Benni Beilke
Mitglied
„ Darf ich mein Bier mit ins Taxi nehmen? Ich verschütte auch nichts. Echt nicht...“
Mein mittelalter Taxifahrer im zeitlos-klassischen Pädagogen-Look mit weit ausfallendem Fühl-Dich-Wohl-Pulli mustert mich: „Ausnahmsweise. Wo solls denn hingehen?“ „Mangfallplatz.“
Nach 2 Minuten des Schweigens frage ich ihn: „Deine letzte Fahrt heute?“ Es ist schon spät – oder früh, je nachdem, wie man das betrachtet.
„Vermutlich meine letzte, ja. Außer es kommt jetzt noch was Spannendes rein.“
Ich will ihn gerade fragen, was denn 'was Spannendes' wäre, da redet er weiter:
"Wenn wir Deine Frage von gerade eben noch einmal betrachten: Weißt Du, was ich schade finde?“
Mein Kopfschütteln signalisiert interessiertes Verneinen.
„Dass wir oft gar nicht wissen, wann wir etwas zum letzten Mal machen. Du weißt bestimmt noch, dass Du früher mit anderen Kindern im Sandkasten gespielt hast. Aber kannst Du Dich auch an das ALLERLETZTE Mal erinnern? Das allerletzte Mal, dass Du mit Deinen Freunden so im Sandkasten gesandelt hast, als ob es keine Welt außerhalb dieses Mikrokosmos aus Schäufelchen und Förmchen gab? Komplett versunken in einer Welt aus Sandburgen und Luftschlössern. Kannst Du Dich daran erinnern?“
Ich muss nachdenken, aber er hat recht: Ich kann mich nicht daran erinnern. Mein allerletzter Eng-Tanz auf einer Schuldisko, das allerletzte Streetball-Match mit den Jungs auf dem grünen Sportplatz, das letzte Mal, dass ich als Kind bei meinen Eltern im Bett geschlafen habe... . Alles letzte Male, von denen ich mir in dem Moment, in dem sie geschahen, nicht bewusst war, dass sie jeweils mein allerletztes Mal sein würden.
In einem gemischten Gefühl aus Melancholie und Zuversicht schaue ich ihn ein allerletztes Mal an und frage: „Aber ist das wirklich schade?“
„Das ist sogar mehr als schade. Das ist traurig. Weil es uns bereits in jüngsten Jahren die Endlichkeit des Lebens vor Augen führt. Das letzte Mal im Kinderwagen geschoben werden: Bereits im Kleinkindalter die erste Enttäuschung, wenn man merkt, dass es kein Zurück mehr gibt und man ab jetzt auf seinen eigenen Beinen durch die Welt laufen muss. Und dann hatte man noch nicht einmal das Wissen um das allerletzte Mal. Man ist quasi um ein bewusstes letztes Mal betrogen worden. Weil es einem keiner gesagt hat. Oder so: Irgendwann werde ich das letzte Mal in meinem Leben Sex haben und es einfach nicht wissen.“
Ich muss intervenieren: „Was würdest Du denn anders machen, wenn Du es wüsstest?“
„Das weiß ich auch nicht. Vielleicht alles noch bewusster erleben...?“
„Ich weiß nicht, ob das einen Unterschied machen würde“, antworte ich. „Eventuell würdest Du Dich auch so verrückt machen, dass gar nichts mehr klappen würde. Du würdest vor zappeliger Aufregung aus Deinem Kinderwagen fallen oder einfach keinen hochkriegen, um Dein zweites Beispiel zu bedienen. Und vielleicht wärst Du auch jedes Mal so traurig zu wissen, dass das jetzt das letzte Mal war, dass Du viele andere ersten Male – die es ja als Pendant zu jedem letzten Mal gibt – gar nicht mehr genießen könn... PASS AUF, DIE KREUZUNG!“
Er drückt mit voller Wucht die Bremsvorrichtung durch und wir kommen so abrupt zum Stehen, dass das Auto, das uns kreuzt, ohne Schaden passieren kann, aber der Inhalt meines Bieres nach einem hohem Bogen Bekanntschaft mit den Armaturen des hybriden Toyota Prius macht.
Mein Taxifahrer schaut mich wütend an: „KANNST DU NICHT AUFPASSEN!? MANN, MANN, MANN!“
Und dann etwas ruhiger, aber immer noch erregt, während er mit einem Lappen rettet, was zu retten ist: „Das war das allerletzte Mal, dass ich jemanden mit Bier mitfahren lasse.“
Schweigend fahren wir weiter, bis wir nach 3 weiteren Minuten bei mir sind. Ich zahle. Und sage beim Aussteigen: „Siehste, jetzt hast es mal bewusst erlebt. Kannst mir eigentlich dankbar sein.“
Sein Blick zeugt von fehlendem Kontext: „Was meinst Du?“
Bevor ich die Tür schließe: „Na, ein allerletztes Mal... .“
Mein mittelalter Taxifahrer im zeitlos-klassischen Pädagogen-Look mit weit ausfallendem Fühl-Dich-Wohl-Pulli mustert mich: „Ausnahmsweise. Wo solls denn hingehen?“ „Mangfallplatz.“
Nach 2 Minuten des Schweigens frage ich ihn: „Deine letzte Fahrt heute?“ Es ist schon spät – oder früh, je nachdem, wie man das betrachtet.
„Vermutlich meine letzte, ja. Außer es kommt jetzt noch was Spannendes rein.“
Ich will ihn gerade fragen, was denn 'was Spannendes' wäre, da redet er weiter:
"Wenn wir Deine Frage von gerade eben noch einmal betrachten: Weißt Du, was ich schade finde?“
Mein Kopfschütteln signalisiert interessiertes Verneinen.
„Dass wir oft gar nicht wissen, wann wir etwas zum letzten Mal machen. Du weißt bestimmt noch, dass Du früher mit anderen Kindern im Sandkasten gespielt hast. Aber kannst Du Dich auch an das ALLERLETZTE Mal erinnern? Das allerletzte Mal, dass Du mit Deinen Freunden so im Sandkasten gesandelt hast, als ob es keine Welt außerhalb dieses Mikrokosmos aus Schäufelchen und Förmchen gab? Komplett versunken in einer Welt aus Sandburgen und Luftschlössern. Kannst Du Dich daran erinnern?“
Ich muss nachdenken, aber er hat recht: Ich kann mich nicht daran erinnern. Mein allerletzter Eng-Tanz auf einer Schuldisko, das allerletzte Streetball-Match mit den Jungs auf dem grünen Sportplatz, das letzte Mal, dass ich als Kind bei meinen Eltern im Bett geschlafen habe... . Alles letzte Male, von denen ich mir in dem Moment, in dem sie geschahen, nicht bewusst war, dass sie jeweils mein allerletztes Mal sein würden.
In einem gemischten Gefühl aus Melancholie und Zuversicht schaue ich ihn ein allerletztes Mal an und frage: „Aber ist das wirklich schade?“
„Das ist sogar mehr als schade. Das ist traurig. Weil es uns bereits in jüngsten Jahren die Endlichkeit des Lebens vor Augen führt. Das letzte Mal im Kinderwagen geschoben werden: Bereits im Kleinkindalter die erste Enttäuschung, wenn man merkt, dass es kein Zurück mehr gibt und man ab jetzt auf seinen eigenen Beinen durch die Welt laufen muss. Und dann hatte man noch nicht einmal das Wissen um das allerletzte Mal. Man ist quasi um ein bewusstes letztes Mal betrogen worden. Weil es einem keiner gesagt hat. Oder so: Irgendwann werde ich das letzte Mal in meinem Leben Sex haben und es einfach nicht wissen.“
Ich muss intervenieren: „Was würdest Du denn anders machen, wenn Du es wüsstest?“
„Das weiß ich auch nicht. Vielleicht alles noch bewusster erleben...?“
„Ich weiß nicht, ob das einen Unterschied machen würde“, antworte ich. „Eventuell würdest Du Dich auch so verrückt machen, dass gar nichts mehr klappen würde. Du würdest vor zappeliger Aufregung aus Deinem Kinderwagen fallen oder einfach keinen hochkriegen, um Dein zweites Beispiel zu bedienen. Und vielleicht wärst Du auch jedes Mal so traurig zu wissen, dass das jetzt das letzte Mal war, dass Du viele andere ersten Male – die es ja als Pendant zu jedem letzten Mal gibt – gar nicht mehr genießen könn... PASS AUF, DIE KREUZUNG!“
Er drückt mit voller Wucht die Bremsvorrichtung durch und wir kommen so abrupt zum Stehen, dass das Auto, das uns kreuzt, ohne Schaden passieren kann, aber der Inhalt meines Bieres nach einem hohem Bogen Bekanntschaft mit den Armaturen des hybriden Toyota Prius macht.
Mein Taxifahrer schaut mich wütend an: „KANNST DU NICHT AUFPASSEN!? MANN, MANN, MANN!“
Und dann etwas ruhiger, aber immer noch erregt, während er mit einem Lappen rettet, was zu retten ist: „Das war das allerletzte Mal, dass ich jemanden mit Bier mitfahren lasse.“
Schweigend fahren wir weiter, bis wir nach 3 weiteren Minuten bei mir sind. Ich zahle. Und sage beim Aussteigen: „Siehste, jetzt hast es mal bewusst erlebt. Kannst mir eigentlich dankbar sein.“
Sein Blick zeugt von fehlendem Kontext: „Was meinst Du?“
Bevor ich die Tür schließe: „Na, ein allerletztes Mal... .“
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