Das Beusch - Teil 1

Andraika

Mitglied
Wie jeden Abend stellt die kleine Lara-Sophie auch diesmal wieder Kekse auf das kleinen Tischchen unten im Flur. Sie gibt sich ganz besonders viel Mühe, alles schön herzurichten. Die Kekse liegen in einem perfekten Kreis angeordnet auf dem schönsten Teller, den sie finden konnte. Er ist aus feinem Porzellan und über und über mit kleinen Blüten in ganz zarten Pastellfarben bedacht. Diesen stellt sie mittig auf ein ebenso zart geblümtes, mit feinen Spitzen besetztes Deckchen, das schon auf der kleinen Kommode im Flur wartet. Sie rückt noch einmal die kleinen Blümchen zurecht, die sie um das Deckchen gelegt hat und steckt die Lichterkette an, die das ganze umrahmen soll. Eigentlich wollte sie ja Kerzen aufstellen, doch ihre Mama meinte, es wäre zu gefährlich, die Kerzen alleine im Flur brennen zu lassen, während alle schlafen. Also wurde es die Lichterkette. Aber die scheint auch in einem sehr warmen, wohligen Licht.
Seit Lara-Sophie jeden Abend die Kekse runter stellt, ist sie auch ganz brav und aufmerksam geworden. Sie war schon immer eine Liebe, doch die letzten Tage umso mehr. Ihre Eltern haben sie schon mehr als ein Mal gefragt, wieso sie sich das so angefangen hat. Nicht, dass es sie stören würde, im Gegenteil, jedoch wollten sie schon gerne wissen, was dahinter steckt. Doch die kleine Lara-Sophie hüllt sich darüber in Schweigen. Sie lächelt dann immer nur mild und meint, es wäre ein Geheimnis. Sie würde etwas ausprobieren wollen und sie hätte Angst, dass es nicht klappt, wenn sie es verraten würde. Also belassen sie es dabei, sich darüber zu freuen, wie lieb ihre Tochter nun ist und sich darüber zu wundern, dass sie immer Kekse in den Flur stellt.
Lara-Sophie steht nun auch immer ganz früh auf. Manchmal sogar als erste. Und immer rennt sie in den Flur, um zu bemerken, dass die Kekse noch genauso da liegen, wie am Abend zuvor. Sie schaut dann immer einen Moment enttäuscht nach unten, macht das Licht aus und räumt alles wieder ordentlich weg.
Doch eines Tages war alles anders. Als Lara-Sophie aufwachte, hatte sie schon das Gefühl, dass es heute geklappt haben musste. Sie hatte dieses Gefühl zwar jeden Tag, diesmal aber ganz besonders. Also lief sie noch etwas erwartungsvoller als sonst immer die Treppe hinunter, bog noch etwas schwungvoller als sonst immer um die Ecke und schaute auch kein bisschen enttäuscht nach unten, sondern eher fragend und ein wenig verwirrt nach vorn. Die Kekse waren alle weg, wie sie es erwartet hatte. Kein einziger Krümel war übrig. Die Dekoration lag aber noch an genau derselben Stelle wie den Abend zuvor. Es sah so aus, als hätten auf dem Teller niemals irgendwelche Kekse gelegen. Stattdessen sah man dort auf dem Teller eine Art plüschige Kugel. Jedenfalls sah dieses Etwas vor ihr zunächst aus wie eine Kugel. Lara-Sophie wollte sie in die Hand nehmen, traute sich jedoch nicht so richtig. Also pikste sie sie nur einmal. Sie fühlte sich eher kratzig an. Und bei genauerem Hinsehen war sie auch nicht genau kreisförmig, sondern eher eckig. Halt sehr eckig, so dass sie beinahe wie eine Kugel aussah. Lara-Sophie schaute es noch eine Weile an, dann wurde ihr Blick etwas verklärter, die Augen fingen an zu leuchten und plötzlich rief sie: "Das muss ein Beusch sein!"
"Ein was, mein Schatz?", fragte eine Stimme hinter ihr. Es war ihre Mama. Und weil Lara-Sophie nicht mit ihr gerechnet hatte, zuckte sie kurz zusammen. Dann drehte sie sich um, sie hatte das Beusch nun in der Hand, und lächelte ihre Mama mit großen Augen an. "Ein Beusch!", rief sie. "Ich habe letztens gelesen, wenn man ganz brav ist und Kekse rausstellt, dass man dann einen Beusch bekommt! Und, wenn du einen Beusch hast, dann passiert etwas ganz tolles!" Die Mutter schaute ihre kleine Lara-Sophie lächelnd an. Aber auch ein wenig verwirrt, denn sie fragte sich, was denn genau ihre Kleine da in ihren Händen hielt. Sie wollte es sich noch näher anschauen, ihre Tochter war aber schon in einem wahnsinnigen Tempo an ihr vorbei und in ihr Zimmer gelaufen. Also beschloss die Mutter, später ihren Mann zu fragen, ob er etwas damit zu tun hatte. Was sie dann wohl vergessen haben muss, sie hat das Thema dann nicht mehr angesprochen.
Lara-Sophie aber bunkerte den Beusch nun in ihrem Nachttisch, direkt neben dem Bett. So dass sie, wenn sie noch wach war oder wieder wach wurde, immer wieder mal hinein schauen konnte, um sicherzugehen, dass ihr Beusch noch da ist.
Und dann passierte erst mal nichts. Für etwa sechsunddreißig Stunden.
 

Val Sidal

Mitglied
Andraika,

man soll also von der Leser-Position aus mit der Perspektive eines kritischen Beobachters heran gehen. Bei langen Texten funktioniert das so nicht.

Begründung:
Wie jeden Abend stellt die kleine Lara-Sophie [strike]auch diesmal wieder[/strike] Kekse auf das kleinen Tischchen unten im Flur.
>Wenn's denn jeden Abend, dann...
[strike]Sie gibt sich ganz besonders viel Mühe, alles schön herzurichten. [/strike]
>überflüssig, denn wir wollen ja sehen, welche Mühe sie sich gibt.
Die Kekse liegen in einem perfekten Kreis angeordnet...
>wir wollen sehen, wie sie die Kekse legt...

auf dem schönsten Teller, den sie finden konnte.
>so formuliert, nimmt mich der Text nicht mit...

Er ist aus feinem Porzellan und über und über mit kleinen Blüten in ganz zarten Pastellfarben bedacht.
>Warum ist das erzählenswert? Sagt uns ihre Wahl etwas über Lara-Sophie? Hat es eine Bedeutung für das, was noch kommen wird?
Soll ein Farbtupfer etwas zur Atmosphäre beitragen? Oder wollte sich der Autor einen „schönen“ Satz gönnen?

Diesen stellt sie mittig auf ein ebenso zart geblümtes, mit feinen Spitzen besetztes Deckchen, das schon auf der kleinen Kommode im Flur wartet. Sie rückt noch einmal die kleinen Blümchen zurecht, die sie um das Deckchen gelegt hat und steckt die Lichterkette an, die das ganze umrahmen soll.
>Wir sehen Tischchen, Deckchen und Blümchen – dabei sollten wir Lara-Sophie sehen, die sich ganz besonders viel Mühe gibt...

[red]Eigentlich[/red] wollte sie ja Kerzen aufstellen, doch ihre Mama [red]meinte[/red], es wäre zu gefährlich, die Kerzen alleine im Flur brennen zu lassen, während alle schlafen. [red]Also wurde es die Lichterkette[/red]. Aber die scheint auch in einem sehr warmen, wohligen Licht.
>Sie wollte (nicht eigentlich, sondern wirklich) Kerzen aufstellen.
Ihre Mama meinte nicht, es wäre zu gefährlich, sondern sie wusste es...
Nicht "Es wurde die Lichterkette" -- ihre Mama bot ihr die Alternative an.
Spätestens bei der Kerzenfrage hätte Mama wissen wollen, was das Ganze soll – wenn sie denn eine halbwegs Gescheite ist...


Seit Lara-Sophie jeden Abend die Kekse runter stellt, ist sie auch ganz brav und aufmerksam geworden. Sie war schon immer eine Liebe, doch die letzten Tage umso mehr.
>War sie nun immer schon brav oder nicht? Welche konkrete Veränderung sollen wir beobachten? Welche Veränderung beobachten die Eltern?

Ihre Eltern haben sie schon mehr als ein Mal gefragt, wieso sie sich das so angefangen hat. Nicht, dass es sie stören würde, im Gegenteil, jedoch wollten sie schon gerne wissen, was dahinter steckt.
>Das ist miserabel formuliert – einfach nur hingeklatscht...
Doch die kleine Lara-Sophie hüllt sich darüber in Schweigen. Sie lächelt dann immer nur mild und meint, es wäre ein Geheimnis. Sie würde etwas ausprobieren wollen und sie hätte Angst, dass es nicht klappt, wenn sie es verraten würde.
>Wie lächelt die kleine Lara-Sophie (von der wir immer noch nicht wissen, wie klein sie denn wirklich ist?) – wie lächelt sie also mild?
Also belassen sie es dabei, sich darüber zu freuen, wie lieb ihre Tochter nun ist und sich darüber zu wundern, dass sie immer Kekse in den Flur stellt.
>Wenn Lara-Sophie immer Kekse in den Flur stellt, dann müssen sie irgendwann konsumiert oder weggeworfen worden sein... Ist da ein Haustier im Spiel, oder die Mama? Oder der Papa, der noch gar nicht in Erscheinung getreten ist?

Lara-Sophie steht nun auch immer ganz früh auf. Manchmal sogar als erste. Und immer rennt sie in den Flur, um zu bemerken, dass die Kekse noch genauso da liegen, wie am Abend zuvor. Sie schaut dann immer einen Moment enttäuscht nach unten, macht das Licht aus und räumt alles wieder ordentlich weg.
> Lara-Sophie tut zu oft Dinge „immer“...
Doch eines Tages war alles anders. Als Lara-Sophie aufwachte, hatte sie schon das Gefühl, dass es heute geklappt haben musste. Sie hatte dieses Gefühl zwar jeden Tag, diesmal aber ganz besonders.
>Aha..., das Gefühl!
Also lief sie noch etwas erwartungsvoller als sonst immer die Treppe hinunter, bog noch etwas schwungvoller als sonst immer um die Ecke und schaute auch kein bisschen enttäuscht nach unten, sondern eher fragend und ein wenig verwirrt nach vorn.
>Wieso nicht nach unten? Wieso nach vorne?
Die Kekse waren alle weg, wie sie es erwartet hatte. Kein einziger Krümel war übrig. Die Dekoration lag aber noch an genau derselben Stelle wie den Abend zuvor. Es sah so aus, als hätten auf dem Teller niemals irgendwelche Kekse gelegen.
>Wie bereits erwähnt: die Kekse müssen des Öfteren „weg gewesen sein“ ...
Stattdessen sah man dort auf dem Teller eine Art plüschige Kugel. Jedenfalls sah dieses Etwas vor ihr zunächst aus wie eine Kugel.
>Ich weiß zu diesem Zeitpunkt nicht was ein Beusch ist. „Eine Art plüschige Kugel“? Soll hier das Titel-Etwas auftauchen? Wenn ja, dann ist das ein mehr als dürftiger Auftritt...
Lara-Sophie wollte sie in die Hand nehmen, traute sich jedoch nicht so richtig.
Also pikste sie sie nur einmal. Sie fühlte sich eher kratzig an. Und bei genauerem Hinsehen war sie auch nicht genau kreisförmig, sondern eher eckig. Halt sehr eckig, so dass sie beinahe wie eine Kugel aussah.
Offenbar hat Laura-Sophie auch keine Ahnung, was ihr da aufgetischt wurde...
Lara-Sophie schaute es noch eine Weile an, dann wurde ihr Blick etwas verklärter, die Augen fingen an zu leuchten und plötzlich rief sie: "Das muss ein Beusch sein!"
>Ja, was denn sonst? Sie hatte die Kekse doch für das Beusch „immer“ ausgelegt.
"Ein was, mein Schatz?", fragte eine Stimme hinter ihr. Es war ihre Mama. Und weil Lara-Sophie nicht mit ihr gerechnet hatte, zuckte sie kurz zusammen.
>Mütter tauchen manchmal aus dem Nichts auf...
Dann drehte sie sich um, sie hatte das Beusch nun in der Hand, und lächelte ihre Mama mit großen Augen an. "Ein Beusch!", rief sie. "Ich habe letztens gelesen, wenn man ganz brav ist und Kekse rausstellt, dass man dann einen Beusch bekommt! Und, wenn du einen Beusch hast, dann passiert etwas ganz tolles!"
>Plötzlich ist also alles klar: das Beusch ist da.
Die Mutter schaute ihre kleine Lara-Sophie lächelnd an. Aber auch ein wenig verwirrt, denn sie fragte sich, was denn genau ihre Kleine da in ihren Händen hielt. Sie wollte es sich noch näher anschauen, ihre Tochter war aber schon in einem wahnsinnigen Tempo an ihr vorbei und in ihr Zimmer gelaufen.
Also beschloss die Mutter, später ihren Mann zu fragen, ob er etwas damit zu tun hatte. Was sie dann wohl vergessen haben muss, sie hat das Thema dann nicht mehr angesprochen.
>Muter lächelt, ist verwirrt, fragt sich; sie wollte es sich näher anschauen; dann beschloss sie, dann vergaß sie – aus den Augen, aus dem Sinn.
Also: meine Mutter hätte schon früher, als die Sache mit den Keksen begann, sich an einen Psychologen gewandt; jetzt denke ich, dass sie einen Therapeuten bräuchte. Das kann nicht die Absicht des Autor gewesen sein...
Lara-Sophie aber bunkerte den Beusch nun in ihrem Nachttisch, direkt neben dem Bett. So dass sie, wenn sie noch wach war oder wieder wach wurde, immer wieder mal hinein schauen konnte, um sicherzugehen, dass ihr Beusch noch da ist.
>Klingt etwas zwanghaft, aber plausibel.
Und dann passierte erst mal nichts. Für etwa sechsunddreißig Stunden.
>Solch einen Cliffhänger braucht man nur, wenn die Geschichte nicht zum Weiterlesen animiert. Warum es dem so ist, kannst du meinen Bemerkungen entnehmen.

Ich hoffe, der Kommentar hilft Dir -- wenn nicht, dann Pardon!
 

Andraika

Mitglied
Val Sida,
vielen lieben dank für deinen Kommentar! Danke dass du dir so viel Mühe gegeben hast, Leser wie dich kann sich ein Amateur-Schreiber wie ich nur wünschen.
Ich werde mir deine Hinweise auf jeden Fall näher anschauen und einarbeiten. (bzw werde ich wohl recht viel umschreiben müssen...)
 

Andraika

Mitglied
Heute war bereits der dritte Abend, an dem Lara-Sophie Kekse auf die kleine Kommode im Flur stellte. Wie die letzten beiden Tage auch ging sie in die Küche, stellte sich die Trittleiter parat und holte die Keksdose von dem Fach über dem Kühlschrank. Dann schob sie den Tritt einen Meter nach links, um an das Geschirr heran zu kommen. Am ersten Tag hatte sie hier lange gesucht, um den schönsten Teller zu finden, den ihre Mutter besaß. Lara-Sophie wollte die Kekse auf keinen Fall einfach auf irgendeinen Teller legen, nein, es musste der aus dem feinen Porzellan und dem leicht geschwungenen Rand sein, der über und über mit kleinen Blümchen in zarten Pastellfarben bedacht war.

Gerade als sie am ersten Abend mit der Suche nach dem Teller fertig war, kam ihre Mutter zur Küche hinein. "Nanu", fing sie an, "was machst du denn hier? Musst du nicht längst im Bett sein?" Dann fiel ihr Blick auf die Keksdose. "Und die Süßigkeiten räumen wir auch wieder weg, Fräulein! Du sollst Abends doch keine Kekse mehr essen!"

"Nein Mama", warf das Mädchen schnell ein, "die sind ja gar nicht für mich!" Schnell stieg sie von der Leiter, legte den Teller auf die Küchentheke und griff nach der Keksdose, um sie ganz fest an sich zu drücken. "Ich will sie nur auslegen, mehr nicht!"

Die Mutter sah runzelte die Stirn. "Die Kekse auslegen? Wieso das denn?"

"Das kann ich nicht sagen. Ich will etwas versuchen. Wovon ich heute gelesen habe. Aber wenn ich verrate worum es geht, dann klappt es womöglich nicht." Sie blickte ihre Mutter mit großen, bettelnden Augen an, so dass diese nicht anders konnte als zu lächeln.

"So, du hast davon gelesen? Wo denn?"

"In einem Buch."

Die Mutter seufzte, lächelte aber immer noch. Sie dachte an die Kinderbücher, die ihr Mann der Kleinen letztens mitgebracht hatte. Sicher versuchte Lara-Sophie eine der Geschichten in einem dieser Bücher nachzuspielen.

"Und...", fuhr die Mutter fort, "du wolltest jetzt die Kekse auf den Teller legen und auf die Kommode legen? Mehr nicht? Und dann wartest du ab, was passiert?"

"Ja. Nein, nicht ganz. Ich muss die Kommode doch noch schmücken!"

"Schmücken?" Sie runzelte die Stirn.

"Ja. Wie wenn man Kekse für den Nikolaus rauslegt. Mit einem schönen Deckchen und mit Blümchen und Kerzen, damit die Kekse auch beleuchtet sind! Und dann muss ich schlafen gehen. Und wenn ich Glück habe, passiert über Nacht etwas wunderbares!" Das Mädchen hatte sich richtig in Stimmung geredet, die Worte überschlugen sich fast und ihre Äugelchen leuchteten.

"Nun gut", meinte ihre Mutter, "ich schlage folgendes vor: Ich helfe dir schnell, alles vorzubereiten, und dann gehst du aber sofort ins Bett. Und, die Kerzen lassen wir besser weg, bevor noch etwas Feuer fängt. Du kannst stattdessen die Lichterkette nehmen, wie wäre es damit?" Sie wollte heute Abend keine längere Diskussion mehr anfangen. So wie sie ihre Tochter kannte, würde sie spätestens nach ein paar Tagen, wenn nichts geschehen würde, das Interesse an diesem Spiel verlieren.

Das Mädchen schien einen Moment zu überlegen, dann nickte sie. "Einverstanden."

Am nächsten Morgen stand Lara-Sophie ganz früh auf, noch vor allen anderen. Sofort rannte sie die Treppe hinab, bog um eine Ecke und blickte direkt auf die Kommode. Alles war wie am Abend zuvor. Sie seufzte. "Naja, vielleicht muss ich es noch ein paar Mal versuchen", überlegte sie halblaut. Dann steckte sie die Lichterkette aus, räumte die Kekse zurück in die Keksdose, verstaute das Deckchen in der Kommode und brachte den Teller zurück in die Küche.

Am nächsten Tag war es nicht anders.

Doch am dritten Tag waren die Kekse weg. Kein einziger Krümel war übrig. Die Dekoration lag aber noch an genau derselben Stelle wie den Abend zuvor. Es sah so aus, als hätten auf dem Teller niemals irgendwelche Kekse gelegen. Stattdessen sah man dort auf dem Teller eine Art plüschige Kugel. Jedenfalls sah dieses Etwas vor ihr zunächst aus wie eine Kugel. Lara-Sophie wollte sie in die Hand nehmen, traute sich jedoch nicht so richtig. Also pikste sie sie nur einmal. Sie fühlte sich eher kratzig an. Und bei genauerem Hinsehen war sie auch nicht genau kreisförmig, sondern eher eckig. Halt sehr eckig, so dass sie beinahe wie eine Kugel aussah. Lara-Sophie schaute es noch eine Weile an, dann wurde ihr Blick etwas verklärter, die Augen fingen an zu leuchten und plötzlich rief sie: "Das muss ein Beusch sein!"

"Ein was, mein Schatz?", fragte eine Stimme hinter ihr. Es war ihre Mama. Weil Lara-Sophie so mit dem plüschigen Etwas beschäftigt war, hatte sie sie gar nicht kommen hören und zuckte kurz zusammen. Dann drehte sie sich um, sie hatte das Beusch nun in der Hand, und lächelte ihre Mama mit großen Augen an. "Ein Beusch!", rief sie. "Ich habe letztens gelesen, wenn man ganz brav ist und Kekse rausstellt, dass man dann einen Beusch bekommt! Und, wenn du einen Beusch hast, dann passiert etwas ganz tolles!" Die Mutter schaute ihre kleine Lara-Sophie lächelnd an. Aber auch ein wenig verwirrt, denn sie fragte sich, was denn genau ihre Kleine da in ihren Händen hielt. Sie wollte es sich noch näher anschauen, ihre Tochter war aber schon in einem wahnsinnigen Tempo an ihr vorbei und in ihr Zimmer gelaufen. Also beschloss die Mutter, später ihren Mann zu fragen, ob er etwas damit zu tun hatte.

Lara-Sophie aber bunkerte den Beusch nun in ihrem Nachttisch, direkt neben dem Bett. So dass sie, wenn sie noch wach war oder wieder wach wurde, immer wieder mal hinein schauen konnte, um sicherzugehen, dass ihr Beusch noch da ist.

Und dann passierte erst mal nichts. Für etwa sechsunddreißig Stunden.
 

Andraika

Mitglied
Heute war bereits der dritte Abend, an dem Lara-Sophie Kekse auf die kleine Kommode im Flur stellte. Wie die letzten beiden Tage auch ging sie in die Küche, stellte sich die Trittleiter parat und holte die Keksdose von dem Fach über dem Kühlschrank. Dann schob sie den Tritt einen Meter nach links, um an das Geschirr heran zu kommen. Am ersten Tag hatte sie hier lange gesucht, um den schönsten Teller zu finden, den ihre Mutter besaß. Lara-Sophie wollte die Kekse auf keinen Fall einfach auf irgendeinen Teller legen, nein, es musste der aus dem feinen Porzellan und mit dem leicht geschwungenen Rand sein, der über und über mit kleinen Blümchen in zarten Pastellfarben bedacht war.

Gerade als sie am ersten Abend mit der Suche nach dem Teller fertig war, kam ihre Mutter zur Küche hinein. "Nanu", fing sie an, "was machst du denn hier? Musst du nicht längst im Bett sein?" Dann fiel ihr Blick auf die Keksdose. "Und die Süßigkeiten räumen wir auch wieder weg, Fräulein! Du sollst Abends doch keine Kekse mehr essen!"

"Nein Mama", warf das Mädchen schnell ein, "die sind ja gar nicht für mich!" Schnell stieg sie von der Leiter, legte den Teller auf die Küchentheke und griff nach der Keksdose, um sie ganz fest an sich zu drücken. "Ich will sie nur auslegen, mehr nicht!"

Die Mutter sah runzelte die Stirn. "Die Kekse auslegen? Wieso das denn?"

"Das kann ich nicht sagen. Ich will etwas versuchen. Wovon ich heute gelesen habe. Aber wenn ich verrate worum es geht, dann klappt es womöglich nicht." Sie blickte ihre Mutter mit großen, bettelnden Augen an, so dass diese nicht anders konnte als zu lächeln.

"So, du hast davon gelesen? Wo denn?"

"In einem Buch."

Die Mutter seufzte, lächelte aber immer noch. Sie dachte an die Kinderbücher, die ihr Mann der Kleinen letztens mitgebracht hatte. Sicher versuchte Lara-Sophie eine der Geschichten in einem dieser Bücher nachzuspielen.

"Und...", fuhr die Mutter fort, "du wolltest jetzt die Kekse auf den Teller legen und auf die Kommode legen? Mehr nicht? Und dann wartest du ab, was passiert?"

"Ja. Nein, nicht ganz. Ich muss die Kommode doch noch schmücken!"

"Schmücken?" Sie runzelte die Stirn.

"Ja. Wie wenn man Kekse für den Nikolaus rauslegt. Mit einem schönen Deckchen und mit Blümchen und Kerzen, damit die Kekse auch beleuchtet sind! Und dann muss ich schlafen gehen. Und wenn ich Glück habe, passiert über Nacht etwas wunderbares!" Das Mädchen hatte sich richtig in Stimmung geredet, die Worte überschlugen sich fast und ihre Äugelchen leuchteten.

"Nun gut", meinte ihre Mutter, "ich schlage folgendes vor: Ich helfe dir schnell, alles vorzubereiten, und dann gehst du aber sofort ins Bett. Und, die Kerzen lassen wir besser weg, bevor noch etwas Feuer fängt. Du kannst stattdessen die Lichterkette nehmen, wie wäre es damit?" Sie wollte heute Abend keine längere Diskussion mehr anfangen. So wie sie ihre Tochter kannte, würde sie spätestens nach ein paar Tagen, wenn nichts geschehen würde, das Interesse an diesem Spiel verlieren.

Das Mädchen schien einen Moment zu überlegen, dann nickte sie. "Einverstanden."

Am nächsten Morgen stand Lara-Sophie ganz früh auf, noch vor allen anderen. Sofort rannte sie die Treppe hinab, bog um eine Ecke und blickte direkt auf die Kommode. Alles war wie am Abend zuvor. Sie seufzte. "Naja, vielleicht muss ich es noch ein paar Mal versuchen", überlegte sie halblaut. Dann steckte sie die Lichterkette aus, räumte die Kekse zurück in die Keksdose, verstaute das Deckchen in der Kommode und brachte den Teller zurück in die Küche.

Am nächsten Tag war es nicht anders.

Doch am dritten Tag waren die Kekse weg. Kein einziger Krümel war übrig. Die Dekoration lag aber noch an genau derselben Stelle wie den Abend zuvor. Es sah so aus, als hätten auf dem Teller niemals irgendwelche Kekse gelegen. Stattdessen sah man dort auf dem Teller eine Art plüschige Kugel. Jedenfalls sah dieses Etwas vor ihr zunächst aus wie eine Kugel. Lara-Sophie wollte sie in die Hand nehmen, traute sich jedoch nicht so richtig. Also pikste sie sie nur einmal. Sie fühlte sich eher kratzig an. Und bei genauerem Hinsehen war sie auch nicht genau kreisförmig, sondern eher eckig. Halt sehr eckig, so dass sie beinahe wie eine Kugel aussah. Lara-Sophie schaute es noch eine Weile an, dann wurde ihr Blick etwas verklärter, die Augen fingen an zu leuchten und plötzlich rief sie: "Das muss ein Beusch sein!"

"Ein was, mein Schatz?", fragte eine Stimme hinter ihr. Es war ihre Mama. Weil Lara-Sophie so mit dem plüschigen Etwas beschäftigt war, hatte sie sie gar nicht kommen hören und zuckte kurz zusammen. Dann drehte sie sich um, sie hatte das Beusch nun in der Hand, und lächelte ihre Mama mit großen Augen an. "Ein Beusch!", rief sie. "Ich habe letztens gelesen, wenn man ganz brav ist und Kekse rausstellt, dass man dann einen Beusch bekommt! Und, wenn du einen Beusch hast, dann passiert etwas ganz tolles!" Die Mutter schaute ihre kleine Lara-Sophie lächelnd an. Aber auch ein wenig verwirrt, denn sie fragte sich, was denn genau ihre Kleine da in ihren Händen hielt. Sie wollte es sich noch näher anschauen, ihre Tochter war aber schon in einem wahnsinnigen Tempo an ihr vorbei und in ihr Zimmer gelaufen. Also beschloss die Mutter, später ihren Mann zu fragen, ob er etwas damit zu tun hatte.

Lara-Sophie aber bunkerte den Beusch nun in ihrem Nachttisch, direkt neben dem Bett. So dass sie, wenn sie noch wach war oder wieder wach wurde, immer wieder mal hinein schauen konnte, um sicherzugehen, dass ihr Beusch noch da ist.

Und dann passierte erst mal nichts. Für etwa sechsunddreißig Stunden.
 

Andraika

Mitglied
Heute war bereits der dritte Abend, an dem Lara-Sophie Kekse auf die kleine Kommode im Flur stellte. Wie die letzten beiden Tage auch ging sie in die Küche, stellte sich die Trittleiter parat und holte die Keksdose von dem Fach über dem Kühlschrank. Dann schob sie den Tritt einen Meter nach links, um an das Geschirr heran zu kommen. Am ersten Tag hatte sie hier lange gesucht, um den schönsten Teller zu finden, den ihre Mutter besaß. Lara-Sophie wollte die Kekse auf keinen Fall einfach auf irgendeinen Teller legen, nein, es musste der aus dem feinen Porzellan und mit dem leicht geschwungenen Rand sein, der über und über mit kleinen Blümchen in zarten Pastellfarben bedacht war.

Gerade als sie am ersten Abend mit der Suche nach dem Teller fertig war, kam ihre Mutter zur Küche hinein. "Nanu", fing sie an, "was machst du denn hier? Musst du nicht längst im Bett sein?" Dann fiel ihr Blick auf die Keksdose. "Und die Süßigkeiten räumen wir auch wieder weg, Fräulein! Du sollst Abends doch keine Kekse mehr essen!"

"Nein Mama", warf das Mädchen schnell ein, "die sind ja gar nicht für mich!" Schnell stieg sie von der Leiter, legte den Teller auf die Küchentheke und griff nach der Keksdose, um sie ganz fest an sich zu drücken. "Ich will sie nur auf der Kommode im Flur auslegen, mehr nicht!"

Die Mutter sah runzelte die Stirn. "Die Kekse auslegen? Wieso das denn?"

"Das kann ich nicht sagen. Ich will etwas versuchen. Wovon ich heute gelesen habe. Aber wenn ich verrate worum es geht, dann klappt es womöglich nicht." Sie blickte ihre Mutter mit großen, bettelnden Augen an, so dass diese nicht anders konnte als zu lächeln.

"So, du hast davon gelesen? Wo denn?"

"In einem Buch."

Die Mutter seufzte, lächelte aber immer noch. Sie dachte an die Kinderbücher, die ihr Mann der Kleinen letztens mitgebracht hatte. Sicher versuchte Lara-Sophie eine der Geschichten in einem dieser Bücher nachzuspielen.

"Und...", fuhr die Mutter fort, "du wolltest jetzt die Kekse auf den Teller legen und auf die Kommode legen? Mehr nicht? Und dann wartest du ab, was passiert?"

"Ja. Nein, nicht ganz. Ich muss die Kommode doch noch schmücken!"

"Schmücken?" Sie runzelte die Stirn.

"Ja. Wie wenn man Kekse für den Nikolaus rauslegt. Mit einem schönen Deckchen und mit Blümchen und Kerzen, damit die Kekse auch beleuchtet sind! Und dann muss ich schlafen gehen. Und wenn ich Glück habe, passiert über Nacht etwas wunderbares!" Das Mädchen hatte sich richtig in Stimmung geredet, die Worte überschlugen sich fast und ihre Äugelchen leuchteten.

"Nun gut", meinte ihre Mutter, "ich schlage folgendes vor: Ich helfe dir schnell, alles vorzubereiten, und dann gehst du aber sofort ins Bett. Und, die Kerzen lassen wir besser weg, bevor noch etwas Feuer fängt. Du kannst stattdessen die Lichterkette nehmen, wie wäre es damit?" Sie wollte heute Abend keine längere Diskussion mehr anfangen. So wie sie ihre Tochter kannte, würde sie spätestens nach ein paar Tagen, wenn nichts geschehen würde, das Interesse an diesem Spiel verlieren.

Das Mädchen schien einen Moment zu überlegen, dann nickte sie. "Einverstanden."

Am nächsten Morgen stand Lara-Sophie ganz früh auf, noch vor allen anderen. Sofort rannte sie die Treppe hinab, bog um eine Ecke und blickte direkt auf die Kommode. Alles war wie am Abend zuvor. Sie seufzte. "Naja, vielleicht muss ich es noch ein paar Mal versuchen", überlegte sie halblaut. Dann steckte sie die Lichterkette aus, räumte die Kekse zurück in die Keksdose, verstaute das Deckchen in der Kommode und brachte den Teller zurück in die Küche.

Am nächsten Tag war es nicht anders.

Doch am dritten Tag waren die Kekse plötzlich weg. Kein einziger Krümel war übrig. Die Dekoration lag aber noch an genau derselben Stelle wie den Abend zuvor. Es sah so aus, als hätten auf dem Teller niemals irgendwelche Kekse gelegen. Aber der Teller war nicht leer. Jetzt lag auf ihm eine Art plüschige Kugel. Jedenfalls sah dieses Etwas vor ihr zunächst aus wie eine Kugel. Lara-Sophie überlegte kurz, sie in die Hand nehmen, traute sich jedoch nicht so richtig. Also pikste sie sie nur einmal. Sie fühlte sich eher kratzig an. Und bei genauerem Hinsehen war sie auch nicht genau kreisförmig, sondern eher eckig. Halt sehr eckig, so dass sie beinahe wie eine Kugel aussah. Lara-Sophie schaute es noch eine Weile an, dann wurde ihr Blick etwas verklärter, die Augen fingen an zu leuchten und plötzlich rief sie: "Das muss das Beusch sein!"

"Das was, mein Schatz?", fragte eine Stimme hinter ihr. Es war ihre Mama. Weil Lara-Sophie so mit dem plüschigen Etwas beschäftigt war, hatte sie sie gar nicht kommen hören und zuckte kurz zusammen. Dann packte sie das Beusch schnell, drehte sich um und lächelte ihre Mama mit großen Augen an. "Ein Beusch!", rief sie. "Ich habe letztens gelesen, wenn man ganz brav ist und Kekse rausstellt, dass man dann einen Beusch bekommt! Und, wenn du einen Beusch hast, dann passiert etwas ganz tolles!" Die Mutterlegte den Kopf schief und runzelte die Stirn, denn sie fragte sich, was denn genau ihre Kleine da in ihren Händen hielt. Sie wollte es sich gerade noch näher anschauen, ihre Tochter war aber schon in einem wahnsinnigen Tempo an ihr vorbei und in ihr Zimmer gelaufen. Also beschloss die Mutter, später ihren Mann zu fragen, ob er etwas damit zu tun hatte.

Lara-Sophie aber bunkerte den Beusch nun in ihrem Nachttisch, direkt neben dem Bett. So dass sie, wenn sie noch wach war oder wieder wach wurde, immer wieder mal hinein schauen konnte, um sicherzugehen, dass ihr Beusch noch da ist.

Und dann passierte erst mal nichts. Für etwa sechsunddreißig Stunden.
 



 
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