Das Glück der Engel

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Willibald

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Das Glück der Engel

Schau, Sohn,
schau dieses Bild,
halt es ganz nahe,
dann schließe die Augen.
Hörst Du sie singen,
die Engel? Du riechst
den Duft doch
von Weihrauch,
von Myrrhe?
Welch heiliger
Reigen heiliger
Wesen.


Über dem Ehebett
von Vater und Mutter
als Ölbild-Kopie
die Gottesmutter.
In ihren Armen
das göttliche Kind.
Zu ihren Füßen
zwei Engel - ein Brustbild.
Mädchen vielleicht?
Oder Buben?

Der eine, ein Pausback,
schräg blickt er nach oben.
Der zweite, der rechte,
sucht meinen Blick.

Und der kleine Junge
verfällt diesen Augen,
er steigt auf das Bett.
er legt seine Stirn
auf die öligen
Schlieren der Leinwand.

Bei geschlossenen Lidern
sieht er die Pforte.
Er findet den Zugang,
er öffnet die Leinwand,
zieht ab mit dem Engel.
Großer Gott, ein leiblicher,
lieblicher Engel, der küsst.

Der Engel vorn,
er breitet die Flügel
und sichert den Zugang
vor Vater und Mutter.
Von innen erst sichtbar:
Pferdefuß und liebliches
Horn.​

P.S.

> Hier die sixtinische Madonna und ihre zwei Brustbildengel:

www.superdresden.de/ddhp/ddbilder/madonna.jpg

www.pze.at/linux2/pim/be/images/raffaello.jpg

> Vielleicht Rückmeldungen zur Machart des Textes?

Salute in die Runde

aes
 

sekers

Mitglied
mach Art!

Meister Wilibald!

Zunächst einmal, dem hiesigen Kontext entsprechend, Grüß Gott.

Danach, ich habe jetzt wenigstens zwei Wochen lang - mit Unterbrechungen - nachgedacht, was Du mit Machart meinen könntest.

Eingeschoben mein Empfinden. Wäre Lyrik flüssig, wäre der Text reinstes Wasser.

Nun eine versuchte Rückmeldung zur Machart: hintergründig, auf mehreren Ebenen.

a) die wörtliche Ebene. Es geht in dem Text um etwas, das hinter dem Bild steckt, oder um den Grund, auf dem dieses Bild aufgebaut ist.

b) die übertragene Ebene - hintergründig im Sinne von gefeanzt. Der Hinweis auf den Fliegengott ist gefeanzt. Verzeih den ugsl. Ausdruck, leider kenne ich das entsprechende deutsche Wort nicht. Ich möchte meinen, das Du ziemlich lang bei amoenischen Dingen verweilst, bevor Du mit der Grausamkeit herausrückst. Ein Bub wird in seiner kindlichen Arglosigkeit getäuscht und entführt, von einem Engel, der keiner ist.

c) die übertragene Ebene - eine Persiflage auf Elternschlafzimmerbilder oder Kopien ganz allgemein

Ja, was Du Dir wirklich gedacht hast würd mich schon auch interessieren.

Liebe Grüße
G. - Wackersteinlieferant
 



 
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