Karl Feldkamp
Mitglied
Alles rächt sich irgendwann. Zurzeit nehmen gerade täglich Ungeschicklichkeiten grausamste Rache an mir.
Was habe ich mich früher, als ich noch jung und gelenkig war, über tollpatschige Alte amüsiert. Es war mir eine echte Schadenfreude, über sie zu lästern.
Heute – als Senior - versuche ich, vor allem über einen alten Tollpatsch zu lachen. Über mich.
Und das fällt mir manches Mal nicht wirklich leicht.
Neulich griff ich nicht zur Zahnpasta sondern zur Tube daneben und versuchte, mir mit Fußpilzsalbe die Zähne zu reinigen. Mit dem widerlichen Zeugs im Mund, lässt sich wahrlich nicht gut über sich lachen.
Meiner Frau ist es offenbar noch peinlicher als mir, wenn ich mich zum möglichen Gespött der Leute mache.
Mit Vorliebe in voll besetzten Restaurants sucht sie mit Argusaugen meinen Bart nach Speiseresten ab. Sie findet immer welche und macht mir dann Zeichen, die mir signalisieren, zu meiner Serviette zu greifen, um mir den Bart gründlichst zu säubern.
Doch das gestaltet sich schwierig, denn zumeist sind die Speisereste in den Tiefen meiner mundumgebenden Haarespracht bereits angetrocknet.
Mit ermunternder Putzfrauengestik übt sich meine bessere (und wohl auch sauberere) Hälfte in dezenter Unauffälligkeit, ohne zu registrieren, dass längst mehr Gäste grinsend auf sie als auf meinen Bart sehen.
Und entdeckt sie es, greift sie entschlossen zu ihrer Serviette und beginnt in meinem Bart herumzuwühlen.
Merke ich dann auch noch an, sie sei wie meine Mutter, lehnt sie sich beleidigt zurück und verkündet lauthals: „Ja, dann mach dich doch zum Gespött der Leute.“
Versöhnlich rücke ich an sie heran und halte ihr den Bart hin, den sie nach einigem Zögern erneut mit ihrer Serviette traktiert.
Als älterer Mensch bin ich inzwischen reichlich abgebrüht und empfinde nur noch in wenigen Situationen so etwas wie Scham.
Im Restaurant jedoch erröte ich jedes Mal wieder, vor allem wenn ich danach noch mitten durch den Gastraum zur Toilette gehen muss. Der Gang gleicht einem Spießrutenlauf, bei dem ich wegen meiner bemüht stolz-aufgerichteten Gangart auch noch über Stuhlbeine oder Stufen stolpere. Und das wiederum gerade, wenn ich jüngere Frauen passiere und - dem männlich bedingten Reflex folgend - die Luft anhalte. Die verlässt umgehend den aufgeblähten Brustkorb und fließt in meinen Bauch zurück, der sich ungeniert über meiner durch einen stramm angezogenen Leibriemen tief eingeschnittenen Gürtellinie ausbreitet.
Was hätte ich früher über derart alte Gockel gelacht…?
Heute halte ich sie für traurige Gestalten, die sich mit den Tücken des Lebens im fortgeschrittenen Alter abmühen müssen.
Genau so einem Altersgenossen begegnete ich neulich in meiner Stammkneipe. Mit unkontrolliertem Schwung hatte er sein Kölsch-Glas umgestoßen.
Die junge Kellnerin, auf die er - Entschuldigungen murmelnd - herabblickte, wischte gerade das Kölsch vom Boden auf.
Als sie sich erhob und lachend behauptete: „Macht doch nichts. Kann jedem mal passieren.“ Stellte ich mich neben ihn und tätschelte ihm tröstend die Schulter. Mit Schmröte im faltenreichen Gesicht sah er mich an und meinte verzagt: „Warum macht das Alter aus erfahrenen Männern bloß solche Trottel?“
Die junge Kellnerin, schon auf dem Weg zur Theke, drehte sich lächelnd um. Mein ungeschickter Vater meint immer: „In der Jugend kannst du aus Fehlern lernen und dich verbessern. Im Alter kannst du die Fehler nur noch wiederholen.“
Hoppla! Beinahe wäre sie über die Schwelle zur Küche gestolpert. Doch geschickt, wie sie noch war, fing sie sich.
Was habe ich mich früher, als ich noch jung und gelenkig war, über tollpatschige Alte amüsiert. Es war mir eine echte Schadenfreude, über sie zu lästern.
Heute – als Senior - versuche ich, vor allem über einen alten Tollpatsch zu lachen. Über mich.
Und das fällt mir manches Mal nicht wirklich leicht.
Neulich griff ich nicht zur Zahnpasta sondern zur Tube daneben und versuchte, mir mit Fußpilzsalbe die Zähne zu reinigen. Mit dem widerlichen Zeugs im Mund, lässt sich wahrlich nicht gut über sich lachen.
Meiner Frau ist es offenbar noch peinlicher als mir, wenn ich mich zum möglichen Gespött der Leute mache.
Mit Vorliebe in voll besetzten Restaurants sucht sie mit Argusaugen meinen Bart nach Speiseresten ab. Sie findet immer welche und macht mir dann Zeichen, die mir signalisieren, zu meiner Serviette zu greifen, um mir den Bart gründlichst zu säubern.
Doch das gestaltet sich schwierig, denn zumeist sind die Speisereste in den Tiefen meiner mundumgebenden Haarespracht bereits angetrocknet.
Mit ermunternder Putzfrauengestik übt sich meine bessere (und wohl auch sauberere) Hälfte in dezenter Unauffälligkeit, ohne zu registrieren, dass längst mehr Gäste grinsend auf sie als auf meinen Bart sehen.
Und entdeckt sie es, greift sie entschlossen zu ihrer Serviette und beginnt in meinem Bart herumzuwühlen.
Merke ich dann auch noch an, sie sei wie meine Mutter, lehnt sie sich beleidigt zurück und verkündet lauthals: „Ja, dann mach dich doch zum Gespött der Leute.“
Versöhnlich rücke ich an sie heran und halte ihr den Bart hin, den sie nach einigem Zögern erneut mit ihrer Serviette traktiert.
Als älterer Mensch bin ich inzwischen reichlich abgebrüht und empfinde nur noch in wenigen Situationen so etwas wie Scham.
Im Restaurant jedoch erröte ich jedes Mal wieder, vor allem wenn ich danach noch mitten durch den Gastraum zur Toilette gehen muss. Der Gang gleicht einem Spießrutenlauf, bei dem ich wegen meiner bemüht stolz-aufgerichteten Gangart auch noch über Stuhlbeine oder Stufen stolpere. Und das wiederum gerade, wenn ich jüngere Frauen passiere und - dem männlich bedingten Reflex folgend - die Luft anhalte. Die verlässt umgehend den aufgeblähten Brustkorb und fließt in meinen Bauch zurück, der sich ungeniert über meiner durch einen stramm angezogenen Leibriemen tief eingeschnittenen Gürtellinie ausbreitet.
Was hätte ich früher über derart alte Gockel gelacht…?
Heute halte ich sie für traurige Gestalten, die sich mit den Tücken des Lebens im fortgeschrittenen Alter abmühen müssen.
Genau so einem Altersgenossen begegnete ich neulich in meiner Stammkneipe. Mit unkontrolliertem Schwung hatte er sein Kölsch-Glas umgestoßen.
Die junge Kellnerin, auf die er - Entschuldigungen murmelnd - herabblickte, wischte gerade das Kölsch vom Boden auf.
Als sie sich erhob und lachend behauptete: „Macht doch nichts. Kann jedem mal passieren.“ Stellte ich mich neben ihn und tätschelte ihm tröstend die Schulter. Mit Schmröte im faltenreichen Gesicht sah er mich an und meinte verzagt: „Warum macht das Alter aus erfahrenen Männern bloß solche Trottel?“
Die junge Kellnerin, schon auf dem Weg zur Theke, drehte sich lächelnd um. Mein ungeschickter Vater meint immer: „In der Jugend kannst du aus Fehlern lernen und dich verbessern. Im Alter kannst du die Fehler nur noch wiederholen.“
Hoppla! Beinahe wäre sie über die Schwelle zur Küche gestolpert. Doch geschickt, wie sie noch war, fing sie sich.