Der Denker
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Ich war Zeugin einer Sonnenfinsternis aus nächster Nähe. Dieser Anblick war weit wohltuender als die totale Dunkelheit, denn dieses Naturschauspiel war das Symbol des Ordens der ewigen Finsternis. Sie stellte die endgültige Vernichtung des Guten dar. Es war unbeschreiblich. Dieser Anblick war einfach beeindruckend.
Doch während ich so ehrfurchtsvoll vor den Himmelskörpern dahintrieb, glaubte ich eines leisen Wisperns gewahr zu werden. Es war kaum wahrnehmbar und doch hatte ich das Gefühl, die Stimme - oder waren es mehrere? - nahm all ihre Kraft zusammen, um mich zu erreichen. Sie brüllte aus Leibeskräften - doch alles was mich erreichte war dieses eigenartige Geflüster. Nur der Hauch einer Stimme, der wie ein durchsichtiger Schleier im Raum hing. Zwar verstand ich kein Wort von dem, was sie mir mitteilen wollte, aber ich hatte die seltsame Ahnung, dass sie versuchte, mich vor irgendetwas zu warnen.
Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf das Geräusch. Ein unangenehmes Gefühl stieg in mir auf. Die Umgebung wirkte plötzlich bedrohlich auf mich. Als ich die Augen wieder öffnete schien mir die Dunkelheit und der Anblick vor mir feindlicher, als alles, was mir in meinem damals noch jungen Leben begegnet war. Das Symbol des Ordens ängstigte mich plötzlich.
Als könne der Mond meine Gefühle wahrnehmen, als habe er meine Gedanken gelesen, setzte er sich in Bewegung und schob sich gemächlich an mir vorbei, um die Sonne wieder freizugeben. Die ersten Strahlen schossen hinter dem Mond hervor, brachen die Schwärze des Alls und trafen auf mich. Ich war geblendet, sah nichts mehr. Doch viel schlimmer, war der unerträgliche Schmerz, den das Licht verursachte. Im Bruchteil einer Sekunde wurde es höllisch heiß. Mein Körper stand in Flammen und das Kleid wurde in wenigen Augenblicken eingeäschert. Überall fühlte ich meine Haut Blasen werfen und aufplatzen. Ich schrie, doch ich hörte nichts, als ein blubberndes Gurgeln aus meinem Hals dringen, und während ich drohte vor Schmerz wahnsinnig zu werden, glaubte ich in dem gleißenden Licht ein dämonisches Grinsen zu sehen, kurz bevor meine Augäpfel aus den Höhlen herausspritzten und verdampften.
Als ich es nicht mehr aushielt, schreckte ich schreiend und schweißgebadet hoch. Schnell sprang ich aus dem Bett und lief hysterisch wimmernd zum Fenster in das diffuse Licht der allmählich aufgehenden Sonne. Meine Haut schien völlig normal. Sie war noch immer bleich, wie der Mond selbst. Ich schloss die Fensterläden, bevor die Sonne vollständig aufgehen und auch nur einen einzigen Lichtstrahl ins Zimmer werfen konnte. In der schützenden Dunkelheit meines kleinen Zimmers beruhigte ich mich, bis mir schließlich die Lider zu schwer wurden und ich wieder einschlief.
Als die Sonne versunken war und die Nacht hereinbrach, zog ich, gleich nachdem ich aufgestanden war, erst einmal die schwarze Tättowierung der Sonnenfinsternis auf meiner Stirn nach. Sobald die Anwärterinnen und Anwärter die Priesterweihe in Empfang genommen hatten, bekamen sie dieses Symbol eintättowiert. Ich wollte, dass es gut sichtbar war, wenn ich loszog, denn ich hatte die Ängste und die Unsicherheiten der vergangenen Nacht überwunden. Nachdem diese Erfahrung meine Bindung zum Orden zunächst zu schwächen drohte, war sie nun stärker, als je zuvor. Das Zeichen gab mir nun wieder Sicherheit. Allerdings würde ich die Kapuze tiefer ziehen. Normalerweise waren Mitglieder des Ordens nicht gerne gesehen, was wohl mit den Menschenopfern zusammenhing. Außerdem wurden die Anhänger der dunklen Göttin fast ebenso gefürchtet, wie sie selbst.
Dann nahm ich aus einer kleinen hölzernen Schatulle einen silbern glänzenden Stirnreif, der aussah, als bestünde er aus mehreren sich umschlingenden Zweigen. Ich blickte in den Spiegel und setzte es behutsam auf. Erneut schaute ich mich ein letztes Mal in meinem Zimmer um, bevor ich es verließ. Wer weiß, wann ich es wiedersehen würde. Aufmerksam umherblickend und diesen Ort, der zu meiner Heimat geworden war, in mich aufnehmend, nahm ich Abschied von den Räumen, den Priestern, Priesterinnen und Anwärtern.
Schließlich ging ich noch für eine Weile in den Gebetsraum, der völlig abgedunkelt war. Die einzigen Lichtquellen waren zwei Kerzen vorn am dunklen Schrein. Doch mehr brauchte ein Anhänger der Nächtlichen auch nicht, um zu sehen. Auch wenn keine Lichtquelle vorhanden gewesen wäre, hätte ich noch sehr gut sehen können. Der Schrein war eine Statue aus schwarzem Seelenbaumholz, wie es in der Architektur der Ordensburg häufig Verwendung fand. Es handelte sich um die Darstellung einer Frau, die mit den Armen ihren langen Umhang ausbreitete. Mit diesem Mantel bringe El'ava Shee die Nacht über das Land, so hieß es. Hinten an ihrem Kopf war ein gezackter Ring befestigt, der eine Sonnenfinsternis darstellen sollte, und in den Händen hielt sie die Kerzen so, als wolle sie das Licht in ihrer Faust ersticken, daher schien es auch nicht sehr hell. Völlig ohne Kerzen wäre es kaum heller gewesen in diesem Raum. Ihr Gesicht war nicht zu erkennen, weil sie die Kapuze so tief trug, dass es völlig verdeckt war.
Im Raum befanden sich einige Priester und Priesterinnen, deren Pflicht es war, sich um den Gebetsraum und die Betenden zu kümmern. Ich fragte mich, ob ich mich vielleicht mit ihnen über meinen Traum unterhalten sollte. Vermutlich war es der Hohepriesterin aber nicht recht, wenn ich diese Dinge groß herumerzählen würde und damit nicht zu ihr ging.
Fast eine Stunde lang saß ich schweigend im Dunkeln und hoffte darauf, dass El'ava Shee mir ihren dunklen Weg offenbaren würde, aber die Göttin schwieg. So war es ihr Wille, dass ich zum Beginn der Reise nicht mehr wissen sollte, als es bereits der Fall war. Ich versuchte die Gegebenheiten zu akzeptieren und verließ den Gebetsraum in Richtung Gemächer der Hohepriesterin. Als ich vor der großen Seelenbaum- Doppeltüre stand, zögerte ich einen Moment.
Doch während ich so ehrfurchtsvoll vor den Himmelskörpern dahintrieb, glaubte ich eines leisen Wisperns gewahr zu werden. Es war kaum wahrnehmbar und doch hatte ich das Gefühl, die Stimme - oder waren es mehrere? - nahm all ihre Kraft zusammen, um mich zu erreichen. Sie brüllte aus Leibeskräften - doch alles was mich erreichte war dieses eigenartige Geflüster. Nur der Hauch einer Stimme, der wie ein durchsichtiger Schleier im Raum hing. Zwar verstand ich kein Wort von dem, was sie mir mitteilen wollte, aber ich hatte die seltsame Ahnung, dass sie versuchte, mich vor irgendetwas zu warnen.
Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf das Geräusch. Ein unangenehmes Gefühl stieg in mir auf. Die Umgebung wirkte plötzlich bedrohlich auf mich. Als ich die Augen wieder öffnete schien mir die Dunkelheit und der Anblick vor mir feindlicher, als alles, was mir in meinem damals noch jungen Leben begegnet war. Das Symbol des Ordens ängstigte mich plötzlich.
Als könne der Mond meine Gefühle wahrnehmen, als habe er meine Gedanken gelesen, setzte er sich in Bewegung und schob sich gemächlich an mir vorbei, um die Sonne wieder freizugeben. Die ersten Strahlen schossen hinter dem Mond hervor, brachen die Schwärze des Alls und trafen auf mich. Ich war geblendet, sah nichts mehr. Doch viel schlimmer, war der unerträgliche Schmerz, den das Licht verursachte. Im Bruchteil einer Sekunde wurde es höllisch heiß. Mein Körper stand in Flammen und das Kleid wurde in wenigen Augenblicken eingeäschert. Überall fühlte ich meine Haut Blasen werfen und aufplatzen. Ich schrie, doch ich hörte nichts, als ein blubberndes Gurgeln aus meinem Hals dringen, und während ich drohte vor Schmerz wahnsinnig zu werden, glaubte ich in dem gleißenden Licht ein dämonisches Grinsen zu sehen, kurz bevor meine Augäpfel aus den Höhlen herausspritzten und verdampften.
Als ich es nicht mehr aushielt, schreckte ich schreiend und schweißgebadet hoch. Schnell sprang ich aus dem Bett und lief hysterisch wimmernd zum Fenster in das diffuse Licht der allmählich aufgehenden Sonne. Meine Haut schien völlig normal. Sie war noch immer bleich, wie der Mond selbst. Ich schloss die Fensterläden, bevor die Sonne vollständig aufgehen und auch nur einen einzigen Lichtstrahl ins Zimmer werfen konnte. In der schützenden Dunkelheit meines kleinen Zimmers beruhigte ich mich, bis mir schließlich die Lider zu schwer wurden und ich wieder einschlief.
Als die Sonne versunken war und die Nacht hereinbrach, zog ich, gleich nachdem ich aufgestanden war, erst einmal die schwarze Tättowierung der Sonnenfinsternis auf meiner Stirn nach. Sobald die Anwärterinnen und Anwärter die Priesterweihe in Empfang genommen hatten, bekamen sie dieses Symbol eintättowiert. Ich wollte, dass es gut sichtbar war, wenn ich loszog, denn ich hatte die Ängste und die Unsicherheiten der vergangenen Nacht überwunden. Nachdem diese Erfahrung meine Bindung zum Orden zunächst zu schwächen drohte, war sie nun stärker, als je zuvor. Das Zeichen gab mir nun wieder Sicherheit. Allerdings würde ich die Kapuze tiefer ziehen. Normalerweise waren Mitglieder des Ordens nicht gerne gesehen, was wohl mit den Menschenopfern zusammenhing. Außerdem wurden die Anhänger der dunklen Göttin fast ebenso gefürchtet, wie sie selbst.
Dann nahm ich aus einer kleinen hölzernen Schatulle einen silbern glänzenden Stirnreif, der aussah, als bestünde er aus mehreren sich umschlingenden Zweigen. Ich blickte in den Spiegel und setzte es behutsam auf. Erneut schaute ich mich ein letztes Mal in meinem Zimmer um, bevor ich es verließ. Wer weiß, wann ich es wiedersehen würde. Aufmerksam umherblickend und diesen Ort, der zu meiner Heimat geworden war, in mich aufnehmend, nahm ich Abschied von den Räumen, den Priestern, Priesterinnen und Anwärtern.
Schließlich ging ich noch für eine Weile in den Gebetsraum, der völlig abgedunkelt war. Die einzigen Lichtquellen waren zwei Kerzen vorn am dunklen Schrein. Doch mehr brauchte ein Anhänger der Nächtlichen auch nicht, um zu sehen. Auch wenn keine Lichtquelle vorhanden gewesen wäre, hätte ich noch sehr gut sehen können. Der Schrein war eine Statue aus schwarzem Seelenbaumholz, wie es in der Architektur der Ordensburg häufig Verwendung fand. Es handelte sich um die Darstellung einer Frau, die mit den Armen ihren langen Umhang ausbreitete. Mit diesem Mantel bringe El'ava Shee die Nacht über das Land, so hieß es. Hinten an ihrem Kopf war ein gezackter Ring befestigt, der eine Sonnenfinsternis darstellen sollte, und in den Händen hielt sie die Kerzen so, als wolle sie das Licht in ihrer Faust ersticken, daher schien es auch nicht sehr hell. Völlig ohne Kerzen wäre es kaum heller gewesen in diesem Raum. Ihr Gesicht war nicht zu erkennen, weil sie die Kapuze so tief trug, dass es völlig verdeckt war.
Im Raum befanden sich einige Priester und Priesterinnen, deren Pflicht es war, sich um den Gebetsraum und die Betenden zu kümmern. Ich fragte mich, ob ich mich vielleicht mit ihnen über meinen Traum unterhalten sollte. Vermutlich war es der Hohepriesterin aber nicht recht, wenn ich diese Dinge groß herumerzählen würde und damit nicht zu ihr ging.
Fast eine Stunde lang saß ich schweigend im Dunkeln und hoffte darauf, dass El'ava Shee mir ihren dunklen Weg offenbaren würde, aber die Göttin schwieg. So war es ihr Wille, dass ich zum Beginn der Reise nicht mehr wissen sollte, als es bereits der Fall war. Ich versuchte die Gegebenheiten zu akzeptieren und verließ den Gebetsraum in Richtung Gemächer der Hohepriesterin. Als ich vor der großen Seelenbaum- Doppeltüre stand, zögerte ich einen Moment.