Das letzte Spiel

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Spirulina

Mitglied
Letzte Nacht, da träumte mir
die Würfel wär'n gefallen
und du drehtest einfach mal
das Glück auf reingefallen.

Sie lägen da, unter dem Tisch,
mit ihren dunklen Augen,
als wüssten sie, die beste Zahl
wird fortan nichts mehr taugen.

Heute Nacht, da seh ich dich
im Nebelgrau verschwinden,
ich geb den Würfeln einen Tritt,
du kannst sie nicht mehr finden.

Kein Jokerblatt ersetzt mir mein
verlorenes Gefühl.
Ich hab kein Ass im Ärmel, ach,
Liebe ist kein Spiel.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Gedicht enthält viel Komik in der Art von Friederike Kempner, leider sieht es eher wie freiwillige Komik aus als wie die unfreiwillige Komik der schlesischen Nachtigall. Ihre Meisterschaft zu erreichen, gelingt heute nur wenigen. Du hast es hier versucht und es ist ansatzweise gelungen.

Der Stil bewirkt, dass ein eigentlich ausgesprochen trauriger Vorgang äußerst komisch wirkt.

Ich musste laut lachen, das ist lange nicht passiert, danke dafür.

Ein Liebesgedicht, bei dem man sich über das Ende der Beziehung lustig macht, ist selten. Dafür gebe ich Dir fünf Punkte, obwohl ich selten bewerte.
 

Spirulina

Mitglied
Hallo Bernd,

ich musste erst einmal googeln, wer Friederike Kempner ist. Aber du hast absolut recht, unfreiwillig war die
Komik in meinem Gedicht nicht.
Ehrlich gesagt, hat sich die Dichterin selbst auf die Schippe genommen. Ich gehe öfter mal so mit mir um.

Wenn ich dich damit zu Lachen bringen konnte, hat es sich gelohnt.

Liebe Grüße und vielen Dank für deine Worte.

Danke auch an @Oscarchen, @atira und @molly.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Ach - oder: Worin besteht die Komik?


Letzte Nacht, da träumte mir
(Altertümelnde "edle" Sprache im Heine-Stil)

die Würfel wär'n gefallen
profane Sprache

und du drehtest einfach mal
Mittlerer Stil fängt es etwas auf.

das Glück auf reingefallen.
Der unreine Reim erzeugt eine Dissonanz. Die Zweideutigkeit von Reinfallen beginnt zu wirken. Das Glück ist der Würfel, komische Selbstreferenz, da die Bindungen teilweise offen bleiben.


Sie lägen da, unter dem Tisch,
Sehr unsauberer Rhythmus, Merkmal von Anfänger-Poesie.

mit ihren dunklen Augen,
Anspielung an Einstein und Hawking - sehr überzogen
Einstein: Gott würfelt nicht.
Hawking: Doch, aber die Würfel fallen unter den Tisch, sodass sie niemand sieht.


als wüssten sie, die beste Zahl
wird fortan nichts mehr taugen.
Das ist recht krass gereimt und überspannt sehr


Heute Nacht, da seh ich dich
es beginnt wie ein normales Wiedersehen

im Nebelgrau verschwinden,
und das wird negiert.


ich geb den Würfeln einen Tritt,
Wutausbruch, der aber sehr sanft ausfällt, denn die Würfel sind klein.

du kannst sie nicht mehr finden.
Ich als Gott - der die Würfel so wirft, dass sie nicht mehr zu finden sind


Kein Jokerblatt ersetzt mir mein
verlorenes Gefühl.
Versinken in tiefschwarze Traurigkeit und Hadern.

Ich hab kein Ass im Ärmel, ach,
Es wird noch mal verstärkt

Liebe ist kein Spiel.
und nun fällt es in einem Stoßseufzer aus den 18. Jahrhundert zusammen. Rückwärtsreferenz zum Titel - Ach ...
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Es gehörte doch zum Stil des Werkes.
in normalen Werken würde ich es ändern.

hier passt es zum überzogenen Stil.
 

Spirulina

Mitglied
Danke Bernd, für alles.

Da ich gerade an einem größeren Schreib-Projekt arbeite, werde ich mich
eine Zeitlang zurückziehen. Vielleicht sind bis dahin die Wogen an anderer
Stelle auch wieder geglättet.

Herzliche Grüße
Spiru
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo, Spiru,

Viel Erfolg dabei, bei dem Projekt.

Ich habe jetzt ein DIY-Tintenprojekt begonnen, ganz spannend, ehe man noch eine Zeile geschrieben hat.

Viele Grüße

Bernd
 



 
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