Das Weihnachten

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Das Weihnachten, ich klein:
Im Karton mit dem Waschpulver
Hat Mama ihre Flaschen versteckt
Sie heult
Wie immer, Papa brüllt Raubtierlaute
Wegen allem
Wegen nichts
Der Baum ist schief
Eine Kugel zerbricht
Außen rot
Im Innen ganz silbern
Mein Gesicht blickt verwundert in
Spiegelblut
Brösel aus Glas
Papa wünscht Mama eine Leberzirrhose
Verreck doch + Schimpfwort
Oma nimmt mich an die Hand
Durch die Nacht mit dem W
Über Schneewege, Kies
Es pulvert mir in die Augen
Ein rosa Spielzeug in meiner Hand
Friert
Ja, das ist mein Enkerl
Sagt Oma, als wir irgendwen treffen
Und sie drückt meinen Kopf fest
An ihren kratzigen Mantelbusen



Das Weihnachten, ich verliebt:
Rasend und ewig
Er weiß noch nicht so genau
Er ist woanders
Schon wieder fort
Abschied an Abschied
Tränenperlen an einer ganz langen Kette
Im Päckchen mal wieder kein Ring
Noch auf dem dreckigen Bahnhofsklo
Reiß ich Glitzerpapier auseinander
Voller Ungeduld voller Hoffnung
Doch nur eine Füllfeder
Sticht mir ins Herz
Gleichwohl: Eine Nummer wär zu notieren
„Ruf an, wenn du’s brauchst“
„Corinna lutscht Schwänze“
Oder
„A-Punkt liebt M-Punkt“
Graffitis verhöhnen mich
Ich verlasse die Örtlichkeit
Und verpasse den Zug



Das Weihnachten, ich heute:
Die Welt kokelt dahin
Unter uns bricht schon immer öfter nun
Die Hölle auf
Im Duett trompeten
Die Waffen, Sirenen
Geld rinnt durch Finger
Wie Kunstschnee aus dem Plastikbeutel
Und Blut an den Händen - oder Schwielen
Aber heidschi bumbeidschi
Wiegt ich ein Kind in den Schlummerschlaf
Bumm-Bumm macht es draußen
Es tut mir alles so wahnsinnig leid
Ich konnte mich nicht
Um alles kümmern
So dennoch
Nach dem Backtag, schachmatt auf dem Polster
Es duften die Haare nach Zuckerteig
 
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