Das letzte Wort

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anemone

Mitglied
Wir hatten uns lange auf den Tag gefreut: „Endlich raus, aus dieser Ferienwohnung und dann richtig schick essen gehen. Das Lokal wurde schon Tage zuvor von uns ausgewählt.:„Dort werden wir essen, wenn es uns danach ist." Und jetzt war es uns danach: Einfach so! Wir hatten keinen Hochzeitstag. Keiner von uns hatte zufällig Geburtstag und es gab auch sonst nichts zu feiern. Es war ein edles Restaurant mit allem drum und dran. Kerzen auf dem weiß gedeckten Tisch, wie es sich für ein Esslokal dieser Kategorie gehörte.
Wir nahmen Platz, das heißt - ich muss es unbedingt noch erwähnen, weil ich es für wichtig halte: Meine bessere Ehehälfte schob mir den Stuhl zurecht, damit ich darauf bequem Platz nehmen konnte. Unsere Stimmung war hervorragend -brauchte ich doch heute in unserer Ferienwohnung einmal nicht zu kochen-. Als Vorspeise wählte ich eine Suppe. Sie lief problemlos durch meine Speiseröhre. Doch dann begann mein Auftritt. Mein Husten setzte genau nach der Suppe ein. Gerade in dem Moment, als ich den ersten festen Bissen der Hauptmahlzeit herunter geschluckt hatte. Es war übrigens Sauerbraten. Er schmeckte köstlich. Wie eine Verdurstende angelte ich nach der Feuchtigkeit in meinem Weinglas und stieß es dabei um. Die dekorative Tischkerze versagte ihren Dienst, indem sie erlosch und alle umhersitzenden Gäste wurden auf mich aufmerksam, als dieses Weinglas auch noch zerbrach und ich weiterhin hustender weise auf meinem zurecht gerückten Stuhl sitzen blieb. Nachdem der Rotwein es vorgezogen hatte, meine neue Feinstrumpfhose farbig zu überziehen, sprang ich hektisch auf meine Füße und eilte dem Toilettenraum entgegen. Dort trank ich mit der Hand unter dem niedrigen Wasserkran mindestens einen halben Liter Leitungswasser und ein Gast aus dem Lokal schüttelte wild den Lockenkopf, ungehalten darüber, dass die Lady nach ihrem Toilettenbesuch mit ihren Händen nicht ans Waschbecken heran reichten konnte.
Mein Husten beruhigte sich wieder, die Rotweinflecken verzierten jetzt ein Tempotaschentuch und meine Beine trugen mich wieder an meinen Platz ins Lokal zurück an den Tisch. Diesmal rückte mir Werner nicht den Stuhl zurecht. Ob er sich meinetwegen schämte? Aber ich meine, was kann ich dafür? Ich hustete doch nicht mit Absicht. Ich bildete es mir doch nur ein!
Jedenfalls hatte das beim letzten Arztbesuch der Arzt zu mir gesagt. Und der musste es schließlich wissen.
Auf dem Rückweg ließ Werner es mich wissen: „Jedenfalls gehe ich vorläufig mit dir nicht mehr schick essen!"
„Ja, Papa!" antwortete ich noch schnell mit heiserer Stimme denn ich musste prinzipiell immer das letzte Wort haben.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
nu,

da is der papa selber schuld. was läßt er das kind vom rotwein kosten . . . hä, kind? hieß es nicht n paar zeilen vorher, dass sie in einer einrichtung kocht? das verwirrspiel ist mir zu heftig.
lg
 

anemone

Mitglied
Hallo Marion,

ich fürchte in Zukunft steht auf dem Einkaufszettel für die Ferienwohnung auch eine Flasche Rotwein mit auf der Liste

(Ob du das wohl beißen kannst?)
 

Zarathustra

Mitglied
Liebe Anemone,

der Schluss ist gut, die Geschichte hat Esprit, warum korregierst du den Fehler mit dem Alter nicht.
Oder habe ich etwas mißverstanden.

... L. G. aus München
Hans
 

anemone

Mitglied
Zarahustra,

der Fehler mit dem Alter? Die Protagonistin bezeichnet ihren Ehemann als Papa. Er wird den Scherz verstanden haben.
Oder verstehe ich jetzt etwas nicht? Übrigens danke fürs Lesen usw.

liebe Grüße

(alte Schule: Rücken vom Stuhle)
 
R

rmdp

Gast
hallo du liebes wasserpflanzentier...anemone!

sehr schwach...eine sache die unglaublich viel dramatik haben könnte...von einer ungemein talentierten dichterin - vom seelischen schiedsrichter vor - und nicht nach - einem eiskalten seelen-foul gestoppt.

dein ralf
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
ach so!!!!

das kommt in der geschichte nicht rüber, dass die prot ihren mann als papa bezeichnet. jetzt seh ich das werk ganz anders.
lg
 

anemone

Mitglied
Danke für eure Antworten

Es hätte wirklich eine dramatische Geschichte sein können.
So aber ist sie ohne jede Leidenschaft.

(Nur wer die Gier kennt, sollte auch Verzicht kennen lernen)
 



 
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