Hallo Tom,
wie schön, dass du über meine kleine Geschichte nachgedacht hast, vielen Dank dafür!
Bei „Schock“ und „Fassungslosigkeit“ habe ich mich nun für letzteres entschieden, du hast Recht, die Begriffe sind nicht beide nötig und „Schock“ trifft es für mich nicht so ganz. Auch habe ich versucht, den Vorgang des Sich-durch-die-Augen-des-Gegenübers-Sehens deutlicher herauszuarbeiten. Was ich aussagen möchte ist: Da die Ratte nicht wertet gelingt es Henriette, ihr Leben unvoreingenommener, weniger selbstgefällig, zu betrachten. Sobald das Gegenüber eine Meinung dazu äußert, wie sie sein soll, kann sie ihre eigene Position dagegen verteidigen aber in dem Moment war sie frei, eine neue Position einzunehmen, weil sie nichts verteidigen musste. Ich stimme zu, dass es sich wie Wertung anhört, wie ich ihr Leben skizziert habe, aber ich weiß nicht, wie ich in der Kürze die Eckdaten aufschreiben könnte, ohne wertende Worte zu benutzen. Wichtig ist mir die Erkenntnis, die in dem Moment aufleuchtet, als keine Wertung von außen kommt. Die Einladung zum Essen soll symbolisch für ein neues Leben stehen, also nicht in erster Linie als Dank sondern als etwas, das Henriette jetzt tun kann, was vorher für sie unmöglich gewesen wäre: Auf dem Boden auf dem Paradekissen sitzen, mit einer Ratte essen.
Die mehrfache Wiederholung des Wortes „Ratte“ hatte ich verwendet, um eine Dramatik zu erzeugen, dem Leser zu suggerieren, dass sich etwas Drastisches anbahnt. Nun habe ich es anders versucht. Ich hoffe, dass der eine oder die andere daraufhin glaubt, dass Henriette mit dem Kissen zuschlagen will.