Wir waren in Carnuntum.
Dort gab es früher eine römische Stadt. Das hat mir mein Papa erzählt. Eine Stadt habe ich nicht gesehen. Nur viele Steine.
Mama zeigte mir dann das Wohnzimmer von einem römischen Haus. Sie war fröhlich dabei. Sie sagte, dass sie eigentlich überhaupt nicht wisse, ob es ein Wohnzimmer gewesen sein mag oder nicht... Aber weil es eben so ist, kann es gut möglich sein, dass wir uns gerade im Wohnzimmer eines römischen Hauses befinden. Da war ich auch fröhlich. Ich habe gelacht. Ich habe dann eine Tür gesucht. Wo es eine Gastgeberin mit einem Tablett in der Hand das Zimmer betreten werden wird und uns höflich etwas zum Trinken anbieten. Das hat nicht geklappt.
Dafür haben wir aber am Abend im Hotel gegessen. Ich mag es gern, im Hotel zu essen. Es ist einfach schön. Da schaue ich mir die Bedienung an. Manchmal denke ich, sie muss eine Prinzessin sein, weil sie sich so anders bewegt. Besonders die, die im Hotel in Carnuntum bedient. Sie sieht nirgendwohin aber doch findet immer unseren Tisch. Sie ist sehr ernst. Aber auch sehr höflich. Sie geht so schnell, dass ich sie aus den Augen verliere. Sie ist mal hier mal dort. Wie ein Traum. Ich schaue sie mir sehr aber sehr gerne an. Mama, denke ich, sieht mich immer, wenn ich mir was anschaue. Wer weiß, vielleicht ist sie sogar eine Ur ur ur ur ur Urenkelin von einem römischen Herrn. So denke ich und so sage es dann auch. Wenn ich Mama so etwas erzähle, lacht sie. Sie ist ganz lieb, wenn sie lacht. Sie sagt dann, „meinst du? Wer weiß, vielleicht ist sie wirklich eine Prinzessin“.
Immer, wenn Mama irgend etwas sagt, muss ich den Papa anschauen. Ich weiß es nicht, warum? Es ist so. Außerdem, ich glaube, dass auch Mama genauso macht, wie ich.
Nach jeder Aussage von Mama gibt es eine Stille. Es ist eine Stille, die eigentlich sehr kracht. Da lacht nämlich Papa. Er lacht lautlos. Dann versucht Mama weiter zu reden. Diese Stille bekommt ihr nicht. Es bekommt mir auch nicht. Aber ich kann nicht reden, wie Mama es tut.
Ich habe den Gabel fallen lassen.
Auch da muss ich Papa anschauen. Er sagte, dass ich mich benehmen müsse. „Von Prinzessinnen reden aber sich benehmen, wie ein Bauerntrampel“ hat er auch gesagt. Da hat Mama sich gebückt um den Gabel zu heben. Darüber hat Papa laut gelacht. Er lacht aber ganz komisch. Er lacht lautlos. Oder er lacht laut aber nicht fröhlich. Er lacht und schüttelt seinen Kopf dabei. Oder er lacht und hält seinen Kopf fest, damit er ihn nicht schütteln muss... Oder so ungefähr. Aber wie er das macht, kann keiner außer mein Papa.
Mama hat den Gabel auf den Tisch gelegt.
Papa hat gesagt, sie habe keine Kultur. So ähnliches sagt er immer zu Mama.
Dann hat er gesagt, dass Frauen und Kinder auf einer Kulturreise nicht angebracht seien.
„Papa hat uns aber selbst hierher gebracht“ dachte ich.
„Dann solltest du bitte alleine reisen“ sagte Mama.
Papa schaute sie nicht an. Er drehte seinen Kopf zum Fenster und sagte; er wüsste es schon immer, dass Mama mit Familie nichts anfangen könne.
Ich habe nichts verstanden.
Ich verstehe meine Eltern überhaupt nie.
Mama hat geweint. Sie weint lautlos. Vielleicht weint sie sogar gar nicht. Aber ich denke, sie weint. Weil... manchmal... mir ist es zum Weinen, nur ich weiß nicht, warum?
Mama hat meinen Bruder und mich ins Bett gebracht. Sie war nicht fröhlich. Sie war so ernst, wie die Bedienung. Mama hat auch nirgendwohin gesehen und alles gefunden. Sie ist auch so schnell. Mal bei mir, mal bei meinem Bruder dann wieder beim Papa. Ich verliere sie aus den Augen. Wer weiß, vielleicht ist sie auch eine Prinzessin. Das habe ich ihr gesagt. Sie hat gelacht. Sie war wieder ganz lieb.
Am nächsten Tag zeigte mir Mama das Rapsfeld neben den Ruinen. Es war so schön gelb. Ich glaube, das hätte sie nicht tun sollen.
Papa fasste sich wieder am Stirn und lachte. Mama ist aber wirklich blöd manchmal. Sie weißt doch, dass Papa ihre Geschichten nicht mag. Sie erzählte nämlich von den gelben Margariten, die in ihrer Stadt auf den Felsen am Meer kniehoch blühten.
Papa war verzweifelt. Er hatte, denke ich, ganz schön schwer. Er fasste sich wieder am Stirn und sagte „völlig Zusammenhangslos... Völlig Zusammenhangslos..“ Ich wusste, dass es etwas sehr wichtiges sein musste. Denn mein Papa ist immer so, wenn die Sache äußerst wichtig ist.
Er sagte deutlich und betont und so, dass meine Mama endlich kapieren musste; „W i r s i n d i n C a r n u n t u m!“ So sagte er.
Mama ist wirklich ganz schön blöd manchmal. Da schaute sie ganz blöd. Da hat sie nichts verstanden, was Papa meinte.
Ich habe auch nicht verstanden. Aber ich bin ja auch ein Kind. Mama ist doch so groß und trotzdem so verdattert, wie ich. Manchmal.
Nein. Oft.
Dann fragte sie, mit wem Papa wohl sich gerade auf der Reise befinden würde? Wo wir uns alle befinden, wäre ja uns allen klar:
-I n C a r n u n t u m-
„Aber mit wem bist du hier?“ hat sie ihn gefragt.
Dass sie so etwas fragt, finde ich erstaunlich. Ich verstehe Mama manchmal überhaupt nicht. Selbst ich weiß es: Ich und Mama und mein Bruder und mein Papa sind zusammen in Carnuntum.
Wieso fragt sie danach, mit wem Papa in Carnuntum ist?
Dann sagte Papa zu Mama: „ Siehst du? Du hast nicht einmal registriert, dass du mit deiner Familie unterwegs bist. Da komm` ich nicht mit. Du und deine verschobene Optik!“ hat er gesagt.
Ich verstehe Papa auch nicht.
Die Kulturreise ging zu Ende. Auf dem Rückweg habe ich Mamas gelbe Margariten vor dem Wohnzimmerfenster des römischen Hauses gesehen.
Sie sahen trotz der Ruinen soo schön aus.
Das muss ich aber Papa erzählen.
Oder vielleicht doch nicht.
Dort gab es früher eine römische Stadt. Das hat mir mein Papa erzählt. Eine Stadt habe ich nicht gesehen. Nur viele Steine.
Mama zeigte mir dann das Wohnzimmer von einem römischen Haus. Sie war fröhlich dabei. Sie sagte, dass sie eigentlich überhaupt nicht wisse, ob es ein Wohnzimmer gewesen sein mag oder nicht... Aber weil es eben so ist, kann es gut möglich sein, dass wir uns gerade im Wohnzimmer eines römischen Hauses befinden. Da war ich auch fröhlich. Ich habe gelacht. Ich habe dann eine Tür gesucht. Wo es eine Gastgeberin mit einem Tablett in der Hand das Zimmer betreten werden wird und uns höflich etwas zum Trinken anbieten. Das hat nicht geklappt.
Dafür haben wir aber am Abend im Hotel gegessen. Ich mag es gern, im Hotel zu essen. Es ist einfach schön. Da schaue ich mir die Bedienung an. Manchmal denke ich, sie muss eine Prinzessin sein, weil sie sich so anders bewegt. Besonders die, die im Hotel in Carnuntum bedient. Sie sieht nirgendwohin aber doch findet immer unseren Tisch. Sie ist sehr ernst. Aber auch sehr höflich. Sie geht so schnell, dass ich sie aus den Augen verliere. Sie ist mal hier mal dort. Wie ein Traum. Ich schaue sie mir sehr aber sehr gerne an. Mama, denke ich, sieht mich immer, wenn ich mir was anschaue. Wer weiß, vielleicht ist sie sogar eine Ur ur ur ur ur Urenkelin von einem römischen Herrn. So denke ich und so sage es dann auch. Wenn ich Mama so etwas erzähle, lacht sie. Sie ist ganz lieb, wenn sie lacht. Sie sagt dann, „meinst du? Wer weiß, vielleicht ist sie wirklich eine Prinzessin“.
Immer, wenn Mama irgend etwas sagt, muss ich den Papa anschauen. Ich weiß es nicht, warum? Es ist so. Außerdem, ich glaube, dass auch Mama genauso macht, wie ich.
Nach jeder Aussage von Mama gibt es eine Stille. Es ist eine Stille, die eigentlich sehr kracht. Da lacht nämlich Papa. Er lacht lautlos. Dann versucht Mama weiter zu reden. Diese Stille bekommt ihr nicht. Es bekommt mir auch nicht. Aber ich kann nicht reden, wie Mama es tut.
Ich habe den Gabel fallen lassen.
Auch da muss ich Papa anschauen. Er sagte, dass ich mich benehmen müsse. „Von Prinzessinnen reden aber sich benehmen, wie ein Bauerntrampel“ hat er auch gesagt. Da hat Mama sich gebückt um den Gabel zu heben. Darüber hat Papa laut gelacht. Er lacht aber ganz komisch. Er lacht lautlos. Oder er lacht laut aber nicht fröhlich. Er lacht und schüttelt seinen Kopf dabei. Oder er lacht und hält seinen Kopf fest, damit er ihn nicht schütteln muss... Oder so ungefähr. Aber wie er das macht, kann keiner außer mein Papa.
Mama hat den Gabel auf den Tisch gelegt.
Papa hat gesagt, sie habe keine Kultur. So ähnliches sagt er immer zu Mama.
Dann hat er gesagt, dass Frauen und Kinder auf einer Kulturreise nicht angebracht seien.
„Papa hat uns aber selbst hierher gebracht“ dachte ich.
„Dann solltest du bitte alleine reisen“ sagte Mama.
Papa schaute sie nicht an. Er drehte seinen Kopf zum Fenster und sagte; er wüsste es schon immer, dass Mama mit Familie nichts anfangen könne.
Ich habe nichts verstanden.
Ich verstehe meine Eltern überhaupt nie.
Mama hat geweint. Sie weint lautlos. Vielleicht weint sie sogar gar nicht. Aber ich denke, sie weint. Weil... manchmal... mir ist es zum Weinen, nur ich weiß nicht, warum?
Mama hat meinen Bruder und mich ins Bett gebracht. Sie war nicht fröhlich. Sie war so ernst, wie die Bedienung. Mama hat auch nirgendwohin gesehen und alles gefunden. Sie ist auch so schnell. Mal bei mir, mal bei meinem Bruder dann wieder beim Papa. Ich verliere sie aus den Augen. Wer weiß, vielleicht ist sie auch eine Prinzessin. Das habe ich ihr gesagt. Sie hat gelacht. Sie war wieder ganz lieb.
Am nächsten Tag zeigte mir Mama das Rapsfeld neben den Ruinen. Es war so schön gelb. Ich glaube, das hätte sie nicht tun sollen.
Papa fasste sich wieder am Stirn und lachte. Mama ist aber wirklich blöd manchmal. Sie weißt doch, dass Papa ihre Geschichten nicht mag. Sie erzählte nämlich von den gelben Margariten, die in ihrer Stadt auf den Felsen am Meer kniehoch blühten.
Papa war verzweifelt. Er hatte, denke ich, ganz schön schwer. Er fasste sich wieder am Stirn und sagte „völlig Zusammenhangslos... Völlig Zusammenhangslos..“ Ich wusste, dass es etwas sehr wichtiges sein musste. Denn mein Papa ist immer so, wenn die Sache äußerst wichtig ist.
Er sagte deutlich und betont und so, dass meine Mama endlich kapieren musste; „W i r s i n d i n C a r n u n t u m!“ So sagte er.
Mama ist wirklich ganz schön blöd manchmal. Da schaute sie ganz blöd. Da hat sie nichts verstanden, was Papa meinte.
Ich habe auch nicht verstanden. Aber ich bin ja auch ein Kind. Mama ist doch so groß und trotzdem so verdattert, wie ich. Manchmal.
Nein. Oft.
Dann fragte sie, mit wem Papa wohl sich gerade auf der Reise befinden würde? Wo wir uns alle befinden, wäre ja uns allen klar:
-I n C a r n u n t u m-
„Aber mit wem bist du hier?“ hat sie ihn gefragt.
Dass sie so etwas fragt, finde ich erstaunlich. Ich verstehe Mama manchmal überhaupt nicht. Selbst ich weiß es: Ich und Mama und mein Bruder und mein Papa sind zusammen in Carnuntum.
Wieso fragt sie danach, mit wem Papa in Carnuntum ist?
Dann sagte Papa zu Mama: „ Siehst du? Du hast nicht einmal registriert, dass du mit deiner Familie unterwegs bist. Da komm` ich nicht mit. Du und deine verschobene Optik!“ hat er gesagt.
Ich verstehe Papa auch nicht.
Die Kulturreise ging zu Ende. Auf dem Rückweg habe ich Mamas gelbe Margariten vor dem Wohnzimmerfenster des römischen Hauses gesehen.
Sie sahen trotz der Ruinen soo schön aus.
Das muss ich aber Papa erzählen.
Oder vielleicht doch nicht.