LitterART
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Mit Corona ist das so eine Sache! Vor allem, wenn man sich in Zeiten wie diesen mit Freunden treffen will.
Eigentlich hätten wir diesen Besuch gar nicht machen dürfen. Wir waren ja mitten in einem verlängerten Lockdown im Zuge der Coronavirus-Pandemie. Die von der Bundesregierung verordneten aktuellen Maßnahmen erlaubten nicht, dass sich mehrere Mitglieder eines Haushaltes mit mehreren Mitgliedern eines anderen Haushaltes trafen oder diese besuchten. Die Regierung appelliert nach wie vor eindringlich, möglichst niemanden zu treffen und die Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren. Zusätzlich waren auch noch der Zwei-Meter-Abstand, das Tragen von FFP2-Masken und anderes vorgeschrieben.
Eigentlich hätten wir auch am letzten Sonntag zuhause bleiben müssen. Doch diesmal brachen wir gleich mit einer ganzen Reihe von Vorschriften. Wir hatten unsere Freunde ewig nicht gesehen. Im Frühjahr hatten wir die lange geplante gemeinsame Fahrt mit ihnen nach Venedig abgesagt. Im Sommer waren wir nicht wie jedes Jahr mit ihnen in die Toskana gefahren. Und im Herbst waren mehrere schon traditionell gewordene Feiern mit unseren Freunden ins Wasser gefallen. Der Beschluss stand fest! Wir würden ihnen einen Besuch abstatten. Und das Wochenende darauf würden wir sie zu uns einladen. Wir waren lange brav gewesen. Nun musste einmal kurz Schluss damit sein!
Jedes Mal, wenn unsere Freunde, die K’s, zu uns kamen, überhäuften sie uns mit wundervollen Gastgeschenken. Tendenziell brachten sie edle Weine und exklusive Delikatessen mit. Zu diesem Besuch hatten wir uns ganz spontan entschlossen. Für eine Bestellung aus einem Online-Shop war es zu spät. Corona-bedingt waren die meisten Geschäftslokale seit Wochen geschlossen. Noch dazu war es Sonntag. In den Tankstellen-Shops gab es nichts Passendes. Wir hatten kein geeignetes Mitbringsel!
Barbara hatte eine Idee! „Komm, fahren wir!“ sagte sie. Ohne Gastgabe? Ihr Blick sagte mir: Das nein! Ich vertraute ihr. Sie war immer schon genial, wenn es um Fragen wie diese ging.
Ich fuhr. Barbara lotste mich direkt in jene nahe Privatklinik, in der ihre Schwester arbeitete. Barbara stieg aus. Kurz war sie weg. Mit einem Lächeln und einer kleinen Papiertüte, die sie triumphierend in die Lüfte hob, kehrte sie rasch zurück. Hätte ich sie gefragt, was in der Tüte wäre, hätte sie mir das nicht beantwortet. Deshalb fragte ich sie erst gar nicht danach. Ich sah ihr aber an, dass sie sich das gewünscht hätte. Ich grübelte nach, worum es sich handeln könnte. Auf jeden Fall war es das ominöse Gastgeschenk.
Begleitet von den neuesten üblen Nachrichten im Mittagsjournal und ein wenig Jännerschneefall kamen wir nach kurzer Fahrt bei unseren Freunden an. Nach Passieren des automatisch öffnenden Tores wurden herzlich im Garten begrüßt. Ach ja! FFP2 Maske und zwei Meter Abstand! (Nicht selten lassen unsere Emotionen und unsere Allzumenschlichkeit die Corona-Vorschriften vergessen.) Die Kinder waren leider diesmal nicht da. Schade. Beim nächsten Mal hoffentlich. Der Duft von Wildbraten und Rosmarin stieg uns beim Betreten des Hauses in die Nase. Noch ein kurzes Gespräch über die neuesten Neuigkeiten in der Küche.
Fast unbemerkt hielt Barbara während unserer Willkommensunterhaltung die mitgebrachte Papiertüte in der Hand. Sie konnte es sichtlich kaum erwarten, Ihr Gastgeschenk (von dem ich immer noch nicht wusste, was es wäre) zu übergeben. Uns wurde ein Aperitiv angeboten, bevor wir zur Vorspeise in den Salon gebeten wurden. Das war der richtige Moment! Wir erklärten mit ein wenig gespielter Beschämung, dass wir diesmal nichts Konventionelles mitgebracht hätten. Ich ahnte immer noch nicht, worum es sich handeln könnte. Spezielle Vitaminpräparate oder so was in der Art? Dann kam Barbara aus mir erst nicht erklärlichen Gründen darauf zu sprechen, wie knapp der Corona-Impfstoff noch sei und dessen Vergabe daher priorisiert werden müsse. Bewohner und Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen sowie alle Menschen über 80 gehörten zur ersten Gruppe mit höchster Priorität. Unsere Freunde nickten. Ja, so meinten sie, nur Personen aus dieser Gruppe, wie etwa deren Eltern, könnten derzeit eine Impfung erhalten.
Nun ließ Barbara die Katze aus dem Sack! Der Inhalt er Tüte wurde übergeben. Die K‘s strahlten vor freudiger Überraschung. Damit hätten sie nicht gerechnet! Wie wir alle in unserem Alter waren wir noch nicht gegen das Corona-Virus geimpft und fühlten uns dennoch als nicht mehr ganz so junge durchaus durch dieses gefährdet und natürlich auch massiv eingeschränkt. Wir alle waren keine Impfgegner. Ganz im Gegenteil!
Hübsch anzusehen war die Ampulle mit den Corona-Spritzen nicht. Aber der absolute Hit! „Soll ich Euch das Serum noch vor dem Essen spritzen oder danach?“ fragte Barbara. Ein wenig Zeit bis zum Mittagsmahl war ja noch. Unsere Freunde wollten die Spritzen gleich verabreicht bekommen. Gesagt, getan. Die Verimpfungen liefen klaglos ab. Die Frage, wie Barbara zu diesem so raren und begehrten Serum gekommen war, beantwortete sie nicht. Das sollte ein Geheimnis bleiben. Aber wir machten alle vier keines aus unserem ein wenig schlechten Gewissen. Wir hatten, wie andere Privilegierte, den Corona-Impstoff, von dem die EU in der ersten Tranche bekanntlich viel zu wenige Dosen geliefert bekommen hatte, schon jetzt erschlichen. Verfluchter Lieferengpass! Die armen Anderen! Was soll’s! Zum Ausgleich, so waren wir uns einig, konnte man ja irgendeiner sozialen Organisation eine Spende zukommen lassen.
Vom Serum war auch genug übrig, um uns selbst eine Impfung zu verpassen. Nichts soll schließlich verschwendet werden. Nun waren wir alle vier noch vor dem in unbestimmter Ferne liegenden Termin teilimmun gegen das Virus. Das Serum für die Folgespritzen, so meinte Barbara, würde sie rechtzeitig besorgen. Grund für ein baldiges weiteres Treffen! Haha – ein freundschaftliches Impftreffen. Wunderbar nicht!?
Wir speisten ausgezeichnet. So viele Beilagen zum selbst geschossenen Wild! Und ein ganz besonderer Wein aus einem unserer Lieblingsweingüter in der Toskana. Wenn man schon so rasch nicht hinkommt! Ein gelungener Tag.
Eigentlich hätten wir diesen Besuch gar nicht machen dürfen. Wir waren ja mitten in einem verlängerten Lockdown im Zuge der Coronavirus-Pandemie. Die von der Bundesregierung verordneten aktuellen Maßnahmen erlaubten nicht, dass sich mehrere Mitglieder eines Haushaltes mit mehreren Mitgliedern eines anderen Haushaltes trafen oder diese besuchten. Die Regierung appelliert nach wie vor eindringlich, möglichst niemanden zu treffen und die Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren. Zusätzlich waren auch noch der Zwei-Meter-Abstand, das Tragen von FFP2-Masken und anderes vorgeschrieben.
Eigentlich hätten wir auch am letzten Sonntag zuhause bleiben müssen. Doch diesmal brachen wir gleich mit einer ganzen Reihe von Vorschriften. Wir hatten unsere Freunde ewig nicht gesehen. Im Frühjahr hatten wir die lange geplante gemeinsame Fahrt mit ihnen nach Venedig abgesagt. Im Sommer waren wir nicht wie jedes Jahr mit ihnen in die Toskana gefahren. Und im Herbst waren mehrere schon traditionell gewordene Feiern mit unseren Freunden ins Wasser gefallen. Der Beschluss stand fest! Wir würden ihnen einen Besuch abstatten. Und das Wochenende darauf würden wir sie zu uns einladen. Wir waren lange brav gewesen. Nun musste einmal kurz Schluss damit sein!
Jedes Mal, wenn unsere Freunde, die K’s, zu uns kamen, überhäuften sie uns mit wundervollen Gastgeschenken. Tendenziell brachten sie edle Weine und exklusive Delikatessen mit. Zu diesem Besuch hatten wir uns ganz spontan entschlossen. Für eine Bestellung aus einem Online-Shop war es zu spät. Corona-bedingt waren die meisten Geschäftslokale seit Wochen geschlossen. Noch dazu war es Sonntag. In den Tankstellen-Shops gab es nichts Passendes. Wir hatten kein geeignetes Mitbringsel!
Barbara hatte eine Idee! „Komm, fahren wir!“ sagte sie. Ohne Gastgabe? Ihr Blick sagte mir: Das nein! Ich vertraute ihr. Sie war immer schon genial, wenn es um Fragen wie diese ging.
Ich fuhr. Barbara lotste mich direkt in jene nahe Privatklinik, in der ihre Schwester arbeitete. Barbara stieg aus. Kurz war sie weg. Mit einem Lächeln und einer kleinen Papiertüte, die sie triumphierend in die Lüfte hob, kehrte sie rasch zurück. Hätte ich sie gefragt, was in der Tüte wäre, hätte sie mir das nicht beantwortet. Deshalb fragte ich sie erst gar nicht danach. Ich sah ihr aber an, dass sie sich das gewünscht hätte. Ich grübelte nach, worum es sich handeln könnte. Auf jeden Fall war es das ominöse Gastgeschenk.
Begleitet von den neuesten üblen Nachrichten im Mittagsjournal und ein wenig Jännerschneefall kamen wir nach kurzer Fahrt bei unseren Freunden an. Nach Passieren des automatisch öffnenden Tores wurden herzlich im Garten begrüßt. Ach ja! FFP2 Maske und zwei Meter Abstand! (Nicht selten lassen unsere Emotionen und unsere Allzumenschlichkeit die Corona-Vorschriften vergessen.) Die Kinder waren leider diesmal nicht da. Schade. Beim nächsten Mal hoffentlich. Der Duft von Wildbraten und Rosmarin stieg uns beim Betreten des Hauses in die Nase. Noch ein kurzes Gespräch über die neuesten Neuigkeiten in der Küche.
Fast unbemerkt hielt Barbara während unserer Willkommensunterhaltung die mitgebrachte Papiertüte in der Hand. Sie konnte es sichtlich kaum erwarten, Ihr Gastgeschenk (von dem ich immer noch nicht wusste, was es wäre) zu übergeben. Uns wurde ein Aperitiv angeboten, bevor wir zur Vorspeise in den Salon gebeten wurden. Das war der richtige Moment! Wir erklärten mit ein wenig gespielter Beschämung, dass wir diesmal nichts Konventionelles mitgebracht hätten. Ich ahnte immer noch nicht, worum es sich handeln könnte. Spezielle Vitaminpräparate oder so was in der Art? Dann kam Barbara aus mir erst nicht erklärlichen Gründen darauf zu sprechen, wie knapp der Corona-Impfstoff noch sei und dessen Vergabe daher priorisiert werden müsse. Bewohner und Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen sowie alle Menschen über 80 gehörten zur ersten Gruppe mit höchster Priorität. Unsere Freunde nickten. Ja, so meinten sie, nur Personen aus dieser Gruppe, wie etwa deren Eltern, könnten derzeit eine Impfung erhalten.
Nun ließ Barbara die Katze aus dem Sack! Der Inhalt er Tüte wurde übergeben. Die K‘s strahlten vor freudiger Überraschung. Damit hätten sie nicht gerechnet! Wie wir alle in unserem Alter waren wir noch nicht gegen das Corona-Virus geimpft und fühlten uns dennoch als nicht mehr ganz so junge durchaus durch dieses gefährdet und natürlich auch massiv eingeschränkt. Wir alle waren keine Impfgegner. Ganz im Gegenteil!
Hübsch anzusehen war die Ampulle mit den Corona-Spritzen nicht. Aber der absolute Hit! „Soll ich Euch das Serum noch vor dem Essen spritzen oder danach?“ fragte Barbara. Ein wenig Zeit bis zum Mittagsmahl war ja noch. Unsere Freunde wollten die Spritzen gleich verabreicht bekommen. Gesagt, getan. Die Verimpfungen liefen klaglos ab. Die Frage, wie Barbara zu diesem so raren und begehrten Serum gekommen war, beantwortete sie nicht. Das sollte ein Geheimnis bleiben. Aber wir machten alle vier keines aus unserem ein wenig schlechten Gewissen. Wir hatten, wie andere Privilegierte, den Corona-Impstoff, von dem die EU in der ersten Tranche bekanntlich viel zu wenige Dosen geliefert bekommen hatte, schon jetzt erschlichen. Verfluchter Lieferengpass! Die armen Anderen! Was soll’s! Zum Ausgleich, so waren wir uns einig, konnte man ja irgendeiner sozialen Organisation eine Spende zukommen lassen.
Vom Serum war auch genug übrig, um uns selbst eine Impfung zu verpassen. Nichts soll schließlich verschwendet werden. Nun waren wir alle vier noch vor dem in unbestimmter Ferne liegenden Termin teilimmun gegen das Virus. Das Serum für die Folgespritzen, so meinte Barbara, würde sie rechtzeitig besorgen. Grund für ein baldiges weiteres Treffen! Haha – ein freundschaftliches Impftreffen. Wunderbar nicht!?
Wir speisten ausgezeichnet. So viele Beilagen zum selbst geschossenen Wild! Und ein ganz besonderer Wein aus einem unserer Lieblingsweingüter in der Toskana. Wenn man schon so rasch nicht hinkommt! Ein gelungener Tag.
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