Corrida - Der Tod im roten Staub

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Eine wahre Geschichte.


von: Et contra nubes


Warum ausgerechnet Vinaroz unser Zielort sein musste, habe ich bis heute nicht recht begriffen. Ich meine mich erinnern zu können, dass Onkel und Tante erwähnten, früher schon einmal hier gewesen zu sein.
So war der Strand kleiner und besaß nicht die Sandqualität von Arma di Taggia. Ein Bach, der im Frühjahr wohl eine enorme Breite erreichte, plätscherte träge in die Bucht und es schien nicht das sauberste Wasser zu sein, das er mit sich führte.

Der Ort selber schien auf Touristen wohl nicht wirklich angewiesen zu sein, denn es gab kein breites Angebot an Attraktivitäten, auch warben keine übergroßen Plakate für Sehenswürdigkeiten der Stadt oder Erlebnisse in der angrenzenden Natur. Erwähnenswert noch die Kirche Arxiprestal de l'Assumpció aus dem siebzehnten Jahrhundert im Stadtzentrum.

Die zum großen Teil noch nicht asphaltierten Straßen, die erst mit dem Ortsschild ihren Belag erhielten und die zum Teil heruntergekommenen Häuser, die ärmlich aber authentisch aussahen, gaben uns das Gefühl, in einer „echten“ spanischen Stadt zu sein. So verbrachten Harald, mein Cousin und ich, hier unseren restlichen Urlaub, und mittlerweile am Camperleben und seiner improvisierenden Art, das wohl seinen besonderen Reiz ausmachte gewöhnt, durchstöberten wir die Stadt, immer mit dem Blick nach Einkaufsmöglichkeiten, wobei sich der Markt als wirkliche Sehenswürdigkeit anbot. Geflügel und Schweine in kleinen Gestellen lebend gehalten, Fleisch und Wurststände über denen sich langsam drehende Ventilatoren vergeblich abmühten der schwarzen Schar von Fliegen Herr zu werden.

Besonders interessant, die Käsestände, deren Geruch man schon von weitem wahrnahm, dazu das An- und Abnehmen der Stimmen der Standbesitzer, die ihre Ware lauthals anpriesen. Die Käufer mit ihrem Gefeilsche, und was mich begeisterte, die herrschaftlich aussehenden Reiter, die auf ihrem Pferd hinter sich, seitlich aufgesessen, ihre Damen mit sich führten und in gemäßigtem Trapp mit lockerem Zügel, in ihrem aufrechten Sitz, prächtig gewandet, eine Souveränität ausstrahlten, dass man unweigerlich zur Seite trat um dem Paar den ihnen zugehörigen Platz einzuräumen.

So vergingen die Tage und der Spaß an Sonne und Wasser hatte sich längst aufgebraucht, und auch das Spiel mit Bällen jedweder Art brachte keinen echten Reiz mehr. So streunten Harald und ich, wenn wir nicht lesend im Schutz der erbarmungslosen Sonne im warmen Zelt saßen, durch die staubigen Straßen der Stadt und schauten uns um nach einem Boulespiel, von dem wir uns noch einmal eine Kurzweiligkeit erhofften.

Da entdeckten wir plötzlich das Plakat, frisch aufgebracht verkündete es in schrillen Farben, dass es am nächsten Sonntag einen Stierkampf geben würde. „Pepe de Vega“ und vor allen Dingen „El Caracol“ wären dabei und die Patenschaft der Corrida wurde von niemand anderem als Salvador Dali übernommen.
Da mussten wir hin, wenn überhaupt etwas zu dieser spanisch wirkenden Stadt passte, dann war es die Corrida. Salvador Dali war mir von der Schule her nur in etwa ein Begriff. Er hatte verrückte Bilder gemalt, Uhren die in der Sonne schmolzen oder so ähnlich. Was immer er auch gemalt haben mochte, egal, Hauptsache wir sahen den Kampf zwischen den wilden Stieren und den mutigen Toreros.

Durch die Straßen zogen Autokarawanen mit Lautsprechern und die verkündeten lautstark und mit vielen rollenden „R`s“ und zischenden „S“ für uns Unbekanntes, vermutlich über den bevorstehenden Kampf. Als ginge es um das Ende der Welt, so dröhnte es durch die Gassen, aber anstatt vom drohenden Untergang zu verkünden, ging es um nicht mehr als einen Stierkampf.
Auf den Anhängern, die von Traktoren gezogen wurden, standen große Werbeplakate mit den Bildern und Namen der Toreros, bestehend aus Matadores, Picadores, Banderilleros. Links und rechts davon eingerahmt, hübsche, spanische, junge Frauen in Festkleidung, die sich an den Stangen auf den Plattformen der Anhänger festhielten um nicht den Halt zu verlieren, sie strahlten mit ihren hellen Gesichtern, die von hochgestecktem, schwarzen Haar umschlossen und mit dunklen Augen versehen waren, eine Unnahbarkeit und Arroganz aus, die jeden der männlichen Zuschauer unruhig werden lassen musste.
Veterano Osborne und Weine der Umgebung durften als genannte Sponsoren nicht fehlen und warben ihrerseits, mit eigenen Plakaten, auf ihren, ebenfalls von Traktoren gezogenen Fahrzeugen mit eigenen jungen Frauen in flamencoähnlichen, langen Kleidern und sie fächerten sich den warmen Wind ins katalanische Antlitz und strahlten, trotz der Hitze, über das ganze Gesicht. Der „Lindwurm“ entfernte sich langsam aus unserem Blickfeld, aber der blecherne Klang verhallte nur widerwillig in den verwinkelten Gassen. Harald hatte die Karten besorgt und wir wunderten uns über den passablen Preis.

Am nächsten Tag war es so weit, frühzeitig zogen wir los und mit uns ein Heer von Stierkampfgläubigen. Eine Musikkapelle spielte unbekannte Kompositionen, die sich aber sehr spanisch anhörten. Die Menschen, vielleicht Tagelöhner oder Bauern aus der Umgebung, trugen wohl ihre beste Kleidung und sie gingen mit ihren Damen würdevoll auf das Rund der Arena zu, und alles wirkte so landestypisch, und über allem schien ein Hauch von katalanischer Impression zu liegen.

Nie wieder ist mir Spanien so fremd vorgekommen wie an diesem heißen Nachmittag in Vinaroz. Als wir uns im Inneren der Arena durch die Reihen immer weiter nach oben bewegten, dämmerte es uns warum uns der Preis so akzeptabel erschien, denn unbarmherzig stand der gelbe Ball am wolkenlosen Himmel und verlangte von uns seinen Tribut.
Ein zitronenartiges Getränk zur Hälfte aus Eisstückchen bestehend versprach uns Linderung, aber das eiskalte Getränk zu hastig genossen, ließ einem das Hirn einfrieren und kaum getrunken, eroberte die Sonne ihr Terrain zurück, ließ uns ihre Glut spüren und der Schweiß lief uns in Strömen über Kopf und Nacken.

Fanfaren verkündeten den Beginn der Darbietung und ließen es nicht zu weitere Getränke zu ordern. Der Sprecher betrat unter Beifall die Mitte des von hellem Staub belegten Rundes und sprach in sein Mikrofon. Er begrüßte das Publikum in dem er sich einmal um seine Achse drehte. Dann wendete er sich der Schattenseite der Arena zu und deutete mit seinem ausgestreckten Arm auf eine Loge, ungefähr in der Mitte der steil ansteigenden Sitzreihen, es erhob sich ein gut aussehendes Paar mittleren Alters in prächtiger Kleidung, wie sich herausstellte, das Bürgermeisterpaar und sie verbeugten sich leicht vor dem Publikum.
Applaus aus dem weiten Rund erscholl und der Sprecher drehte sich wieder um seine eigene Achse und mit weit ausgebreiteten Armen wies er auf das Dunkel der Eingangspforte und aus dem Schatten trat eine schlanke Gestalt, ganz in schwarz gekleidet hervor.

Langes, schwarzes Haar das über den Kragen seines Jacketts lag, und er trat gemessenen Schrittes, dabei eine Hand in der seitlichen Tasche des Jacketts verborgen, in die Mitte. In seiner Rechten ein schwarzer Stock mit silbernem Knauf. Was diesen Mann unvergleichlich machte, war dieser sehr feine Schnurrbart, der die Breite seines Gesichts einnahm und sich dann nach oben bog. Als er zur Begrüßung beide Arme in die Höhe reckte, da hielt es niemanden im großen Rund auf den Sitzbänken, ein infernalisches Geschrei hob an: „El Papa, el Papa, el Papa…. aus tausenden Kehlen erscholl der Ruf. So begrüßten die Spanier, oder besser Katalanen ihren Nationalhelden.

Harald und ich saßen noch auf unseren Plätzen und sahen vor uns eine Mauer von sich hin und her bewegenden Leibern. Endlich trat Ruhe ein und die Leute setzten sich wieder hin. Der Moderator am Mikrofon begrüßte den Mann in Schwarz an seiner Seite und wir hatten natürlich begriffen, dass es sich um Salvador Dali handeln musste.
Wieder wendete sich der Sprecher mit dem Mikrofon zum Eingangstor und nun schritt ein Mann, in der typischen Kleidung eines Toreros, aus dem Dunkel der Pforte in die Arena und grüßte mit einer halben gehobenen Arm- drehung, dabei bewegte er sich mit knappen, kurzen Trippelschritten, einem Kind nicht unähnlich, in die Mitte der Arena.

Beifall von den Rängen begleitete ihn. Er zog seinen schwarzen Hut, verbeugte sich tief vor dem Bürgermeisterpaar weit über ihm, drehte sich dann abrupt um und mit einer knappen Bewegung warf er seinen Hut über seine rechte Schulter hinauf in den Rang und ohne Aufwand fing die Dame, die neben dem Bürgermeister saß, den Hut und legte ihn in ihren Schoß dabei nicht vergessend, ihm eine Kusshand zuzuwerfen.Das Volk tobte.
Die drei Männer umrundeten die Arena, der Applaus war ihnen sicher und so verschwanden sie im Dunkel des Ausganges und neben dem freien Platz, auf Seiten des Bürgermeisters, sah man kurze Zeit später Salvador Dali Platz nehmen.

Die Menschen auf ihren Sitzen warteten auf den Beginn der Musik, man spürt die Spannung und ihre Nervosität, ein Raunen, eine Gemurmel macht sich breit. Harald und ich saßen in der prallen Sonne und der Schweiß lief über unser Gesicht. Mit der Hand schützte ich meine Augen und in genau diesem Augenblick begann die Musik und aus der großen, schwarzen Pforte traten sie hervor. Der Einzug der Protagonisten erfolgte nach genau vorgegebenem Ritual.

Unter dem Beifall der Zuschauer zogen sie in Reihe ein, vorne die Matadore, die Stiertöter, dahinter, in gleichem Abstand, die Lanzenreiter, die Pikadores, am Ende, die Lanzenträger und die Banderilleros. Zwei Reiter traben vor und nach Erhalt irgendeines Gegenstandes, den wir nicht genau sehen können, reiten sie in Richtung Pforte zurück. Da wir den Ablauf einer Corrida nicht kannten, begriffen wir nicht, dass es sich um eine Schlüsselübergabe handelte, damit wurden die Stiere hinter ihrem Tor aufgeschlossen.

Winkend liefen die Matadore durch den Kreis der Arena und sahen in ihren goldenen Schuhen, den Zapatillas, zerbrechlich aus, über dem Arm trugen sie das rote Tuch, die Capote.
Langsam nahm der dunkle Ausgang einen nach dem anderen der Mitwirkenden auf und es dauert noch eine kurze Weile bis die Musik abbrach.
Einer der Matadore betrat unter Applaus das Oval. In der Linken hielt er hoch erhoben seinen Hut.

Jetzt stolziert er durch den Kreis und wirkt in seiner bunten Tracht auf mich ein wenig wie ein Harlekin aus der Commedia dell´ Arte. Der Kampf beginnt.
Dann öffnet sich das Tor, und wie von einem Katapult beschleunigt jagt der Stier in die sonnenbeschienene Arena, was für ein Tier? Schwarz, schweißglänzend, herrlich anzusehen, ein Berg von Muskeln. Den Kopf hin und her werfend, sucht es den vermeintlichen Gegner, der tritt jetzt hinaus in die Mitte der Arena.

Einen Moment lang stehen sie sich gegenüber, wie zwei Boxer die sich abschätzen. Mit einer langsamen seitlichen Schrittfolge und gleichzeitiger Bewegung des Rot-gelben Tuches, beginnt der Kampf. Der Matador folgt einem aus vielen Kämpfen gelerntem Ritual und versucht den Stier zu „lesen.“ Wir hier oben, in der von der Sonne so reichlich bedachten Sitzreihe, wissen von all´ dem nichts und sind fasziniert von den leichtfüßigen Bewegungen des Stieres und den eleganten Bewegungen des Stierkämpfers, der immer im Voraus zu ahnen scheint, wie sich das Tier bewegen wird.

So „tanzen“ sie umeinander herum und der Stier versucht in seiner ungebändigten Kraft das Tuch zu treffen, dass sein vermeintlicher Gegner ist. Der Torero, mit seinen kurzen, knappen Bewegungen weicht geschickt aus und getragen vom Aaah! und Ooh! der Zuschauer, lässt er den Stier um das eine und andere Mal ins Leere laufen. Und so vergeht die Zeit bis zum Eintritt der Pikadores auf ihren, von einer Art dicken Steppdecke beschützten Pferden.

Die Lanzenreiter verstehen es mit Geschick, den Nacken des Stieres mit ihren Lanzen zu treffen und damit dem Matador Zeit zu geben sich von der Anstrengung der ersten Begegnung zu erholen. Dem Stier aber wird diese Gnade nicht zuteil, störrisch wie ein Esel greift er immer wieder an und die Metallbolzen der Lanzen bohren sich tief in seinen Nacken. Die Banderilleros tauchen mit ihren geschmückten Spießen auf, und für einen Moment stellen sie mit ihrer Gewandtheit und Schnelligkeit sogar den Matador in den Schatten.

Ohne Schutz, nur ihrem besonderen Talent vertrauend, laufen sie auf den Stier zu und im rechten Augenblick federn sie um Haaresbreite an den Hörnern des Kampfstieres vorbei, fliegen durch die Luft und stechen dem Tier die Spieße gekonnt in die Schulter. Das Volk auf den Rängen beantwortet alle gelungenen Aktionen, mit sich im Gleichklang bewegenden Olé-Rufen.
Es entsteht eine kurze Pause und der Stier, mit heraushängender Zunge steht, gezeichnet vom Kampf, in der Mitte der Arena. Blut läuft ihm in Strömen über den Rücken, aber es scheint, als spüre es das alles nicht, seine Hufe scharren im Staub und als der Matador mit seiner Muleta, dem kleinen Tuch und dem Degen in der Hand, erneut, unter Beifall, in die Arena tritt, und den nach oben gehaltenen Degen an die Lippen legt, wird der Stier lebendig und trabt langsam an.

In den folgenden Minuten, dem letzten Akt des Kampfes, zeigt der Matador noch einmal sein Können und lässt es zu, dass der Stier ihn umrundet, nah bei den Hüften fast berührt und dabei die von allen Zuschauern verstandenen Figuren „tanzt.“ Das Geschrei der Zuschauer nimmt zu bis zu dem Augenblick der Wahrheit. Da steht das Tier, das niemanden im hohen Rund enttäuscht hat und jetzt mit leicht gesengtem Kopf, schwer atmend vor dem Torero steht, der sich kurz den Zuschauern zuwendet, dann die Muleta beiseitelegt und den Degen hebt.

Da steht der Stahl waagerecht in der Luft, blitzt in der Sonne und zielt auf den Rücken des Stieres. Ein letztes Mal kommt Bewegung in das wunde Tier, es kann nicht anders, es kommt seiner Bestimmung nach und beginnt sich nach vorne zu bewegen, jetzt stehen sie sich gegenüber, der Torero ungeschützt, der Stier mit seiner letzten Kraft. Alle im „Estadio de Toros“ scheinen den Atem anzuhalten.

Nur der Torero bewegt sich mit kurzen Schritten nach vorne, und bevor ihn die Hörner des Tieres erreichen können, schnellt er nach vorn. Der Stier reißt noch einmal den Kopf nach oben, aber schon trifft ihn der Stahl im Genick und fast bis zum Heft bohrt er sich in das Tier. Ein kurzes Aufbäumen, ein Schritt zur Seite, dann brechen unter ihm die Beine weg und es sitzt im Staub und als wäre es nur der Beobachter und nicht die Hauptfigur, so schaut es sich noch einmal die Massen der Menschen an, die ihn auf seinem letzten Weg begleiten. Klagt es sie an, verachtet es sie?

Es ist geboren für diesen einen Augenblick, dem Volk zur Kurzweil, das mit der Kraft der Suggestion, es wäre ein gefährliches Tier und hätte eine Chance diesen Kampf zu überleben, dem Torero zujubelt. Der Kampf ist zu Ende. Das tote Tier wird von zwei Pferden durch die Arena unter Beifallstürmen geschleift, während der Matador, den Hut schwenkend, um die Arena läuft und Blumensträuße fliegen in den inneren Kreis.

Der nächste Kampf bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Der Torero nicht mit der Gewandtheit seines Vorgängers ausgestattet, und am Ende ungeschickt mit dem Degen, muss der Stier von einem Puntillero mit einem Dolchstoß ins Genick getötet werden. Jetzt erlebt man, wie das Volk aufbegehrt, seinen Unwillen ausruft und die ersten Sitzkissen fliegen in das weite Rund. Der so Gescholtene tritt schnell ab.
Harald und ich sitzen nun schon seit geraumer Zeit in der Hitze der langsam untergehenden Sonne, wie gerne hätten wir jetzt ein kühles Getränk, aber es wartet ein weiterer Kampf auf uns. Die Luft ist stickig und die Sonnenstrahlen glitzern im aufgewirbelten Staub, der sich nur langsam wieder legen will.

Der Stier der jetzt in die Arena tritt ist wild, kaum aus der engen Box frei gelassen, rast er auch schon auf die Animateure zu, die sich mit einem Hechtsprung hinter die Zwischenwände retten. Der Stier aber kann sein Temperament und seine Kraft nicht zügeln und springt über die Absperrung und befindet sich hinter der Barriere. Plötzlich sind die jungen Burschen in die Arena zurückgesprungen, während der Stier unter lautem Gegröle und Beifall der Zuschauer aus der Brettergasse geleitet wird und ein zweites Mal hinaustritt auf den Turnierplatz.

Die Corrida beginnt und wir beide, als Beobachter, verste- hen mehr und mehr den Ablauf des Stierkampfes und wissen nun was als nächstes dargeboten wird. Aber dieser Stier ist von überragendem Temperament, das erkennt man sofort, auch der Torero hat das begriffen und anders als seine Vorgänger, waltet er mit größerer Vorsicht. Das Tier, eben noch scheinbar unbeteiligt, versteht es, förmlich aus dem Stand heraus zu beschleunigen, einen Haken zu schlagen und sich dabei auf das Nächstliegende zu stürzen, egal wer oder was es ist.

Wir erleben, wie er gerade noch den Matador attackierend sich abwendet und auf den Pikadores auf seinem Pferd zurast. Ungebremst rammt er dem Pferd seine Hörner in die, von einer Art Steppdecke geschützte Flanke und hebt, unter Stöhnen und Aaah-Rufen der Zuschauer, das Pferd samt Reiter in die Luft. Beide stürzen und bevor sich der Stier auf den eingeklemmten Pikadores und das arme Pferd stürzen kann, sind sie da, drei, nein vier Matadors mit ihren Capotes schützen sie den Mann unter dem Pferd und verwirren den Stier, der sich zu allen Seiten umwendet und dann nach vorne stürzt, dabei die Matadors zum Rückzug zwingt.

Mein Gott! Ich dachte schon, es könnte keine Steigerung mehr geben aber das hat unsere Erwartungen schon jetzt um Längen geschlagen. Mein Herz schlägt heftig, meine Hände sind feucht. Jetzt sind wohl auch die Pikadores eingeschüchtert und hinein ins weite Rund tritt der Matador unter großen Beifall, jetzt mit der Muleta, zu einem Zeitpunkt, wo der Stier noch über enormen Mut und Schnellkraft verfügt und seine Nackenmuskeln noch nicht von den Lanzen der Berittenen pikiert wurden.

Es beginnt eine Vorführung von so hoher Kunst des Stierkampfes, dass wir von den Sitzen gerissen werden und wie alle anderen uns in Olé-Rufen verbrüdern, die Begeisterung nimmt Raum und lässt uns nur für Momente zurücksinken, um sofort wieder dem Hin und Her auf dem Parcours unsere Stimmen zu leihen.
Stier und Matador, beide beweglich wie Dattelpalmen im Sturm. Die Hörner, um Milllimeter verpassen sie die Hüften des Mannes, der sich schon seit geraumer Zeit auf einer Wolke der Begeisterung getragen sieht und vielleicht aus diesem Grund bis an seine Grenzen geht und sich manchmal ein wenig darüber bewegt.

Das hier ist auch für ihn kein normaler Kampf mit einem unterlegenen Gegner, hier muss er es sich und uns beweisen, dass Stierkampf eine hohe Kunst darstellt, die neben Mut und Geschick auch die Fähigkeit eiserner Nerven fordert, denn alle spüren, bei den nicht nachlassenden Bewegungen beider Probanden, eine Art Todesnähe. Keinen hält es im Rund auf den Sitzen. Die Zuschauer geraten in Verzückung und Speichel und Schweißtropfen fließen über ihre Gesichter.

Der Matador hat sich jetzt um zwei, drei Meter vom Stier gelöst und wieder scheint sich das Tier zu orientieren, schaut nach links und rechts, wo man halb hinter Schutzwällen verborgen, nervöses Fußscharren von anderen Matadoren sehen kann. In nie gesehener Eleganz windet sich der Stier um den Torero, der wie in Trance immer um den Bruchteil einer Sekunde vorher zu ahnen scheint, wie sich das Tier bewegen wird.
Mir kommt es so vor, als wären die beiden ein Paar, unlösbar miteinander bis in die Ewigkeit verbunden. Sie tanzen ihren Todesreigen mit der makraben Gewandtheit von zwei Degenfechtern die auf einem Drahtseil über dem Abgrund balancieren.

Alles passt perfekt zusammen, kein Schritt zuviel, die Bewegungen so knapp bemessen, dass keinem der beiden Raum zur Improvisation bleibt. Das Publikum scheint die beiden schon längst vergessen zu haben, außer einem Raunen, das auf und abschwellt, ist nichts zu hören. Auge in Auge so winden sich Tier und Mensch ohne Ermüdung umeinander, als wollte es kein Ende nehmen, doch da geschieht es. In diesem winzigen Moment, wie von einer Feder nach vorne katapultiert, beschleunigt der Stier auf den Torero zu, der wieder zur Seite abschwenken will.

Der Stier windet sich an dem zur Seite ausweichenden Torero vorbei, doch sein linkes Horn bleibt am Schulterhalfter des Toreros hängen und wie von einem Katapult beschleunigt und ohne den Stier in seiner Vorwärtsbewegung zu hindern, fliegt er in hohem Bogen durch die Luft und landet auf dem Bauch mit dem Gesicht im Sand der Arena.
Flach auf dem Boden liegend, vergehen wertvolle Sekunden. Ein Stöhnen geht durch die Reihen der Zuschauer. Muleta und Degen sind verloren und wie in einem Film scheint sich jetzt alles wie in Zeitlupe abzuspielen.

Der Matador erhebt sich halb, sitzt auf den Knien, fast wie in betender Pose als der Stier vor ihm erscheint. Hinter den Palisaden macht sich Bewegung breit, während wir atem-
los auf unseren Rängen nicht glauben wollen was jetzt geschehen wird. Aber das was jetzt kommt ist unumkehrbar und brennt sich für die Ewigkeit in meinen Kopf.
Der Mann, kniend im Sand, wartet mit vollem Bewusstsein auf den Ansturm des Stieres. Ich kann in sein Gesicht sehen, er weiß, dass er keine Chance hat. Ist es die Hochachtung gegenüber seinem Kontrahenten, ist es Respekt dem Besseren gegenüber?

Das Tier fliegt auf den Knienden zu und rammt ihm das Horn in den Unterleib und wirft ihn dabei wie ein Spielball in die Luft. Die Traje de Luces, das Lichtkleid des Toreros färbt sich rot noch bevor er auf dem Boden der Arena landet und der Stier lässt nicht nach, wirft ihn ein weiteres Mal in die Höhe, bevor sich die Matadores und Burschen von allen Seiten mit Latten und Fäusten auf das schwarze Ungetüm stürzen und ihn am Schwanz ziehen. Der Matador liegt reglos im Staub, der sich unter ihm rot färbt. Doch der Stier lässt nicht nach und traktiert den am Boden liegenden Mann.

Endlich! Einer reagierte am schnellsten, er ist der Wagemutigste und stellt sich vor die Hörner des rasenden Tieres. „El Caracol“, genannt die Schnecke, ein junger Matador, dem es endlich gelingt, die Aufmerksamkeit des Tieres auf sich zu lenken und der dem Hornstoß, unvorbereitet wie er ist, auch nur um Haaresbreite ausweichen kann. Während der regungslos Daliegende, von den anderen an den Armen gezogen, schnell hinter die Palisaden getragen wird, beginnt der letzte Teil der Corrida.

Der junge Mann begegnet dem Stier mit Respekt aber auch er reizt jetzt, nachdem die Arena geleert ist und er über den nötigen Raum verfügt, seine Möglichkeiten immer weiter aus. „El Caracol“ Dieser Stier, der noch immer im Vollbesitz seiner Kräfte zu sein scheint, hat auch diesen jungen Torero in seinen Bann gezogen. Hier muss er sich beweisen. Auf dem schmalen Grad zwischen Leben und Tod hat er alles um sich herum vergessen und schon scheint er Gefangener seiner selbst zu sein und mit der gleichen Waghalsigkeit wie es sein Vorgänger getan hat, bewegt er jetzt seinen Körper und die Muleta.

Wieder beginnt ein sich Drehen und Wenden, wieder verfehlt ihn der Stier nur um wenige Zentimeter, wir alle sind aufgesprungen und ein sich immer wiederholender Aufschrei der Menge wirkt wie ein Rauschgift auf uns.

Das ist Massenhysterie in seiner archaischsten Form und sie ringen dort unten miteinander, als wollte es kein Ende nehmen. Olé-Rufe bei jeder Drehung der beiden. Aber natürlich kommt der Moment des Degenziehens doch irgendwann.
Da steht nun der Stier, jetzt ausgepumpt, die Zunge seitlich aus dem Maul hängend, schweißnass, aber nicht besiegt. Er wird der Sieger bleiben, jeder weiß das. So beginnt er seinen letzten Gang, wieder mit Kraft und er trifft auf einen jungen Mann, der weiß, wie man mit einem Degen umzugehen hat.

Die Muleta beiseite geworfen, die schlanke Gestalt des Toreros mit dem erhobenen Stahl, den Hut schon längst verloren, glänzt sein schwarzes, nasses Haar in der abendlichen Sonne. Im weiten Rund ist es still geworden, kein Geräusch ist mehr zu hören, kein unterdrücktes Husten, alles starrt wie gebannt auf diesen letzten Akkord. Der Stier trabt an beschleunigt, nichts scheint ihn aufhalten zu können, jetzt muss sich beweisen ob die Kraft des Stieres, seine Schnelligkeit oder die sichere Hand und das kalte Herz des Toreros die Oberhand gewinnt.

Der letzte Akt Da! - ein gekonnter Stoß trifft den Stier hinter seinen Hörnern und der Stier steht wie angewurzelt mitten im Ring. Ganz ruhig steht er da und schaut, als wäre nichts geschehen. Da geschieht etwas, was ich bis heute nicht vergessen kann. El Caracol, nimmt Anlauf und rutscht die letzten Meter auf den Knien durch den Sand auf den Stier zu.
Beide sind nur Zentimeter voneinander entfernt. Jetzt erhebt er sich, steht für einen kurzen Augenblick vor dem Stier, legt dann beide Hände nach hinten auf den Rücken, beugt sich langsam vor und küsst den Stier auf die Stirn.

Was für ein Bild, die gebogene, zarte Gestalt des Matadors vor dem schwarzen Stier der den Todeskuss erhält und als wäre es von einer unsichtbaren Choreographie abgesprochen, sofort zusammenbricht.
Der Aufschrei der Massen, der viel zu lang angehaltene Atem, einer Befreiung gleich formiert er sich zu einem stakkatoähnlichen Ole´, dass nicht enden will. Aber dieses sich Loslösen von der inneren Spannung, dieser Jubel, er gilt auch dem Stier, der nicht zu einer Schlachtbank geführt wurde ohne Chance, er hat seine Haut teuer verkauft. Aus der Ferne hören wir das unheilvolle Hornsignal eines Krankenwagens leiser werden. Wir haben genug gesehen. Wir erheben uns und verlassen den Ort und sind noch immer berauscht von dem Gesehenen.

Als wir den Campingplatz erreichten, hatte sich unter den meisten Campinggästen schon herumgesprochen, dass es einen Unfall gegeben haben musste. So kamen wir als Zuschauer der Stierkämpfe in den Genuss, alles haarklein erklären zu dürfen. Vor ihren Augen ließen wir noch einmal eine Corrida erstehen und eine Gänsehaut lief mir über die Haut bei der Illustration des Erlebten.
Am Abend saßen wir um den Campingkocher bei fahler Beleuchtung, hörten dem Rauschen der Wellen zu, die in ihrem Gleichmaß an den Strand rollten. Schweigsam waren wir, tranken unsere Cola und blickten in einen abendlichen Himmel, wissend, dass der Urlaub zu Ende war. Wir werden übermorgen zurückfahren, dann würde für mich die Zeit der Einschränkungen, was die Enge des Zeltlebens und des Autofahrens anging, vorbei sein.

Aber ich hätte den Urlaub gerne noch ausgedehnt, hatte er mir doch so viele außergewöhnliche Ereignisse beschert. In Lyon gab es noch einmal einen langen Stau und ich bewunderte meinen Onkel, wie er die Nacht durchfuhr und am Morgen das Steuer an seine Frau übergab, die uns dann gegen Mittag durch die Vororte von Düsseldorf kutschierte.
Es war Samstag und Harald wollte unbedingt zu seinen Fußball-Fans ins Stadion gebracht werden, was ihm auch gegönnt wurde. So standen wir vor dem Eingangstor des Rheinstadions, wo die Fans in Massen in Richtung Fußballarena strömten was Harald zum Anlass nahm, sich von uns zu verabschieden und in der Menge der Freunde, die ihn umarmten, zu verschwinden.

Habe ich ihn jemals wiedergesehen? Jahre später, erinnere ich mich, sah ich ihn noch einmal auf der Kasernenstraße, auf der anderen Straßenseite, alleine entlang gehen. Aber ich spürte kein Bedürfnis mich bemerkbar zu machen, ich schaute ihm nach und er verschwand mir aus dem Blick und aus meinem Leben.





ENDE

 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Et contra nubes,

alles was jetzt kommt, ist natürlich nur meine persönliche Meinung.

Da entdeckten wir plötzlich das Plakat, frisch aufgebracht verkündete es in schrillen Farben, dass es am nächsten Sonntag einen Stierkampf geben Der Vorplatz von Vinaroz würde.
Hier an dieser Stelle würde ich die Geschichte erst beginnen.
Die fünf Absätze davor tragen nichts zur Geschichte über die Stierkämpfe bei.
Konzentriere dich auf das Wesentliche, mache den Text prägnanter.
Onkel und Tante, Geflügel und Schweine, 17. Jhd. und Straßenbelag etc. gehören m.E. in einen Reisebericht, nicht in eine actionreiche Story.

und alles wirkte so landestypisch, und über allem schien ein Hauch von katalanischer Impression zu liegen.
Hier nur Beschreibungen. Was ist landestypisch, was sind katalanische Impressionen?
Ich als Leser möchte hier keine Behauptungen lesen, sondern durch lebhafte, bildhafte Beschreibung selbst darauf kommen.

ein infernalisches Geschrei hob an: „El Papa, el Papa, el Papa…. aus tausenden Kehlen erscholl der Ruf.
an: „El Papa, el Papa, el Papa ..." Aus tausenden

gehobenen Arm- drehung
Armdrehung

zuzuwerfen.Das Volk tobte.
zuzuwerfen. Das

und in genau diesem Augenblick begann die Musik
Was für Musik? Was wurde gespielt?

Unter dem Beifall der Zuschauer zogen sie in Reihe ein, vorne die Matadore, die Stiertöter, dahinter, in gleichem Abstand, die Lanzenreiter, die Pikadores, am Ende, die Lanzenträger und die Banderilleros. Zwei Reiter traben vor und nach Erhalt irgendeines Gegenstandes, den wir nicht genau sehen können, reiten sie in Richtung Pforte zurück. Da wir den Ablauf einer Corrida nicht kannten, begriffen wir nicht, dass es sich um eine Schlüsselübergabe handelte, damit wurden die Stiere hinter ihrem Tor aufgeschlossen.
Hier wechselst du innerhalb eines Absatzes die Zeitenform.

Einer der Matadore betrat unter Applaus das Oval. In der Linken hielt er hoch erhoben seinen Hut.

Jetzt stolziert er durch den Kreis und wirkt in seiner bunten Tracht auf mich ein wenig wie ein Harlekin aus der Commedia dell´ Arte. Der Kampf beginnt.
Dto.

Mit einer langsamen seitlichen Schrittfolge und gleichzeitiger Bewegung des Rot-gelben Tuches, beginnt der Kampf
des rotgelben
kein Komma

wissen von all´ dem
von all dem

Der Text über die Stierkämpfe ist ein wenig lang, detailverliebt. Fast wie aus einem Fachmagazin.
Ich würde mich auf die beiden interessantesten Kämpfe beschränken.
Die beiden Protas unterhalten sich gar nicht, spüren außer Hitze gar nichts. So wirken sie für mich nur als Beiwerk, sind entbehrlich. Soll heißen: Der ganze Stierkampf braucht sie nicht unbedingt. Es könnte auch alles aus Sicht eines Reporters vor Ort erzählt sein.

Am Ende taucht plötzlich der Onkel wie aus dem Nichts auf. Nichts im Text vorher weist darauf hin, dass er und seine Frau auch vor Ort sind.
Am Ende vergibst du die Chance, das (Fussball-)Stadion, die Menschenmassen, den Jubel, die Stars, all das, mit dem Erlebnis in der Stierkampfarena zu vergleichen oder zumindest einen Bezug dazu herzustellen.

Hoffe, du kannst mit meinen Anmerkungen etwas anfangen.

Liebe Grüße, Franklyn Francis
 
Hallo Francis,
Du hast es richtig gesehen, es ist eine Reisebeschreibung. Eigentlich hieß die Geschichte einmal "HARALD." Die Geschichte meines Cousins, ein merkwürdiger, aufbrausender Bursche, sehr emotional, mit dem ich nie wirklich warm geworden bin. Es gibt eine Geschichte davor, die "DIE MUTPROBE" heißt. Alles zusammen wäre als Kurzgeschichte zu lang gewesen, deshalb habe ich sie geteilt. Über die Zeitform und Kommata als Fehler brauchen wir nicht reden, das sehe ich ein, lässt sich ja, im Nachhinein, leicht ändern. Deine Meinung über "Katalanische Impressionen" und der Musik zu Beginn des Kampfes, sie genauer zu beschreiben, sehe ich allerdings anders. Das wäre, meiner Meinung nach, zu viel des Guten. Ich denke, jeder Mensch besitzt ein intuitives Gespür für das, was angesprochen, was gemeint ist. Wenn ich z.B. sage: "Ich gehe durch den Wald und rieche den Duft der Bäume", dann muss ich nicht akribisch alle Baumarten aufzählen. Ich bin Segler, lese ich einen Bericht über einen Segeltörn, dann spüre ich den Wind auf meiner Haut, die warme Sonne auf dem Rücken, höre die Wellen ans Boot klatschen. Wir Menschen haben ein unglaubliches Erinnerungsvermögen. Wir haben Dinge gelesen, erzählt bekommen oder schon einmal erlebt, das macht uns doch als Menschen aus, daraus schöpfen wir unsere Kraft, vermengen sie mit unserer Fantasie uns schaffen dann Werke wie: "Der ALTE MANN UND DAS MEER", als Beispiel.
Was die Kampfhandlungen angehen, sie seien Dir zu akribisch, zu lang. Ich wollte es genau so haben. Ich sage Dir, einige Leute (die Damen), in meiner Nachbarschaft, haben mir versichert, dass sie es nicht zu Ende lesen konnten, es sei so detailgetreu. Sie erinnerten sich daran, was sie damals in Spanien, in den Arenen, gesehen hatten, sie konnten es nicht ertragen.
Aber jeder hat, und das macht uns so unvergleichlich, seine eigene Meinung über die Dinge, das ist gut so.
Ich freue mich, Du bist mir treu geblieben. Ich danke Dir und wünsche Dir eine gute Zeit. Bis die Tage.
 
Hallo nubes,

danke für deine Rückmeldung.

Es gibt eine Geschichte davor, die "DIE MUTPROBE" heißt. Alles zusammen wäre als Kurzgeschichte zu lang gewesen, deshalb habe ich sie geteilt.
Das – so ein Fortsetzungsteil – könnte erklären, dass die Geschichte hier mit der Stadt anfängt, obwohl dies mit der Stierkampfsache an sich überhaupt nichts zu tun hat.
Dennoch meine Meinung: Ich hätte daraus zwei eigenständige Geschichten gemacht.

Über die Zeitform und Kommata als Fehler brauchen wir nicht reden, das sehe ich ein, lässt sich ja, im Nachhinein, leicht ändern.
Gut, dann warte ich mal ab, bis du das erledigt hast (weitere Leser sollen ja nicht immer über die selben Fehler stolpern, richtig? Genau so wie z.B. beim Titel deiner Marine-Geschichte), bevor ich da weiter/tiefer/woanders reinschaue. Ich möchte mir allgemein, wenn möglich, diese Arbeit ersparen, wenn ich den Eindruck habe, auf beratungsresistente Schreiber zu treffen.

Deine Meinung über "Katalanische Impressionen" und der Musik zu Beginn des Kampfes, sie genauer zu beschreiben, sehe ich allerdings anders. Das wäre, meiner Meinung nach, zu viel des Guten. Ich denke, jeder Mensch besitzt ein intuitives Gespür für das, was angesprochen, was gemeint ist. Wenn ich z.B. sage: "Ich gehe durch den Wald und rieche den Duft der Bäume", dann muss ich nicht akribisch alle Baumarten aufzählen.
Das Beispiel mit dem Wald und den Bäumen ist leider kein gutes Bespiel, weiß doch jeder, dass wir hier in unseren Breitengraden zumeist Mischwälder haben mit i.d.R. nur den und den bestimmten Baumarten. :)
Andersherum: Wenn ich schreiben würde "Impressionen des Baskenlandes" oder "jemenitische Musik" – wüssten die Leser dann Bescheid? Hätten sie all das selbe Bild vor Augen wie ich als Autor?
Ich denke du machst es dir mit deinen Umschreibungen zu einfach, vergibst Potenzial. Warum nicht die landestypische Flaminco-Gitarre erwähnen, die Kastagnetten? Das würde m.E. alles viel besser darstellen.

Ich sage Dir, einige Leute (die Damen), in meiner Nachbarschaft, haben mir versichert, dass sie es nicht zu Ende lesen konnten, es sei so detailgetreu.
Klar, jeder sieht das aus anderen Augen. Ich z.B. aus der Sicht desjenigen, der selbst schreibt, der durch Lesen und Kommentieren selbst dazulernt. Und ein Punkt ist halt das Konzentrieren auf das Wesentliche in (Kurz)Geschichten. Zuviel drumherum macht den Höhepunkt nur madig.

Das natürlich wieder alles nur meine persönliche Meinung. Bin gespannt, was andere Lupianer hierzu noch sagen mögen.

Ich wünsche dir auch tolle Tage.
Liebe Grüße, Frankyln Francis
 
Hallo Francis,
also, ich finde das Beispiel mit dem Wald schon in Ordnung. Da hast Du recht, da kennt sich jeder aus. Bei der Jemenitischen Musik eher nicht. Das ist doch gerade mein Argument. In Spanien, mit seiner Folklore, war doch fast schon jeder, Kastagnetten und spanische Gitarrenklänge werden die meisten im Kopf haben. Ich schreibe das Buch ja nicht für Japaner oder Afrikaner, deshalb sehe ich darin einen Widerspruch.
Ich lerne und lernte in meinem Leben auch immer dazu. Die Vermutung liegt nahe, dass das keine persönliche Leistung ist, sondern sich gar nicht vermeiden lässt. Dabei habe ich auch begriffen, dass ich niemals ein Schriftsteller sein werde. Ich bin ein "WOLKENZÄHLER" (damit hast Du auch die Übersetzung meines Pseudonyms). Vielleicht verbirgt sich dahinter ein Träumer, ein Fantast, ein Philanthrop. Ich habe viel erlebt in meinem Leben und wollte es zu Papier bringen, es sind fast 1000 Seiten geworden.
Dein Argument, man müsse sich bei Kurzgeschichten kürzer fassen, sticht natürlich, da muss ich dran arbeiten. Aber gerade darin liegt, glaube ich, ein Hauch von Professionalität, die ich wahrscheinlich nicht besitze, daran arbeiten kann man natürlich. Noch etwas, ich habe es tatsächlich geschafft hinter Kameraden ein KOMMA zu setzen. Danke Dir für Deinen erfrischenden Kommentar und wünsche Dir alles Gute. Bis die Tage
 
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Hallo Wolkenzähler,


Nur weiß ich beim Lesen von den hier bei der Leselupe veröffentlichen Texten nicht, ob die Autoren "nur für sich schreiben" oder Hinweise zur Textarbeit erwünschten, annehmen und umsetzen. Immerhin ist es hier ein Literaturforum und kein Blog, wo sich rein thematisch ausgetauscht wird. Von daher alles gut, wenn ich die Intention der Autoren (er)kenne.

Liebe Grüße,
Frankyln Francis
 
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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Et contra nubes,

deine Geschichte ist nicht schlecht, aber gut ist sie auch nicht.

Der Hinweis "Eine wahre Geschichte" ist unnötig für den Leser. Würde ich entfernen.

Die Geschichte ist zwar spannend, enthält aber zu viel Füllmaterial. Lieber auf die Kampfszenen konzentrieren, denn die sind wirklich gelungen. Und wörtliche Rede einbauen, das macht sie auf jeden Fall lebendiger.

Ich verstehe das Ende nicht ganz: Wieso ist denn der Kontakt zu Harald abgebrochen? Eigentlich ist das unerheblich für die Geschichte. Lass sie dort enden:


den Ort und sind noch immer berauscht von dem Gesehenen.
Mit Gruß

DS
 
Hallo DocSchneider,
die Geschichte ist vor 9 Jahren entstanden, damals habe ich mit dem Schreiben angefangen. Sie ist ein Teil meiner "Erinnerungen", fast 1000 Seiten lang. Zu dieser Geschichte gibt es eine Vorgeschichte, die ich auch hier eingestellt habe, "Die Mutprobe", beides zusammengenommen wäre aber zu lang geworden für eine Kurzgeschichte, darin verborgen liegt auch die Erklärung, warum ich meinen Cousin danach nie wiedergesehen habe. Für den Leser tatsächlich ein bisschen irreführend.
Ja, die wörtliche Rede, da habe ich inzwischen dran gearbeitet, reicht aber möglicherweise immer noch nicht ganz. Aber ich lerne stetig dazu.
Ich bedanke mich für Deine Hinweise und werde versuchen sie umzusetzen.
Gruß
Et contra nubes
 

John Wein

Mitglied
Hallo CN,
Erst einmal ganz allgemein:

Die Geschichte ist sehr lang und vielschichtig, ich würde sie deshalb unter Erzählungen veröffentlichen. Eine Kurzgeschichte kann zwar lang sein, aber sie hat auch eine spezielle Form im Ablauf. Bei der Erzählung bist du da viel freier im Konzept. Lies‘mal im Forentext in Merkmale einer Kurzgeschichte oben und beachte insbesondere die Punkte 3 und 4. Das Tagebuch käme eventuell auch in Betracht. Soviel generell.

Die Geschichte finde ich insgesamt äußerst interessant und spannend, angenehm zu lesen und gut zu verstehen. Wie in den Vorkommentaren erwähnt, würde ich mich aber ganz auf das eigentliche Thema, den Stierkampf konzentrieren. Du antwortest selbst, dass dies nur ein Ausschnitt aus einem großen Werk ist, der Leser aber versteht die Zusammenhänge schwer als Abschnitt eines (deines) Tagebuches“ (?). Konzentriere dich deshalb auf den Tod im Roten Staub, den du mit dem Ablauf und der Tragik eines Stierkampfs in so vielen Facetten so hervorragend beschreibst. Das hat mir wirklich sehr gut gefallen. Ich bemerke auch dein großes Faible zum Geschichten erzählen, deine präzisen Beschreibungen, deine Gefühle für die Sprache und die Freude, das Geschehen und deine Empfindungen dabei, auch dem Leser mitzuteilen. Ich habe selbst in „Fiesta“ bei Hemingway die Corrida nicht so einfühlsam und präzise beschrieben gelesen. Chapeau!

Also an Anfang einen kurzen und knackigen Einstieg „Warum ausgerechnet Vinaroz unser Zielort sein musste, habe ich bis heute nicht recht begriffen.“ Das klingt schon mal ganz gut, dazu ein bisschen wo, weshalb und mit wem ohne Schnörkel (z.B. Reitersitz usw.) und dann der Vorlauf in das Ereignis (der kurze Werbeumzug).

Bei der Corrida würde ich mich auf den einen Kampf beschränken, da gehört dann aber alles hinein, was du so an Information, Ablauf, Gefühl und Tragik draufhast. Das hat Wucht und nimmt Leser wie Kenner gefangen. Mich jedenfalls hat es das! Der Todeskuss und das verklingende Martinshorn, was für ein gelungener Schluss! Aus!

Einige Kleinigkeiten habe ich z.T. als Verbesserung z. T. als Vorschlag. Ich will aber nicht weiter vorschlagen, es ist ja deine Geschichte.

dass es am nächsten Sonntag einen Stierkampf geben Der Vorplatz von Vinaroz würde.
... einen Stierkampf auf dem Vorplatz.... geben würde.
Eine Musikkapelle spielte unbekannte Kompositionen, die sich aber sehr spanisch anhörten
eine Kapelle spielte spanische Weisen
in gemäßigtem Trapp
Trab
und alles wirkte so landestypisch, und über allem schien ein Hauch von katalanischer Impression zu liegen.
Typisch spanisch mit einem Hauch Katalonien
ein Raunen, eine Gemurmel macht sich breit.
ein Gemurmel
und die Metallbolzen der Lanzen bohren
Metallspitzen

Nur der Torero bewegt sich mit kurzen Schritten nach vorne, und bevor ihn die Hörner des Tieres erreichen können, schnellt er nach vorn.
...mit kurzen Schritten vorwärts und bevor....nach vorn
der Stier versucht in seiner ungebändigten Kraft das Tuch zu treffen, dass sein vermeintlicher Gegner ist.
..., sein vermeintlicher Gegner (oder scheint)
In diesem winzigen Moment, wie von einer Feder nach vorne katapultiert, beschleunigt der Stier auf den Torero zu, der wieder zur Seite abschwenken will.
.... katapultiert, schießt der Stier auf den Torero zu, der zur Seite (seitlich) abzuschwenken versucht.

Gruß, John
 
Danke John,
die Geschichte gehört zu den ersten, die ich geschrieben habe. Vor 10 Jahren ging das mit dem Schreiben los. Hier, bei der Leselupe, habe ich so einiges an positiver Kritik mitbekommen. Franklin Francis, DocSchneider z.B. haben mir schon wichtige Hinweise gegeben.
Deine einfühlsame Art, wie du mit Kritik umgehst, macht es uns Probanden leicht, die Ratschläge umzusetzen.
Der Hinweis, die Geschichte als Erzählung einzustellen, ist richtig, das hätte mich freier gemacht. Die Vorgeschichte "Die Mutprobe" hätte ich mit einbringen können. Bei mir steht die Geschichte noch unter "HARALD" im Regal.
Ich habe, aufgrund der Kritiken, darüber nachgedacht, die eine oder andere Geschichte noch einmal neu zu schreiben. Dann werde ich auch eure Vorschläge dort mit einbringen. Ich bedanke mich bei allen, die mir geholfen haben.
Lieben Gruß
Et contra nubes
 



 
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