Das Licht der Hajeps II - Zarakuma - Kap. 20

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Doska

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Kapitel 20

Wenig später trafen George, Margrit und Paul auf eine hajeptische Einheit von etwa vierzig Mann, die ebenfalls Richtung Zarakuma unterwegs war. Die drei Lumantis hatten sich zunächst sicherheitshalber vor den Blicken dieser Solda¬ten versteckt gehalten, denn sie wussten ja, dass es für Menschen verboten war, die Parkanlagen vor Zarakuma zu betreten.
Doch Margrit ahnte, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb, wenn sie Julchen wirklich retten wollte und so folgten sie schließlich den Soldaten, jedoch in respektvollem Abstand und stets dabei hinter Zweigen und Gebüsch verborgen.
Schließlich hielt der Trupp direkt vor Ranof, dem großen Haupttor Doska Jigons.
Im Licht der Vormittagssonne wirkte es, rechts und links eingefasst von vier riesigen Säulen, welche gerade in einem zarten blau schimmerten, so einladend wie das Tor zum Paradies. Die meisten der schneeweißen Türme, welche mit ihren zarten Brücken dahinter zu sehen waren, waren wieder aufgebaut worden. Der östliche, noch vor kurzem zerstörte Teil Zarakumas, war ebenfalls wieder hergerichtet worden, was man an den grün funkelnden Dächern der neuen Gebäudekomplexe recht gut erkennen konnte.
Schon ging zu beiden Seiten das mit kostbaren Steinen - oder waren das etwa Facettenaugen, denn die blitzten so komisch – verzierte Tor auf. Hinter diesem konnte man jetzt das seltsame Getöse mehrerer hajeptischer Gleiter und Molkats hören, die ebenfalls gerade durch Ranof hindurch wollten.
Das Fußtrupp stoppte daher, ging zur Seite, ließ den Fahrzeugen den Vortritt, da diese es wohl eiliger hatten als sie.
Auch Margrit und George begaben sich deshalb schnellstens in Sicherheit, verbargen sich hinter den letzten Bäumen und Büschen des Parks.
„Wir sind sehr weit von Ranof entfernt!“ wisperte George, senkte dabei seinen Jawubani und wendete sich nach Paul und Margrit um. „Wenn wir nicht schnell machen, werden diese Soldaten, auch wenn man sie noch nicht hinein gelassen hat, in Zarakuma sein und wir stehen vor verschlossenem Tor.“
„Da hast du Recht!“ bestätigte Margrit und ihre Kinnlade begann vor lauter Aufregung mächtig zu zittern. „Wir müssen über diese freie Fläche rennen, wenn wir uns noch gemeinschaftlich mit diesen Soldaten, durchs Tor drängeln wollen. Zum Glück haben sie heute dort mächtig viele ihrer komischen Fortbewegungsmittel geparkt.“
„Aber ... das werden doch die Soldaten niemals zulassen!“ krächzte Paul ebenso auf geregt. „Habe gehört, dass die Hajeps außerdem überall versteckte Kameras haben! Da kommen wir nie durch, sage ich euch! Jedenfalls nicht, ohne dabei geschnappt zu werden.“
„Stimmt!“ George nickte und zog dabei düster die kräftigen Brauen zusammen. „Das hat keinen Zweck, Margrit. Wir kommen da nicht hinein.“
„Miesmacher!“ fauchte Margrit und dann rannte sie einfach los.
„Mensch Margrit!“ rief ihr George fassungslos hinterher. „Bist du denn ... also das geht doch nicht ... he ... bist du wahnsinnig! Komm zurück ... ich ...!“ Er wollte ihr hinterher, doch Paul riss ihn am Arm zurück ins Gebüsch.
„Mensch, lass sie doch. Wenn Margrit erst einmal entschlossen ist, dann ist sie nicht mehr von ihren Plänen abzubringen!“
Schon sauste einer der Gleiter, welcher inzwischen durch die weit geöffnete Pforte Zarakumas gekommen war, sehr knapp an Margrit vorbei. An der Miene dieses Jimaros konnte Margrit erkennen, dass er keine Rücksicht auf sie genommen hätte, sie wohl mit seinem in der Luft schwebendem Gefährt, dessen Bug wie eine Haifischschnauze geformt war, wie eine Ähre umgemäht, vielleicht durch den großen Schwung regelrecht geköpft hätte, wäre sie nicht rechtzeitig zur Seite gesprungen. Ihm folgten etwa zwanzig ähnliche Gleiter, in denen ein oder manchmal auch zwei Hajeps saßen und Margrit erstaunt anglotzten, wie die einfach immer weiter über das freie Gelände Richtung Ranof lief.
Nach ihnen kamen heulend und ratternd zwei weitere Fortbewegungsmittel, die ebenfalls keine Räder hatten, sondern ca. achtzehn beinartige Sockel, die sich so schnell bewegen konnten, dass man sie kaum zählen oder als solche identifizieren konnte. Margrit fand, dass die riesigen Wagen wie eine Mischung aus Panzer und Rakete ausschauten.
Nun war es an der Zeit für den vierzig Mann starken Trupp hajeptischer Jimaros durch das Tor zu kommen und somit leider zu spät für Margrit, denn obwohl sie sich schier die Seele aus dem Leib gerannt hatte, kam sie zu spät. Gerade, als sie schnaufend und keuchend angekommen war, wollten sich die beiden Torhälften schließen, doch ein zartes, allerdings recht unmelodisch klingendes, Signal schien die Pforte zu zwingen, sich wieder zu öffnen.
Abermals schoben sich also die beiden Torhälften auseinander und die vielen Facettenaugen – oder waren es doch eher Steine? – zuckten dabei nervös. Das schien die Chance für Margrit zu sein. Jedenfalls empfand sie es so, denn sie stellte sich dem Offizier des kleinen Kommandos von etwa fünf Mann, der gerade ins Freie hatte laufen wollen, direkt in den Weg und trug ihm schluchzend ihre Bitte vor, verlangte einen Arzt oder Medikamente, flehte, bettelte, nannte ihren Namen, versuchte die Hajeps an ihr Erlebnis mit Oworlotep zu erinnern. Vergebens, man schien sie nicht zu hören oder wollte nicht hören. Kaum war der Trupp durchs Tor und an Margrit vorbei marschiert, lief sie ihnen laut schimpfend und zeternd noch ein gutes Stück hinterher. Da tippte ihr plötzlich von hinten jemand an die Schulter. Sie drehte sich um, glaubte kaum ihren Augen zu trauen, denn hinter ihr stand Munjafkurin, der ihr leise gefolgt war.
„Munjafkurin!“ brüllte Margrit erleichtert und fiel ihm um den Hals.
„Sanna!“ schimpfte er und zupfte, ängstlich zur Einfahrt zurückblickend, ihre Finger von seinem Hals. „Wo is Sinia?“ keuchte er aufgeregt.
„Sicher meinst du Gesine?“ hakte Margrit nach.
„Akir! Gesi ... orrn ... nine meine isch. Wo sie is ... sak es mirr ... schnell!“
Was sollte sie nur erwidern? Sollte sie ihm sagen, dass Günther Arendt sein Mädchen heimlich mit Refenin infiziert hatte und dass sich die zwanzig Lumantis bereits in Lakeme, dem Palast der Jastra, befinden müssten? Warum wusste Munjafkurin nicht darüber Bescheid? Warum war nicht die geringste Unruhe unter den Soldaten zu bemerken, kein Anzeichen zu spüren, dass sich eine gefährliche Seuche mitten in Zarakuma auszubreiten drohte?
Margrit schwieg und starrte ihn genauso fragend an wie er sie.
„Du nischt wisst, nischt wahr?“ bemerkte er folgerichtig.
„Ehrlich gesagt ... ich weiß wirklich nicht mehr, was hier eigentlich abläuft!“ bestätigte sie kopfschüttelnd.
„Krieg hat fruher beginnert als isch gedenkt ... gab Gefangene, viele Hinrichtüngen werdinn folgern ... Loteken verlieren die Köpfere, doch ehe nöch samtlige Oberhäupter in Zarakuma waren angekommt, Quanzhulon erkrankelte schwer.“
„Aha, das Refenin!“ warf Margrit aufgeregt ein.
„Denda!“ Er machte eine abwehrende Handbewegung. „Quanzhulon erkrankelte an Kolka.“
„Kolka?“ wiederholte Margrit verdutzt. „Nie gehört!“
„Akir, is ja auch großer Geheimnest, denn ein Jastra dürf agentlisch nie krankerich sein. Quanzhulon war Gastgibler! Nach hajeptischer Zitte dürf keiner Gast fröhellisch sein, wenn Gastgibler selbser es nischt is. Darüm lehnerte man hofeligerweise Bezuch von Lumantis ab!“
„NEIN!“ kreischte Margrit verblüfft.
„Doch, doch! Er schickerte sie sofortig nach Häuse, ehe sie nöch Zarakuma betrittern konnerten.“
„Ja, und nun? Was hat Günther Arendt dazu gesagt? Ach, Munjafkurin“, unterbrach sie sich selber hastig, „das interessiert mich eigentlich gar nicht mehr ... das heißt ich habe keine Zeit, denn ...“
„Darinnen du mir glaischst“, fiel er ihr erleichtert ins Wort, denn er hatte die dumpfe Befürchtung, dass Margrit sich mit einer unangenehmen Bitte an ihn wenden könnte, „hab ich doch auch keinere solsche Zait!“ Und er wandte sich ziemlich hastig ab und ging noch schneller.
„Halt ... HAAAALT!“ Margrit rannte Munjafkurin hinterher. „Sei doch nicht gleich so komisch ... du ...du musst mir nämlich helfen, hörst du? Ich ... ich brauche einen Arzt ... einen AAARRRRZT!“ Ihre Füße in den zerschlissenen Turnschuhen jagten über den mit herrlichen Mosaiken verzierten Boden der riesigen Straße, die direkt zum großen Haupttor führte. Sie musste dabei mehrmals zur Seite ausweichen, denn weitere, mächtige Wagen und kleinere Gleiter dröhnten an ihr vorbei. Bald befand sie sich wieder vor der geöffneten Pforte und lugte schnell in den Vorhof von Zarakuma. Es herrschte hier reger Betrieb, Jimaros hetzten zwischen seltsamen Bäumen, wundersam gestalteten Gebäuden und herrli¬chen Wasser- und Pflanzenanlagen hin und her, hatten Fahrzeuge zu reparieren oder sich für eine Fahrt fertig zu machen. Einige der Männer schauten jetzt kurz auf und starrten mehr oder weniger verwundert Richtung Tor auf die magere Menschenfrau, die dort draußen, unglaublich laut jammernd und zeternd, anscheinend einem ihrer Kameraden hinterher stolperte und daher ziemlich störend war.
Endlich hatte Margrit Munjafkurin erreicht und packte ihn von hinten um die Taille. „Mensch!“ kreischte sie.
„Natürlich nicht Mensch,“ verbesserte sie sich im gleichen Augenblick hastig, „du ... du bist meine einzige Chance!“ Und sie hängte sich mit ihrem ganzen Gewicht an ihn und er zog sie mit sich.
Munjafkurin schimpfte, versuchte Margrit abzuschütteln, und die Männer in den Gleitern, die an ihnen vorüberrauschten, schüttelten verwirrt darüber die Köpfe. Schließlich blieb Munjafkurin mit den Worten: „Hiat Ubeka, wie is mir allsamtig das peinelisch!“ stehen und Margrit versuchte ihn zu überreden, das heißt, sie appellierte an sein hajeptisches Ehrgefühl, indem sie ihn daran erinnerte, dass sie ihn einst vor großer Qual bewahrt habe und nun Revanche verlange. Er winkte daraufhin verdrießlich einen der kleinen, erdbraunen und pelzohrigen Kirtife herbei, die gerade beschäftigt gewesen waren, ein Fahrzeug zu reparieren und schon kam Tromlok, so hieß der Kirtif mit einem seltsam frisierten und gekleideten Mann wieder, dem ein etwa ein Meter breiter und langer Kasten hinterher schwebte.
Munjafkurin erklärte, dass dieser eigenartige Mann nur ein Howan, kein Asab sei, der bei ihm Schulden habe und lediglich deshalb komme. Das war Margrit eigentlich wurscht, wichtig war nur, er war Arzt! Das sagte sie ihm auch, woraufhin Munjafkurin erleichtert schien. Margrit musste nun den Gesundheitszustand ihres Kindes dem Howan auf das Genaueste beschreiben. Dieser hielt währenddessen den kahlen Kopf mit den lediglich in der Mitte gesprossenen zwanzig winzigen Zöpflein schief und dachte angestrengt nach.
„Zai bao!“ meinte er, nachdem Margrit geendet hatte. „Es nischt gutig is, Medzin mitzugibern jemandin, ohne selbzer gesehet zu habern Krankin!“
Margrit versuchte ihm unter Tränen verständlich zu machen, dass Julchens Herzschlag bereits sehr langsam ginge und dass die Kleine einen weiteren Transport bis hier her gewiss nicht überleben würde und er fragte daraufhin. „Färbe des Feuwerstrahles war grinlisch, akir?“ Margrit nickte. „Gibelt viele Feuwer, welsche sind grinlisch“, erklärte er.
„Welsche Farbabwaicherung hatte Strahl, als sich zogerte züruck in Läuf der Waffere?“
„Mein Gott!“ schnaufte sie erschöpft. „Meinen Sie, darauf achtet man in solch einer Situation? Vielleicht war er rötlich, gelblich, bläulich ... weiß ich, was!“
„Muss genau wissen!“ beharrte der Howan starrsinnig und verschränkte die Arme mit den weiten Ärmeln vor seiner Brust. „Sonstig isch verschreibere Kament falschis!“
„Aber was soll ich denn machen?“ Sie hob verzweifelt die Hände. „Ich ... ich weiß es wirklich nicht mehr!“
Der Howan schraubte die mit roter Farbe umrandeten Augen wie gequält zum Himmel und gab Margrit schließlich nach einigem Zaudern drei Salben, die in merkwürdig schachtelartigen Tuben aufbewahrt worden waren. Er zeigte ihr, ebenfalls mit leidender Miene, dass man die Tuben nur auf besondere Weise öffnen konnte und seufzte laut und vernehm¬lich, als sie es endlich verstanden hatte, denn Margrits Hände zitterten ständig vor Aufregung. Dann gab er ihr eine Tube mit Haut, die sich von selbst vermehren konnte und mit der sie die Wunden abdecken sollte.
Als Margrit ihm aber verriet, dass sich Julchen wohl im Wasser eines Abflussrohres infiziert habe, war er zunächst entsetzt, dann aber höchst zufrieden. „Kann nisch mehr tun!“ wandte er sich erleichtert an Munjafkurin und riss Margrit die Salben einfach aus der Hand und packte sie zurück in sein Kästchen. „Weil jedere Hoffnüng is vergebt!“
Doch als der schmächtige Howan sich vollends von Margrit abwandte um zu gehen, prallte er direkt gegen Munjafkurins breite Brust, der sich ihm in den Weg gestellt hatte. „Du machst Jüle gesundig, akir?“ knurrte Munjafkurin mit fletschenden Zähnen.
Der Howan zuckte verängstig und hilflos mit den Achseln. „Xorr, a ... aber wiechen?“ stotterte er.
„Zai, das faltert dir schonn ein ... dir schonn!“ brummte Munjafkurin.
Der Howan fühlte sich nun doch ein bisschen geschmeichelt und es schien so, als ob er zum ersten Male wirklich angestrengt nachdachte. „Kind bräucht Bakterientöter“, murmelte er gewichtig. „Abwehrstuffe ... es sein Krieg in Körper, kenne Grindegrift, beruhmter Asab.“ Die seltsamen bemalten Augen des Howans leuchteten plötzlich begeistert. „Er schuldert mir auch Wettgeld, akir! Er musse mir dabei hilfern Lumatikind rettin.“ Der Howan machte eine feierliche Pause und sagte dann: „Bringere her deiner Kind ... her hier!“" Er wies vor sich auf den Boden. „Dann wir werrden sichten, ob es geretteritt werden kaan!“
„Aber vielleicht“, Margrit musste schlucken, „stirbt es auf diesem restlichen Weg!“
„Vielleischt ist es schonn tot!“ erklärte er knapp und wirkte von diesem Gedanken wieder recht angetan, traute sich aber nicht, Munjafkurin dabei in die Augen zu sehen, sondern drehte sich mit gesenktem Blick vorsichtig um und ging ... ihm folgte surrend der kleine, schwebende Kasten.
Eine viertel Stunde später bewegten sich Paul und George mit einem schwer atmenden Julchen auf dem Arm wieder auf das Tor zu. Munjafkurin lief ihnen gemeinsam mit den beiden Ärzten wie verabredet die letzten Meter entgegen. Er schaute unglaublich stolz, dann aber bekümmert drein, als er das leblose Julchen erblickte, die George und Paul jetzt vor ihnen auf den Boden gelegt hatten. Diesmal hielt sich der Howan zurück und nur Grindegrift, der aus einer sehr hohen Kaste zu stammen schien, führte das Wort.
Es kam in dieser Zeit weder zu einem Gespräch zwischen Grindegrift und dem Howan noch zu einem kurzen Wortwechsel mit Munjafkurin. Der Asab sah auch Margrit nicht an, sondern immer an ihr vorbei, während er sprach, denn die gehörte ja der niedersten Kaste an. Er tat so, als spräche er mit sich selbst, was wohl durchaus Sitte bei den Hajeps war, begegneten sie niederen Kasten, denen sie etwas Wichtiges mitzuteilen hatten.
„Dieses Kind liegt im Sterben“, murmelte er jetzt in perfektem deutsch vor sich hin. Offensichtlich hatte er in all den Jahren, seit die Hajeps auf der Erde weilten, die Sprache mit Hilfe eines Chasbulak gelernt, um so perfekt sprechen zu können. Er hatte sich nun zu Julchen auf die Decke gekauert und strich ihr nachdenklich über die Locken.
„Es ist nicht das hässlichste Kind, goldenes Haar, selten bei Lumantis zu finden, und es ist nicht das schwächste Kind ... andere Lumantikinder wären schon längst tot, gestorben an Infektion ... dieses starke Kind könnte gerettet werden, doch die Rettung ist sehr umständlich und teuer ... ob es sich lohnt um ...?“
„Natürlich lohnt es sich!“ unterbrach ihn Margrit hastig.
Der Asab hielt zunächst überrascht den Atem an, denn so etwas Taktloses wie Margrit war ihm wohl noch nie vorgekommen. „Dann nicht!“ fauchte er schließlich empört, warf das lange, offene, mit kleinen bunten Federn geschmückte Haar in den Nacken und sprang auf die Füße. Er wendete sich in seinen raschelnden wallenden Gewändern um, welche ihm bis auf die Füße reichten, und lief hoch erhobenen Hauptes ein paar Schritte von der kleinen Gruppe fort. Dann drehte er den Ring an seiner Hand und einer der flachen Wagen, die in der Nähe des Tores geparkt waren, jagte auf den Asab zu. Der nahm in diesem schweigend Platz und dann brauste der Ponsai, ohne dass der Asab ihn lenkte, leise schnurrend über die staubige Erde zum Tor zurück.
Würdevoll - oder sollte man sagen, eingebildet? - entstieg der Asab dann dem Gefährt und schritt in den großen Vorhof Zarakumas, wo man ihn unter den vielen Leuten und hinter den mächtigen Fahrzeugen bald nicht mehr entdecken konnte.
Margrit wandte sich jetzt endlich verwirrt an ihre Kameraden, die immer noch mit erschütterter Miene zum Tor starrten.
„Du meine Güte, was habe ich denn schon schlimmes gemacht?“ schimpfte sie mit hochrotem Kopf.
„Du hast ihn angesprecht Markitt!“ stellte Munjafkurin vorwurfsvoll richtig und schüttelte fassungslos den Kopf. „Und du hast auch noch die Frechehait besesselt ihn zu unterbrechen!“
„Akir!“ bestätigte der Howan ebenso ergriffen und kratzte sich an jener Stelle, wo in der Mitte seiner Glatze die kleinen Zöpfchen wuchsen. „Du habest einen Jastra beschmutzigt!“
„Ei ... einen Jastra?“ stammelte Margrit überrascht.
„Schei ... äh ... Donnerwetter!“ knurrte Paul und fuhr sich dabei mit seinen dicken Fingern verwirrt durchs struwwelige Haar. „Hier kann man vielleicht einiges erleben ... und was machen wir nun?“
Margrit nagte an der Unterlippe. Da sah sie, dass der Asab wieder ins Freie stolzierte. Grindegrift schien weder Margrit noch sonst irgend jemanden zu sehen und richtete nach einigen Metern sein volles Augenmerk auf einen Wagen, der auf der linken Seite von ihm in der Nähe von drei alten, palmenartigen Gewächsen parkte und mit dem die zwergwüchsigen Kirtife wohl noch immer nicht richtig fertiggeworden waren. „Also ... ich gehe ihm jetzt einfach entgegen und sage
ihm ...“
„Denda ... neiiin!“ Munjafkurin packte die bereits vorwärts stürmende Margrit von hinten und riss sie zurück. „Bist du verrickt ... nischt schonn wieder ... du machtest hier ja alles fälsch!“
„Was dann?“ schnaufte sie. „Wie soll ich mich denn entschuldigen, wenn ich nicht ...“
„Paste auf!“ begann Munjafkurin lehrmeisterlich „Du stellerst dich nebinn ihn und tätigst so, als sprecherst du mit dir selbig!“ Er schaute wieder Richtung Tor und sein Gesicht zeigte Erleichterung. „Sichte nur ... er is zu dem Ponsai nach links gegängert und stehen bleibert ... wartet gutigerweiser noch malchen auf disch!“
„Findest du?“ Margrit beobachtete nun auch diesen hochaufgeschossen Typ, der bis auf seine federreiche Haartracht fast wie ein Römer aus uralten Zeiten gekleidet war. Er begann nun, die Arme dabei auf seinem Rücken, das mächtige, panzerähnliche Fahrzeug gemächlich zu umrunden und beäugte dabei eingehend dieses und jenes interessante Rädchen oder Schräubchen und wirkte eigentlich so, als hätte er noch nie in seinem Leben ein hajeptisches Fahrzeug gesehen.
Die erdbraunen Kirktive staunten deshalb auch nicht schlecht, spitzten ihre mit dichtem Fellplüsch überwachsenen Ohren, warfen sich verstohlene Blicke zu oder tuschelten miteinander. Doch für den Jastra schien es gar keine Kirtife zu geben.
„Meint ihr wirklich der wartet auf mich?“ stammelte Margrit. „Der sieht so konzentriert aus.“
„Aber sichter“, erklärte der Howan. „Seherst du nischt, dass er stehert vor altim, kapottin Modell?“

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Wenig später wäre Margrit beinahe mit Grindegrift zusammengestoßen, weil sie beide von entgegengesetzter Seite das Fahrzeug umkreist hatten. Für einen kurzen Moment sahen sie sich deshalb überrascht in die Augen und dann neugierig ins Gesicht, schließlich jedoch schaute jeder schnellstens am anderen vorbei.
„Ich kenne die hajeptischen Sitten nicht“, begann Margrit zögernd, während sie eingehend die kurzen Beinchen auf der rechten Seite des Ponsais studierte.
„Schon gut!“ fiel er ihr ins Wort und betrachtete ebenso interessiert ein Beinchen auf der linken. „Man kann nicht alles wissen ... auch für mich ist es das erste Mal ...“, er räusperte sich verlegen, „... das erste Mal, ... zai ... dass ich mit einer Lumanti Kontakt aufnehme! Ich ... ich weiß gar nicht, wie ich das machen soll!“
„Ich ... ich auch nicht.“ Margrit reckte sich und schaute nun hinauf zum seltsamen Fenster des Ponsai. „Ich meine ... wie ich mit einem Jastra ... äh ... also ... wie ich mit dem ... oder er mit mir ... Sie wissen schon?“
„Schwierig, schwierig, schwierig!“ murmelte er stirnrunzelnd und reckte ebenfalls den Hals, um zum Fenster zu spähen und das faltenreiche Gesicht eines Kirtifes, der mit seinen Kameraden in dem Fahrzeug saß, weil sie das Steuerpult zu überprüfen hatten, schaute deshalb durch das leicht getönte Glas des Fensters mit nicht zu beschreibender Miene zu ihm hinab. „Aber man kann nicht allzu lange über diese wirklich schwierige Angelegenheit nachdenken“, gab der Asab vor und rieb sich das tätowierte Kinn, „weil sonst ... also ... könnte es sein, dass ... orrn ... das Kind stirbt!“ Margrit war bei diesem entsetzlichen Gedanken zusammengezuckt. Sie fühlte sich plötzlich elend und erschöpft und lehnte sich deswegen mit der Schulter ein bisschen gegen das Fahrzeug und er betrachtete daraufhin eingehend eine Schraube auf die sich Margrit gestützt hatte und sie zog deshalb schnell die Hand wieder weg. „Ich habe mir daher erlaubt“, begann der Asab erneut und umkreiste mit dem Finger besitzergreifend diese Schraube, „das kleine, kämpferische Mädchen abzutrans¬portieren ... es hat einen nicht geringen Lebenswillen ... ein solch starkes Gemüt ist interessant für uns ... das Kind schwebt gerade auf das Tor Zarakumas zu und wird sich in etwa einer Stunde - nach Eurer Lumantizeit - an Bord der Ganalea befinden!“
„Waas .. an Bord der Ganalea?“ Margrit fuhr erschrocken herum und starrte zum Tor. Sie konnte Julchen jetzt von weitem nur schwer zwischen dem Pulk Jimaros und Shanusken (Krankenpflegern) erkennen, der sich um die Kleine geschart hatte. „Die Ganalea ist eure größte Versuchsstation im Weltraum!“ krächzte sie und ihre Lider füllten sich mit Tränen.
„Akir, das ist sie.“ Der Asab nickte voller Stolz, während er zuschaute, wie man die Befehle befolgte, die er bereits gegeben hatte, als er vorhin tiefbeleidigt wieder in Zarakuma angekommen war. Man brauchte sich also keine ernsthaften Sorgen mehr um es zu machen. Die Maschinen sausten auf Rädern neben dem Mädchen einher. Die Kleine schwebte waagerecht etwa ein einen halben Meter über dem Boden und das verbrannte Bein wurde von drei Seiten gekühlt, so dass sie keinerlei Schmerzen haben dürfte. Vermutlich befand sie sich bereits in festem Schlaf und wurde mit Lakasyten (Virenkillern) und lebenswichtigen Körperflüssigkeiten, welche die Wunde bis tief in den Körper hinein reinigten, versorgt. Wie gut, dass er die Frau abgelenkt hatte, denn Lumantimütter konnten manchmal rein hysterisch werden, wenn es um Kinder ging und die Arbeit der Roboter und Shanusken behindern. Grindegrift seufzte sehr zufrieden und stolz über sich selbst, während Margrit zu schluchzen begann.
„Warum ... warum haben Sie etwas angeordnet, ohne mich vorher zu informieren ... ohne mich zu fragen, ob ich auch damit einverstanden bin?“ schnaufte sie jetzt wütend und verzweifelt. „Es ist mein Kind!“
Grindegrift hob mit bedenklicher Miene die mit kleinen Punkten umrandeten, dichten Brauen. Es war tatsächlich so, wie seine Kollegen ihm berichtet hatten, und diese Frau hier begann nun auch durchzudrehen, nur weil sie so etwas unwesentliches wie eine Mutter war! Nun ja, vielleicht war es mal ganz interessant, lumantische Gefühlsaufwallungen hautnah zu erleben.
„Ich möchte zwar auch, dass mein Kind gerettet, aber nicht auf diese Ganalea kommt!“ fauchte Margrit, am ganzen Körper flatternd, und er schaute aus dem Augenwinkel interessiert dabei zu. „Mein Kind soll nicht, nachdem es bereits so furchtbare Dinge hatte durchmachen müssen, dort ähnliches erleben. Ich weiß, ihr nennt so etwas Versuche, aber ihr werdet keine Versuche mit Julchen machen oder ich wende mich an die höchste Stelle, an eure Oberhäupter.“
Grindegrifts Gesicht zuckte überrascht. Ganz offensichtlich zeigte das Gehirn dieser Lumanti wegen des Verlustes eines Kindes erstaunlich früh erste Anzeichen von geistiger Verwirrung, sonst würde es nicht glauben, mit der Unterstützung hajeptischer Oberhäupter rechnen zu können.
„Es ist mein Kind und ich habe ein Recht ...“
Er nahm an ihrem Kommentar jetzt nur noch sehr halbherzig Anteil, studierte aber dabei die zunehmende Blässe der Haut dieser Frau, achtete auf die seltsamen Veränderungen ihrer Stimme und Tonlage, konzentrierte sich auf ihr verändertes Mienenspiel und die höchst beweglichen Muskeln unter ihrer Haut. ´Mein Kind´ dachte er während ihres Wort¬schwalles nur einmal kurz bei sich, ´wenn ich das schon höre. Xorr, wie kann ein Kind der Besitz einer einzelnen Per¬son sein! Ein Kind gehört allen und hat für die Gemeinschaft da zu sein.´
„... und ich verlange, dass ich es wieder abholen kann, sobald es gesund ist“, beendete Margrit ihr Anliegen bebend aber überlaut, da sie den dumpfen Eindruck hatte, er habe ihr die ganze Zeit nicht richtig zugehört.
Er seufzte, denn es war schon recht lästig solch einem hysterisch-dümmlichen Lumanti-Gequatsche Gehör zu schenken.
„Fraaaau“, begann er nun so ruhig wie er nur sein konnte und betrachtete dabei zur Abwechslung eingehend das widerliche Fellohr des Kirtifen, der inzwischen neben ihm eine kleine Klapptür des Ponsais geöffnet hatte, um von dort an den Motor zu gelangen, „wie ich bereits berichtete, ist die Behandlung deines“, er räusperte sich heftig, „Kindes schwierig und daher teuer! Du könntest so etwas nie bezahlen! Es ist klar, dass wir, wenn wir uns um es bemühen, dies nicht umsonst tun. Wir nehmen also dein“, er räusperte sich schon wieder, „Kind als Bezahlung dankend an! Selbstverständlich werden wir später Versuche mit ihm machen. Schließlich soll es unserem Volke nützlich sein.“ Mit diesen Worten wendete er sich von Margrit ab und schritt auf Zarakuma zu. Margrit starrte fassungslos der hochaufgerichteten Gestalt hinterher, kämpfte erneut mit Übelkeit und Tränen, dann aber schrie sie: „Eure Männer haben mein Kind fast getötet ... das Volk der Hajeps ist schuld, es ist verpflichtet, ohne jede Bezahlung all das, was es angerichtet hat, wieder gut zu machen!“
Der Asab zuckte zusammen, diese Frau war ungewöhnlich frech, schien aber wohl doch bei vollem Verstand zu sein. Obschon er nicht wollte, schaute er sich nach ihr um, zumal er sich Klarheit über sie zu verschaffen gedachte. Wieder kreuzten sich ihre Blicke und er fand, dass diese großen Augen trotz aller Hoffnungslosigkeit eine recht erstaunliche Hartnäckigkeit, ja direkt einen gewissen Kampfeswillen ausdrückten. Er wendete sich vollends nach Margrit um, weil er sehen wollte, ob die Sprache ihres Körpers inzwischen die gleiche Entschlossenheit verriet und lief daher rückwärts auf Zarakuma zu. „Ihr Lumantis habt schon lange gegen uns verloren!“ Er studierte dabei gründlich den Ärmel seines weiten Mantels, da bekanntlich zu viel Beachtung für ein Wesen niederer Kaste nicht besonders gut war. „Wir hingegen haben gesiegt“, fuhr er fort. „Das Gesetz der Stärke gibt uns das Recht zu leben, Schwachheit ist dem Tode geweiht!“ Fest entschlossen, dass dies seine letzten Worte waren, welche er an diese niedere Kreatur gerichtet hatte, zog er den weiten Mantel enger um sich, wendete sich hoch erhobenen Hauptes herum und lief, diesmal sehr zügig, auf Zarakuma zu, denn er wollte dabei sein, beobachten wie das Kind zum Raumschiff gebracht wurde.
Margrit wusste, was der Asab stumm angedeutet hatte und blickte in heller Panik zum Tor. Noch waren die beiden Flügel auf, gab es vielleicht eine winzige Chance! Margrit rannte los und zwar so schnell, dass sie dabei sogar den erstaunten Grindegrift überholte.
„Halt!“ schrie sie den gelb gekleideten Shanusken bereits von weitem zu. Ihre Gedanken purzelten vor lauter Aufregung völlig durcheinander. „Keinen Schritt weiter!“ Ihr Hals war mit einem Male schrecklich trocken und sie brachte nur alles stockend hervor. „Ihr werdet mein Kind nicht retten um es dann doch wieder zu quälen!“ Ach, sie fühlte sich ja so hilflos und die Tränen liefen ihr peinlicherweise immerzu die Wangen hinab. „Eher soll es sterben als für eure entsetzlichen Versuche zur Verfügung zu stehen“, kreischte sie und griff, von namenloser Verzweiflung getrieben, mit beiden Händen nach Julchen, um sie von den Gräten zu reißen. Doch ehe sie auch nur eines der schmalen Ärmchen berühren konnte, sauste ein ovales Ding, etwa in der Größe eines Tennisballs, seitwärts aus der Trage hervor und dann spürte sie einen Faustschlag in der Magengrube.
Übelkeit und flammender Schmerz ließen Margrit sofort anhalten und der Ball sauste zurück, grub sich wohl wieder in die Trage ein. Nach Atem ringend krümmte sich Margrit zusammen, sah nur noch, dass die Gruppe mit Julchen schleunigst weiterlief. Alles lag in einem schwarzen Schleier, sie blickte über die Schulter, warum half ihr niemand? Dort hinten war Paul. Zwei Jimaros hielten ihn fest, hatten ihm die Arme umgedreht, also hatte er nicht kampflos Julchens Entführung zugelassen.
Munjafkurin, ein gutes Stück von ihm entfernt, verhandelte um die Freilassung des Kindes mit einem Shanusken, der ihm ´in die Finger´ geraten war, in dem er ihn am Kragen hochhielt und heftig schüttelte.
Der Howan hatte sich sicherheitshalber gleich aus Munjafkurins Reichweite gebracht, war dem Asab hinterher gerannt, und die beiden Kollegen beobachteten nun, freilich ohne ein Wort miteinander zu wechseln oder sich anzusehen, jedoch einträchtig kopfschüttelnd, die unsinnige Menschenfrau. Nun schritt die Gruppe mit Julchen bereits durch das Tor und Margrit sah den großen Platz mit den herrlichen Pflanzenanlagen.
„Wann sehe ich mein Kind wieder?“ schrie sie mit gebrochener Stimme hinterher.
„Nie mehrig Frau!“ rief ihr einer der Shanusken zu. „Begreifere es entelisch!“
„Ihr Verbrecher! Ihr habt meine Mutter getötet, habt mir meinen kleinen Sohn genommen und ...“
„Wenn wirr deininn Sonn habinn“, brüllte ihr nun einer der Jimaros zu, „... is ere auch auf derr Ganalea. Wir bräuchen jitzt Kindar, Lumanti! Aller, die wir fanginn, kommin dort hinne.“
Margrit riss ihre Augen weit auf. Mit einem Male grinste sie merkwürdig. „He, ihr bringt mich zu Oworlotep ... er sucht schon lange nach mir!“ Sie hielt ihnen ihre Hände entgegen. „Nehmt mich gefangen! Bestellt ihm, dass ich mich ergeben habe.“
Plötzlich spürte sie etwas Hartes im Rücken. „Fraauuu?“ hörte sie eine drohende, jedoch etwas seltsam klingende Stimme. „Rädest wirris Zeug!“ Margrit blickte sich nach hinten um und schaute direkt in die schwarzen Facettenaugen eines kleinen Chilkis. Das zwergenhafte, grauhäutige Wesen hatte den Lauf seines seltsamen Gewehrs ganz erheblich verlängern müssen, um bis nach oben zu Margrit hinauf zu reichen. Sein birnenförmiges Gesicht zitterte bedrohlich, während er ihr die spitze Mündung noch fester gegen den Rücken presste. „Verschwindist odar Bziaquast machert aus dirr serr, serrr gutiss Forange! Weißt was Forange is?“ erkundigte er sich lauernd.
„Hu ... Humus?“ keuchte sie.

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„Und so gelangte ich endgültig zu der Einsicht, dass ich meine Kinder nur dann retten kann, wenn es mir gelingt, so schnell wie möglich an die Spitze des hajeptischen Systems zu kommen, denn die Loteken sind inzwischen fast vollends besiegt. Das hat mir Munjafkurin verraten. Es lohnt sich nicht für uns Menschen, sich mit ihnen zusammenzutun, es würde uns eher schaden als nutzen!“ Mit diesen Worten beendete Margrit ihren Bericht über ihr schreckliches gestri¬ges Erlebnis.
Günther Arendt, der die ganze Zeit mit angespannter Miene zugehört hatte, lehnte sich nun in seinem Stuhl zurück und betrachtete Margrit schmunzelnd. „Sieh an, sieh an, so kommt manchmal auch der dickste Dickkopf noch zu Verstande ... nicht zu fassen!“ Er schüttelte verwundert den Kopf. „Dem braucht es also bloß an den eigenen Kragen zu gehen und siehe da - schon hat man einen weiteren fanatischen Untergrundkämpfer gefunden. Sind sie denn auch wirklich fanatisch genug, Margrit?“
Margrit straffte die Schultern, dennoch konnte man bemerken, dass ihr Blick in dem kleinen Raum unruhig umherging, der nun Günther Arendts Quartier geworden war und sich im südlichen Bereich der unterirdischen Gänge Eibelstadts befand. „Wie meinen Sie das?“
„Nun.“ Er räusperte sich und beugte sich ebenso wie Margrit ein wenig vor, so dass sich die beiden wie zwei Kämpfer fest in die Augen blicken konnten. „Sie werden doch wohl nicht von mir erwarten, dass ich Sie mit großem Aufwand und unter dem Einsatz vieler Menschenleben nach Scolo bringe, ausschließlich aus dem Grund, dass Sie Ihre lieben Kinderchen wieder ans Herze drücken können?“
Margrit atmete hastiger. „Nein, das erwarte ich eigentlich nicht.“
„Es geht um unsere Spezies, Margrit!“ Er deutete mit dem Zeigefinger die Form eines Kreises an. „Verdammt noch mal, um den gesamten Planeten Erde!“
„Ja, ja, das weiß ich!“ keuchte sie.
„Hajeps brauchen diesen Planeten ... wir brauchen ihn auch! Wir hatten ein ähnliches Problem, die Überbevölkerung, mit der wir mehr schlecht als recht fertiggeworden sind, eigentlich nur durch von irgendwo hergekommene, entsetzliche Seuchen. Hajeps sind leider seit Urzeiten gesund!“ Er lachte sarkastisch.
„Darin muss ich aber widersprechen“, unterbrach sie sein Gelächter. „Die Hajeps scheinen an einer ...“
„Ja ja, jetzt kommen sie mir wieder mit den verkrüppelten Händen, den Allergien und ...“
„Nein, es ist etwas ganz anders, etwas, von dem wir wohl noch nie gehört haben. Diese Krankheit hieß ... hm ...wie war das doch gleich?“ Margrit spielte nachdenklich mit ihrem Haar. „Es fing irgendwie mit ´K´ oder ´C´ an ...“ sie schaute plötzlich auf. „Koka oder so!“
„Coca!“ äffte er sie feixend nach. „So etwas habe ich allerdings noch nicht gehört. Na, egal, wie auch immer ... weiter helfen wird uns diese komische Krankheit gewiss nicht, sollte es sie tatsächlich geben, was ich noch sehr anzweifele.“ Günther Arendt machte eine Pause und zündete sich dabei mit erstaunlich fahrigen Fingern eine Zigarette an. Er nahm einen tiefen Zug und wedelte gleichzeitig mit dem kurzen Streichholz in der Luft umher, damit es ausging. „Zum Frieden lässt sich dieses System ganz gewiss nicht bewegen, da bin ich wirklich ganz anderer Meinung als Sie“, brachte er schließlich ziemlich undeutlich hinter seiner Zigarette hervor und stippte das Streichholz so heftig in den Aschenbecher, dass es zerbrach, „und meine Mitstreiter würden mir sofort Recht geben, befänden sie sich hier, denn es geht den Hajeps um Platz für ihr Volk und sie wollen uns Menschen deshalb gnadenlos ausrotten.“ Wieder nahm er einen langen, kräftigen Zug, blies den Rauch nachdenklich aus und dieser verdüsterte sein ganzes Gesicht. „Wir Menschen haben nur wenig Möglichkeiten, den gewaltigen Zustrom hajeptischer Massen zu stoppen, Margrit, aber die Jisken, die Loteken, ja, sogar die Hajeps selbst könnten es.“ Die Zigarette rutschte plötzlich in seinen Mundwinkel und der weiße Glimm¬stängel wippte dabei. „Außerirdische werden dafür sorgen, dass keine weiteren außerirdischen Siedler mehr kommen. Wir müssen sie nur ein kleines bisschen dabei unterstützen mit Hilfe von ...“ Er fingerte nun umständlich in der Tasche seines schlechtsitzenden Sakkos herum und holte kurz das Margrit schon sehr bekannte, seltsam geformte Fläschchen mit dem inzwischen zur Hälfte geleerten, rosafarbenen Inhalt hervor und ließ es wieder in der Tasche verschwinden.
„Refenin!“ krächzte Margrit und erbleichte. „Ja, haben Sie sich denn diese blödsinnige Sache noch immer nicht aus dem Kopf geschlagen?"
„So ist es!“ erklärte er fest. “Und den Rest machen unsere außerirdischen Helferchen!“
Margrits Brauen schnellten hoch. „Meinen Sie wirklich, man kann sich auf unsere ehemaligen Feinde verlassen?“
Er war nun so aufgeregt, dass er die Zigarette brutal ausdrückte und das, obwohl er sie nur kurz angeraucht hatte. „Wenn der alte Filz des Kastensystems von uns Menschen beseitigt worden ist, werden uns nicht nur die aufständischen Hajeps dafür dankbar sein. Auch die Jisken und Loteken werden aufatmen! Die Erde wird wieder in Freiheit erblühen und ..“
„Meinen Sie tatsächlich, dass die restlichen Hajeps und Jisken, die dann auf ihrem Heimatplaneten bleiben müssten, wegen eines freiheitlicheren Regierungssystems besser mit der Enge und Wohnungsnot klar kommen würden?“
„Ja, Margrit, nicht nur die Hajeps, auch die Jisken und Loteken wollen später ein freies, demokratisches System ähnlich wie früher das unserige ...“
Irgendwie war Margrit darüber gerührt, ließ es sich jedoch nicht anmerken und schob stattdessen den Haargummi an ihrem Pferdeschwanz zurück. „Aber wenn sämtliche Jastra ausgelöscht,“ sie musste plötzlich wieder nach Atem ringen, „also getötet würden, gäbe doch noch einen Krieg, denn er die Jastra haben ja sicher auch Anhänger.“
„Die haben sie leider ... und nicht zu knapp!“ Günther Arendt seufzte und blies wieder sehr nachdenklich den Rauch seiner Zigarette zur Zimmerdecke. „Ich sagte ja, selbst wenn wir die gesamten Jastra ausgerottet hätten, gäbe es noch diese verteufelten Montios und Rekompen mitsamt ihren Leuten, aber das würden wir schon schaffen, denn wir haben ja nicht wenige Gesinnungsgenossen, die uns helfen werden.“ Er mühte sich um ein zuversichtliches Lächeln, was ihm leider nur sehr kläglich gelang.
Margrit schob sich mit nervösen Fingern eine ihrer vorwitzigen Haarsträhnen hinter das Ohr und schaute dem Ministerpräsidenten hart in die Augen. Sie wusste nun genug und wollte zu einem ihr ebenfalls recht wichtig erscheinenden Thema zurückkehren. „Übrigens ich wäre nie zu Ihnen gekommen“, begann sie energisch, “wäre mir nicht Gesine heute Nachmittag gesund und munter begegnet. Sie hatte mir lachend erklärt, dass Sie mir ganz gewiss nur einen Streich gespielt hätten, da sie über mich zornig und enttäuscht gewesen wären und sie hatte noch hinzugefügt, dass Sie es nie wagen würden, die Lumantifreundin eines Jimaros zu infizieren, besonders dann nicht, wenn Sie von diesem abhängig sind ... stimmt das?“
Er lächelte geheimnisvoll und lehnte sich dann in seinem Stuhl zurück. „Das stimmt nur bedingt“, erklärte er, „aber es ist schon wahr, dass ich Gesine nicht infiziert habe ... außerdem“, er klopfte zärtlich auf die kleine Beule in seinem Jackett, „ist Refenin viel zu kostbar, um es überall hin mitzuschleppen.“
Margrit hielt sich noch immer an der Tischkante fest, lehnte sich schließlich dagegen. „Und was ist mit den übrigen Menschen geworden, die sie gestern nach Zarakuma schickten?“ Sie hatte plötzlich keine Spucke mehr im Mund und die Zunge klebte an ihrem Gaumen.
Ein dunkler Schatten lag jetzt auf seinem Gesicht, die Finger zitterten. Er griff wieder nach der Packung Zigaretten. Als er eine herauszog, fielen noch zwei andere auf den Boden, doch er bückte sich nicht nach ihnen, sondern zündete die, welche er hervorgeholt hatte, erstaunlich ungeschickt an. Gierig nahm er den ersten Zug. Erst jetzt entspannte er sich. Wieder verhüllten Rauschkringel mehr und mehr sein fahles Gesicht. Margrit sprach ihn nicht an, sie wartete geduldig.
„Tja, die Jastra sind eben Teufel!“ tönte es endlich dumpf von seinen schmalen Lippen. „Sonst hätte Quanzhulon nämlich diese Menschen genommen.“ Seine Hand verkrampfte sich um die Zigarettenschachtel, die Knöchel seiner Finger schimmerten weiß hervor, als er die Pappe fast zerquetschte. „Aber nachdem ich gestern mit Rolf und Michael die zwanzig Menschen infiziert hatte, nahmen die Jastra sie plötzlich nicht mehr an! Dabei kann man selbst durch gründ¬lichste Untersuchung die paar Tröpfchen Refenin nicht im Körper aufspüren, das ist ja gerade das Tolle an diesem Zeugs. Selbst der Einstich einer feinen Nadelspitze wäre bald nicht mehr zu sehen, doch wir waren vorsichtig und haben diese Leute lieber das Zeug vermischt mit Alkohol trinken lassen, haben ihnen gesagt, dass sie dadurch später in Zarakuma weniger Angst vor den Hajeps haben würden und die haben das tatsächlich auch geglaubt.“ Seine Augen glänzten seltsam. „Tja, gestern hat sich wirklich alles gegen uns verkehrt. Es schien so, als hätte Quanzhulon, dieser gerissene Hund, ´Lunte gerochen´. Vielleicht hatte ihn auch jemand gewarnt oder der ist tatsächlich an Coca erkrankt! He, womöglich ist Coca nur ein kleines Schnüpfchen?“ Er kicherte schon wieder hysterisch, dann aber sanken die Schultern kraftlos hinab
„Jedenfalls schickte man mir meine Lumantis mit ´freundlichen Grüßen´ wieder zurück!“ Ganz spontan richtete er sich jetzt auf und drückte wütend und verzweifelt die Zigarette so heftig im Aschenbecher aus, dass nur noch ein Häufchen Tabakbrösel davon übrig blieben.
„Und“, krächzte Margrit, noch immer atemlos, „was ist nun mit diesen Menschen passiert?“
„Passiert ... passiert!“ äffte er sie mit schriller Stimme nach und schnippte die letzten Brösel von seinen Fingern. „Was soll passiert sein!“ Abermals griff er nach der schmalen, inzwischen schon arg lädierten Schachtel. „Wir mussten sie einsperren.“ Er machte eine knappe Handbewegung nach rechts zur Wand. „Hier, in diesen Raum nebenan kamen sie, der war groß genug, denn die Leute benahmen sich bereits nach ziemlich kurzer Zeit wie die Tiere, bissen sich fast das Fleisch aus ihren Leibern!“ Wieder wippte die Zigarette in seinem Mund. „Na ja ...“, er zuckte hilflos mit den Achseln, „... sollte ich die denn nach Hause schicken, wo sie dann die Seuche verbreitet hätten?“
„Und es gibt kein Gegenmittel?“ Margrits Finger krallten sich schon wieder an den Rand des Tisches, als wäre der ein Halt.
„Richtig, zum Kuckuck!“ Kleine, glimmende Stückchen lösten sich von der Zigarettenspitze und wirbelten zu Boden. „Mensch, Margrit, fragen Sie nicht so dämlich nach Dingen, die Sie schon lange wissen.“
„Es ... es muss schrecklich gewesen sein ... nicht wahr?“ stammelte sie.
Er fiel nun ganz in sich zusammen, sah aus wie ein kleines Häuflein Elend in dem großen Stuhl, lehnte den Kopf in den Nacken und blies nacheinander wieder Rauchkringel zur Decke. „Quanzhulon ist ein Dämon! Der hat das halt so gewollt, all das Furchtbare mir und meinen Leuten zugemutet.“ Er hielt inne um tief durchzuatmen. „Es war einfach höllisch, denn diese Menschen wurden immer hysterischer ... so hysterisch, dass wir sie erschießen mussten ... einen nach dem anderen.“
„Erschießen?“ Margrit ließ die Tischkante so hektisch los, als hätte sie sich an dieser verbrannt. Sie verbarg ihre Finger in ihrem Schoß. „Sie ... Sie schießen auf Ihr eigenes Volk?“
„Margrit, diese Leute waren doch ohnehin dem Tode geweiht ... es war im Gegenteil eher eine Erleichterung für sie ... Friedhelm und Jörg wurden jedoch dabei gebissen!“
„Gebissen!“ krächzte Margrit entsetzt, denn sie kannte die zwei jungen, lebensfrohen Kerle.
Er nickte dumpf. „Wir stellten die beiden sofort dazu und erschossen sie ebenfalls.“
„Nein!“ Margrit fuhr zusammen und hielt sich erschrocken die Hand vor den bebenden Mund.
„Es ... es war ein furchtbares Blutbad.“ Günther Arendt blickte wieder sehr konzentriert den Rauchkringeln nach, die sich langsam im Nichts auflösten. „Und ich ... ich hoffe, es wurde niemand weiter infiziert!“
„Sie hoffen“, wiederholte sie zynisch und tippte sich gleichzeitig hektisch an die Stirn. „Wissen Sie, was Sie für mich sind? Sie .. sie sind ein Mörder und obendrein ein hoffnungsloser Versager ... ja, ich glaube, diese Bezeichnungen treffen wirklich für Sie zu.“
Margrit war derart wütend geworden, dass sie trotz ihrer zittrigen Knie von ihrem Stuhl aufgesprungen war. „Und was das Schlimmste dabei ist“, brüllte sie und fuchtelte dabei mit dem Zeigefinger so bedrohlich herum als wäre der ein Messer, welches sie nach ihm zu werfen gedachte. „Menschen sind für Sie nur irgendwelches Material, das für Ihre Ideen verwendet werden muss ... ich ... ich hasse Sie“, sie richtete den Finger auf seine Brust, „nicht nur wegen Ihrer Unfähigkeit sondern wegen ihrer Kälte, die sie planen lässt, ohne irgendwelche Risiken für einzelne Menschen vorauszubedenken.“
„Aber Margrit!“ Er hielt ihren Arm fest, da er spürte, dass sie wieder fortlaufen wollte. „So ist doch jeder Politiker ... schon immer wurde das Leben von Wenigen für die Gesamtheit geopfert ... das ist unumgänglich! Und ich konnte doch nicht voraussehen, dass Quanzhulon plötzlich erkranken würde!“
„Mein verehrter Günther Arendt“, Margrit versuchte sich loszureißen. „Ich bin zwar gewillt ihnen zu helfen, weil ich die Rettung meiner Kinder anstrebe, aber ich werde mich ganz gewiss nicht mit Refenin infizieren lassen ... "
„Und wie wollen Sie dann gegen die Jastra kämpfen, bitte sehr? Mit einem Pistölchen vielleicht?“
Günther Arendt hatte Margrit los gelassen, war aufgestanden und lief nachdenklich vor der Tür des kleinen Raumes hin und her. Margrit stand währenddessen gesenkten Hauptes neben dem Tisch, die Hände zu Fäusten geballt und tief in die Hosentaschen vergraben.
„He, was haben wir denn bisher mit Ihrer sogenannten ´richtigen Art“ bei Hajeps erreicht?“ knurrte er und blieb seitwärts von Margrit stehen, starrte dabei geradeaus zur nächsten Wand. „Nichts!“ beantwortete er seine Frage selbst. „Gar nichts ... nicht einmal unsere Kinder konnten wir bisher vor den mörderischen Versuchsstationen bewahren.“ Seine hellen lebhaften Augen funkelten sie nun blitzend an. „Margrit“, zischelte er, „kommen sie endlich zu Verstande ... Sie haben doch auch Ihre Mutter, eigentlich alles, was Sie liebten, verloren! Und so ist es bisher auch mir ergangen und noch vielen anderen. Glauben Sie mir, die Jastra denken, noch während du mit ihnen verhandelst, bereits darüber nach, auf welche Weise sie dich später töten werden. So sind sie! Margrit, auf dieser Erde gibt es eben keine Märchen!“ Er wendete sich vollends um, packte Margrit plötzlich derb bei den Schultern und schüttelte sie. „Und wenn Sie nicht wollen, so werde ich Sie zwingen ... Sie müssen mein Werkzeug sein, denn Quanzhulon geht es inzwischen besser“, er grinste hoffnungsfroh, „und er verlangt nach Lumantis ... haben Sie verstanden? Heute Mittag haben sich Nireneska und Japongati über Funk an mich gewendet und mir bestellt, dass sie nun nachholen wollen, was sie versäumten. Die mächtigsten Politiker sind noch immer da, haben auf die Genesung Quanzhulons gewartet. Heute Nacht Margrit, findet das riesige Fest statt ... Lakeme, der wunderschöne, herrliche Sitz Scolos wird in seinem Glanz erstrahlen und Sie, meine liebe Margrit, werden dabei sein!“

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Margrit kauerte auf dem kalten Zementboden ihrer schmalen Kammer und starrte in den Spiegel. Das Glas darin hatte einen hässlichen Sprung und hinter diesem sah sie im schlechten Licht der Glühlampe, welche an einem viel zu langen Kabel von der niedrigen Decke hing, ihr verweintes, verquollenes Gesicht.
Ihre linke Wange war schief, dort hatte sie der Faustschlag Mikes getroffen – war ja klar, dass der sich so etwas nicht entgehen ließ - weil sie versucht hatte, Günther Arendt zu beißen, als der ihr das Refenin zwischen die Lippen hatte kippen wollen. Frank und Rita, von der hatte sie das eigentlich nicht gedacht hätte, hatten ihr dann die Arme umgedreht, sie auf einen Stuhl gepresst und dort festgehalten. Sie hatte aber nach jedem getreten, den sie nur erreichen konnte. Schließlich waren weitere Männer und Trude hinzugekommen, hatten ihre Füße zu fassen gekriegt und diese mit festen Schnüren an die Stuhlbeine gebunden.
Man hatte Margrit die Nase zugehalten, damit sie endlich schluckte und man hatte laut aufgelacht, als Margrits Hals und Magen endlich gurgelnde Laute von sich gab, zum Zeichen, dass dort die silbernen Tröpfchen, die mit Apfelsaft gemischt waren, angekommen war. Doch die Freude war umsonst gewesen! Von einem starken Willen beherrscht, hatte ihr Magen sofort alles wieder erbrochen.
Dann hatte sie es einfach anders gemacht! Margrit schob nun sehr langsam den Ärmel ihres weiten Hemdes hoch und betrachtete die leichte Rötung um die winzig kleine Einstichstelle. Die Rötung - es war seltsam - war selbst nach fünf Stunden nicht zurückgegangen. Ihr Körper schien ein einziges Protestgebilde zu sein, ein brodelnder Vulkan, dessen Ausbruch selbst Günther Arendt derart fürchtete, dass er die sonst für jeden stets offene Tür von Margrits kleiner Kammer abgeschlossen hatte - der Schlüssel lag in seiner Tasche!
Nun rutschte der Ärmel wieder zurück. Margrit war sehr matt, die Kämpfe hatten ihr die letzte Kraft genommen und ihre Hände zitterten in einem fort. Ob sich das je legen würde? Es gab Menschen, die wurden dieses Zittern ein ganzes Leben lang nicht los ... ein ganzes Leben? Margrit musste plötzlich laut und schrill lachen. Nach Günther Arendts Berechnungen war sie spätestens morgens um vier mausetot!
Immer noch lachte sie und diesmal wusste sie nicht warum. Vielleicht, weil sie sich selbst Schuld an diesem Schicksal zurechnete, da sie Günther Arendt besucht hatte, obwohl dieser fast alle Untergrundbewohner, die sich in seiner Nähe befanden, mit irgendwelchen fadenscheinigen Aufträgen fortgeschickt hatte. Ja, sie hätte misstrauischer sein müssen, aber die Sehnsucht nach ihren Kindern und die Sorge um sie hatten sie ihre Vorsicht vergessen lassen.
Niemand, weder Paul noch George, konnte ihr jetzt helfen. Sie würde ihre Kinder, selbst wenn diese durch ihr Opfer später tatsächlich befreit sein würden, nie mehr wiedersehen! Sie war verloren .. für immer verloren! Wieder lief eine Träne Margrits geschwollene Wange hinab. Immerhin hatte sie ja schon für ein ganzes Weilchen gelebt, versuchte sie sich zu trösten. Sie war ein fröhlicher Mensch gewesen und hatte sich selbst über winzigste Kleinigkeiten zu freuen verstanden. Sie hatte oft und von Herzen gelacht, auch wenn die Zeiten nicht gerade danach waren.
Die anderen Frauen, die gemeinsam mit ihr den schweren Gang machen sollten, waren noch blutjunge Menschen, manche darunter hatten sogar noch niemals Sex gehabt. Ach, sie alle waren nun belogen und betrogen worden, nur damit sie bei dieser schlimmen Sache mitmachten. Aber war die Sache eigentlich soo schlimm? Wenn man im ´großen Stil´ dar¬über nachdachte, konnte man Günther Arendt tatsächlich Recht geben.
Blutjunge Soldaten und Soldatinnen, die ebenfalls das ganze Leben noch vor sich hatten, starben ja früher auch auf den Schlachtfeldern für die Rettung ihres Volkes ... warum sollten die Menschen von heute nicht dergleichen tun? Wenn es tatsächlich keine andere Möglichkeit gab, die furchtbare Kaste der Jastra zu stürzen, warum sollte man sie nicht auf diese recht aparte Weise überlisten? Margrit hatte gewollt, dass ihre Kinder vor den Qualen unsinniger Versuche gerettet wurden. Das würde höchstwahrscheinlich geschehen, wenn sie jetzt mitmachte ... doch wer würde nun den frei gewordenen Platz der Mutterrolle für die Kinder einnehmen? Plötzlich klopfte es an der Tür und eine vertraute, helle Stimme ertönte dahinter.
„Glucki, ich bin es nur ... keine Angst!“
„Gesine!“ keuchte Margrit erleichtert. Plötzlich wusste sie, wem sie ihre Kinder überlassen würde.
Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, dann hörte sie zwei Männerstimmen aufgeregt irgendetwas murmeln.
„Ach, Unsinn!“ erklang wieder Gesines Stimme. „Das macht sie bestimmt nicht. Sie ist meine beste Freundin. He, nein, so hört doch auf! Laßt mich los, zum Donner ... sie tut mir nichts habe ich gesagt. Außerdem hat`s mir der Günther erlaubt und der ..“, sie stockte für einen kurzen Augenblick, „... weiß, was er macht!“ fügte sie dann doch energisch hinzu.
Endlich sprang die Türe auf, Gesine lief sofort in den Raum, besorgte Blicke folgten ihr. Margrit erkannte die beiden Männer im Schatten des Flurs. Es waren Jörg Frobart und Wolfgang Bessau, die Zwei, die vorhin mitgeholfen hatten, Margrit an den Stuhl zu fesseln. Margrit traten bei dieser schlimmen Erinnerung schon wieder die Tränen in die Augen, doch die Männer schlossen schnellstens wieder die Tür.
Gesine nahm neben Margrit Platz und zog Margrits Kopf an ihre Schulter. Immer wieder streichelte sie ihr über die ungekämmten Haarsträhnen, die so borstig und wirr um Margrits Kopf baumelten wie deren Gedanken. „Ich habe nicht gewusst, dass er je so gemein zu dir sein würde ... und dass sich Menschen finden würden, die ihm auch noch bei dieser schmutzigen Sache helfen“, flüsterte Gesine und wischte mit der freien Hand die Tränen von Margrits Wangen, die wieder in einem fort flossen, da sie stumm schluchzte. „Sonst ... sonst hätte ich dich ja vor Günther gewarnt!“ krächzte Gesine vor lauter Mitleid und Ohnmacht, Margrit nicht mehr helfen zu können. „Oh, ich mache mir ja solche Vorwürfe, dass ich dich nicht gewarnt habe. Dabei hatte er erst kürzlich derart hasserfüllt von dir gesprochen. Das hätte mir eigentlich zu denken geben sollen. Doch der Günther schimpft so oft vor sich hin ... weißt du? Da dachte ich ...“
„Ach“, Margrit hob das nasse Gesicht, „du kannst doch nichts dafür ... zieh dir mal keine Jacke an, die dir nicht passt. Ich war doch so dusselig und habe ... hast du mal ein Taschentuch?“ unterbrach sie sich schniefend.
Gesine nickte und kurz darauf ertönte ein trompetenartiges Geräusch.
„Weißt du was?“ erklärte Gesine währenddessen nachdenklich. „Ich werde dabei sein ... ich werde dich begleiten, wenn du Lakeme betrittst ... jawoll, das werde ich machen!“ Sie war jetzt entschlossen aufgesprungen.
„Bist du verrückt?“ Margrit blickte entsetzt zu ihr empor. „Das machst du nicht! Es genügt, dass ich infiziert worden bin! Ich ... ich brauche dich doch noch für meine Kinder!“ schluchzte sie los.
„Was?“ Gesine lachte fassungslos. „So vertraust du mir? Ausgerechnet mir willst du deine Kinder überlassen? Ja, weißt du denn, was du da tust? Hast du vergessen, dass ich diejenige war, die manchmal heimlich kleine Schmuckstückchen aus der Gemeinschaftskasse entwendet hatte und, dass ich ...“
„Na und?“ unterbrach sie Margrit und blickte Gesine aus ihren verquollenen Augen fest an. „Du weißt inzwischen, was zu tun ist, was du wirklich willst und was du nicht willst ... das genügt!“
Gesine wendete tief bewegt ihr Gesicht von Margrit ab. Dann drehte sie sich spontan um und ergriff Margrits Hand.
„Ich werde auf deine Kinder aufpassen, und ich werde sie so lieb haben wie dich, aber ich werde heute Nacht mit dir kommen und zwar ungeimpft.“
„Das ... das ist aber zu gefährlich!“ stammelte Margrit jetzt ebenso gerührt wie Gesine.
„Keine Wiederrede Glucki, ich werde gleich alles Weitere mit Günther Arendt besprechen.“ Schon wehten die langen blonden Zöpfe, wendete sich die zierliche Gestalt zum Gehen.
„Lass dich bei diesem Gespräch von mindestens einer Person begleiten, die Günther Ahrendt nicht ausstehen kann“, krächzte Margrit, „nimm zum Beispiel Paul oder George ... oder am besten gleich alle beide!“
„Keine Sorge, Glucki, unser Ministerpräsident hat bereits wieder seine zwanzig Leute beisammen, noch jemanden braucht er nicht!“ Und schon fiel die Tür ins Schloss.
Kein Schlüssel hatte sich herumgedreht, Margrit hätte also fliehen, die Untergrundbewohner beißen und überall furcht¬bar toben und wüten können. Doch sie blieb ruhig auf dem Fußboden sitzen und wartete, denn sie wusste, dass Rache ihr nichts bringen, sondern die Rettung ihrer Kinder unmöglich machen würde. Gesine hatte sie vollständig besänftigt. Günther Arendt wusste dies, auch, dass er nun mit Margrit ein hervorragendes Werkzeug gewonnen hatte.
 

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Korrekturvorschläge:

Das Licht der Hajeps II - Zarakuma - Kap. 20
Veröffentlicht von Doska am 05. 08. 2006 11:48
Kapitel 20

Wenig später trafen George, Margrit und Paul auf eine hajeptische Einheit von etwa vierzig Mann, die ebenfalls Richtung Zarakuma unterwegs war. Die drei Lumantis hatten sich zunächst sicherheitshalber vor den Blicken dieser Soldaten versteckt gehalten, denn sie wussten ja, dass es für Menschen verboten war, die Parkanlagen vor Zarakuma zu betreten.
Doch Margrit ahnte, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb, wenn sie Julchen wirklich retten wollte und so folgten sie schließlich den Soldaten, jedoch in respektvollem Abstand und stets [blue] dabei [/blue] (überflüssig) hinter Zweigen und Gebüsch verborgen.
Schließlich hielt der Trupp direkt vor Ranof, dem großen Haupttor Doska Jigons.
Im Licht der Vormittagssonne wirkte es, rechts und links eingefasst von vier riesigen Säulen, welche gerade in einem zarten blau schimmerten, so einladend wie das Tor zum Paradies. Die meisten der schneeweißen Türme, welche mit ihren zarten Brücken dahinter zu sehen waren, waren wieder aufgebaut worden. Der östliche, noch vor kurzem zerstörte Teil Zarakumas, war ebenfalls wieder hergerichtet worden, was man an den grün funkelnden Dächern der neuen Gebäudekomplexe recht gut erkennen konnte.
Schon ging zu beiden Seiten das mit kostbaren Steinen - oder waren das etwa Facettenaugen, denn die blitzten so komisch – verzierte Tor auf. Hinter diesem konnte man jetzt das seltsame Getöse mehrerer hajeptischer Gleiter und Molkats hören, die ebenfalls gerade durch Ranof hindurch wollten.
[red] Das[/red] (Der) Fußtrupp stoppte daher, ging zur Seite, ließ den Fahrzeugen den Vortritt, da diese es wohl eiliger hatten als sie.
Auch Margrit und George begaben sich deshalb schnellstens in Sicherheit, verbargen sich hinter den letzten Bäumen und Büschen des Parks.
„Wir sind sehr weit von Ranof entfernt!“(Komma) wisperte George, senkte dabei seinen Jawubani und wendete sich nach Paul und Margrit um. „Wenn wir nicht schnell machen, werden diese Soldaten, auch wenn man sie noch nicht hinein gelassen hat, in Zarakuma sein und wir stehen vor verschlossenem Tor.“
„Da hast du Recht!“(Komma) bestätigte Margrit und ihre Kinnlade begann vor lauter Aufregung mächtig zu zittern. „Wir müssen über diese freie Fläche rennen, wenn wir uns noch gemeinschaftlich mit diesen Soldaten,(kein Komma) durchs Tor drängeln wollen. Zum Glück haben sie heute dort mächtig viele ihrer komischen Fortbewegungsmittel geparkt.“
„Aber ... das werden doch die Soldaten niemals zulassen!“(Komma) krächzte Paul ebenso[red] auf geregt[/red] (aufgeregt). „Habe gehört, dass die Hajeps außerdem überall versteckte Kameras haben! Da kommen wir nie durch, sage ich euch! Jedenfalls nicht, ohne dabei geschnappt zu werden.“
„Stimmt!“ George nickte und zog [blue] dabei [/blue] (überflüssig) düster die kräftigen Brauen zusammen. „Das hat keinen Zweck, Margrit. Wir kommen da nicht hinein.“
„Miesmacher!“(Komma) fauchte Margrit und dann rannte sie einfach los.
„Mensch(Komma) Margrit!“(Komma) rief ihr George fassungslos hinterher. „Bist du denn ... also das geht doch nicht ... he ... bist du wahnsinnig! Komm zurück ... ich ...!“ Er wollte ihr hinterher, doch Paul riss ihn am Arm zurück ins Gebüsch.
„Mensch, lass sie doch. Wenn Margrit erst einmal entschlossen ist, dann ist sie nicht mehr von ihren Plänen abzubringen!“
Schon sauste einer der Gleiter, welcher inzwischen durch die weit geöffnete Pforte Zarakumas gekommen war, sehr knapp an Margrit vorbei. An der Miene dieses Jimaros konnte Margrit erkennen, dass er keine Rücksicht auf sie genommen hätte, sie wohl mit seinem in der Luft [red] schwebendem [/red] (schwebenden) Gefährt, dessen Bug wie eine Haifischschnauze geformt war, wie eine Ähre umgemäht, vielleicht durch den großen Schwung regelrecht geköpft hätte, wäre sie nicht rechtzeitig zur Seite gesprungen. Ihm folgten etwa zwanzig ähnliche Gleiter, in denen ein oder manchmal auch zwei Hajeps saßen und Margrit erstaunt anglotzten, wie die einfach immer weiter über das freie Gelände Richtung Ranof lief.
Nach ihnen kamen heulend und ratternd zwei weitere Fortbewegungsmittel, die ebenfalls keine Räder hatten, sondern ca. achtzehn beinartige Sockel, die sich so schnell bewegen konnten, dass man sie kaum zählen oder als solche identifizieren konnte. Margrit fand, dass die riesigen Wagen wie eine Mischung aus Panzer und Rakete ausschauten.
Nun war es an der Zeit für den vierzig Mann starken Trupp hajeptischer Jimaros(Komma) durch das Tor zu kommen und somit leider zu spät für Margrit, denn obwohl sie sich schier die Seele aus dem Leib gerannt hatte, kam sie zu spät. Gerade, als sie schnaufend und keuchend angekommen war, wollten sich die beiden Torhälften schließen, doch ein zartes, allerdings recht unmelodisch klingendes,(kein Komma) Signal schien die Pforte zu zwingen, sich wieder zu öffnen.
Abermals schoben sich also die beiden Torhälften auseinander und die vielen Facettenaugen – oder waren es doch eher Steine? – zuckten dabei nervös. Das schien die Chance für Margrit zu sein. Jedenfalls empfand sie es so, denn sie stellte sich dem Offizier des kleinen Kommandos von etwa fünf Mann, der gerade ins Freie hatte laufen wollen, direkt in den Weg und trug ihm schluchzend ihre Bitte vor, verlangte einen Arzt oder Medikamente, flehte, bettelte, nannte ihren Namen, versuchte die Hajeps an ihr Erlebnis mit Oworlotep zu erinnern. Vergebens, man schien sie nicht zu hören oder wollte nicht hören. Kaum war der Trupp durchs Tor und an Margrit vorbei marschiert, lief sie ihnen laut schimpfend und zeternd noch ein gutes Stück hinterher. Da tippte ihr plötzlich von hinten jemand an die Schulter. Sie drehte sich um, glaubte kaum ihren Augen zu trauen, denn hinter ihr stand Munjafkurin, der ihr leise gefolgt war.
„Munjafkurin!“(Komma) brüllte Margrit erleichtert und fiel ihm um den Hals.
„Sanna!“(Komma) schimpfte er und zupfte, ängstlich zur Einfahrt zurückblickend, ihre Finger von seinem Hals. „Wo is Sinia?“(Komma) keuchte er aufgeregt.
„Sicher meinst du Gesine?“(Komma) hakte Margrit nach.
„Akir! Gesi ... orrn ... nine meine isch. Wo sie is ... sak es mirr ... schnell!“
Was sollte sie nur erwidern? Sollte sie ihm sagen, dass Günther Arendt sein Mädchen heimlich mit Refenin infiziert hatte und dass sich die zwanzig Lumantis bereits in Lakeme, dem Palast der Jastra, befinden müssten? Warum wusste Munjafkurin nicht darüber Bescheid? Warum war nicht die geringste Unruhe unter den Soldaten zu bemerken, kein Anzeichen zu spüren, dass sich eine gefährliche Seuche mitten in Zarakuma auszubreiten drohte?
Margrit schwieg und starrte ihn genauso fragend an wie er sie.
„Du nischt wisst, nischt wahr?“(Komma) bemerkte er folgerichtig.
„Ehrlich gesagt ... ich weiß wirklich nicht mehr, was hier eigentlich abläuft!“(Komma) bestätigte sie kopfschüttelnd.
„Krieg hat fruher beginnert als isch gedenkt ... gab Gefangene, viele Hinrichtüngen werdinn folgern ... Loteken verlieren die Köpfere, doch ehe nöch samtlige Oberhäupter in Zarakuma waren angekommt, Quanzhulon erkrankelte schwer.“
„Aha, das Refenin!“(Komma) warf Margrit aufgeregt ein.
„Denda!“ Er machte eine abwehrende Handbewegung. „Quanzhulon erkrankelte an Kolka.“
„Kolka?“(Komma) wiederholte Margrit verdutzt. „Nie gehört!“
„Akir, is ja auch großer Geheimnest, denn ein Jastra dürf agentlisch nie krankerich sein. Quanzhulon war Gastgibler! Nach hajeptischer Zitte dürf keiner Gast fröhellisch sein, wenn Gastgibler selbser es nischt is. Darüm lehnerte man hofeligerweise Bezuch von Lumantis ab!“
„NEIN!“(Komma) kreischte Margrit verblüfft.
„Doch, doch! Er schickerte sie sofortig nach Häuse, ehe sie nöch Zarakuma betrittern konnerten.“
„Ja, und nun? Was hat Günther Arendt dazu gesagt? Ach, Munjafkurin“, unterbrach sie sich selber hastig, „das interessiert mich eigentlich gar nicht mehr ... das heißt(Komma) ich habe keine Zeit, denn ...“
„Darinnen du mir glaischst“, fiel er ihr erleichtert ins Wort, denn er hatte die dumpfe Befürchtung, dass Margrit sich mit einer unangenehmen Bitte an ihn wenden könnte, „hab ich doch auch keinere solsche Zait!“ Und er wandte sich ziemlich hastig ab und ging noch schneller.
„Halt ... HAAAALT!“ Margrit rannte Munjafkurin hinterher. „Sei doch nicht gleich so komisch ... du ...du musst mir nämlich helfen, hörst du? Ich ... ich brauche einen Arzt ... einen AAARRRRZT!“ Ihre Füße in den zerschlissenen Turnschuhen jagten über den mit herrlichen Mosaiken verzierten Boden der riesigen Straße, die direkt zum großen Haupttor führte. Sie musste [blue] dabei [/blue] (überflüssig) mehrmals zur Seite ausweichen, denn weitere, mächtige Wagen und kleinere Gleiter dröhnten an ihr vorbei. Bald befand sie sich wieder vor der geöffneten Pforte und lugte schnell in den Vorhof von Zarakuma. Es herrschte hier reger Betrieb, Jimaros hetzten zwischen seltsamen Bäumen, wundersam gestalteten Gebäuden und herrlichen Wasser- und Pflanzenanlagen hin und her, hatten Fahrzeuge zu reparieren oder sich für eine Fahrt fertig zu machen. Einige der Männer schauten jetzt kurz auf und starrten mehr oder weniger verwundert Richtung Tor auf die magere Menschenfrau, die dort draußen, unglaublich laut jammernd und zeternd, anscheinend einem ihrer Kameraden hinterher stolperte und daher ziemlich störend war.
Endlich hatte Margrit Munjafkurin erreicht und packte ihn von hinten um die Taille. „Mensch!“(Komma) kreischte sie.
„Natürlich nicht Mensch,(kein Komma)“(Komma) verbesserte sie sich im gleichen Augenblick hastig, „du ... du bist meine einzige Chance!“ Und sie hängte sich mit ihrem ganzen Gewicht an ihn und er zog sie mit sich.
Munjafkurin schimpfte, versuchte Margrit abzuschütteln, und die Männer in den Gleitern, die an ihnen vorüberrauschten, schüttelten verwirrt darüber die Köpfe. Schließlich blieb Munjafkurin mit den Worten: „Hiat Ubeka, wie is mir allsamtig das peinelisch!“(Komma) stehen und Margrit versuchte ihn zu überreden, das heißt, sie appellierte an sein hajeptisches Ehrgefühl, indem sie ihn daran erinnerte, dass sie ihn einst vor großer Qual bewahrt habe und nun Revanche verlange. Er winkte daraufhin verdrießlich einen der kleinen, erdbraunen und pelzohrigen Kirtife herbei, die gerade beschäftigt gewesen waren, ein Fahrzeug zu reparieren und schon kam Tromlok, so hieß der Kirtif mit einem seltsam frisierten und gekleideten Mann wieder, dem ein etwa ein Meter breiter und langer Kasten hinterher schwebte.
Munjafkurin erklärte, dass dieser eigenartige Mann nur ein Howan, kein Asab sei, der bei ihm Schulden habe und lediglich deshalb komme. Das war Margrit eigentlich wurscht, wichtig war nur, er war Arzt! Das sagte sie ihm auch, woraufhin Munjafkurin erleichtert schien. Margrit musste nun den Gesundheitszustand ihres Kindes dem Howan auf das Genaueste beschreiben. Dieser hielt währenddessen den kahlen Kopf mit den lediglich in der Mitte gesprossenen zwanzig winzigen Zöpflein schief und dachte angestrengt nach.
„Zai bao!“(Komma) meinte er, nachdem Margrit geendet hatte. „Es nischt gutig is, Medzin mitzugibern jemandin, ohne selbzer gesehet zu habern Krankin!“
Margrit versuchte ihm unter Tränen verständlich zu machen, dass Julchens Herzschlag bereits sehr langsam ginge und dass die Kleine einen weiteren Transport bis hier her gewiss nicht überleben würde und er fragte daraufhin. „Färbe des Feuwerstrahles war grinlisch, akir?“ Margrit nickte. „Gibelt viele Feuwer, welsche sind grinlisch“, erklärte er.
„Welsche Farbabwaicherung hatte Strahl, als sich zogerte züruck in Läuf der Waffere?“
„Mein Gott!“(Komma) schnaufte sie erschöpft. „Meinen Sie, darauf achtet man in solch einer Situation? Vielleicht war er rötlich, gelblich, bläulich ... weiß ich, was!“
„Muss genau wissen!“(Komma) beharrte der Howan starrsinnig und verschränkte die Arme mit den weiten Ärmeln vor seiner Brust. „Sonstig isch verschreibere Kament falschis!“
„Aber was soll ich denn machen?“ Sie hob verzweifelt die Hände. „Ich ... ich weiß es wirklich nicht mehr!“
Der Howan schraubte die mit roter Farbe umrandeten Augen wie gequält zum Himmel und gab Margrit schließlich nach einigem Zaudern drei Salben, die in merkwürdig schachtelartigen Tuben aufbewahrt worden waren. Er zeigte ihr, ebenfalls mit leidender Miene, dass man die Tuben nur auf besondere Weise öffnen konnte und seufzte laut und vernehmlich, als sie es endlich verstanden hatte, denn Margrits Hände zitterten ständig vor Aufregung. Dann gab er ihr eine Tube mit Haut, die sich von selbst vermehren konnte und mit der sie die Wunden abdecken sollte.
Als Margrit ihm aber verriet, dass sich Julchen wohl im Wasser eines Abflussrohres infiziert habe, war er zunächst entsetzt, dann aber höchst zufrieden. „Kann nisch mehr tun!“(Komma) wandte er sich erleichtert an Munjafkurin und riss Margrit die Salben einfach aus der Hand und packte sie zurück in sein Kästchen. „Weil jedere Hoffnüng is vergebt!“
Doch als der schmächtige Howan sich vollends von Margrit abwandte(Komma) um zu gehen, prallte er direkt gegen Munjafkurins breite Brust, der sich ihm in den Weg gestellt hatte. „Du machst Jüle gesundig, akir?“(Komma) knurrte Munjafkurin mit [blue] fletschenden [/blue] (gefletschten) Zähnen.
Der Howan zuckte verängstig und hilflos mit den Achseln. „Xorr, a ... aber wiechen?“(Komma) stotterte er.
„Zai, das faltert dir schonn ein ... dir schonn!“(Komma) brummte Munjafkurin.
Der Howan fühlte sich nun doch ein bisschen geschmeichelt und es schien so, als ob er zum ersten Male wirklich angestrengt nachdachte. „Kind bräucht Bakterientöter“, murmelte er gewichtig. „Abwehrstuffe ... es sein Krieg in Körper, kenne Grindegrift, beruhmter Asab.“ Die seltsamen bemalten Augen des Howans leuchteten plötzlich begeistert. „Er schuldert mir auch Wettgeld, akir! Er musse mir dabei hilfern(Komma) Lumatikind rettin.“ Der Howan machte eine feierliche Pause und sagte dann: „Bringere her deiner Kind ... her hier!“"(Anführungszeichen doppelt) Er wies vor sich auf den Boden. „Dann wir werrden sichten, ob es geretteritt werden kaan!“
„Aber vielleicht“, Margrit musste schlucken, „stirbt es auf diesem restlichen Weg!“
„Vielleischt ist es schonn tot!“(Komma) erklärte er knapp und wirkte von diesem Gedanken wieder recht angetan, traute sich aber nicht, Munjafkurin dabei in die Augen zu sehen, sondern drehte sich mit gesenktem Blick vorsichtig um und ging ... ihm folgte surrend der kleine, schwebende Kasten.
Eine viertel Stunde später bewegten sich Paul und George mit einem schwer atmenden Julchen auf dem Arm wieder auf das Tor zu. Munjafkurin lief ihnen gemeinsam mit den beiden Ärzten wie verabredet die letzten Meter entgegen. Er schaute unglaublich stolz, dann aber bekümmert drein, als er das leblose Julchen erblickte, die George und Paul jetzt vor ihnen auf den Boden gelegt hatten. Diesmal hielt sich der Howan zurück und nur Grindegrift, der aus einer sehr hohen Kaste zu stammen schien, führte das Wort.
Es kam in dieser Zeit weder zu einem Gespräch zwischen Grindegrift und dem Howan noch zu einem kurzen Wortwechsel mit Munjafkurin. Der Asab sah auch Margrit nicht an, sondern immer an ihr vorbei, während er sprach, denn die gehörte ja der niedersten Kaste an. Er tat so, als spräche er mit sich selbst, was wohl durchaus Sitte bei den Hajeps war, begegneten sie niederen Kasten, denen sie etwas Wichtiges mitzuteilen hatten.
„Dieses Kind liegt im Sterben“, murmelte er jetzt in perfektem deutsch vor sich hin. Offensichtlich hatte er in all den Jahren, seit die Hajeps auf der Erde weilten, die Sprache mit Hilfe eines Chasbulak gelernt, um so perfekt sprechen zu können. Er hatte sich nun zu Julchen auf die Decke gekauert und strich ihr nachdenklich über die Locken.
„Es ist nicht das hässlichste Kind, goldenes Haar, selten bei Lumantis zu finden, und es ist nicht das schwächste Kind ... andere Lumantikinder wären schon längst tot, gestorben an Infektion ... dieses starke Kind könnte gerettet werden, doch die Rettung ist sehr umständlich und teuer ... ob es sich lohnt(Komma) um ...?“
„Natürlich lohnt es sich!“(Komma) unterbrach ihn Margrit hastig.
Der Asab hielt zunächst überrascht den Atem an, denn so etwas Taktloses wie Margrit war ihm wohl noch nie vorgekommen. „Dann nicht!“(Komma) fauchte er schließlich empört, warf das lange, offene, mit kleinen bunten Federn geschmückte Haar in den Nacken und sprang auf die Füße. Er wendete sich in seinen raschelnden wallenden Gewändern um, welche ihm bis auf die Füße reichten, und lief hoch erhobenen Hauptes ein paar Schritte von der kleinen Gruppe fort. Dann drehte er den Ring an seiner Hand und einer der flachen Wagen, die in der Nähe des Tores geparkt waren, jagte auf den Asab zu. Der nahm in diesem schweigend Platz und[blue] dann brauste der Ponsai[/blue] (der Ponsai brauste) , ohne dass der Asab ihn lenkte, leise schnurrend über die staubige Erde zum Tor zurück.
Würdevoll - oder sollte man sagen, eingebildet? - entstieg der Asab dann dem Gefährt und schritt in den großen Vorhof Zarakumas, wo man ihn unter den vielen Leuten und hinter den mächtigen Fahrzeugen bald nicht mehr entdecken konnte.
Margrit wandte sich jetzt endlich verwirrt an ihre Kameraden, die immer noch mit erschütterter Miene zum Tor starrten.
„Du meine Güte, was habe ich denn schon schlimmes gemacht?“(Komma) schimpfte sie mit hochrotem Kopf.
„Du hast ihn angesprecht(Komma) Markitt!“(Komma) stellte Munjafkurin vorwurfsvoll richtig und schüttelte fassungslos den Kopf. „Und du hast auch noch die Frechehait besesselt(Komma) ihn zu unterbrechen!“
„Akir!“(Komma) bestätigte der Howan ebenso ergriffen und kratzte sich an jener Stelle, wo in der Mitte seiner Glatze die kleinen Zöpfchen wuchsen. „Du habest einen Jastra beschmutzigt!“
„Ei ... einen Jastra?“(Komma) stammelte Margrit überrascht.
„Schei ... äh ... Donnerwetter!“(Komma) knurrte Paul und fuhr sich dabei mit seinen dicken Fingern verwirrt durchs struwwelige Haar. „Hier kann man vielleicht einiges erleben ... und was machen wir nun?“
Margrit nagte an der Unterlippe. Da sah sie, dass der Asab wieder ins Freie stolzierte. Grindegrift schien weder Margrit noch sonst irgend jemanden zu sehen und richtete nach einigen Metern sein volles Augenmerk auf einen Wagen, der auf der linken Seite von ihm in der Nähe von drei alten, palmenartigen Gewächsen parkte und mit dem die zwergwüchsigen Kirtife wohl noch immer nicht richtig fertig(getrennt)geworden waren. „Also ... ich gehe ihm jetzt einfach entgegen und sage (kein Absatz)
ihm ...“
„Denda ... neiiin!“ Munjafkurin packte die bereits vorwärts stürmende Margrit von hinten und riss sie zurück. „Bist du verrickt ... nischt schonn wieder ... du machtest hier ja alles fälsch!“
„Was dann?“(Komma) schnaufte sie. „Wie soll ich mich denn entschuldigen, wenn ich nicht ...“
„Paste auf!“(Komma) begann Munjafkurin lehrmeisterlich „Du stellerst dich nebinn ihn und tätigst so, als sprecherst du mit dir selbig!“ Er schaute wieder Richtung Tor und sein Gesicht zeigte Erleichterung. „Sichte nur ... er is zu dem Ponsai nach links gegängert und stehen bleibert ... wartet gutigerweiser noch malchen auf disch!“
„Findest du?“ Margrit beobachtete nun auch diesen hoch(getrennt)aufgeschossen Typ, der bis auf seine federreiche Haartracht fast wie ein Römer aus uralten Zeiten gekleidet war. Er begann nun, die Arme dabei auf seinem Rücken, das mächtige, panzerähnliche Fahrzeug gemächlich zu umrunden und beäugte dabei eingehend dieses und jenes interessante Rädchen oder Schräubchen und wirkte eigentlich so, als hätte er noch nie in seinem Leben ein hajeptisches Fahrzeug gesehen.
Die erdbraunen Kirktive staunten deshalb auch nicht schlecht, spitzten ihre mit dichtem Fellplüsch überwachsenen Ohren, warfen sich verstohlene Blicke zu oder tuschelten miteinander. Doch für den Jastra schien es gar keine Kirtife zu geben.
„Meint ihr wirklich(Komma) der wartet auf mich?“(Komma) stammelte Margrit. „Der sieht so konzentriert aus.“
„Aber sichter“, erklärte der Howan. „Seherst du nischt, dass er stehert vor altim, kapottin Modell?“

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Wenig später wäre Margrit beinahe mit Grindegrift zusammengestoßen, weil sie beide von entgegen(getrennt)gesetzter Seite das Fahrzeug umkreist hatten. Für einen kurzen Moment sahen sie sich deshalb überrascht in die Augen und dann neugierig ins Gesicht, schließlich jedoch schaute jeder schnellstens am anderen vorbei.
„Ich kenne die hajeptischen Sitten nicht“, begann Margrit zögernd, während sie eingehend die kurzen Beinchen auf der rechten Seite des Ponsais studierte.
„Schon gut!“(Komma) fiel er ihr ins Wort und betrachtete ebenso interessiert ein Beinchen auf der linken. „Man kann nicht alles wissen ... auch für mich ist es das erste Mal ...“, er räusperte sich verlegen, „... das erste Mal, ... zai ... dass ich mit einer Lumanti Kontakt aufnehme! Ich ... ich weiß gar nicht, wie ich das machen soll!“
„Ich ... ich auch nicht.“ Margrit reckte sich und schaute nun hinauf zum seltsamen Fenster des Ponsai. „Ich meine ... wie ich mit einem Jastra ... äh ... also ... wie ich mit dem ... oder er mit mir ... Sie wissen schon?“
„Schwierig, schwierig, schwierig!“(Komma) murmelte er stirnrunzelnd und reckte ebenfalls den Hals, um zum Fenster zu spähen und das faltenreiche Gesicht eines Kirtifes, der mit seinen Kameraden in dem Fahrzeug saß, weil sie das Steuerpult zu überprüfen hatten, schaute deshalb durch das leicht getönte Glas des Fensters mit nicht zu beschreibender Miene zu ihm hinab. „Aber man kann nicht allzu lange über diese wirklich schwierige Angelegenheit nachdenken“, gab der Asab vor und rieb sich das tätowierte Kinn, „weil sonst ... also ... könnte es sein, dass ... orrn ... das Kind stirbt!“ (Absatz)Margrit war bei diesem entsetzlichen Gedanken zusammengezuckt. Sie fühlte sich plötzlich elend und erschöpft und lehnte sich deswegen mit der Schulter ein bisschen gegen das Fahrzeug und er betrachtete daraufhin eingehend eine Schraube(Komma) auf die sich Margrit gestützt hatte und sie zog deshalb schnell die Hand wieder weg. „Ich habe mir daher erlaubt“, begann der Asab erneut und umkreiste mit dem Finger besitzergreifend diese Schraube, „das kleine, kämpferische Mädchen abzutransportieren ... es hat einen nicht geringen Lebenswillen ... ein solch starkes Gemüt ist interessant für uns ... das Kind schwebt gerade auf das Tor Zarakumas zu und wird sich in etwa einer Stunde - nach Eurer Lumantizeit - an Bord der Ganalea befinden!“
„Waas .. an Bord der Ganalea?“ Margrit fuhr erschrocken herum und starrte zum Tor. Sie konnte Julchen jetzt von weitem nur schwer zwischen dem Pulk Jimaros und Shanusken (Krankenpflegern) erkennen, der sich um die Kleine geschart hatte. „Die Ganalea ist eure größte Versuchsstation im Weltraum!“(Komma) krächzte sie und ihre Lider füllten sich mit Tränen.
„Akir, das ist sie.“ Der Asab nickte voller Stolz, während er zuschaute, wie man die Befehle befolgte, die er bereits gegeben hatte, als er vorhin tief(getrennt)beleidigt wieder in Zarakuma angekommen war. Man brauchte sich also keine ernsthaften Sorgen mehr um es zu machen. Die Maschinen sausten auf Rädern neben dem Mädchen einher. Die Kleine schwebte waagerecht etwa ein einen halben Meter über dem Boden und das verbrannte Bein wurde von drei Seiten gekühlt, so dass sie keinerlei Schmerzen haben dürfte. Vermutlich befand sie sich bereits in festem Schlaf und wurde mit Lakasyten (Virenkillern) und lebenswichtigen Körperflüssigkeiten, welche die Wunde bis tief in den Körper hinein reinigten, versorgt. Wie gut, dass er die Frau abgelenkt hatte, denn Lumantimütter konnten manchmal rein hysterisch werden, wenn es um Kinder ging und die Arbeit der Roboter und Shanusken behindern. Grindegrift seufzte sehr zufrieden und stolz über sich selbst, während Margrit zu schluchzen begann.
„Warum ... warum haben Sie etwas angeordnet, ohne mich vorher zu informieren ... ohne mich zu fragen, ob ich auch damit einverstanden bin?“(Komma) schnaufte sie jetzt wütend und verzweifelt. „Es ist mein Kind!“
Grindegrift hob mit bedenklicher Miene die mit kleinen Punkten umrandeten, dichten Brauen. Es war tatsächlich so, wie seine Kollegen ihm berichtet hatten, und diese Frau hier begann nun auch durchzudrehen, nur weil sie so etwas [red] unwesentliches [/red] (Unwesentliches) wie eine Mutter war! Nun ja, vielleicht war es mal ganz interessant, lumantische Gefühlsaufwallungen hautnah zu erleben.
„Ich möchte zwar auch, dass mein Kind gerettet (wird), aber nicht auf diese Ganalea kommt!“ fauchte Margrit, am ganzen Körper flatternd, und er schaute aus dem Augenwinkel interessiert dabei zu. „Mein Kind soll nicht, nachdem es bereits so furchtbare Dinge hatte durchmachen müssen, dort ähnliches erleben. Ich weiß, ihr nennt so etwas Versuche, aber ihr werdet keine Versuche mit Julchen machen oder ich wende mich an die höchste Stelle, an eure Oberhäupter.“
Grindegrifts Gesicht zuckte überrascht. Ganz offensichtlich zeigte das Gehirn dieser Lumanti wegen des Verlustes eines Kindes erstaunlich früh erste Anzeichen von geistiger Verwirrung, sonst würde es nicht glauben, mit der Unterstützung hajeptischer Oberhäupter rechnen zu können.
„Es ist mein Kind und ich habe ein Recht ...“
Er nahm an ihrem Kommentar jetzt nur noch sehr halbherzig Anteil, studierte aber [blue] dabei [/blue] (überflüssig) die zunehmende Blässe der Haut dieser Frau, achtete auf die seltsamen Veränderungen ihrer Stimme und Tonlage, konzentrierte sich auf ihr verändertes Mienenspiel und die höchst beweglichen Muskeln unter ihrer Haut. ´Mein Kind´ dachte er während ihres Wortschwalles nur einmal kurz bei sich, ´wenn ich das schon höre. Xorr, wie kann ein Kind der Besitz einer einzelnen Person sein! Ein Kind gehört allen und hat für die Gemeinschaft da zu sein.´
„... und ich verlange, dass ich es wieder abholen kann, sobald es gesund ist“, beendete Margrit ihr Anliegen bebend(Komma) aber überlaut, da sie den dumpfen Eindruck hatte, er habe ihr die ganze Zeit nicht richtig zugehört.
Er seufzte, denn es war schon recht lästig(Komma) solch einem hysterisch-dümmlichen Lumanti-Gequatsche Gehör zu schenken.
„Fraaaau“, begann er nun so ruhig(Komma) wie er nur sein konnte und betrachtete dabei zur Abwechslung eingehend das widerliche Fellohr des Kirtifen, der inzwischen neben ihm eine kleine Klapptür des Ponsais geöffnet hatte, um von dort an den Motor zu gelangen, „wie ich bereits berichtete, ist die Behandlung deines“, er räusperte sich heftig, „Kindes schwierig und daher teuer! Du könntest so etwas nie bezahlen! Es ist klar, dass wir, wenn wir uns um es bemühen, dies nicht umsonst tun. Wir nehmen also dein“, er räusperte sich schon wieder, „Kind als Bezahlung dankend an! Selbstverständlich werden wir später Versuche mit ihm machen. Schließlich soll es unserem Volke nützlich sein.“ Mit diesen Worten wendete er sich von Margrit ab und schritt auf Zarakuma zu. Margrit starrte fassungslos der hoch(getrennt)aufgerichteten Gestalt hinterher, kämpfte erneut mit Übelkeit und Tränen, dann aber schrie sie: „Eure Männer haben mein Kind fast getötet ... das Volk der Hajeps ist schuld, es ist verpflichtet, ohne jede Bezahlung all das, was es angerichtet hat, wieder gut zu machen!“
Der Asab zuckte zusammen, diese Frau war ungewöhnlich frech, schien aber wohl doch bei vollem Verstand zu sein. Obschon er nicht wollte, schaute er sich nach ihr um, zumal er sich Klarheit über sie zu verschaffen gedachte. Wieder kreuzten sich ihre Blicke und er fand, dass diese großen Augen trotz aller Hoffnungslosigkeit eine recht erstaunliche Hartnäckigkeit, ja direkt einen gewissen Kampfeswillen(Komma) ausdrückten. Er wendete sich vollends nach Margrit um, weil er sehen wollte, ob die Sprache ihres Körpers inzwischen die gleiche Entschlossenheit verriet und lief daher rückwärts auf Zarakuma zu. „Ihr Lumantis habt schon lange gegen uns verloren!“ Er studierte dabei gründlich den Ärmel seines weiten Mantels, da bekanntlich zu viel Beachtung für ein Wesen niederer Kaste nicht besonders gut war. „Wir hingegen haben gesiegt“, fuhr er fort. „Das Gesetz der Stärke gibt uns das Recht(Komma) zu leben, Schwachheit ist dem Tode geweiht!“ (Absatz)Fest entschlossen, dass dies seine letzten Worte waren, welche er an diese niedere Kreatur gerichtet hatte, zog er den weiten Mantel enger um sich, wendete sich hoch erhobenen Hauptes herum und lief, diesmal sehr zügig, auf Zarakuma zu, denn er wollte dabei sein, beobachten(Komma) wie das Kind zum Raumschiff gebracht wurde.
Margrit wusste, was der Asab stumm angedeutet hatte und blickte in heller Panik zum Tor. Noch waren die beiden Flügel[blue] auf[/blue] (offen), gab es vielleicht eine winzige Chance! Margrit rannte los und zwar so schnell, dass sie dabei sogar den erstaunten Grindegrift überholte.
„Halt!“(Komma) schrie sie den gelb gekleideten Shanusken bereits von weitem zu. Ihre Gedanken purzelten vor lauter Aufregung völlig durcheinander. „Keinen Schritt weiter!“ Ihr Hals war mit einem Male schrecklich trocken und sie brachte nur alles stockend hervor. „Ihr werdet mein Kind nicht retten(Komma) um es dann doch wieder zu quälen!“ Ach, sie fühlte sich ja so hilflos und die Tränen liefen ihr peinlicherweise immerzu die Wangen hinab. „Eher soll es sterben(Komma) als für eure entsetzlichen Versuche zur Verfügung zu stehen“, kreischte sie und griff, von namenloser Verzweiflung getrieben, mit beiden Händen nach Julchen, um sie von den [red] Gräten [/red] zu reißen. Doch ehe sie auch nur eines der schmalen Ärmchen berühren konnte, sauste ein ovales Ding, etwa in der Größe eines Tennisballs, seitwärts aus der Trage hervor und dann spürte sie einen Faustschlag in der Magengrube.
Übelkeit und flammender Schmerz ließen Margrit sofort anhalten und der Ball sauste zurück, grub sich wohl wieder in die Trage ein. Nach Atem ringend krümmte sich Margrit zusammen, sah nur noch, dass die Gruppe mit Julchen schleunigst weiterlief. Alles lag in einem schwarzen Schleier, sie blickte über die Schulter, warum half ihr niemand? Dort hinten war Paul. Zwei Jimaros hielten ihn fest, hatten ihm die Arme umgedreht, also hatte er nicht kampflos Julchens Entführung zugelassen.
Munjafkurin, ein gutes Stück von ihm entfernt, verhandelte um die Freilassung des Kindes mit einem Shanusken, der ihm ´in die Finger´ geraten war, in dem er ihn am Kragen hochhielt und heftig schüttelte.
Der Howan hatte sich sicherheitshalber gleich aus Munjafkurins Reichweite gebracht, war dem Asab hinterher gerannt, und die beiden Kollegen beobachteten nun, freilich ohne ein Wort miteinander zu wechseln oder sich anzusehen, jedoch einträchtig kopfschüttelnd, die unsinnige Menschenfrau. Nun schritt die Gruppe mit Julchen bereits durch das Tor und Margrit sah den großen Platz mit den herrlichen Pflanzenanlagen.
„Wann sehe ich mein Kind wieder?“(Komma) schrie sie mit gebrochener Stimme hinterher.
„Nie mehrig(Komma) Frau!“(Komma) rief ihr einer der Shanusken zu. „Begreifere es entelisch!“
„Ihr Verbrecher! Ihr habt meine Mutter getötet, habt mir meinen kleinen Sohn genommen und ...“
„Wenn wirr deininn Sonn habinn“, brüllte ihr nun einer der Jimaros zu, „... is ere auch auf derr Ganalea. Wir bräuchen jitzt Kindar, Lumanti! Aller, die wir fanginn, kommin dort hinne.“
Margrit riss ihre Augen weit auf. Mit einem Male grinste sie merkwürdig. „He, ihr bringt mich zu Oworlotep ... er sucht schon lange nach mir!“ Sie hielt ihnen ihre Hände entgegen. „Nehmt mich gefangen! Bestellt ihm, dass ich mich ergeben habe.“
Plötzlich spürte sie etwas Hartes im Rücken. „Fraauuu?“(Komma) hörte sie eine drohende, jedoch etwas seltsam klingende Stimme. „Rädest wirris Zeug!“ Margrit blickte sich nach hinten um und schaute direkt in die schwarzen Facettenaugen eines kleinen Chilkis. Das zwergenhafte, grauhäutige Wesen hatte den Lauf seines seltsamen Gewehrs ganz erheblich verlängern müssen, um bis nach oben zu Margrit hinauf zu reichen. Sein birnenförmiges Gesicht zitterte bedrohlich, während er ihr die spitze Mündung noch fester gegen den Rücken presste. „Verschwindist odar Bziaquast machert aus dirr serr, serrr gutiss Forange! Weißt was Forange is?“(Komma) erkundigte er sich lauernd.
„Hu ... Humus?“(Komma) keuchte sie.

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„Und so gelangte ich endgültig zu der Einsicht, dass ich meine Kinder nur dann retten kann, wenn es mir gelingt, so schnell wie möglich an die Spitze des hajeptischen Systems zu kommen, denn die Loteken sind inzwischen fast vollends besiegt. Das hat mir Munjafkurin verraten. Es lohnt sich nicht für uns Menschen, sich mit ihnen zusammenzutun, es würde uns eher schaden als nutzen!“ Mit diesen Worten beendete Margrit ihren Bericht über ihr schreckliches gestriges Erlebnis.
Günther Arendt, der die ganze Zeit mit angespannter Miene zugehört hatte, lehnte sich [blue] nun [/blue] (überflüssig) in seinem Stuhl zurück und betrachtete Margrit schmunzelnd. „Sieh an, sieh an, so kommt manchmal auch der dickste Dickkopf noch zu Verstande ... nicht zu fassen!“ Er schüttelte verwundert den Kopf. „Dem braucht es also bloß an den eigenen Kragen zu gehen und siehe da - schon hat man einen weiteren fanatischen Untergrundkämpfer gefunden. Sind [red] sie [/red] (Sie) denn auch wirklich fanatisch genug, Margrit?“
Margrit straffte die Schultern, dennoch konnte man bemerken, dass ihr Blick in dem kleinen Raum unruhig umherging, der nun Günther Arendts Quartier geworden war und sich im südlichen Bereich der unterirdischen Gänge Eibelstadts befand. „Wie meinen Sie das?“
„Nun.“ Er räusperte sich und beugte sich ebenso wie Margrit ein wenig vor, so dass sich die beiden wie zwei Kämpfer fest in die Augen blicken konnten. „Sie werden doch wohl nicht von mir erwarten, dass ich Sie mit großem Aufwand und unter dem Einsatz vieler Menschenleben nach Scolo bringe, ausschließlich aus dem Grund, dass Sie Ihre lieben Kinderchen wieder ans Herze drücken können?“
Margrit atmete hastiger. „Nein, das erwarte ich eigentlich nicht.“
„Es geht um unsere Spezies, Margrit!“ Er deutete mit dem Zeigefinger die Form eines Kreises an. „Verdammt noch mal, um den gesamten Planeten Erde!“
„Ja, ja, das weiß ich!“(Komma) keuchte sie.
„Hajeps brauchen diesen Planeten ... wir brauchen ihn auch! Wir hatten ein ähnliches Problem, die Überbevölkerung, mit der wir mehr schlecht als recht fertig(getrennt)geworden sind, eigentlich nur durch von irgendwo hergekommene, entsetzliche Seuchen. Hajeps sind leider seit Urzeiten gesund!“ Er lachte sarkastisch.
„Darin muss ich aber widersprechen“, unterbrach sie sein Gelächter. „Die Hajeps scheinen an einer ...“
„Ja ja, jetzt kommen [red] sie [/red] (Sie) mir wieder mit den verkrüppelten Händen, den Allergien und ...“
„Nein, es ist etwas ganz anders, etwas, von dem wir wohl noch nie gehört haben. Diese Krankheit[blue] hieß[/blue] (heißt)... hm ...wie war das doch gleich?“ Margrit spielte nachdenklich mit ihrem Haar. „Es fing irgendwie mit ´K´ oder ´C´ an ...“ [red] sie [/red] (Sie) schaute plötzlich auf. „Koka oder so!“
„Coca!“(Komma) äffte er sie feixend nach. „So etwas habe ich allerdings noch nicht gehört. Na, egal, wie auch immer ... weiter helfen wird uns diese komische Krankheit gewiss nicht, sollte es sie tatsächlich geben, was ich noch sehr anzweifele.“ Günther Arendt machte eine Pause und zündete sich dabei mit erstaunlich fahrigen Fingern eine Zigarette an. Er nahm einen tiefen Zug und wedelte gleichzeitig mit dem kurzen Streichholz in der Luft umher, damit es ausging. „Zum Frieden lässt sich dieses System ganz gewiss nicht bewegen, da bin ich wirklich ganz anderer Meinung als Sie“, brachte er schließlich ziemlich undeutlich hinter seiner Zigarette hervor und stippte das Streichholz so heftig in den Aschenbecher, dass es zerbrach, „und meine Mitstreiter würden mir sofort Recht geben, befänden sie sich hier, denn es geht den Hajeps um Platz für ihr Volk und sie wollen uns Menschen deshalb gnadenlos ausrotten.“ (Absatz)Wieder nahm er einen langen, kräftigen Zug, blies den Rauch nachdenklich aus und dieser verdüsterte sein ganzes Gesicht. „Wir Menschen haben nur wenig Möglichkeiten, den gewaltigen Zustrom hajeptischer Massen zu stoppen, Margrit, aber die Jisken, die Loteken, ja, sogar die Hajeps selbst könnten es.“ Die Zigarette rutschte plötzlich in seinen Mundwinkel und der weiße Glimmstängel wippte dabei. „Außerirdische werden dafür sorgen, dass keine weiteren außerirdischen Siedler mehr kommen. Wir müssen sie nur ein kleines bisschen dabei unterstützen mit Hilfe von ...“ Er fingerte nun umständlich in der Tasche seines schlecht(getrennt)sitzenden Sakkos herum und holte kurz das Margrit schon sehr bekannte, seltsam geformte Fläschchen mit dem inzwischen zur Hälfte geleerten, rosafarbenen Inhalt hervor und ließ es wieder in der Tasche verschwinden.
„Refenin!“(Komma) krächzte Margrit und erbleichte. „Ja, haben Sie sich denn diese blödsinnige Sache noch immer nicht aus dem Kopf geschlagen?"
„So ist es!“(Komma) erklärte er fest. “Und den Rest machen unsere außerirdischen Helferchen!“
Margrits Brauen schnellten hoch. „Meinen Sie wirklich, man kann sich auf unsere ehemaligen Feinde verlassen?“
Er war nun so aufgeregt, dass er die Zigarette brutal ausdrückte und das, obwohl er sie nur kurz angeraucht hatte. „Wenn der alte Filz des Kastensystems von uns Menschen beseitigt worden ist, werden uns nicht nur die aufständischen Hajeps dafür dankbar sein. Auch die Jisken und Loteken werden aufatmen! Die Erde wird wieder in Freiheit erblühen und ..“
„Meinen Sie tatsächlich, dass die restlichen Hajeps und Jisken, die dann auf ihrem Heimatplaneten bleiben müssten, wegen eines freiheitlicheren Regierungssystems besser mit der Enge und Wohnungsnot klar kommen würden?“
„Ja, Margrit, nicht nur die Hajeps, auch die Jisken und Loteken wollen später ein freies, demokratisches System ähnlich wie früher das unserige ...“
Irgendwie war Margrit darüber gerührt, ließ es sich jedoch nicht anmerken und schob stattdessen den Haargummi an ihrem Pferdeschwanz zurück. „Aber wenn sämtliche Jastra ausgelöscht,“ sie musste plötzlich wieder nach Atem ringen, „also getötet würden, gäbe (es) doch noch einen Krieg, denn [blue] er [/blue] (überflüssig) die Jastra haben ja sicher auch Anhänger.“
„Die haben sie leider ... und nicht zu knapp!“ Günther Arendt seufzte und blies wieder sehr nachdenklich den Rauch seiner Zigarette zur Zimmerdecke. „Ich sagte ja, selbst wenn wir die gesamten Jastra ausgerottet hätten, gäbe es noch diese verteufelten Montios und Rekompen mitsamt ihren Leuten, aber das würden wir schon schaffen, denn wir haben ja nicht wenige Gesinnungsgenossen, die uns helfen werden.“ Er mühte sich um ein zuversichtliches Lächeln, was ihm [blue] leider [/blue] (aber) nur sehr kläglich gelang.
Margrit schob sich mit nervösen Fingern eine ihrer vorwitzigen Haarsträhnen hinter das Ohr und schaute dem Ministerpräsidenten hart in die Augen. Sie wusste nun genug und wollte zu einem ihr ebenfalls recht wichtig erscheinenden Thema zurückkehren. „Übrigens(Komma) ich wäre nie zu Ihnen gekommen“, begann sie energisch, “wäre mir nicht Gesine heute Nachmittag gesund und munter begegnet. Sie hatte mir lachend erklärt, dass Sie mir ganz gewiss nur einen Streich gespielt hätten, da sie über mich zornig und enttäuscht gewesen wären und sie hatte noch hinzugefügt, dass Sie es nie wagen würden, die Lumantifreundin eines Jimaros zu infizieren, besonders dann nicht, wenn Sie von diesem abhängig sind ... stimmt das?“
Er lächelte geheimnisvoll und lehnte sich dann in seinem Stuhl zurück. „Das stimmt nur bedingt“, erklärte er, „aber es ist schon wahr, dass ich Gesine nicht infiziert habe ... außerdem“, er klopfte zärtlich auf die kleine Beule in seinem Jackett, „ist Refenin viel zu kostbar, um es überall hin mitzuschleppen.“
Margrit hielt sich noch immer an der Tischkante fest, lehnte sich schließlich dagegen. „Und was ist mit den übrigen Menschen geworden, die sie gestern nach Zarakuma schickten?“ Sie hatte plötzlich keine Spucke mehr im Mund und die Zunge klebte an ihrem Gaumen.
Ein dunkler Schatten lag jetzt auf seinem Gesicht, die Finger zitterten. Er griff wieder nach der Packung Zigaretten. Als er eine herauszog, fielen noch zwei andere auf den Boden, doch er bückte sich nicht nach ihnen, sondern zündete die, welche er hervorgeholt hatte, erstaunlich ungeschickt an. Gierig nahm er den ersten Zug. Erst jetzt entspannte er sich. Wieder verhüllten [red] Rauschkringel [/red] (Rauchkringel) mehr und mehr sein fahles Gesicht. Margrit sprach ihn nicht an, sie wartete geduldig.
„Tja, die Jastra sind eben Teufel!“(Komma) tönte es endlich dumpf von seinen schmalen Lippen. „Sonst hätte Quanzhulon nämlich diese Menschen genommen.“ Seine Hand verkrampfte sich um die Zigarettenschachtel, die Knöchel seiner Finger schimmerten weiß hervor, als er die Pappe fast zerquetschte. „Aber nachdem ich gestern mit Rolf und Michael die zwanzig Menschen infiziert hatte, nahmen die Jastra sie plötzlich nicht mehr an! Dabei kann man selbst durch gründlichste Untersuchung die paar Tröpfchen Refenin nicht im Körper aufspüren, das ist ja gerade das Tolle an diesem Zeugs. Selbst der Einstich einer feinen Nadelspitze wäre bald nicht mehr zu sehen, doch wir waren vorsichtig und haben diese Leute lieber das Zeug vermischt mit Alkohol trinken lassen, haben ihnen gesagt, dass sie dadurch später in Zarakuma weniger Angst vor den Hajeps haben würden und die haben das tatsächlich auch geglaubt.“ Seine Augen glänzten seltsam. „Tja, gestern hat sich wirklich alles gegen uns verkehrt. Es schien so, als hätte Quanzhulon, dieser gerissene Hund, ´Lunte gerochen´. Vielleicht hatte ihn auch jemand gewarnt oder der ist tatsächlich an Coca erkrankt! He, womöglich ist Coca nur ein kleines Schnüpfchen?“ Er kicherte schon wieder hysterisch, dann aber sanken die Schultern kraftlos hinab
„Jedenfalls schickte man mir meine Lumantis mit ´freundlichen Grüßen´ wieder zurück!“ Ganz spontan richtete er sich jetzt auf und drückte wütend und verzweifelt die Zigarette so heftig im Aschenbecher aus, dass nur noch ein Häufchen Tabakbrösel davon übrig blieben.
„Und“, krächzte Margrit, noch immer atemlos, „was ist nun mit diesen Menschen passiert?“
„Passiert ... passiert!“(Komma) äffte er sie mit schriller Stimme nach und schnippte die letzten Brösel von seinen Fingern. „Was soll passiert sein!“ Abermals griff er nach der schmalen, inzwischen schon arg lädierten Schachtel. „Wir mussten sie einsperren.“ Er machte eine knappe Handbewegung nach rechts zur Wand. „Hier, in diesen Raum nebenan kamen sie, der war groß genug, denn die Leute benahmen sich bereits nach ziemlich kurzer Zeit wie die Tiere, bissen sich fast das Fleisch aus ihren Leibern!“ Wieder wippte die Zigarette in seinem Mund. „Na ja ...“, er zuckte hilflos mit den Achseln, „... sollte ich die denn nach Hause schicken, wo sie dann die Seuche verbreitet hätten?“
„Und es gibt kein Gegenmittel?“ Margrits Finger krallten sich schon wieder an den Rand des Tisches, als wäre der ein Halt.
„Richtig, zum Kuckuck!“ Kleine, glimmende Stückchen lösten sich von der Zigarettenspitze und wirbelten zu Boden. „Mensch, Margrit, fragen Sie nicht so dämlich nach Dingen, die Sie schon lange wissen.“
„Es ... es muss schrecklich gewesen sein ... nicht wahr?“(Komma) stammelte sie.
Er fiel nun ganz in sich zusammen, sah aus wie ein kleines Häuflein Elend in dem großen Stuhl, lehnte den Kopf in den Nacken und blies nacheinander wieder Rauchkringel zur Decke. „Quanzhulon ist ein Dämon! Der hat das halt so gewollt, all das Furchtbare mir und meinen Leuten zugemutet.“ Er hielt inne(Komma) um tief durchzuatmen. „Es war einfach höllisch, denn diese Menschen wurden immer hysterischer ... so hysterisch, dass wir sie erschießen mussten ... einen nach dem anderen.“
„Erschießen?“ Margrit ließ die Tischkante so hektisch los, als hätte sie sich an dieser verbrannt. Sie verbarg ihre Finger in ihrem Schoß. „Sie ... Sie schießen auf Ihr eigenes Volk?“
„Margrit, diese Leute waren doch ohnehin dem Tode geweiht ... es war im Gegenteil eher eine Erleichterung für sie ... Friedhelm und Jörg wurden jedoch dabei gebissen!“
„Gebissen!“(Komma) krächzte Margrit entsetzt, denn sie kannte die zwei jungen, lebensfrohen Kerle.
Er nickte dumpf. „Wir stellten die beiden sofort dazu und erschossen sie ebenfalls.“
„Nein!“ Margrit fuhr zusammen und hielt sich erschrocken die Hand vor den bebenden Mund.
„Es ... es war ein furchtbares Blutbad.“ Günther Arendt blickte wieder sehr konzentriert den Rauchkringeln nach, die sich langsam im Nichts auflösten. „Und ich ... ich hoffe, es wurde niemand weiter infiziert!“
„Sie hoffen“, wiederholte sie zynisch und tippte sich gleichzeitig hektisch an die Stirn. „Wissen Sie, was Sie für mich sind? Sie .. [red] sie [/red] sind ein Mörder und obendrein ein hoffnungsloser Versager ... ja, ich glaube, diese Bezeichnungen treffen wirklich für Sie zu.“
Margrit war derart wütend geworden, dass sie trotz ihrer zittrigen Knie von ihrem Stuhl aufgesprungen war. „Und was das Schlimmste dabei ist“, brüllte sie und fuchtelte [blue] dabei [/blue] (überflüssig) mit dem Zeigefinger so bedrohlich herum(Komma) als wäre der ein Messer, welches sie nach ihm zu werfen gedachte. „Menschen sind für Sie nur irgendwelches Material, das für Ihre Ideen verwendet werden muss ... ich ... ich hasse Sie“, sie richtete den Finger auf seine Brust, „nicht nur wegen Ihrer Unfähigkeit(Komma) sondern wegen [red] ihrer [/red] (Ihrer) Kälte, die [red] sie [/red] (Sie) planen lässt, ohne irgendwelche Risiken für einzelne Menschen[red] vorauszubedenken[/red] (voraus zu bedenken).“
„Aber Margrit!“ Er hielt ihren Arm fest, da er spürte, dass sie wieder fortlaufen wollte. „So ist doch jeder Politiker ... schon immer wurde das Leben von Wenigen für die Gesamtheit geopfert ... das ist unumgänglich! Und ich konnte doch nicht voraussehen, dass Quanzhulon plötzlich erkranken würde!“
„Mein verehrter Günther Arendt“, Margrit versuchte sich loszureißen. „Ich bin zwar gewillt(Komma) [red] ihnen [/red] zu helfen, weil ich die Rettung meiner Kinder anstrebe, aber ich werde mich ganz gewiss nicht mit Refenin infizieren lassen ... "
„Und wie wollen Sie dann gegen die Jastra kämpfen, bitte sehr? Mit einem Pistölchen vielleicht?“
Günther Arendt hatte Margrit los gelassen, war aufgestanden und lief nachdenklich vor der Tür des kleinen Raumes hin und her. Margrit stand währenddessen gesenkten Hauptes neben dem Tisch, die Hände zu Fäusten geballt und tief in die Hosentaschen vergraben.
„He, was haben wir denn bisher mit Ihrer so(getrennt)genannten ´richtigen Art“ bei Hajeps erreicht?“(Komma) knurrte er und blieb seitwärts von Margrit stehen, starrte dabei geradeaus zur nächsten Wand. „Nichts!“(Komma) beantwortete er seine Frage selbst. „Gar nichts ... nicht einmal unsere Kinder konnten wir bisher vor den mörderischen Versuchsstationen bewahren.“ Seine hellen lebhaften Augen funkelten sie nun blitzend an. „Margrit“, zischelte er, „kommen [red] sie [/red] endlich zu Verstande ... Sie haben doch auch Ihre Mutter, eigentlich alles, was Sie liebten, verloren! Und so ist es bisher auch mir ergangen und noch vielen anderen. Glauben Sie mir, die Jastra denken, noch während du mit ihnen verhandelst, bereits darüber nach, auf welche Weise sie dich später töten werden. So sind sie! Margrit, auf dieser Erde gibt es eben keine Märchen!“ Er wendete sich vollends um, packte Margrit plötzlich derb bei den Schultern und schüttelte sie. „Und wenn Sie nicht wollen, so werde ich Sie zwingen ... Sie müssen mein Werkzeug sein, denn Quanzhulon geht es inzwischen besser“, er grinste hoffnungsfroh, „und er verlangt nach Lumantis ... haben Sie verstanden? Heute Mittag haben sich Nireneska und Japongati über Funk an mich gewendet und mir bestellt, dass sie nun nachholen wollen, was sie versäumten. Die mächtigsten Politiker sind noch immer da, haben auf die Genesung Quanzhulons gewartet. Heute Nacht(Komma) Margrit, findet das riesige Fest statt ... Lakeme, der wunderschöne, herrliche Sitz Scolos(Komma) wird in seinem Glanz erstrahlen und Sie, meine liebe Margrit, werden dabei sein!“

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Margrit kauerte auf dem kalten Zementboden ihrer schmalen Kammer und starrte in den Spiegel. Das Glas darin hatte einen hässlichen Sprung und hinter diesem sah sie im schlechten Licht der Glühlampe, welche an einem viel zu langen Kabel von der niedrigen Decke hing, ihr verweintes, verquollenes Gesicht.
Ihre linke Wange war schief, dort hatte sie der Faustschlag Mikes getroffen – war ja klar, dass der sich so etwas nicht entgehen ließ - weil sie versucht hatte, Günther Arendt zu beißen, als der ihr das Refenin zwischen die Lippen hatte kippen wollen. Frank und Rita, von der [blue] hatte [/blue] (überflüssig) sie das eigentlich nicht gedacht hätte, hatten ihr dann die Arme umgedreht, sie auf einen Stuhl gepresst und dort festgehalten. Sie hatte aber nach jedem getreten, den sie nur erreichen konnte. Schließlich waren weitere Männer und Trude hinzugekommen, hatten ihre Füße zu fassen gekriegt und diese mit festen Schnüren an die Stuhlbeine gebunden.
Man hatte Margrit die Nase zugehalten, damit sie endlich schluckte und man hatte laut aufgelacht, als Margrits Hals und Magen endlich gurgelnde Laute von sich[blue] gab[/blue] (gaben), zum Zeichen, dass dort die silbernen Tröpfchen, die mit Apfelsaft gemischt waren, angekommen[blue] war[/blue] (waren). Doch die Freude war umsonst[blue] gewesen[/blue] (überflüssig)! Von einem starken Willen beherrscht, hatte ihr Magen sofort alles wieder erbrochen.
Dann [red] hatte [/red] (hatten) sie es einfach anders gemacht! Margrit schob nun sehr langsam den Ärmel ihres weiten Hemdes hoch und betrachtete die leichte Rötung um die winzig kleine Einstichstelle. Die Rötung - es war seltsam - war selbst nach fünf Stunden nicht zurückgegangen. Ihr Körper schien ein einziges Protestgebilde zu sein, ein brodelnder Vulkan, dessen Ausbruch selbst Günther Arendt derart fürchtete, dass er die sonst für jeden stets offene Tür von Margrits kleiner Kammer abgeschlossen hatte - der Schlüssel lag in seiner Tasche!
Nun rutschte der Ärmel wieder zurück. Margrit war sehr matt, die [blue] Kämpfe [/blue] (Krämpfe) hatten ihr die letzte Kraft genommen und ihre Hände zitterten in einem fort. Ob sich das je legen würde? Es gab Menschen, die wurden dieses Zittern ein ganzes Leben lang nicht los ... ein ganzes Leben? Margrit musste plötzlich laut und schrill lachen. Nach Günther Arendts Berechnungen war sie spätestens morgens um vier mausetot!
Immer noch lachte sie und diesmal wusste sie nicht(Komma) warum. Vielleicht, weil sie sich selbst Schuld an diesem Schicksal zurechnete, da sie Günther Arendt besucht hatte, obwohl dieser fast alle Untergrundbewohner, die sich in seiner Nähe befanden, mit irgendwelchen fadenscheinigen Aufträgen fortgeschickt hatte. Ja, sie hätte misstrauischer sein müssen, aber die Sehnsucht nach ihren Kindern und die Sorge um sie hatten sie ihre Vorsicht vergessen lassen.
Niemand, weder Paul noch George, konnte ihr jetzt helfen. Sie würde ihre Kinder, selbst wenn diese durch ihr Opfer später tatsächlich befreit sein würden, nie mehr wieder(getrennt)sehen! Sie war verloren .. für immer verloren! Wieder lief eine Träne Margrits geschwollene Wange hinab. Immerhin hatte sie ja schon für ein ganzes Weilchen gelebt, versuchte sie sich zu trösten. Sie war ein fröhlicher Mensch gewesen und hatte sich selbst über winzigste Kleinigkeiten zu freuen verstanden. Sie hatte oft und von Herzen gelacht, auch wenn die Zeiten nicht gerade danach waren.
Die anderen Frauen, die gemeinsam mit ihr den schweren Gang machen sollten, waren noch blutjunge Menschen, manche darunter hatten sogar noch niemals Sex gehabt. Ach, sie alle waren nun belogen und betrogen worden, nur damit sie bei dieser schlimmen Sache mitmachten. Aber war die Sache eigentlich soo schlimm? Wenn man im ´großen Stil´ darüber nachdachte, konnte man Günther Arendt tatsächlich Recht geben.
Blutjunge Soldaten und Soldatinnen, die ebenfalls das ganze Leben noch vor sich hatten, starben ja früher auch auf den Schlachtfeldern für die Rettung ihres Volkes ... warum sollten die Menschen von heute nicht dergleichen tun? Wenn es tatsächlich keine andere Möglichkeit gab, die furchtbare Kaste der Jastra zu stürzen, warum sollte man sie nicht auf diese recht aparte Weise überlisten? Margrit hatte gewollt, dass ihre Kinder vor den Qualen unsinniger Versuche gerettet wurden. Das würde höchstwahrscheinlich geschehen, wenn sie jetzt mitmachte ... doch wer würde nun den frei gewordenen Platz der Mutterrolle für die Kinder einnehmen? Plötzlich klopfte es an der Tür und eine vertraute, helle Stimme ertönte dahinter.
„Glucki, ich bin es nur ... keine Angst!“
„Gesine!“(Komma) keuchte Margrit erleichtert. Plötzlich wusste sie, wem sie ihre Kinder überlassen würde.
Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, dann hörte sie zwei Männerstimmen aufgeregt irgendetwas murmeln.
„Ach, Unsinn!“(Komma) erklang wieder Gesines Stimme. „Das macht sie bestimmt nicht. Sie ist meine beste Freundin. He, nein, so hört doch auf! [red] Laßt [/red] (Lasst) mich los, zum Donner ... sie tut mir nichts(Komma) habe ich gesagt. Außerdem hat`s mir der Günther erlaubt und der ..“, sie stockte für einen kurzen Augenblick, „... weiß, was er macht!“(Komma) fügte sie dann doch energisch hinzu.
Endlich sprang die Türe auf, Gesine lief sofort in den Raum, besorgte Blicke folgten ihr. Margrit erkannte die beiden Männer im Schatten des Flurs. Es waren Jörg Frobart und Wolfgang Bessau, die Zwei, die vorhin mitgeholfen hatten, Margrit an den Stuhl zu fesseln. Margrit traten bei dieser schlimmen Erinnerung schon wieder die Tränen in die Augen, doch die Männer schlossen schnellstens wieder die Tür.
Gesine nahm neben Margrit Platz und zog Margrits Kopf an ihre Schulter. Immer wieder streichelte sie ihr über die ungekämmten Haarsträhnen, die so borstig und wirr um Margrits Kopf baumelten wie deren Gedanken. „Ich habe nicht gewusst, dass er je so gemein zu dir sein würde ... und dass sich Menschen finden würden, die ihm auch noch bei dieser schmutzigen Sache helfen“, flüsterte Gesine und wischte mit der freien Hand die Tränen von Margrits Wangen, die wieder in einem fort flossen, da sie stumm schluchzte. „Sonst ... sonst hätte ich dich ja vor Günther gewarnt!“(Komma) krächzte Gesine vor lauter Mitleid und Ohnmacht, Margrit nicht mehr helfen zu können. „Oh, ich mache mir ja solche Vorwürfe, dass ich dich nicht gewarnt habe. Dabei hatte er erst kürzlich derart hasserfüllt von dir gesprochen. Das hätte mir eigentlich zu denken geben sollen. Doch der Günther schimpft so oft vor sich hin ... weißt du? Da dachte ich ...“
„Ach“, Margrit hob das nasse Gesicht, „du kannst doch nichts dafür ... zieh dir mal keine Jacke an, die dir nicht passt. Ich war doch so dusselig und habe ... hast du mal ein Taschentuch?“(Komma) unterbrach sie sich schniefend.
Gesine nickte und kurz darauf ertönte ein trompetenartiges Geräusch.
„Weißt du was?“(Komma) erklärte Gesine währenddessen nachdenklich. „Ich werde dabei sein ... ich werde dich begleiten, wenn du Lakeme betrittst ... jawoll, das werde ich machen!“ Sie war [blue] jetzt [/blue] (überflüssig) entschlossen aufgesprungen.
„Bist du verrückt?“ Margrit blickte entsetzt zu ihr empor. „Das machst du nicht! Es genügt, dass ich infiziert worden bin! Ich ... ich brauche dich doch noch für meine Kinder!“(Komma) schluchzte sie los.
„Was?“ Gesine lachte fassungslos. „So vertraust du mir? Ausgerechnet mir willst du deine Kinder überlassen? Ja, weißt du denn, was du da tust? Hast du vergessen, dass ich diejenige war, die manchmal heimlich kleine Schmuckstückchen aus der Gemeinschaftskasse entwendet hatte und,(kein Komma) dass ich ...“
„Na und?“(Komma) unterbrach sie Margrit und blickte Gesine aus ihren verquollenen Augen fest an. „Du weißt inzwischen, was zu tun ist, was du wirklich willst und was du nicht willst(Komma) ... das genügt!“
Gesine wendete tief bewegt ihr Gesicht von Margrit ab. Dann drehte sie sich spontan um und ergriff Margrits Hand.
„Ich werde auf deine Kinder aufpassen, und ich werde sie so lieb haben wie dich, aber ich werde heute Nacht mit dir kommen und zwar ungeimpft.“
„Das ... das ist aber zu gefährlich!“(Komma) stammelte Margrit jetzt ebenso gerührt wie Gesine.
„Keine [red] Wiederrede [/red] (Widerrede Komma)Glucki, ich werde gleich alles Weitere mit Günther Arendt besprechen.“ Schon wehten die langen blonden Zöpfe, wendete sich die zierliche Gestalt zum Gehen.
„Lass dich bei diesem Gespräch von mindestens einer Person begleiten, die Günther Ahrendt nicht ausstehen kann“, krächzte Margrit, „nimm zum Beispiel Paul oder George ... oder am besten gleich alle beide!“
„Keine Sorge, Glucki, unser Ministerpräsident hat bereits wieder seine zwanzig Leute beisammen, noch jemanden braucht er nicht!“ Und schon fiel die Tür ins Schloss.
Kein Schlüssel hatte sich herumgedreht, Margrit hätte also fliehen, die Untergrundbewohner beißen und überall furchtbar toben und wüten können. Doch sie blieb ruhig auf dem Fußboden sitzen und wartete, denn sie wusste, dass Rache ihr nichts bringen, sondern die Rettung ihrer Kinder unmöglich machen würde. Gesine hatte sie vollständig besänftigt. Günther Arendt wusste dies, auch, dass er nun mit Margrit ein hervorragendes Werkzeug gewonnen hatte.


Haach, und mit dieser Wut im Bauch soll ich die kommende Nacht überstehen? Mann, Mann, Mann, wie geht das noch weiter? Gib mal recht bald n Nachschlag.
lg
 



 
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