Cleo (für lapismont)

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flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
Cleo

Ich bin Cleo. Ja, Cleo.
Ich bin schon dreizehn Jahre alt. Ja, dreizehn.
Ich war die zweite von einem Siebenerwurf. Darum nannte mich der Mensch, der bei der Geburt dabei war, Tuoffseffen. Meine Geschwister bekamen ähnlich komische Namen, alle endeten mit offseffen. Ja, offseffen. Darum nehme ich an, dass es sein Familienname ist.
Beim Tierarzt bin ich eingetragen als Cleo Müller. Ja, Müller, so heißt die Menschenfamilie, bei der ich lebe. Ich bin ein Familienmitglied. Ja, Familienmitglied.
Der Arzt hat sogar einen Brief geschickt mit der Anschrift „Cleo Müller“. Ja, Cleo Müller, das bin ich.
Die Vornamen der anderen Familienmitglieder sind nicht so eindeutig. Namentlich die Kinder scheinen sehr viele Vornamen zu haben. Von Süßer über Johannes bis Kommher ist so allerlei zu hören. Johannes ist eines der Kinder. Ja, eins der Kinder.
Der Mann heißt . . ., ach, das will ich hier gar nicht wiedergeben.
Seine Frau nennt er oft Mäuschen, was ich überhaupt nicht verstehen kann. Sie hat auch nicht die geringste Ähnlichkeit mit diesen häßlichen Nagetieren.
Meine Menschen schmusen gern. Ja. Zu Anfang musste ich mich zusammenreißen, wenn sie mich streicheln wollten und machte einen Buckel. Ja, einen hohen Buckel. Inzwischen weiß ich, wie gern sie mich streicheln und biete meinen Rücken von selber dar.
Auch, wenn Besuch kommt, laufe ich ihm munter mauzend entgegen und streiche um die Beine. Ja, Beine. Da kann man so gut herausfinden, was die Besucher von Haustieren im Allgemeinen und Katzen im Besonderen halten. Von „Ach, ist die niedlich“ bis „Na, nu geh mal weiter!“ hab ich schon manches erlebt.
Letztens kam eine Frau, die sagte: „Ich hab zwar ne Katzenallergie, aber streicheln muss ich dich doch. Du hast ja so ein hübsches Gesicht.“
Ja, hab ich das vielleicht auf dem Rücken? Die Menschen sind schon komische Tiere. Ja, komische Tiere.
Als die Frau Müller ihren ersten Wurf bekam, versuchte ich, sie zu trösten, so gut ich konnte. Auch bei uns Katzen sind es beim ersten Wurf meist nur zwei. Beim nächsten sind es dann mehr. Ja, mehr. Mindestens vier. Oder fünf. Wir waren damals sieben. Ja, sieben.
Und ich war gar nicht eifersüchtig auf ihre Kleinen. Ist doch klar, dass der Nachwuchs vorgeht. Ja, vorgeht.
Darum habe ich auch immer aus nächster Nähe darauf geachtet, dass die Frau alles richtig macht. Muss immer alles richtig gemacht werden.
Der Mann hat mich dann meist auf den Arm genommen und mit mir geschmust. „Musst nicht immer auf das frisch gewaschene Molton springen“, hat er tadelnd gesagt. Dabei wollte ich doch nur kontrollieren, ob es wirklich weich genug für die Kleinen war!
Beim nächsten Wurf bekam die Frau aber nur ein Baby. O weh, dachte ich, jetzt werden sie aber traurig sein! Und ich gab mein Bestes, um sie zu trösten. Bald merkte ich, dass sie meinen Trost gar nicht brauchten. Die zwei waren glücklich! Überglücklich, ja!
Nun warte ich gespannt auf den dritten Wurf. Ja, den dritten. Aber vielleicht erlebe ich den gar nicht mehr. Ich bin ja schon dreizehn Jahre alt. Ja, dreizehn.
So alt wird eine Katze selten. Alle meine Angehörigen in jenem Dorf, wo ich geboren wurde, sind schon über den Jordan. Ja, Jordan. So sagt man wohl, wenn jemand gestorben ist.
Meine kleinen Geschwister haben fast alle Rattengift gefressen und sind elendiglich krepiert. Ja, krepiert. Eine meiner kleinen Schwestern fiel in die Jauchegrube und ertrank, eine andere wurde von der Kuh tot getrampelt. Aus Versehen, sagte sie. Ja, aus Versehen.
Ein Cousin wurde vom Schwein gebissen und starb daran. Ja, daran. Warum musste er auch das dumme Schwein, das noch nichts von der Welt gesehen hatte, nach dem Weg fragen!
Mein Vater wurde vom Trecker überfahren, als er sich gerade in der Sonne rollte. Ja, rollte. Das machen Kater ab und zu. Damit sie ein Gefühl dafür bekommen, wie es ist, wenn eine Katze rollig ist, wahrscheinlich. Ja, wahrscheinlich.
Meine Mutter starb, als sie sich ein ruhiges Plätzchen im Heu gesucht hatte. Da kam plötzlich eine Heugabel angesaust und hat sie aufgespießt, ehe sie noch „Mau!“ sagen konnte.
Meine Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen ereilten ähnliche Schicksale. Ich bin als einzige von der ganzen Sippe noch übrig. Ja, übrig. Als einzige.
Vielleicht, weil ich von meinen Menschen so umsorgt werde. Ja, umsorgt. Sie lesen mir jeden Wunsch von den Augen ab, sozusagen. Ja, sozusagen.
Weil, ich seh ihnen gar nicht in die Augen. So etwas tun Katzen nicht. Sie blicken stets wachsam am Menschen vorbei. Ja, wachsam. Wir Katzen passen auf, dass unseren Menschen nichts passiert und beschützen sie. Ja, beschützen.
Nur, wer seinen Menschen nicht achtet, sieht ihm in die Augen.
So eine bin ich nicht.
Ich bin Cleo.
Ja, Cleo Müller.
 

coxew

Mitglied
cleo

hallo flammarion,

die cleo-geschichte gefällt mir gut bis auf die ständige wiederholung "ja, ...".
wenn du diese nur am anfang und am ende einsetzt, reicht das vielleicht auch.

viele grüße,
karin
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
vielen

dank fürs lesen und kommentieren. die wiederholungen sind dem stattlichen alter der katze geschuldet, bleiben also drin.
lg
 



 
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