collage - gähnende himmel

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orchideenwälder wachsen
an den ufern des überflusses
gegen die fließrichtung
und den goldfischen wird
das wasser zu seicht

auf der anderen seite geloben
bienenfresser besserung
in ihren nestern
und proletarisch ruiniert ein igel
den abendfrieden

sonnenuntergangsstimmung überall
die glühwürmchen im ausstand
und der überfluss fließt träge in die nacht
immer in der hoffnung
auf herabstürzende sterne

aber nur ein paar rosa wölkchen
verziehen sich in richtung westen
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Charlotte,

mein erster Eindruck war: Die Abendidylle gegen den Strich gebürstet, und das hat was.
Aber der 'proletarische Igel' fällt irgendwie raus.
Das ist entweder unfreiwillig komisch, oder ein unstimmiges Bild. Ich kenne mich mit Igeln nicht aus, nehme an, mit seinem Geraschel 'stört' er den 'Abendfrieden' - aber was auch immer so ein Igel ist - er ist keinesfalls fremdbestimmt im proletarischen Sinne.
Das hat mir die Freude doch ein wenig gerupft.
Aber vielleicht habe ich das ja alles gar nicht richtig verstanden.

Liebe Grüße
Petra
 

trivial

Mitglied
Meine liebe Charlotte,

also ich fühle mich dem Igel sehr verbunden.

...beim lesen ging mir "Alles renkt sich wieder ein" von Eva Jantschitsch (alias Gustav) durch den Kopf,
aber vielleicht ist meine Sonnenuntergangsstimmung auch eine etwas andere.

Liebe Grüße
R
 
vielen dank für eure reaktionen.
also, es ist eine collage. vielleicht hätte ich noch die widmung dranschreiben sollen:
für max ernst.
werde ich in der sammlung auf alle fälle machen.

nun kann und will ich keine deutung vorgeben. aber als hinweis - der igel ist auch auf der anderen seite des überflusses. und brecht war stolz darauf, ein proletarischer dichter zu sein (was er natürlich nicht war).

aber es ist eine collage und ich überlege, einen freund zu bitten, das zu malen. :)
liebe grüße
charlotte
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Charlotte,

ich habe regelmäßig Igel in meinem riesigen Garten. Wenn die "ihren" Menschen kennen, dann können die sehr laut und fordernd (also proletarisch) werden.
Schönes Gedicht!

Liebe Grüße
Manfred
 

petrasmiles

Mitglied
... da hatte ich mich mit Charlottes Bild einer Collage - und der für mich 'befriedigenden' Erläuterung zum Igel schon versöhnt, da muss der Manfred das Bild noch konkreter machen und die 'falsche' Lesart noch weiter dehnen.
Wollen wir hier wirklich diskutieren, ob das:
sehr laut und fordernd (also proletarisch) werden
Konsens ist bei der Betrachtung von 'proletarisch'?
Nein, ich glaube, das wollen wir nicht.

Ich gebe mich zufrieden mit den angenehmen Fragezeichen, die Charlottes Collage bei mir bewirkt hat.

Liebe Grüße
Petra
 

fee_reloaded

Mitglied
Ich mag, wie dein schönes Gedicht ganz viele Ebenen zugleich öffnet beim Lesen, liebe Charlotte!

Da steckt ja nicht nur das Naturerleben drin bzw. stellt sich die Frage, um welche Natur welcher Dinge es hier geht. Da wird man gleich vielfältig fündig, wie ich finde. ;)

Sehr gerne gelesen und die schönen Bildschnipsel genossen - jedes für sich aber eben auch in all den möglichen Bezügen zwischen den Collageteilen!

Liebe Grüße,
Claudia
 
liebe Petra, was mir ganz wichtig ist - das proletarisch ist nicht desavouierend gemeint. das ganze gehört für mich zu meiner verarbeitung des schocks, in den mir der surrealismus versetzt hat. und der kommt ja vom dada - also sind es wohl eher die goldfische im seichten wasser des überflusses, die grund hätten, gekrämkt zu sein. und die bienenfresser vielleicht auch - mit ihrem ein wenig gift am abend. ;)


liebe Claudia,
vielen dank. das gedicht fühlt sich gesehen :).
liebe grüße
 



 
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