Cleto

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hermannknehr

Mitglied
Cleto

Wind und salziger Gischt
graue Wellenberge
nichts sonst
mondelang
hinter dir
das Grauen
die Schreie
das Schlachten
wann endlich Land
ein Baum

schau nicht zurück
Troja ist Asche
Achill
staub
der Strahlende schwankte
als er sie liegen sah
die Augen blicklos
gebrochen
etwas spiegelte sich darin
kein Hass

Vergiss
der Tanz der Götter
ist vorbei
sie hatten was sie wollten
siehst du den Fels
hier wirst du sie betten
deine Königin
ein letzter Liebesdienst
für deine Geliebte
Penthesilea
 
Hallo, Hermannknehr!

Diese Zeilen gefallen mir sehr gut! Ich sehe Empathie und Bezüge zum Leid der Flüchtlinge... das möchte ich mir noch einmal in Ruhe ansehen; der Schreibtisch ruft grad leider.

Gruß,
Artbeck
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Hermann,

nur eine kleine Anmerkung: Müsste staub nicht groß geschrieben werden?

Ansonsten bin ich begeistert!

Liebe Grüße
Manfred
 

hermannknehr

Mitglied
Cleto

Wind und salziger Gischt
graue Wellenberge
nichts sonst
mondelang
hinter dir
das Grauen
die Schreie
das Schlachten
wann endlich Land
ein Baum

schau nicht zurück
Troja ist Asche
Achill
Staub
der Strahlende schwankte
als er sie liegen sah
die Augen blicklos
gebrochen
etwas spiegelte sich darin
kein Hass

Vergiss
der Tanz der Götter
ist vorbei
sie hatten was sie wollten
siehst du den Fels
hier wirst du sie betten
deine Königin
ein letzter Liebesdienst
für deine Geliebte
Penthesilea
 

hermannknehr

Mitglied
Hallo Franke, hallo Artbeck,
danke fürs Reinlesen und Benotung. Die Großschreibung in Staub ist ausgebessert.
Grüße
Hermann
 

Tula

Mitglied
Hallo Hermann

ich musste es nachlesen, mir fiel dabei auf, dass Kleite die Amme war und nicht die Geliebte. Also wäre 'geliebte' vielleicht besser, wobei ... vielleicht steckt ja mehr hinter dieser Geschichte.
Den Bezug zur Aktualität kann ich nicht so recht nachvollziehen, oder übersehe ich da etwas ?
Wie auch immer, gern gelesen

LG
Tula
 

hermannknehr

Mitglied
Hallo Tula,
Danke für Deinen Kommentar.
Kleite oder Cleto, wie sie auch später genannt wurde, wird in der Mythologie tatsächlich als Amme,in anderer Version aber auch als Dienerin und Geliebte Penthesileas bezeichnet. Mir gefiel diese zweite Version besser, erschien mir auch realistischer bei dieser dramatischen Rettungsaktion aus Troja. Die Parallelen zu heute sind natürlich vorhanden:
Troja ist Aleppo, Achill ein brutaler IS-Kämpfer, die Götter die Großmächte, die im Hintergrund die Fäden Ziehen, die kargen Felsen von Thyrrheniens Küste der unwirtliche Empfang
auf Lampedusa etc.
Ich habe diesen antiken Stoff gewählt, weil ich mich nicht kompetent genug fühle, über die Flüchtlinge heute zu schreiben, ohne jemals mit einem Bootsflüchtling in Kontakt gekommen zu sein.
LG
Hermann
 

Tula

Mitglied
Hallo Hermann

ok, danke für die Erklärung, soweit nachvollziehbar. Ich selbst sehe bei beim Epos um Troja weniger die Guten (Trojaner) und Bösen (Griechen), beide Seiten sind da weder das eine noch das andere.

Achill ist für mich auch ein 'tragischer' Held der Antike, d.h. jenseits der Schrecken des Krieges (die er selbst verbreitete, man denke an seine Rache nach dem Sieg über Hektor, als er seinen Körper tagelang um die Stadt schleifte). Er steht einfach für vieles, was die Griechen ihrer Zeit ausmachte, ein Ideal mit vielen menschlichen Fehlern. Kein Barbar im Sinne der IS-Kämpfer.

Nichtsdestotrotz, ein schönes Gedicht, da stimme ich gern zu.

LG
Tula
 

hermannknehr

Mitglied
Hallo Tula,
so wie ich die Ilias verstanden habe, war Achilles kein tragischer Held, sondern ein Kraftprotz, der sich dank seiner (fast) Unverwundbarkeit sogar gegen seinen königlichen Heerführer stellen konnte. Und ist die Demütigung der Leichen-Schändung seines Widersachers Hektor und die Enthauptung des wehrlosen Troilos im Tempel des Apoll nicht vergleichbar mit den Enthauptungen des IS? Schon Christa Wolf nannte in ihrem Roman Kassandra Achill das Vieh! Gleichwohl wurde Achilles für die Nachwelt der strahlende Held der Antike, vergleichbar wohl nur mit der Gestalt des Siegfried im Nibelungenlied.
Der Vergleich dieses archaischen Mythos mit unserer Gegenwart ist natürlich mangelhaft. Ich wollte nur aufzeigen, dass es durchaus Parallelen gibt.
LG
Hermann
 

Der Andere

Mitglied
klangvolles gedicht! auch sehr schön verdichtet.

störend dabei einzig:
"als er sie liegen sah" in s 2 und "ist vorbei / sie hatten was sie wollten" in s 3. das fliegt regelrecht aus dem rhythmus des restlichen textes.
 

hermannknehr

Mitglied
Hallo Der Andere,
vielen Dank für das Reinlesen und Deinen Kommentar. Deine Kritik an den beiden Zeilen kann ich nicht ganz nachvollziehen, aber jeder hat wohl seine eigene Vorstellung von dem Rhythmus eines Gedichtes.
Gruß
Hermann
 



 
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