Coldrain

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ackermann

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Es dunkelte bereits und Coldrain fuhr nicht gerne bei Nacht. Das lag am Alter und außerdem war er müde. Die Autoscheinwerfer beleuchteten ein Ortsschild, er würde sich nach einer Übernachtungsmöglichkeit umsehen. Er brauchte eine Dusche und ein Bett, eventuell etwas zu essen. Die letzte Nacht auf dem Parkplatz der Raststätte war grausam gewesen.

Das Zimmer im ersten Stock war okay. Der Wirt wollte die Zimmermiete im Voraus. Coldrain war das recht.

Er hatte geduscht und dabei an Sex gedacht. Jetzt stand Coldrain in dem dunklen Raum nackt am offenen Fenster und blies Zigarettenrauch in die Nacht hinaus. Schräg unter ihm, auf der anderen Straßenseite, drang gelbliches Licht aus den bodentiefen Fenstern einer Kneipe. Coldrain sah eine zierliche, blonde Frau durch die Eingangstür schlüpfen. Sie machte einen abgerissenen Eindruck. Er hatte Hunger, sein Appetit war riesig. Ob die zierliche Blonde ihn befriedigen konnte?

Coldrain saß in erhöhter Position an der Theke auf einem Barhocker. Er hatte Bier und Currywurst bestellt. Die Blondine hockte an einem der Tische mit dem Rücken zur Wand, umklammerte mit den Händen ein Bierglas und stierte vor sich hin. Ihre Haare waren strähnig und fettig, ihr Gesicht von der Sucht gezeichnet. Ein gefallener Engel, der auf dem Zahnfleisch kroch. Und es bestand kaum Aussicht auf Besserung.

„Wenn du willst, bläst sie dir einen.“ Der Kneipier stellte die Currywurst auf die Theke. Was für ein schmieriger Typ, dachte Coldrain. Er hätte ihm gerne die Fresse poliert.
„Sonja, Kundschaft.“, rief der Kneipier.
Sonja schreckte hoch und ein stumpfer Blick traf Coldrain. Eine tiefe Traurigkeit stieg in ihm hoch. Er empfand Mitleid, aber er wusste noch nicht genau ob mit dieser Sonja oder mit sich selbst. Für einige Sekunden hatte er eine Vision: Er sah sich, wie er die zierliche Sonja in der Toilette vögelte; wie er sie hochhob, gegen die Wand presste und ... War das seine Zukunft? Mehr ging nicht mehr?

Coldrain glitt vom Barhocker. Als er an Sonja vorbeiging, warf er einen 10 Euro Schein auf den Tisch. Im Männer-Klo roch es nach Urin, gebrauchten Kondomen und Sperma. Aus einer Laune heraus zog er ein Päckchen „Billy Boy“ am gut sortierten Automaten. Coldrain lachte bitter und schlug sein Wasser ab. Er verzichtete darauf, sich die Hände zu waschen und ging zurück in den Gastraum.

Sonja war aufgestanden.
„Bleib sitzen Mädchen, bleib sitzen. Heute ist dein Glückstag.“ Schade, aber mehr konnte er für das arme Ding nicht tun.
Coldrain zahlte passend: „Deine Currywurst schmeckt scheiße, Kumpel. Aber was kann man von einem Zuhälter schon erwarten.“
Der Kneipier lief rot an und brüllte: „Hau bloß ab, du Arschloch und lass dich hier nie wieder blicken.“
„Das sollte das geringste Problem sein“. Coldrain schlüpfte durch die Tür nach draußen. Es war immer noch schwül.

Die Nebeneingangstür fiel hinter Coldrain ins Schloss. Er stieg die Treppe hoch. Der Flur im 1.Stock war nur spärlich beleuchtet. Aus einem der Zimmer fiel ein Lichtkegel durch die halboffene Tür. Coldrain blieb kurz stehen und warf einen Blick hinein. Eine dunkelhäutige Frau stand mit dem Rücken zu ihm vor dem Bett und mühte sich mit dem Reißverschluss ihres Koffers ab, wobei sie ständig in einer unbekannten, singenden Sprache vor sich hin brabbelte. Die Frau war nackt. Coldrain grinste, schüttelte den Kopf und ging weiter. Nein, dachte er, heute nicht mehr. Die Lust war ihm vergangen. Er öffnete die Zimmertür; spürte Blicke in seinem Rücken; widerstand der Versuchung sich umzudrehen; ging hinein und schloss ab.

Er zog sich aus und putzte sich im Bad die Zähne. Im Spiegel sah er ein altes, zerfurchtes Gesicht. Coldrain spülte den Mund aus; löschte das Licht im Bad; löschte das Licht im Zimmer; ging ans Fenster und zündete sich eine Zigarette an. Das leise Klopfen an der Zimmertür ignorierte er, genauso wie die zaghafte Stimme und die Frage: „Schlafen Sie schon?“. Ja, dachte er, ich schlafe schon, schon lange. Ich befinde mich im einem Dauerschlaf.

In der Kneipe gegenüber ging das Licht aus. Er hörte einen unterdrückten Schrei, dann ein dumpfes Poltern. Coldrain stippte die Zigarettenkippe aus dem Fenster. Irgendetwas stimmte nicht. Nein, er würde nicht nochmal in die Nacht hinausgehen; nein, er würde nicht nachschauen. Es ging ihn nichts an. Er dachte an diese Sonja. Dann schloss er die Fensterflügel und brachte sie in Kipp-Position.

Als er nackt auf dem Bett lag, fiel ihm die Frau vom Nachbarzimmer ein, der pralle Pfirsich zwischen ihren brauen Beinen, die drallen, festen Arschbacken. Es erregte ihn ...
 



 
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