Conditio humana

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sufnus

Mitglied
Conditio humana

Seitdem Du mir den Sonnenmut geliehen,
lernt ich zu leuchten wie ein Kind der Zeit.
Noch trug ich Wolkennester in der Schläfe,
doch maltest Du den Himmelsbogen weit,

nahmst sacht das Regenband mir aus dem Haar,
riefst auch die linden Winde von den Hügeln,
und machtest so den Himmel wieder schön;
schon schlug ich probeweise mit den Flügeln.

Wie wäre das - mit Dir da oben schweben?
Wir bauten dort nochmal die Arche neu,
wenn jemand droht, bald wird es Regen geben.

Den Tod, das Spielkind, lehrten wir zu lachen
und wollten für die weiße Taube wachen,
ach Kinder, Kinder, wäre das ein Leben!
 
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sufnus

Mitglied
Hey Scal!
Vielen lieben Dank fürs scharfe Spähen! Da war mir ein ungewolltes Vergessen des Artikels unterlaufen und mein Gehirn hat beim Lesen den Artikel so effizient "dazugedacht", dass ich die Zeile wirklich Wort-für-Wort nachlesen musste, bis ich den Fehler bemerkte. :)
Ich denke die etwas reimarmen Zeilen möchten doch lieber einigermaßen stolperfrei fließen.
Hab in dem Sinne auch sonst nochmal leicht nachgeglättet.
Und ganz lieben Dank auch an alle Mitbesterner*innen! :)
LG!
S.
 
Hallo S.,

auch ich wollte grad mitstolpern und, wupps, ist dies schoene Sonett (die "Reimarmut" macht es fast frischer) bereits entstolpert. Nur bei "probeweisen" koennte man probeweise das "n" entfernen?

Gern gelesen!
RP
 

sufnus

Mitglied
Ach... vielen Dank, dass Ihr so aufmerksam mitlest... ich seh schon... ich hab hier arg gestruddelt und so wäre dieses Lied ohne Euer korrigierendes Zutun doch eher eine Probeweise. Also um das so höflich von Dir beanmerkte n sollte ich mich auch dringend mal kümmern, lieber Rolf-Peter! Ich kann es sicherlich diesem Text vorsichtig entnehmen und für einen künftigen Dichtversuch verw-n-den. :)
LG!
S.
 

sufnus

Mitglied
... Sorry wg. Doppelpost... aber grad hab ich gesehen, dass das oben von Rolf-Peter zurecht beanstandete überzählige -n trotz vollmundiger Bekundungen meinerseits im Post vornedran hartnäckig an seinem falschen Platz stehen geblieben ist, was natürlich gar nicht geht! Tststststs!
Jetzt soll es aber wirklich hinfort weichen!!!
Grüße!
S.
 

Anni123

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eigentlich ein Sonett, wenn mann's nicht ganz so eng sieht. Metaphoruisch sehr schön, sufnus. Der Sonnenmut, der kommt oft vom Gegenüber...Gruß von Anni
 

sufnus

Mitglied
Hey Anni!
Danke Dir! :) Ja... Walther, den ich hier auf der Lupe unter den Top-Sonettist*innen wahrnehmen würde (wenn man denn da eine Exzellenzliste bräuchte) und der die Form vielleicht von uns allen auch am tiefsten theoretisch durchdrungen hat, weist ja immer wieder darauf hin, dass ein Sonett zwar einen gewissen "Sound" braucht, um als solches durchzugehen, jedoch strenge Reimkriterien ziemlich entbehrlich für die Formzugehörigkeit seien.
Ich hab mich jetzt trotzdem nicht so recht dazu durchringen können, das Gedicht unter die entsprechende Form-betonende Lupenrubrik zu stellen... warum weiß ich eigentlich auch nicht so genau... irgendwie ist es für mich eher ein Sonettoid als ein "richtig anständiges Sonett" und gar nicht so sehr des (teilweise fehlenden) Reimes wegen (glaube ich). :)
LG!
S.
 

Anni123

Mitglied
wir kennen bede einen vorbildhaften Sonettier, der den Namen verdient und dieses Genre perfekt beherrscht, Erich. Der hötte dies natürlich nicht durchgehen lassen. Ich seh das nicht so eng, obwohl auch von ihm geprägt, einst auf lyischn Wiesen;)
Walter würde ich mkir eher nicht als Vorbild nehmen. da seine Sonette meist gar nicht mal die Thesenstruktur ewinhalten. Aber egal...
Schmunzeln von Anni
 
Sonettoid… :) ! Es gibt Sonettoide von Rilke. Herbsttag ist so ein Sonettoid und Das Karussell sind sogar siamesische Zwillings-sonettoide. Und dann die Sonettoide an Orpheus…
 

sufnus

Mitglied
Hey A.! :) (das müsste ja dann für beide lyrischen Gefilde passen, oder? :) )
So liest man sich wieder - wie schön! :)
Was Du zu eKy schreibst, Sonettier mit perfekter Genrebeherrschung, triffts natürlich auf den Punkt. Und in der Tat lag ihm auch obiges Sparreimsonett vor, bei welchem ihm selbstredend die ungereimten Zeilen gewisse Schmerzen bereiteten... aber immerhin bei summasummarischer Leseerfreunis, was natürlich ein besonders hohes Lob darstellt. :) Wenn Du magst, grüße ich ihn, wird er sich bestimmt freuen. :)
LG!
S.
P.S.:
... nur bgzl. der Thesenstruktur beim Sonett würd ich persönlich das etwas weiter gefasst sehen, auch wenn die Thesen-Antithesen-Bildung beim Sonett natürlich durchaus ein klassischer Angang ist.
 

sufnus

Mitglied
... hey RP!
Deine Antwort hab ich dann vorlauterlauter überlesen... sowas... dabei erwähnst Du zwei Rilkegedichte, die mir besonders viel bedeuten, wobei ich beim Herbsttag etwas zwiespältig bin, ob es ich wirklich uneingeschränkt mag (als Jugendlicher war ich vielleicht etwas zuuu beindruckt von diesem Werk), während meine Liebe zum Karussell unverbrüchlich seit frühesten Lyriklesezeiten fortdauert. Es ist mein liebstes Gedicht von RMR. :)
LG!
S.
 
G

Gelöschtes Mitglied 24962

Gast
Heyho Sufnus,

hier hast du ein wunderschönes Sonett vorgelegt, das sich durch eine tiefgründige Symbolik und eine reiche emotionale Textur auszeichnet. Der Einsatz von Naturmetaphern wie "Sonnenmut", "Wolkennester" und "Regenband" erzeugt eine lebendige und unbekümmerte Bildsprache, die für mich die Transformation des lyrischen Ichs widerspiegelt. Besonders beeindruckend ist die Verwendung des Himmelsbogens als Symbol für Hoffnung und Veränderung. Wirklich schön. Wie Goethe (Faust) spielte auch Wordsworth (Prelude) und die biblische Darstellung (Genesis) mit dem Bild.

Dein petrarkisches Sonett spielt wohl mit dem Kontrast zwischen der Realität und einer idealisierten Welt, was durch den Traum vom gemeinsamen Schweben im Himmel illustriert wird. Diese Sehnsucht nach Flucht aus der Realität wird ergänzt durch die wiederkehrende Motive von Flug und Freiheit, was die Grenzen menschlicher Erfahrungen herausfordern will.

Die letzten Zeilen, die sich auf den Tod als "Spielkind" beziehen und den Wunsch ausdrücken, für die "weiße Taube" (sehr schön!) zu wachen, verdeutlichen eine erwachsene Auseinandersetzung mit den Themen Tod und Hoffnung. Das Gedicht schließt mit einer rhetorischen Frage, die sowohl die Unschuld als auch die Komplexität des Lebens reflektiert.

Insgesamt ist deine Arbeit eine kunstvolle Verschmelzung von Naturbildern und tiefgründigen menschlichen Emotionen, die sowohl die Vergänglichkeit als auch die Schönheit des Lebens betont. Deine Fähigkeit, komplexe Emotionen und Gedanken in einer solch reichen und bildhaften Sprache auszudrücken, ist wirklich bemerkenswert und verdient ein sonettiales Lob. (Ich als Sonetten Fan muss das ohnehin loben und die Chance auf einen Neologismus ausnutzen! );)

Einzige Kritik: Der Titel von der Wiese gefällt mir mehr. Fügt sich wunderbar in das Sprachbild. Der lateinische Titel von hier macht es etwas steriler und weniger „Vix spiritus capit. Tamen res videbis quas nullus alius in pectore suo habet.“ ^^ (Kaum fasst der Geist es. Doch du wirst Dinge sehen, die niemand anderes in seinem Herzen hat.)

Lg

P
 
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sufnus

Mitglied
Hey Petru! :)
Hoffentlich weckt Dein wahrlich hohes Lob nicht wie weiland bei den Alten den Neid der Götter... da zeige ich mich mal lieber bescheiden errötend, bevor noch Apollo die Leier zur Seite legt und zum Flitzebogen greift. *artigen Diener mach*
Hauptsinn der Übung war ja, wie angedeutet, den Einfluss einer reduzierten Reimdichte auf das Klangbild experimentell zu erkunden. Wie ebenfalls oben schon angedeutet, würd ich dabei die stringente Reimung gar nicht sooo sehr als notwendig für die genremäßige Sonett-Verortung ansehen (Du hast mich ja bei Gelegenheit auf das ganz ungereimte Herburger-Sonett aufmerksam gemacht). Aus irgendwelchen für mich schwer zu fassenden inhaltlichen Gründen würde ich persönlich aber hier ein bisschen davor zurückschauen, vollumfängliche Sonettizität für dieses Gedicht zu beanspruchen. Selbstverfreilich kann man das aber auch anders sehen und hier klar den Sonettpflock als eingehauen betrachten. :) Übrigens bzgl. des Spezialfall des Petrarca-Sonetts wäre mir persönlich die silbliche Ebenmäßigkeit (durchdiebank 11 Silben) und die delikate Betonungsstruktur des italienischen Vorbildes wichtig (letztere im Deutschen nur schwer nachahmbar... das wär höchstens eine Aufgabe für unsere kakadu ;) ).
Was den Titel angeht, triffst Du den Punkt... da bin ich noch am hin- und herhadern und mit beiden Versionen nicht ganz zufrieden (also der bildungshuberischen hiesig-lateinischen und der etwas durchdiebrustinsauge zielenden Variante auf der Lyrikwiese).
Also... durchaus auf Wiedervorlage. :)
LG!
S.
 
G

Gelöschtes Mitglied 24962

Gast
Nur kurz noch, Sufnus: der Verweis zu Petrarca wegen Form: zwei Quartette, zwei Terzette. Das elisabethanische ist ja anders zermeiselpetert! Daher die Erwähnung!

Tütüt! :D
 

sufnus

Mitglied
Hey!
Ja... so hab ich Dich auch verstanden... ich persönlich würde halt die Petrarca-S. enger definieren und bei denen u. a. auch den Elfsilbler fordern (mithin - etwas ungenau auf Deutsche übertragen u. a. durchgängig weibliche Kadenzen; wie angedeutet wäre aber die Betonung auf bestimmten Silben noch weit wichtiger und da streikt die deutsche Zunge etwas). Diese Betonung der Elfsilbigkeit führt direkt zu den Wurzeln des Sonetts nach Sizilien (also nochmal zeitlich vor Petrarca), wo auch die Aufteilung in Quartette und Terzette ihren Anfang nahm und verweist (Minderheitenposition für die ich aber Sympathien hege) auf die mögliche Ableitung vom des Sonetts vom Strambotto.
LG!
S.
 



 
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