Das Mädchen und der Ahornbaum

Auf einer kleinen, kargen Insel irgendwo im Mittelmeer, lebte einst ein kleines Mädchen. Ihr Name war Juanita Moreno und jeder kannte sie, denn die Kleine war verliebt in einen Ahornbaum und besuchte ihn jeden Tag nach der Schule. Dann saß sie unter ihm, an seinen Stamm gelehnt und machte Schulaufgaben. Der Baum war etwas besonderes, denn an auf der ganzen Insel gab es sonst nur rote Felsen und dunkelgrünes Bodengestrüpp, ein paar braune, verdorrte Äste und über Allem das Blau des Meeres, aber niemals zuvor hatte es eine so gesunde, grüne, gedeihende Pflanze gegeben wie Juanitas Ahorn. Vor fast zehn Jahren, kurz nachdem das Mädchen geboren worden war, bemerkte ein Bauer aus der Nachbarschaft den jungen Trieb auf einem Hügel nahe ihres Elternhauses. Der Ahorn mochte damals erst einige Wochen alt gewesen sein, aber von da an wuchs er schneller als man schauen konnte. Seit Juanita groß genug war um unter dem Baum zu sitzen, war auch der Ahorn groß genug, er spendete ihr Schatten und war ihr nah.
Die anderen Menschen auf der Insel lachten sie aus wenn sie an dem Baum vorbeigingen, wir werden ihn dir noch fällen, deinen Baum, lachten sie, wenn erst mal der Richtige kommt wirst du schon sehen, aber das kleine Mädchen hörte sie gar nicht. Morgens auf dem Weg zur Schule ging sie an ihm vorbei und auf dem Rückweg blieb sie dort und wenn sie zu Bett ging schenkte er ihr ein Gute Nacht Blatt. Bestimmt schon 7 Meter hoch war der Ahornbaum an dem Tag an dem Juanita krank wurde. Sie mußte das Bett hüten, so schwach war sie und sie wurde immer schwächer. Aus ihrem Fenster konnte sie den Baum sehen, der traurig auf seinem Hügel stand und bei dem sie mit ihren Gedanken war. Ihre Eltern wußten nicht was mit ihrem Kind geschah, sie hatten es lieb, aber Juanita war ihnen so fremd geblieben und nun sah sie Vater und Mutter nur ruhig an, lächelte und sie dachte, ich gehöre nicht hierhin, meine lieben. Ich gehöre nicht hierhin, es ist gut so. Und zwei Wochen später, am frühen Abend starb Juanita, mit einer Träne im Auge, für den Ahornbaum. Die Menschen die auf den Feldern arbeiteten, sie sahen wie der große Baum plötzlich, wie von einem gewaltigen Windstoß geschüttelt, alle Blätter mit einem Mal verlor und sie wußten alle sofort, das kleine Mädchen war tot. Schon im nächsten Frühjahr entwurzelte ihn der erste Sturm und der Ahornbaum war nur noch ein verdorrter Ast, völlig entwässert und zerbrochen.

Aber an der Stelle wo Juanita begraben wurde, dort, auf der Insel wo sich die Elemente so nah sind wie nirgend sonst auf dieser Welt, dort, auf ihrem Grab, wächst ein Rosenstrauch, der immer blüht, auch im tiefsten Winter, oder wenn es ganz heiß ist, oder vielleicht auch im tiefsten Wasser.
 
E

ElsaLaska

Gast
ochmenno, wie traurig,

kleiner grauhai.... schnüffz.
ich vermisse ein bisschen deinen märchenhaften schreibstil bei dieser geschichte, sonst hast du immer so schöne skurrile wendungen und einwürfe.
und warum gerade ein ahorn?
liebe grüsse
elsa
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
ganz

wunderbar - vom ahornbaum zum rosenbusch. allerdings finde ich, daß die geschichte noch ausbaufähig ist. ganz lieb grüßt
 
Danke ihr zwei. Ich versuche in letzter Zeit mich aus dem Wasser zu begeben, zu einigen Menschen, aber es will und mag mir nicht so recht gelingen. Vielleicht lass ichs auch doch besser. Einfach so, ein Ahorn. Bei mir im Garten stand früher ein großer, alter. Schönes Wort auch, Ahorn. Jetzt gehe wieder unter Wasser. Euer (kleiner) Grauhai.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
aber

du hast doch so eine schöne eigene welt da unten, und wir sind sehr glücklich, daß du uns von zeit zu zeit einlädtst und teilhaben läßt. mach das, was deinem wohlbefinden dient. ganz lieb grüßt
 



 
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