Damals

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Michele.S

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Als der Baum vor unserem Haus noch Blumen trug, stand ich jeden Morgen bei Sonnenaufgang auf, selbst am Wochenende.
Jeder Tag war die Vorahnung eines späteren Glückes. Die Wälder waren behaust von Fabelwesen und guten Geistern.
Der Tod war so weit weg, dass er nicht existierte. Engel trugen mich durch den Tag, eine Entdeckung am Wegesrand versprach ein neues Abenteuer.
Der Blick in ein Jungengesicht erzählte ganze Geschichten von Paradiesfrüchten. So vieles begann damals.

Heute steht der Baum kahl und das Abenteuer scheint beendet.
Nur ganz selten, kurz vor dem Einschlafen meistens, denke ich daran, mich nochmal auf den Weg zu machen.
 

Kaetzchen

Mitglied
Hallo Michele
Ich kann deinen Text gut verstehen. Als Kind und Jugendliche habe ich auch sehr im Einklang mit der Natur gelebt. Doch auch wenn inzwischen mancher Baum kahl oder gefällt ist, existiert meine Bindung zur Natur noch immer. Ich kann deshalb deinen Schluß nicht so richtig nachvollziehen. In dem du dich an die Kunst des Schreibens wagst, bist du doch auf einem guten Weg mit interessanten Abendteuern.
Ich würde schreiben: Engel trugen mich durch denTag, j e d e Entdeckung……
 

halblicht

Mitglied
Hallo Michele,

mir gefällt, wie du das geschrieben hast.

Ja, es hängt eine dunkle Wolke über dem Text und das ist gut so, denn in der Melancholie ist eine große Kraft gebunden, die nicht jeder zu befreien weiß.

Auch wie lebendig die Erinnerungen deines LyrI noch sind und vorallem, dass es kurz vor dem Einschlafen, wenn es nahe an seinen Träumen ist, an Aufbruch denkt, stimmt den Leser doch noch etwas optimistisch.

Die einzige Stelle, an der ich kurz inne hielt beim Lesen, war diese
Der Tod war so weit weg, dass er nicht existierte.
bei der ich mir Gedanken machte, wie weit etwas weg sein muss, damit es nicht mehr existiert. Diesen Satz würde ich, wäre es mein Text, wahrscheinlich anders formulieren. Vielleicht so

Der Tod war soweit weg, er hatte alle Macht verloren.

oder

Der Tod war soweit weg, er konnte keine Fliege holen.

vielleicht meinst du mit weit weg auch, weit in der Zukunft deines LyrI, dann könnte ich mir sowas vorstellen

Der Tod war soweit weg, er hatte mich noch gar nicht auf dem Schirm.

Vielleicht übersehe ich auch ein Detail, das diesen Satz für dich wichtig macht, so wie du ihn geschrieben hast.

Zum Ende würd ich gern noch einige Worte dazu sagen, weshalb die Welt, so denke ich, ihre Farbe verliert.
Viele von uns Menschen sind nicht besonders effizient beim Haushalten ihrer Energie. Das führt zum Mangel, also wird gespaart und Abenteuer gegen Routine eingetauscht. Das treibt er dann soweit, bis jeder Tag nur noch eine Kopie des vorherigen ist, unser Gedächnis jedoch, blendet Routine aus, ist ja auch immer das selbe, braucht es sich nur einmal zu merken.
Je älter wir werden, umso ähnlicher sind sich die Tage und ich denke, dass ist der Hauptgrund, dass man die Zeit viel schneller wahrnimmt, je älter man wird.

Ich hab mich gerne mit deinem Text beschäftigt und wünsche deinem LyrI den Mut, sich auf den Weg zu machen.

Liebe Grüße
halblicht
 



 
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