Das Schachspiel Teil 4

Fastrada

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Teil 1, 2 und 3 sind ebenfalls unter lange Texte zu finden... Falls jemand wissen möchte, wie die Geschichte anfängt...


Sie starrte ihn überrascht an „ Wie lange steht Ihr schon dort?”, fragte sie scharf.
„ Nicht sehr lange", entgegnete er schleppend. „ Aber das war auch gar nicht nötig…“
„Was Ihr nicht sagt, mein Herr,“,gab sie spöttisch zurück. „Ich hoffe, Ihr fandet unsere – Vorstellung amüsant...“
„ Nein“, sagte er. „ Für Euresgleichen hatte ich noch nie viel übrig…“
„Lasst mich zufrieden“, zischte sie. „ Für was haltet Ihr mich eigentlich, dass Ihr es wagt, solche – Dinge zu sagen?“
„ Für ein selbstsüchtiges Weibsstück“, antwortete Gandar mit ernster Stimme, „ das sich keinen Deut um die Folgen seiner Handlungen schert. Oder habt Ihr auch nur ein einziges Mal daran gedacht, was Ihr Eurem Vater mit Eurer Leichtfertigkeit antut?“
„Das geht zu weit“, stieß Gwen hervor, hob ihre Röcke, wirbelte herum und rannte in den Wald. Aber es war hoffnungslos, einem geübten Kämpfer wie Gandar zu entfliehen. Er lief ihr nach, holte sie ein und versperrte ihr den Weg.
„ Lasst mich vorbei“, sagte Gwen zornig.
„Noch nicht “. Er schlenderte näher, wie ein geschmeidiges, schläfriges Raubtier.
„ Ihr habt kein Recht mich hier festzuhalten.“ Sie hörte die leichte Atemlosigkeit in ihrer Stimme, aber sie bezweifelte, dass es ihm aufgefallen war. Eine gefährliche Anziehungskraft ging von ihm aus, die sie gleichzeitig aufregte und alarmierte. Behutsam tastete ihre Hand nach dem kleinen Messer, das sie wieder unter ihrem Umhang verborgen trug.
„ Geht mir aus dem Weg!”
Sein Blick wanderte über ihr Gesicht, als müsse er sich noch entschließen. Sein Mund war auf einer Höhe mit ihren Augen, eine ziemlich beunruhigende Tatsache auf diese Entfernung.
„ Wenn ich das nicht tue?”, fragte er grinsend.
„ Wenn Ihr mir den Weg nicht freigeben wollt, verschaffe ich mir Durchlass.”
Sie hob die Hand mit dem Messer. „ Das Messer ist vergiftet", drohte sie ruhig und ernst, „ ein Ritz in Eurer Haut genügt...”
„ Tut das nicht” .Die Bemerkung klang noch mehr wie eine Drohung als ihre. Seine Hand griff zu, doch nicht nach dem Messer, sondern nach dem Verschluss-Stück ihres Umhangs. Seine Finger glitten daran entlang, schlossen den Halsausschnitt und drehten ihn immer enger, bis er ganz fest unter ihrem Kinn zusammengedreht war. Er warf einen Blick in ihre Augen. Sie war wachsam, ein wenig unsicher, aber sie hatte keine Angst.
Im Augenblick jedoch erreichte Gandar sein Ziel, hielt Gwenfrewi unbeweglich, ohne dass es zum Kampf kam.
Flüchtig dachte er an die Frauen, mit denen er in den letzten Jahren zusammen gewesen war, und spürte, dass er diese hier mehr begehrte als alle, die er je kennen gelernt hatte. Was ihn – seltsamerweise- mehr störte, als die Tatsache, dass er sie gerade in den Armen eines fremden Ritters gesehen hatte. Sein Blick würde so düster, dass Gwen der Atem stockte. Mit der freien Hand packte er ihr Kinn und hob es zu sich. Und dann küsste er sie. Wild und grausam. Er küsste sie so hart, dass die Haut ihrer Unterlippe riss, und sie plötzlich Blut schmeckte, während sie sich verzweifelt wehrte. Nie zuvor hatte ein Mann sie geküsst – zumindest nicht so -, und sie hätte sich nie träumen lassen, dass es ein so erschütterndes Erlebnis sein würde. Wie ein Sommergewitter, schoss es ihr durch den Kopf. Zuerst ist alles sehr still – fast bedrückend. Und dann gibt es einen Donnerschlag. Und der Blitz zerreißt den Himmel. Und dann Ströme von Wasser - so laut, dass man sein eigenes Herz nicht hört…
Verwirrt und verängstigt von ihrer eigenen Reaktion, wehrte sie sich weiter heftig gegen Gandars Lippen , seine Zunge, die frech und unverschämt die geheimsten Stellen ihres Mundes eroberte, aber ihre Bemühungen waren vergeblich. Er hielt sie gnadenlos an Kinn und Hals fest, bis sie schließlich ruhig in seinen Armen lag, benommen und außer Atem von diesem Angriff auf ihre Sinne.
Gandar ließ den Umhang los und legte seine Hand in ihren Nacken, um ihren Kopf zu halten. Er küsste sie jetzt sanfter und ihre Lippen öffneten sich aus einem eigenen Willen heraus unter seiner drängenden Zunge. Der Druck seiner Hände zog sie auf die Zehenspitzen, seinem Mund entgegen. Ihre Beine drohten unter ihr nachzugeben und sie schmiegte sich haltsuchend an ihn. Gandar genoss das unwillkürliche Wimmern, als sie zu ihrem Entsetzen und ihrer Schande feststellte, dass sie seine Küsse erwiderte.
Gott, wie köstlich sie schmeckt, dachte er. Er hatte bis zu diesem Augenblick nicht geahnt, wie gut ihm diese Küsse gefallen würden – oder wie sehr er sich tatsächlich danach gesehnt hatte, diesen Mund zu besitzen. Ihre Lippen waren weich und zitterten unter seinen, und er spürte, wie die Lust seine Lenden durchströmte. Gleichzeitig mit der Lust überkam ihn jedoch die ungebetene und erschreckende Erkenntnis, dass er mehr von ihr wollte, als kurze leidenschaftliche Küsse oder eine hastige Vereinigung auf dem Waldboden. Süßer Jesus, dachte er. Bin ich tatsächlich gerade dabei mir vorzustellen, wie es sein würde sie als – Gemahlin zu haben? Eine – Dirne? Von der ich nicht einmal weiß, ob sie noch Jungfrau ist? Gott, was für Gedanken!
Er schob sie von sich . Derb. Sie wich erschrocken zurück. So müssen die Augen des Teufels aussehen, dachte sie. So dunkel, dass sie fast pechschwarz waren. Und auf seltsame Weise gequält. Dergleichen hatte sie noch nie zuvor gesehen, aber es war da, lauerte hinter dem Vorhang. Sie spürte, dass er jetzt gefährlicher war, als in dem Augenblick, in dem seine Hände so nahe an ihrem Hals gewesen waren. Sie begann zu zittern, und hasste sich für ihre Schwäche. Er war nicht besser als Wolfram.. Und doch hatte ihr sein Kuss gefallen… Sogar sehr. Das verstand sie nicht. Welcher furchtbare Makel hatte sie so schwach gemacht?
„ Erinnere Dich daran, wie ein Mann küsst, wenn Du wieder in den Armen Deines Liebhabers liegst”, sagte er kalt.
Sie erstarrte. Ihre Hand war schneller als jeder Gedanken und sie legte alle Kraft in den Schlag.
Kurz vor seinem Gesicht fing er ihre Hand auf und presste erbarmungslos ihr Handgelenk zusammen.
„Macht das nicht.” Er ließ ihre Hand fallen. „ Zorn steht Euch nicht.“
„ Was geht das Euch an?”
„Mich? Nichts, mein Fräulein. Aber Euren zukünftigen Gemahl geht es an. Ich hoffe, Ihr kennt ein paar gute Methoden, um ihm Eure unversehrte Jungfernschaft vorzugaukeln…“
Sie stand wie festgewurzelt auf ihrem Platz und begriff erst sehr viel später, dass er fort war.
 



 
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