Das Kinderhaus

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Kais Oma und Opa bauten noch einmal ein Haus, obwohl sie schon so alt waren. Wie viel gab es auf der Baustelle zu sehen! Man darf aber nicht fortgeschickt werden, nur weil man erst sechs ist. Man muss alles aus der Nähe betrachten und untersuchen dürfen. So viel liegt da zwischen der Baugrube und dem Straßenrand herum und wartet darauf, verbaut zu werden.

Es gibt zum Beispiel Haufen von rotem und von weißem Sand. Nur in der Farbe unterscheidet er sich. Die Kinder drangen mit ihren Händen ins Innere dieser Sandberge vor, die höher waren als sie selbst. Jedenfalls waren sie es, bevor sie damit anfingen. Es war sehr spannend, im Sand kleine Höhlen zu bauen. Die Kinder trieben dazu Stollen hinein und warteten ab, ob die ausgehöhlten Berge vielleicht einstürzten. Das kam manchmal vor. Bei ihrer Arbeit entdeckten sie Verschiedenes. An warmen Tagen hatte die äußere Sandschicht eine hohe Temperatur. Wo die Sonne daraufschien, glühte der Sand beinahe. Er war trocken und rieselte fein wie Zucker. Drangen sie dann mit ihren Fäusten ins Innere vor, nahm seine Temperatur schnell ab. Der Sand dort klebte feucht an ihren Händen. Mit ihm konnten sie die Decken der von ihnen schon ausgehöhlten Stellen festklopfen.

Um sich zu entspannen, sprangen die kleinen Bauarbeiter auf die Gipfel und Hochflächen der von ihnen noch nicht eingeebneten Sandberge und rutschten auf ihren Hosenböden zu Tal. Noch mehr Spaß machte es, wenn man sich im Rutschen auf die Seite warf und von den nachfolgenden Sandmassen ein bisschen verschütten ließ. Wie das prickelte, wenn der Arm oder ein Bein vom Sand niedergedrückt wurde. Aber wenn man wollte, kam man immer schnell wieder frei.

Doch bald schimpften die Maurer. Es war ihnen zu viel Arbeit, eine Schubkarre mit Sand zu füllen, wenn das Material nun in kleine Haufen verteilt war. Nach einem Regenguss verfolgten die Kinder den Weg des weggeschwemmten Sandes. Er führte in Schlieren zum Rinnstein, Sandkorn für Sandkorn. Wieder waren die Kinder schuld und der Großvater wurde gerufen. Sie durften nicht mehr mit dem Sand spielen.

Da kam ihnen etwas anderes in den Sinn. Sie mussten nur warten, bis die Maurer Feierabend hatten. Danach machten sich die Kinder rasch ans Werk und bauten aus Hohlblocksteinen ihr eigenes Haus. Die Steine waren zum Glück nicht so schwer, wie sie aussahen. Sie schleppten sie zu zweit zu ihrer eigenen Baustelle. Sie lag hinter dem Bauwagen und blieb daher von Nachbarn und Passanten lange unbemerkt. Auf Mörtel mussten sie verzichten, ihr Haus sollte ja noch vor dem Abendessen fertig werden. Es gab nur ein Zimmer und es hatte kein Fenster, aber vier Ecken, wie es sich gehört. Das Dach machte ihnen etwas Kopfzerbrechen. Schließlich fanden sie ein großes Stück Dachpappe, das sie mit viel Mühe über die aufgeschichteten Wände warfen. Dabei wackelten die Mauern, beinahe wäre alles zusammengefallen. Dann gingen sie hinein. Innen konnte man aufrecht stehen. Sie waren alle sehr stolz auf ihr Werk. Sie hatten etwas geschafft und fühlten sich in ihrem eigenen Haus jetzt wohl und sicher.

Leider war es inzwischen Zeit für das Abendbrot geworden. Sie verabredeten, später alle noch einmal zu ihrem neuen Haus zu kommen. Kai ging als Erster weg. Kaum saß er mit den Großeltern am Tisch, kam ein Nachbar angerannt und berichtete von ihren neuesten Taten. Der Steinhaufen könne jeden Augenblick in sich zusammenstürzen, sagte er - und die restlichen Kinder unter sich begraben! Großvater unterbrach seine Mahlzeit und rannte zur Kinderbaustelle, um die Steinblöcke abzutragen. Kai musste an diesem Abend im Haus bleiben und bekam eine Strafpredigt gehalten. Immer wieder hieß es da: gefährlich und unvernünftig. Er begriff es nicht ganz, sie hatten sich doch so geborgen gefühlt, da drinnen in ihrem Haus. Für morgen musste er sich etwas Neues ausdenken.
 



 
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