Damenkränzchen

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Seit Edelgard, Rosalie und Hilda die 65 überschritten hatten, trafen sie sich regelmäßig zum Kaffeeklatsch am Donnerstagnachmittag. Das Café, das sie sich dafür ausgesucht hatten, lag am Hauptmarkt und man hatte eine wunderbare Aussicht auf den Trubel draußen. Es war alles in bester Ordnung und sie genossen ihre Zusammenkünfte, bis Hilda eines Tages ein Thema anschnitt, das ihr offenbar unter den Fingernägeln brannte.
"Sagt mal", wandte sie sich an ihre Freundinnen, "könnt ihr euch noch an Carl aus der dritten Klasse erinnern?"
Edelgard war über die Frage verblüfft, aber an den Jungen namens Carl, der damals neu in die dritte Klasse gekommen war, konnte sie sich gut erinnern. Ziemlich klein war er für sein Alter gewesen, die meisten überragten ihn um mehrere Zentimeter. Er war klein, dünn und lebhaft wie ein Wiesel gewesen. Sie wollte gerade antworten, aber Rosalie kam ihr zuvor.
"Ach der! Ja, ich weiß, er ist jetzt ein großes Tier. Er sitzt irgendwo im Gemeinderat oder so."
"Er ist Landrat." Das wusste Edelgard genau.
"Ist doch alles dasselbe". Rosalie nahm einen. großen Schluck Kaffee aus ihrer Tasse und räusperte sich. "Was ist denn mit ihm?"
"Er hat mich gebeten, ihn zu heiraten", Hilda konnte den Stolz in ihrer Stimme nicht verhehlen.
"Was?" Edelgard runzelte die Stirn. "Vor einem Monat hat er mich gefragt, ob ich ihn heirate. Er hatte mich über Facebook angeschrieben. Ich hielt das für einen blöden Witz und habe nicht geantwortet. Ich wusste auch erst gar nicht, wer das ist, bis ich dann drauf gekommen bin, dass es nur Carl sein kann. Also ich meine: Der Carl aus der dritten Klasse."
"Mich hat er auch über Facebook gefragt", sagte Rosalie, "aber ich fand das merkwürdig. Ich habe ihn Jahre nicht gesehen, eigentlich gar keinen Kontakt zu ihm gehabt und da fragt er mir nichts dir nichts, ob ich ihn heiraten will? Ich dachte, da stimmt was nicht. Und da habe ich natürlich nicht geantwortet."

Hilda schien über diese Eröffnungen nicht im mindesten überrascht. "Ja, er hat mir gestanden, dass er euch auch gefragt hat. Ich sagte, dass mich das nicht stört, weil ich mir schon dachte, dass ihr viel zuviel Vorbehalte habt, um euch drauf einzulassen. Also, ich mache es kurz: Ich habe ja gesagt." Einen triumphierenden Gesichtsausdruck konnte Hilda sich nicht verkneifen. Sie sah ihre Freundinnen an und brach in lautes Gelächter aus.
"Ihr solltet eure Gesichter mal sehen! Ein Sauertopf ist nichts dagegen."
"Moment mal", sagte Edelgard. "Findest du nicht, du hättest uns vor deinem Ja-Wort fragen müssen?"
"Wie bitte?"
"Ich finde auch, dass sich das so gehört hätte", stimmte Rosalie Hildegard zu. "Uns hat er ja wohl zuerst gefragt."
"Ihr wolltet aber nichts von ihm wissen!"
"So kann man das nicht sehen", wandte Edelgard ein. "Wir haben nur nicht geantwortet. Ich jedenfalls wollte mir die Sache noch in Ruhe überlegen."
"Ich auch", sagte Rosalie. "Also so geht das jedenfalls nicht. Ich werde ihm jetzt ebenfalls zusagen."
"Ich auch", Edelgards Stimme überschlug sich geradezu.
Hilda sah langsam von einer zur anderen.
"Ihr wollt mich wohl veralbern."
Sie winkte der Kellnerin. "Ich gehe jetzt. Das muss ich mir wirklich nicht anhören."
Als die Kellnerin kam, zahlte Hilda und ging, ohne ihre Freundinnen noch eines Blickes zu würdigen.

Als Rosalie und Edelgard alleine am Tisch saßen, sagte Rosalie: "Es ist schon erstaunlich, wie wenig man jemanden wirklich kennt."
"Da hast du recht", sagte Edelgard. "Was bildet sich Hilda eigentlich ein?"

Und dann hatten es beide sehr eilig, nach Hause zu gehen, sich an den PC zu setzen und Carl über Facebook zu versichern, wie sehr sie ihn schon immer geliebt hatten. Und dass sie sich den Rest ihres Lebens ohne ohne ihn nicht vorstellen könnten.
 
G

Gelöschtes Mitglied 18005

Gast
Hallo SilberneDelfine

eine höchst amüsante Geschichte, auch mMn sehr lebhaft beschrieben! Ich hatte immer wieder - undzwar wirklich sehr oft - Momente in denen ich mir das Gesagte oder Getane in einem Film vorstellen konnte - könnte glatt ein Comedy-Film drüber gedreht werden oder wenigstens ein Kurzfilm!

Was mir auf Anhieb aufgefallen ist, sind zwei klitze kleine Fehler, nimm sie dir nicht zu Herzen:

Ich finde auch, dass sich das so gehört hätte", stimmte Rosalie Hildegard zu.
Hier wurde aus "Edelgard" plötzlich "Hildegard" ...

Und dass sie sich den Rest ihres Lebens ohne ohne ihn nicht vorstellen könnten.
doppeltes "ohne" ...

Sehr gerne gelesen, fand ich aufrichtig lustig, das Ende -und den Rest spannend.

Gruß,
Peter
 
G

Gelöschtes Mitglied 19679

Gast
Hallo Silberne Delfine,

kuriose Geschichte, geschickte Verwicklung, gefiel mir auf Anhieb, flott geschrieben, sah alles bildhaft vor mir.
Kleine Anmerkung: ein paar Stellen könnte man verdichten, Wiederholungen entfernen z.B. taucht die dritte Klasse doppelt auf, warum am Satzanfang Anführungsstriche oben?
Mit Vergnügen gelesen!

Schönen Gruß,
Monika
 

Willibald

Mitglied
Ich weiß nicht, ich weiß nicht.

Es ist halt doch ein Paket an Unwahrscheinlichkeit in der Konstruktion der Geschichte.

Also schon so merkwürdig, wie es die alten Damen selber finden. Und da kommt dann die Geschichte nur noch schwer raus.

"Mich hat er auch über Facebook gefragt", sagte Rosalie, "aber ich fand das merkwürdig. Ich habe ihn Jahre nicht gesehen, eigentlich gar keinen Kontakt zu ihm gehabt und da fragt er mir nichts dir nichts, ob ich ihn heiraten will? Ich dachte, da stimmt was nicht. Und da habe ich natürlich nicht geantwortet."
greetse
 
Seit Edelgard, Rosalie und Hilda die 65 überschritten hatten, trafen sie sich regelmäßig zum Kaffeeklatsch am Donnerstagnachmittag. Das Café, das sie sich dafür ausgesucht hatten, lag am Hauptmarkt und man hatte eine wunderbare Aussicht auf den Trubel draußen. Es war alles in bester Ordnung und sie genossen ihre Zusammenkünfte, bis Hilda eines Tages ein Thema anschnitt, das ihr offenbar unter den Fingernägeln brannte.
"Sagt mal", wandte sie sich an ihre Freundinnen, "könnt ihr euch noch an Carl aus der dritten Klasse erinnern?"
Edelgard war über die Frage verblüfft, aber an den Jungen namens Carl, der damals neu in die dritte Klasse gekommen war, konnte sie sich gut erinnern. Ziemlich klein war er für sein Alter gewesen, die meisten überragten ihn um mehrere Zentimeter. Er war klein, dünn und lebhaft wie ein Wiesel gewesen. Sie wollte gerade antworten, aber Rosalie kam ihr zuvor.
"Ach der! Ja, ich weiß, er ist jetzt ein großes Tier. Er sitzt irgendwo im Gemeinderat oder so."
"Er ist Landrat." Das wusste Edelgard genau.
"Ist doch alles dasselbe". Rosalie nahm einen. großen Schluck Kaffee aus ihrer Tasse und räusperte sich. "Was ist denn mit ihm?"
"Er hat mich gebeten, ihn zu heiraten", Hilda konnte den Stolz in ihrer Stimme nicht verhehlen.
"Was?" Edelgard runzelte die Stirn. "Vor einem Monat hat er mich gefragt, ob ich ihn heirate. Er hatte mich über Facebook angeschrieben. Ich hielt das für einen blöden Witz und habe nicht geantwortet. Ich wusste auch erst gar nicht, wer das ist, bis ich dann drauf gekommen bin, dass es nur Carl sein kann. Also ich meine: Der Carl aus der dritten Klasse."
"Mich hat er auch über Facebook gefragt", sagte Rosalie, "aber ich fand das merkwürdig. Ich habe ihn Jahre nicht gesehen, eigentlich gar keinen Kontakt zu ihm gehabt und da fragt er mir nichts dir nichts, ob ich ihn heiraten will? Ich dachte, da stimmt was nicht. Und da habe ich natürlich nicht geantwortet."

Hilda schien über diese Eröffnungen nicht im mindesten überrascht. "Ja, er hat mir gestanden, dass er euch auch gefragt hat. Ich sagte, dass mich das nicht stört, weil ich mir schon dachte, dass ihr viel zuviel Vorbehalte habt, um euch drauf einzulassen. Also, ich mache es kurz: Ich habe ja gesagt." Einen triumphierenden Gesichtsausdruck konnte Hilda sich nicht verkneifen. Sie sah ihre Freundinnen an und brach in lautes Gelächter aus.
"Ihr solltet eure Gesichter mal sehen! Ein Sauertopf ist nichts dagegen."
"Moment mal", sagte Edelgard. "Findest du nicht, du hättest uns vor deinem Ja-Wort fragen müssen?"
"Wie bitte?"
"Ich finde auch, dass sich das so gehört hätte", stimmte Rosalie Edelgard zu. "Uns hat er ja wohl zuerst gefragt."
"Ihr wolltet aber nichts von ihm wissen!"
"So kann man das nicht sehen", wandte Edelgard ein. "Wir haben nur nicht geantwortet. Ich jedenfalls wollte mir die Sache noch in Ruhe überlegen."
"Ich auch", sagte Rosalie. "Also so geht das jedenfalls nicht. Ich werde ihm jetzt ebenfalls zusagen."
"Ich auch", Edelgards Stimme überschlug sich geradezu.
Hilda sah langsam von einer zur anderen.
"Ihr wollt mich wohl veralbern."
Sie winkte der Kellnerin. "Ich gehe jetzt. Das muss ich mir wirklich nicht anhören."
Als die Kellnerin kam, zahlte Hilda und ging, ohne ihre Freundinnen noch eines Blickes zu würdigen.

Als Rosalie und Edelgard alleine am Tisch saßen, sagte Rosalie: "Es ist schon erstaunlich, wie wenig man jemanden wirklich kennt."
"Da hast du recht", sagte Edelgard. "Was bildet sich Hilda eigentlich ein?"

Und dann hatten es beide sehr eilig, nach Hause zu gehen, sich an den PC zu setzen und Carl über Facebook zu versichern, wie sehr sie ihn schon immer geliebt hatten. Und dass sie sich den Rest ihres Lebens ohne ohne ihn nicht vorstellen könnten.
 
Seit Edelgard, Rosalie und Hilda die 65 überschritten hatten, trafen sie sich regelmäßig zum Kaffeeklatsch am Donnerstagnachmittag. Das Café, das sie sich dafür ausgesucht hatten, lag am Hauptmarkt und man hatte eine wunderbare Aussicht auf den Trubel draußen. Es war alles in bester Ordnung und sie genossen ihre Zusammenkünfte, bis Hilda eines Tages ein Thema anschnitt, das ihr offenbar unter den Fingernägeln brannte.
"Sagt mal", wandte sie sich an ihre Freundinnen, "könnt ihr euch noch an Carl aus der dritten Klasse erinnern?"
Edelgard war über die Frage verblüfft, aber an den Jungen namens Carl, der damals neu in die dritte Klasse gekommen war, konnte sie sich gut erinnern. Ziemlich klein war er für sein Alter gewesen, die meisten überragten ihn um mehrere Zentimeter. Er war klein, dünn und lebhaft wie ein Wiesel gewesen. Sie wollte gerade antworten, aber Rosalie kam ihr zuvor.
"Ach der! Ja, ich weiß, er ist jetzt ein großes Tier. Er sitzt irgendwo im Gemeinderat oder so."
"Er ist Landrat." Das wusste Edelgard genau.
"Ist doch alles dasselbe". Rosalie nahm einen. großen Schluck Kaffee aus ihrer Tasse und räusperte sich. "Was ist denn mit ihm?"
"Er hat mich gebeten, ihn zu heiraten", Hilda konnte den Stolz in ihrer Stimme nicht verhehlen.
"Was?" Edelgard runzelte die Stirn. "Vor einem Monat hat er mich gefragt, ob ich ihn heirate. Er hatte mich über Facebook angeschrieben. Ich hielt das für einen blöden Witz und habe nicht geantwortet. Ich wusste auch erst gar nicht, wer das ist, bis ich dann drauf gekommen bin, dass es nur Carl sein kann. Also ich meine: Der Carl aus der dritten Klasse."
"Mich hat er auch über Facebook gefragt", sagte Rosalie, "aber ich fand das merkwürdig. Ich habe ihn Jahre nicht gesehen, eigentlich gar keinen Kontakt zu ihm gehabt und da fragt er mir nichts dir nichts, ob ich ihn heiraten will? Ich dachte, da stimmt was nicht. Und da habe ich natürlich nicht geantwortet."

Hilda schien über diese Eröffnungen nicht im mindesten überrascht. "Ja, er hat mir gestanden, dass er euch auch gefragt hat. Ich sagte, dass mich das nicht stört, weil ich mir schon dachte, dass ihr viel zuviel Vorbehalte habt, um euch drauf einzulassen. Also, ich mache es kurz: Ich habe ja gesagt." Einen triumphierenden Gesichtsausdruck konnte Hilda sich nicht verkneifen. Sie sah ihre Freundinnen an und brach in lautes Gelächter aus.
"Ihr solltet eure Gesichter mal sehen! Ein Sauertopf ist nichts dagegen."
"Moment mal", sagte Edelgard. "Findest du nicht, du hättest uns vor deinem Ja-Wort fragen müssen?"
"Wie bitte?"
"Ich finde auch, dass sich das so gehört hätte", stimmte Rosalie Edelgard zu. "Uns hat er ja wohl zuerst gefragt."
"Ihr wolltet aber nichts von ihm wissen!"
"So kann man das nicht sehen", wandte Edelgard ein. "Wir haben nur nicht geantwortet. Ich jedenfalls wollte mir die Sache noch in Ruhe überlegen."
"Ich auch", sagte Rosalie. "Also so geht das jedenfalls nicht. Ich werde ihm jetzt ebenfalls zusagen."
"Ich auch", Edelgards Stimme überschlug sich geradezu.
Hilda sah langsam von einer zur anderen.
"Ihr wollt mich wohl veralbern."
Sie winkte der Kellnerin. "Ich gehe jetzt. Das muss ich mir wirklich nicht anhören."
Als die Kellnerin kam, zahlte Hilda und ging, ohne ihre Freundinnen noch eines Blickes zu würdigen.

Als Rosalie und Edelgard alleine am Tisch saßen, sagte Rosalie: "Es ist schon erstaunlich, wie wenig man jemanden wirklich kennt."
"Da hast du recht", sagte Edelgard. "Was bildet sich Hilda eigentlich ein?"

Und dann hatten es beide sehr eilig, nach Hause zu gehen, sich an den PC zu setzen und Carl über Facebook zu versichern, wie sehr sie ihn schon immer geliebt hatten. Und dass sie sich den Rest ihres Lebens ohne ihn nicht vorstellen könnten.
 
Hallo Peter,

vielen Dank für deine Rückmeldung! Ich habe die beiden Fehler verbessert. Freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat!

Hallo moja.

die Anführungsstriche sind oben, weil das mit meinen Handy anscheinend nicht anders geht - zumindest habe ich keine Anführungsstriche unten gefunden und im Moment keinen Zugriff auf einen PC.
Schön, dass die Geschichte bei dir so gut angekommen ist!

Hallo Willibald,

in unseren Zeiten finde ich das gar nicht mal so unwahrscheinlich...

Euch allen vielen Dank fürs Kommentieren!

LG SilberneDelfine
 

Scorpio

Mitglied
Sehr amüsanter Text, SilberneDelfine,
Ich hätte nur am Schluss geendet mit: Und dann hatten es alle plötzlich ganz eilig, nach Hause zu kommen.

Was sie dann tun, kann man ja erahnen.

Gruß
Scorpio
 



 
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