Nie bekommst du etwas mit, schimpfen meine Kinder mit mir, du weißt nicht, was wir machen, was unsere Freunde und Verwandten tun, wer wen heiratet, wer Nachwuchs bekommt, wer wo Urlaub macht, also melde dich endlich bei Facebook an! Wir helfen dir auch und stellen alles so ein, dass nur die dich lesen können, die das dürfen.
Gesagt, getan.
Also - ich bin jetzt auch bei Facebook. Gemeinsam mit anderen zig Millionen Menschen, der Queen und... ist der Papst auch dort? Mal gucken.
Nachdem ich mich angemeldet habe, schließe ich den PC. Ich muss noch das und das und das machen. Ein paar Stunden später fahre ich ihn wieder hoch. Der Bildschirm wird schwarz vor Nachrichten von Facebook. Ah - ich bin seit sechs Stunden dort und habe mehr Mails als ich sie jemals hatte!
Und was für Eintragungen! Ich habe schon 75 Freunde. Jeder will mein Freund sein. Also zunächst die gesamte Familie. Das ist Quatsch, denn Familie ist Familie und nicht Freunde. Denn die kann man sich ja aussuchen. Familie nicht. Aber sonst! Menschen, von denen ich ewig nichts gehört habe, wollen meine Freunde sein. Ich bin sehr verunsichert. Wenn ich sie nicht adde, dann sind sie böse. Sehr böse vielleicht. Also erst mal abwarten.
Was soll ich eigentlich dort posten? Wie es so schön neudeutsch heißt. Ich muss überhaupt erstmal diese Facebook-Sprache lernen. Also posten. Was ich mache? Was ich lese? Was ich esse und trinke? Wen ich doof finde? Wen ich mag? Dass ich heute Abend zu X gehe? Dass ich jeden Morgen mit Hugo spreche? Geht die doch nichts an! Also ich überlege mir auch das noch.
Am nächsten Morgen wächst die Zahl derer, die meine Freunde sein wollen, ins Unermessliche. Sind bestimmt schon tausend Anfragen. Ja herrje, damit bin ich echt überfordert. Da brauche ich einen Sozialarbeiter, der mir hilft. Am schlimmsten sind die, die nur meine Freunde sein wollen, weil ich angeblich wie Bridget Jones aussehe. Ich stelle mich vor den Spiegel. Sehe ich so aus? Hm. Ich sauge die Wangen ein und kneife die Augen zusammen. Nein, ich sehe entschieden NICHT wie Bridget Jones aus! Ich esse auch nicht so viel Schokolade. Ich esse seit Wochen überhaupt keine Schokolade, nur manchmal.
Ich lese, was die anderen Menschen dort posten. S. schreibt, dass sie ihre Pille vergessen hatte und ihre Regel nun überfällig ist. Ich antworte ihr mitfühlend, ob sie schon weiß, wie viele Kinder es sind und ob sie sich noch erinnert, wie viele Zentimeter ein Dezimeter hat. Etwas anderes braucht sie später für das Unterstützen der Schulaufgaben nicht zu wissen. W. lässt uns an seinem Abend teilhaben. Er war beim Büdchen, hat sich eine Bild-Zeitung und Currywurst-Pommes geholt und sich später auf das Mädchen von Seite drei übergeben. L. zeigt Bilder vom letzten Urlaub. Ihre Bikinihose ist so ausgeleiert wie ihre Brüste und ihre permanent getragene Sonnenbrille lässt sie ohne wie eine Eule aussehen. P. macht dezent und nebenbei Werbung für sein neues Buch, völlig unauffällig und ganz lieb. W. schreibt, dass er mich im Edeka gesehen hat, wie ich Toblerone gekauft habe. Mist, ich dachte, das hat niemand mitbekommen. A. bekennt, dass sie am liebsten mal mit Karl Friedrich Boerne schlafen würde, im Institut, auf einem Untersuchungstisch. M. regt sich über überhöhte Benzinpreise auf. Hat er bestimmt seit gestern nicht mehr gemacht. F. schreibt, dass sie heute Kopfschmerzen hatte und einen Pickel am Po. B. ist wieder verknallt, dieses Mal ist es aber ernst. B. ist immer verknallt und es ist immer ernst. G. outet sich, dass sie heterosexuell ist. Endlich! N. glaubt an das Leben nach dem Tod und will dann vor allem mit Karl Rahner diskutieren, wer nun Recht hat. C. postet ihr gesamtes Menü von morgen: Rindfleischsuppe, Tafelspitz mit Meerrettichsauce, Kartoffeln und Feldsalat, als Dessert Bayerische Creme.
Ist echt toll, bei Facebook zu sein! Ohne wäre mein Leben nichts wert.
Gesagt, getan.
Also - ich bin jetzt auch bei Facebook. Gemeinsam mit anderen zig Millionen Menschen, der Queen und... ist der Papst auch dort? Mal gucken.
Nachdem ich mich angemeldet habe, schließe ich den PC. Ich muss noch das und das und das machen. Ein paar Stunden später fahre ich ihn wieder hoch. Der Bildschirm wird schwarz vor Nachrichten von Facebook. Ah - ich bin seit sechs Stunden dort und habe mehr Mails als ich sie jemals hatte!
Und was für Eintragungen! Ich habe schon 75 Freunde. Jeder will mein Freund sein. Also zunächst die gesamte Familie. Das ist Quatsch, denn Familie ist Familie und nicht Freunde. Denn die kann man sich ja aussuchen. Familie nicht. Aber sonst! Menschen, von denen ich ewig nichts gehört habe, wollen meine Freunde sein. Ich bin sehr verunsichert. Wenn ich sie nicht adde, dann sind sie böse. Sehr böse vielleicht. Also erst mal abwarten.
Was soll ich eigentlich dort posten? Wie es so schön neudeutsch heißt. Ich muss überhaupt erstmal diese Facebook-Sprache lernen. Also posten. Was ich mache? Was ich lese? Was ich esse und trinke? Wen ich doof finde? Wen ich mag? Dass ich heute Abend zu X gehe? Dass ich jeden Morgen mit Hugo spreche? Geht die doch nichts an! Also ich überlege mir auch das noch.
Am nächsten Morgen wächst die Zahl derer, die meine Freunde sein wollen, ins Unermessliche. Sind bestimmt schon tausend Anfragen. Ja herrje, damit bin ich echt überfordert. Da brauche ich einen Sozialarbeiter, der mir hilft. Am schlimmsten sind die, die nur meine Freunde sein wollen, weil ich angeblich wie Bridget Jones aussehe. Ich stelle mich vor den Spiegel. Sehe ich so aus? Hm. Ich sauge die Wangen ein und kneife die Augen zusammen. Nein, ich sehe entschieden NICHT wie Bridget Jones aus! Ich esse auch nicht so viel Schokolade. Ich esse seit Wochen überhaupt keine Schokolade, nur manchmal.
Ich lese, was die anderen Menschen dort posten. S. schreibt, dass sie ihre Pille vergessen hatte und ihre Regel nun überfällig ist. Ich antworte ihr mitfühlend, ob sie schon weiß, wie viele Kinder es sind und ob sie sich noch erinnert, wie viele Zentimeter ein Dezimeter hat. Etwas anderes braucht sie später für das Unterstützen der Schulaufgaben nicht zu wissen. W. lässt uns an seinem Abend teilhaben. Er war beim Büdchen, hat sich eine Bild-Zeitung und Currywurst-Pommes geholt und sich später auf das Mädchen von Seite drei übergeben. L. zeigt Bilder vom letzten Urlaub. Ihre Bikinihose ist so ausgeleiert wie ihre Brüste und ihre permanent getragene Sonnenbrille lässt sie ohne wie eine Eule aussehen. P. macht dezent und nebenbei Werbung für sein neues Buch, völlig unauffällig und ganz lieb. W. schreibt, dass er mich im Edeka gesehen hat, wie ich Toblerone gekauft habe. Mist, ich dachte, das hat niemand mitbekommen. A. bekennt, dass sie am liebsten mal mit Karl Friedrich Boerne schlafen würde, im Institut, auf einem Untersuchungstisch. M. regt sich über überhöhte Benzinpreise auf. Hat er bestimmt seit gestern nicht mehr gemacht. F. schreibt, dass sie heute Kopfschmerzen hatte und einen Pickel am Po. B. ist wieder verknallt, dieses Mal ist es aber ernst. B. ist immer verknallt und es ist immer ernst. G. outet sich, dass sie heterosexuell ist. Endlich! N. glaubt an das Leben nach dem Tod und will dann vor allem mit Karl Rahner diskutieren, wer nun Recht hat. C. postet ihr gesamtes Menü von morgen: Rindfleischsuppe, Tafelspitz mit Meerrettichsauce, Kartoffeln und Feldsalat, als Dessert Bayerische Creme.
Ist echt toll, bei Facebook zu sein! Ohne wäre mein Leben nichts wert.