Das letzte Schweigen

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Thomasius

Mitglied
Das letzte Schweigen

Die Tage werden kürzer und die Nacht
senkt schweigend ihren Vorhang nieder.
Im Dämmerlicht des Krankenzimmers wacht
er neben ihr auch heute wieder.

Die Augen sind geschlossen, leicht der Mund
geöffnet, trotz Apparaturen,
ihr Haar erscheint ihm heute müder und
ein wenig schmaler die Konturen,

die ihr Gesicht ins weiße Kissen malt.
Zitronenwasser aus der Schale
benetzt nun ihre Lippen, da erstrahlt
Sizilien ihm mit einem Male,

ihr Urlaub, damals ganz spontan. Sie liest
Gedichte, die zur Landschaft passen,
und in den Zauber ihrer Stimme fließt,
was Worte nicht, nur Lieder fassen.

Wie gerne würde er sie heute fragen,
was sie zu der Novelle meint,
die er geschrieben, in den letzten Tagen…
Der Duft! Auch sie denkt, wie ihm scheint

an jenen Urlaub. – Ach! die Phantasie
malt falsche Bilder und Gestalten.
Es wurde gestern doch beschlossen, die
Geräte schließlich abzuschalten.

Seit Wochen bangt und hofft ein junger Mann,
dass er mit ihrem Herzen leben kann.
 
G

Gelöschtes Mitglied 20370

Gast
Ein Hauch nicht nur des Todes, auch des Makabren schwebt durch's Krankenzimmer. Aber, ach, zwei scharfe Schwerter sind's - die Liebe und der Abschied!
 

Thomasius

Mitglied
Lieber DOSchreiber,

ja, Liebe und Tod, wie es E.A.Poe vorschlägt, aber nicht so dunkel wie bei seinem Raben. ;)

Liebe Grüße
Thomasius
 



 
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