte eine der jungen bulgarischen Schönheiten bereits zwischen den Liegestühlen herum und verteilte an alle Sonnenhungrigen kleine bunte Zettel. Des Rätsels Lösung war, die Damen boten Massagen aller Art an.
Für nur 10 Lewa konnte man sich 30 Minuten lang richtig durchkneten lassen und für 15 Lewa wurde daraus sogar eine ganze Stunde. Da ich im meinem Leben noch nie eine Massage genossen hatte, beschloss ich dies nun nachzuholen. Die Mädels waren zierlich und sahen recht ungefährlich aus.
Ich trabte also an den nächsten Massagestand und legte die gewünschten 10 Lewa einer wirklich hübschen jungen Frau in die Hand. Mit einer Armbewegung forderte sich mich auf, die hohe Liege zu besteigen. Ich schwang mich mit einiger Mühe darauf und legte mich auf den Bauch. Wie ein gestrandeter Walsfisch kam ich mir dabei vor. Ein recht angenehm riechendes Öl wurde zuerst auf den Beinen und dann auch auf dem Rücken verteilt.
Zu Beginn war die Massage recht zärtlich, so dass ich bald genüsslich die Augen schloss. Durch langjährige PC Arbeit waren meine Schultern und der obere Teil meines Rückens permanent verspannt. Als die zierliche junge Frau an dieser Stelle angelangt war, schaltete sie zwei Gangarten höher. Eine solche Kraft hätte ich diesen zierlichen Händen im Leben nicht zugetraut. Als sie bei den Halswirbeln war bete ich nur noch. Sollte ihr danach sein, könnte sie mir nun mit Leichtigkeit das Genick brechen. Nachdem vermutlich leichte Ermüdungserscheinungen in ihren Händen auftraten, ging sie zum Hauptangriff über und bearbeitete meinen Rücken mit den Ellebogen. Eine Mischung von Grunzen und Stöhnen entrang sich meinen Lippen, was ihr aber nur ein Lächeln entlockte. Sie verdoppelte nun ihre Anstrengungen.
Lautes gepolter ließ mich zur Nebenliege schauen. Dort hatte ein zweites Mädel einen weiteren Kunden eingefangen. Welche Überraschung, es handelte sich um Vater Kugelbauch. Er besaß tatsächlich auch eine Badehose unter seinem Trainingsanzug. Wegen seines enormen Bauchumfangs hatte er wesentlich größere Probleme als ich die Liege zu besteigen. Die Mädchen kicherten leise. Das schien ihn aber nicht im Geringsten zu stören. Als er endlich auf der Liege lag, ragte sein Bauch wie ein Gebirge über ihn empor. Die Bulgarin forderte ihn nun auf, sich auf den Bauch zu drehen. Die Massagen erfolgten ausschließlich im Rückenbereich und berührten in keiner Weise die Vorderseite. Das sich der Dicke jetzt weigerte konnte ich gut nachvollziehen. Wie kann man auf solch einem Gebirge liegen? Es blieb ihm aber nichts anderes übrig. Also fing er langsam an sich zu drehen. Als sein Bauch endlich unter ihm gewuchtet war, wirkte er wie eine menschliche Wippe. Ich musste den Kopf wieder zur Seite drehen, sonst hätte ich laut losgelacht. Auch meine Masseuse kicherte immer noch. Langsam fingen meine Muskeln an sich zu entspannen und wurden weicher. Sobald das eintrat, waren die Griffe meine Masseuse auch nicht mehr so schmerzhaft. Trotzdem kamen mir die 30 Minuten vor wie eine Ewigkeit.
Mit einem Klaps auf dem Allerwertesten wurde ich entlassen und durfte von dem Foltergerät steigen. Nebenan auf der Liege hatte der Dicke inzwischen angefangen laut zu schnarchen.
Mit dem Versprechen auch Morgen wieder hereinzuschauen machte ich mich auf den Rückweg. Trotz guten Zuredens konnte ich keinen meiner Reisefreunde zu einer Massage überreden. Zuerst taten mir auch alle Muskeln weh, aber nach einiger Zeit trat doch eine gewisse Entspannung und Wohligkeit auf.
Aus der Ferne konnten wir noch beobachten, dass es wohl einige Schwierigkeiten bereitete, den Dicken wieder von der Liege zu bekommen. Vermutlich wollte er jetzt dort ausschlafen und weigerte sich die einmal besetzte Liege zu verlassen. Wir konnten sehen, dass die Mädchen ihn einfach zu zweit von der Liege rollten. Wären wir näher gewesen, hätten wir ihr sicher lautstark Beifall gezollt.
Den Spätnachmittag verbrachten wir wieder auf der Strandpromenade und entdeckten hier ein McDonald Restaurant. Spontan beschlossen wir unser Abendessen hier einzunehmen. Am späten Abend kehrten wir deshalb hier nochmals ein um einen bulgarischen Hamburger zu testen.
Die Preise waren zwar entsprechend bulgarisch günstig, im Gegensatz zu den anderen einheimischen Restaurants aber recht hoch. Für das gleiche Geld hätten wir auch sicher ein gutes Steak bekommen. Die Hamburger selber enttäuschten nicht. Sie schmeckten wie in jedem x-beliebigen McDoof Restaurant in Deutschland: pappig, lauwarm und machten nicht satt. Ein uralter Testbericht des inzwischen einstellten Satiremagazins Titanic geht mir immer durch den Kopf, wenn ich mich in einem solchen Restaurant anstelle. Dort wurden die ersten McDonalds Restaurants in Deutschland getestet. Daran kann man schon erkennen wir alt dieser Bericht sein muss, aber trotzdem hat er nichts von seiner Aktualität verloren. Gemäß diesem Test schmeckten die Hamburger nach „bissfesten Mullbinden mit Käsegeschmack“. Ich kann dem bis heute noch nicht widersprechen.
Sollte man in der Ferne Heimweh bekommen, rate ich jedem ein solches Restaurant aufzusuchen. Es schmeckt dort wirklich, egal in welchem Land, immer wie zu Hause.
Beim Verdauungsspaziergang danach hatten wir dann auch die Begegnung der dritten Art, die hier von vielen Kegelclubs so geschätzt wird. Helmut stand mal wieder vor einer Uhrenauslage, die Damen stöberten im nächsten Bikiniladen und ich betrachtete die flanierenden Menschen.
Eine hübsche junge Frau stellte sich neben Helmut und sprach ihn an. Sie hängte sich bei ihm ein und zog ihn heran. Gespannt, wie das nun weitergeht, setzte ich mich auf eine Bank um das alles entspannt zu beobachten.
Helmut war das anscheinend nicht so unangenehm. Er behielt die linke Hand in der Hosentasche und stieß die Frau auch nicht zurück. Sie flüsterte ihm nun etwas ins Ohr und Helmut nickte dazu. Eine Unterhaltung kam zwischen den Beiden in Gang.
Jetzt aber verließen unsere Damen den Bikiniladen und Roswitha blieb stockt steif stehen. Sie sah ihren Helmut und die junge Frau, die an Helmut wie angenäht hing. Empört eilte sie nun auf die Turteltauben zu.
„Hömma , wat solln dat hier geben“, schrie sie die beiden aus kurzer Entfernung an. Die bulgarische Bordsteinschwalbe, die sich plötzlich einer wütenden Ehefrau gegenüber sah, nahm sofort reiß aus.
„Du komms au immer im falschen Moment“, nörgelte Helmut, „no zwei Minuten un ich hätt die auf 30 Lewa runner gehabt. En echtes Schnäppken.“, grinste er sorglos.
„Nix da“ schnappte Roswitha wütend, „ ich glaubet dir wohl. Du weiss genau zu Hause wird gegessen.“ Und zog ihn einfach mit sich.
Nachdem ich diese Szene erlebt hatte, bemerkte ich auch beim Bummeln überall die aufreizenden Damen, die wie selbstverständlich langsam durch die Menge schlenderten. Manche standen oder saßen auch vor den größeren Hotels. Jetzt erst, beim Beobachten, fielen mir ihre schätzenden Blicke auf. Besonders einzelne Herren und Kegelclubs waren ihre bevorzugte Beute. Da Helmut so alleine gestanden hatte, betrachteten sie ihn als willkommene Gelegenheit. Unsere Bitte an unsere Ehefrauen um 30 Lewa und einer Stunde Freizeit für heute Abend, wurde leider nicht entsprochen.
Den Abend wollten wir in der Hotelbar ausklingen lassen. Groß war unsere Überraschung als sich dort ein weiterer Kegelclub am Tresen niedergelassen hatte. Es handelte sich um einen kleinen gemischten Club, der aus vier Pärchen bestand. Da inzwischen auch die internationalen Biersorten ausgegangen waren, wurde einfach zu den härteten Spirituosen gewechselt.
Eine junge Frau aus diesem Club saß Tränen überströmt, aber auch schon reichlich alkoholisiert auf einem Barhocker und orderte im Minutentakt bulgarischen Wodka.
Es stellte sich heraus, dass dieser Kegelclub dieses Hotel für zwei Wochen gebucht hatte und heute Morgen angereist war. Die Vorstellung, zwei ganze Wochen in diesem Ekelschuppen zu verbringen, konnte auch den stärksten Urlauber umhauen. Richtig fertig gemacht hatte sie aber dann heute Mittag die Mitteilung an der Rezeption, dass sie übermorgen ihre Zimmer räumen mussten. Den Grund, nämlich der bevorstehende Hotelabriss, hatten sie eben an der Bar erzählt bekommen.
Wir konnten es natürlich nicht unterlassen sie damit noch ein wenig aufzuziehen. Sie beklagte sich auch bei uns laut weinend über ihr Schicksal und ihr Urlaubspech. Man musste allerdings ziemlich genau zuhören, da sie durch den Wodka, kurz vor dem Verlust ihrer Muttersprache stand.
Helmut beruhigte sie dann aber so gut er konnte. Wir erzählten vom Akazia I, dass ihr Ausweichquartier werden würde und dass um einiges neuer und moderner war als diese Bruchbude. Nach und nach hellte sich ihre Miene dadurch auf. Roswitha und Rita führten die Gruppe sogar einmal durch den Speisesaal in das neue Hotel. Nach einiger Zeit tauchten sie bedeutend ruhiger und gelöster wieder auf.
Wir haben an diesem Abend die restlichen Spirituosenbestände der Bar stark dezimiert. Der Kegelclub hat dabei seinen Frust ersäuft. Mit jedem Wodka und mit jedem Whisky wurde das Hotel wieder schöner. Vielleicht lag es aber auch nur am schummerigen Licht, denn selbst daran wurde jetzt in der Lobby gespart.
Es war in der Frühe, aber so genau weiß das keiner mehr von uns, als wir endlich auf unser Zimmer schlichen. In dieser Nacht habe ich auch keine Ohrstöpsel für den Alpen Fuzzi Anton benötigt. Ich dämmerte sofort weg als ich in der Waagerechten lag.