Das Blau der Träume

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caspAr

Mitglied
Das Blau der Träume


Heute bin ich stumm und traurig,
Herz verschlossen - rotes Siegel
Es geht dein Schatten, still und grausig,
Abends um den Weiherspiegel

Ein ganzes Jahr du nun versunken,
Stumpf die Klinge, Blut vergraben.
Schwarz das Haupt, ich schwanke trunken
Im Licht des Mondes voller Plagen.

Tief rauscht der Schmerz. Oh weites Land!
Du Erde, die mir immer fremd geblieben
Niemals gereicht die warme Hand
Nur abgeschnitten und vertrieben

Sind wir Wolken, die der Wind verweht?
Die Mutter, die am Grabe trauert.
Es ist Sehnsucht, die mir im Herze bebt
Das Blau der Träume uns auflauert
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Hallo CaspAr!

medias in res -

Mal beginnst Du trochäisch (mit Betonung), mal jambisch (mit einem unbetonten Auftakt). Ich rücke die trochäischen Anfänge zur Verdeutlichung ein:

Ein ganzes Jahr du nun versunken,
elliptisch (d.h. ohne Kopula)
[ 4]Stumpf die [red]Klinge[/red], [red]Blut [/red]vergraben.
Fortsetzung der Ellipse ohne Verdeutlichung des Subjektswechsels
[ 4]Schwarz das [red]Haupt[/red], ich schwanke trunken
[red]Im Licht des Mondes[/red] voller Plagen.
Wer läuft denn heutzutage mit einer Klinge rum? Blutwurst-Fabrikanten? Selbstrasierer? Und wird der sein Blut "vergraben"? "trunken", in der Tat.

Tief rauscht [red]der Schmerz[/red]. [red]Oh weites Land[/red]!
[red]Du Erde, die mir immer fremd geblieben[/red]
ein Verfuß zu viel
[ 4]Niemals gereicht die warme Hand
"niemals" ist eigentlich anfangsbetont
Nur abgeschnitten und vertrieben

Sind wir Wolken, die der Wind verweht?
Frage? paßt nicht zum Prädikatsnomen vor dem Strophenabsatz-Sprung
[red]Die Mutter, die am Grabe trauert.[/red]
[red]Es ist Sehnsucht, die mir im Herze bebt[/red]
Das Blau der Träume uns auflauert
ausgerechnet in der Schlußpointe eine Inversion des Satzbaus; vorher noch dein metrischer Stolperer (Daktylus statt Trochäus)

Die Stellen, wo ich vor Rührung oder körperlichem Schmerz laut aufgeschluchzt habe, habe ich rot markiert.

Es kann sein, daß Du eine Parodie auf übermäßigen Farbenmißbrauch in Gedichten schreiben wolltest, im Sinn von Gottfried Benn, der dazu geraten hat, "Farben" in Gedichten zu vermeiden. Das würde zu Deiner Grundthese mit dem "auflauernden Blau passen".

Im Sinne der Parodie wird es dann sein, daß ich es mit einer parodistischen Bewertung bewerte.

grusz, hansz

 

caspAr

Mitglied
Lieber Mondnein,

vielen Dank für deine ausführliche Kritik. Ich werde weiter an meinen Texten arbeiten und versuchen mich zu verbessern. Dir ein schönes Wochenende.
 

caspAr

Mitglied
Das Blau der Träume


Heute bin ich stumm und traurig,
Herz verschlossen - rotes Siegel
Es geht dein Schatten, still und grausig,
Abends um den Weiherspiegel

Ein ganzes Jahr bist du versunken,
Stumpf die Klinge, Blut vergraben.
Schwarz dein Haupt, ich schwanke trunken
Im Licht des Mondes, voller Plagen.

Tief rauscht der Schmerz. Oh weites Land!
Du Erde, die uns immer fremd geblieben
Niemals gereicht die warme Hand
Nun abgeschnitten und vertrieben

Sind wir Wolken, die der Wind verweht?
Die Mutter, die am Grabe trauert.
Es ist Sehnsucht, die mir im Herze bebt
Das Blau der Träume uns auflauert
 

nachtvogel

Mitglied
Unabhängig von der Metrik deines Gedichtes kann ich nur sagen: ich habe dein "Blau der Träume".gerne gelesen und entsprechend bewertet.

LG von nachtvogel
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Lieber Nachtvogel,

Du stehst nicht in der Bewertungslist, wie kannst Du dann bewertet haben?

grusz, hansz
 

nachtvogel

Mitglied
Hallo Mondnein, keine Ahnung, warum ich nicht aufgeführt werde, ich habe sogar meine Bewertung wiederholt und erhielt den Hinweis, dass ich bereits bewertet hätte.

LG von
nachtvogel
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
M O D E R A T I O N

Ihr Lieben,

ich habe die Diskussion zur Bewertung aus dem Thread genommen. Es ist alles gesagt, wendet euch wieder dem Blau der Träume zu.

Danke,
lap
 

James Blond

Mitglied
Lieber caspAr,

nicht selten gefallen mir Werke in der Leselupe, die ein roter Balken ziert. Zwar ist dort offensichtlich etwas schief gelaufen oder ein Autor hat sich (zu) weit aus dem Fenster gelehnt. Zugleich aber birgt jeder Sprachunfall eine Menge Material und die Diskrepanz zwischen dichterischem Drang und sprachlichen Fehlgriffen eröffnet auch kreative Räume, ob freiwillig oder unfreiwillig, sei einmal dahingestellt.

Dabei spielt der Aspekt der Ironie ebenso wenig eine Rolle wie Benns dämliche Ratschläge zu Farben in Gedichten. Ich mag Kitsch und liebe auch das Tränenfeuchte.

Wenn du jetzt meinen Gegenentwurf liest, wirst du vermutlich sagen: So habe ich es nicht gemeint, denn das sagen sie alle. ;) Doch habe ich es so verstanden und es ist meine Antwort auf dein Stenodeutsch, das mir keine Ruhe gelassen hat.


Das Blau der Träume

Verstummt bin ich, unendlich traurig,
Mein Herz umschließt ein rotes Siegel,
Dein Schatten schleicht so still und schaurig
Des Abends um den Weiherspiegel.

Dein liebes Bild ist mir entsunken,
Längst wurde auch mein Mut begraben,
Das dunkle Haupt streift schmerzestrunken,
Im Licht des Mondes flüstern Narben.

Tief rauscht der Wind: Oh weites Land!
Die Sterne, die so fremd geblieben!
Kein Schicksal reichte uns die Hand
Der Fluch hat unser Glück vertrieben.

Aus Wolken wird das Bett gewebt
Der Mutter, die am Grabe trauert.
Und Sehnsucht, die im Herzen lebt,
Im Blau der Träume auf uns lauert.


Grüße
JB
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ja, das finde ich auch.

James beherrscht das "Handwerk", das hat sich schon oft bei verbesserten Neuversionen gezeigt. Meisterlich.
 



 
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