Camps Bay - ein Ort zum Sich-wieder-einmal-jung-fühlen. Die Reihe: Südafrika ist die Garden Route und viel mehr.

Wenn jemand mich nach meinen Assoziationen mit Camps Bay fragen würde, werde ich nicht lange überlegen müssen: Strand, Party, Sonnenuntergang, ein Sundowner oder eher zwei, ich bin 20 maximal 22 Jahre alt, „if tomorrow never comes“, der Heiligabend 2018.

Das war ein Heiligabend wirklich mal anders. Die Stimmung passte uns schon seit der ersten Minute, nachdem wir aus dem Taxi ausstiegen. Das war ein Getue, Geschubse in den überfüllten Bars mit dem Meeresblick. Man wollte aber unbedingt dazu gehören. Die Sonne ging direkt vor uns immer tiefer. Alle wollten eines erleben, wie die Sonne ins Meer fiel.
Am Nebentisch war eine rege Unterhaltung zwischen jungen Leuten. Zwei Jungs machten zwei Mädels offensichtlich an. Die Mädels schienen nichts dagegen zu haben. Aber etwas harmonierte in der Szene nicht. Egal, nicht mein Bier. Ein Mann kam mit einem Hund. Der Hund hatte einen Schlips um den Hals. Später fiel mir ein, dass das ein lustiges Halsband sein könnte. In dem Moment wurde alles direkt wahrgenommen. Über die Straße sang und tanzte eine Gruppe einheimischer Kinder mit zwei Betreuerinnen. Eine Betreuerin lief immer wieder über die Straße und sammelte Geld. Die Kinder wurden nach und nach müde. Ein Junge schlief schon an der Seite. Das war ein Irrenhaus und das Paradies gleichzeitig. Dann kam der bezaubernde Moment mit dem Verschwinden der Sonne im Meer. Das, was uns alle vereinigte, war für den Tag vorbei. Alle bewegten sich nach und nach in verschiedene Richtungen, wechselten zu anderen Lokalen. Wir suchten für uns auch ein Restaurant auf, wo wir das Glück hatten, einen Tisch in der ersten Reihe zu bekommen. Das Essen war lecker. Die Eindrücke vom Abend waren unvergesslich.

Es gibt in Camps Bay ein Fischrestaurant, das in jedem Reiseführer erwähnt wird. Man nimmt sich vor, es unbedingt auszuprobieren. Und jetzt stellt euch vor, dass man in Perleberg (irgendwo in Brandenburg) in einer Kneipe an der Theke sitzt. Daneben sitzt ein Arzt, der schon lange in Deutschland ist, ursprünglich aber aus Togo kommt. Er kennt sich gut in Südafrika aus. Wir erzählen ihm, dass wir eine Reise planen. Er empfehlt uns dieses Fischrestaurant „Codfather“ (Kabeljau). Wenn es so ist, dann müssen wir einfach hin!

Das Restaurant war am 25. Dezember 2018 proppenvoll. Ob das an den Feiertagen lag, bezweifele ich. Wir mussten warten, Gott sei Dank nicht lange, dann bekamen wir einen kleinen Tisch für zwei. Der Auswahl an Fisch war beeindruckend. Noch beeindruckender war es, dass man nirgendwo die Preise sah. Man zeigte mit dem Finger, mit welchem Stück man liebäugelte. Berechnet wurde nach dem Gewicht. Lange Rede, gekürzter Sinn: es war gut, interessant mitzuerleben, um mitreden zu können. Der Fisch war lecker und teuer.

Am letzten Tag unserer Reise 2019 ließen wir es wieder in Camps Bay krachen. Es wimmelte an Touristen. Alle für einen Sundowner geeigneten Lokale waren voll. Alles bemühte sich um den Platz in der ersten Reihe. Ich bekam einen Platz mit dem Rücken zu der Sonne. Es war schon gut, überhaupt einen zu haben, aber ich suchte ständig eine Möglichkeit, meine Lage zu verbessern. Ein junger Mann musste kurz weg, wollte aber selbstverständlich seinen Platz nicht verlieren und bat mich, seinen Stuhl für ihn festzuhalten. „I kept it“ für ihn selbstverständlich. Ich war Kumpel. Er kam zurück. Alle waren zufrieden. Außer mir. Ich handelte. Ich brachte mir einen Stuhl von ganz hinten. Ich trug ihn hoch haltend über meinem Kopf und Köpfen anderer Besucher. „I did it!“ Ich konnte jetzt direkt in die untergehende Sonne blicken. Der junge Mann blickte für einen Moment von seinem Smartphone hoch. Und nahm den Platz mit dem Rücken zur Sonne ein, da die Sonne ihn blendete. An dieser Stelle kommt ein Smiley mit der Bedeutung „sprachlos“. Ich war es. Die Lösung könnte so einfach sein. Wir geben uns aber mit dem Einfachen bekanntlich nicht zufrieden.

Nach Camps Bay kommen wir auf jeden Fall wieder, weil es dort das Wunder bewirkende „Jugendelixier“ gibt.
 
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