Das Wiegenlied der Bücher

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Vogelfrei

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Seite um Seite gepresstes Papier
gedruckte Schwärze, die atmen wir
Rücken an Rücken im langen Regal,
vergessen, zerfallen, schon tausendmal.

Leder mit Staub und Tinte sich mischt,
Worte formend zu Lied und Gedicht,
Werke vergänglicher Ewigkeit,
wie sie sich hier aneinander reiht.

Wir träumen von hellem Sonnenschein,
von Pressen und frischem Bücherleim.
Von Händen die sanft unsre Titel streifen,
und Gedanken die etwas weiter reifen.

Das war eine alte, kluge Welt
die Stück für Stück auseinanderfällt.
Das waren noch Zeiten, da man uns las;
die Wirklichkeit zwischen Zeilen vergaß.

Heute da sieht uns kaum einer an,
Liest Sätze die strebende Weisheit ersann.
Man hat uns vergessen im stillen Raum,
so bleibt uns zum Träumen nur mehr der Traum.

Es gibt keine Blicke für Wunder mehr,
die Köpfe der Menschen sind kalt und leer.
Da kennt keiner mehr die Gerissenheit
der Rufe von Worten durch Raum und Zeit.

Die Liebe, der Wahnsinn der in uns wohnt,
Wildheit die zwischen den Worten thront,
Da wurde noch um den Leser gefreit,
mit einem Stückchen Vollkommenheit!

Wo Wort an Wort sich zusammenfasst,
sich prunkvoll erhebt zum Ideenpalast,
da ist das Schweigen eingekehrt,
Ein Weinen das jeder Stimme entbehrt.

Jetzt schlafen wir hier unter Decken aus Staub,
Zerfallen langsam im Sinnlichkeitsraub.
Wir träumen von Zukunft, wie man uns riet,
Das Knistern der Zeit - unser Wiegenlied.
 

petrasmiles

Mitglied
Hallo Vogelfrei,

ich denke mal, die Welt wird noch eine Weile Bücher haben, aber die Tendenz wird wohl früher oder später in die Richtung gehen, wie DU sie besingst.

Ich finde Deinen Text für diese recht unkomplizierte Botschaft ein bisschen lang - ich bin sehr im Inhaltlichen interessiert, nicht so sehr an der Form, warum ich dazu nichts sagen kann, aber ich glaube, dass die 'Botschaft' - so das denn die Absicht war - von weniger Üppigkeit besser transportiert würde.
Ich sehe hier auch manchmal die Schwächen bei Gedichten, die unbedingt in Reimform gedichtet werden sollen, dass Wörter dem Reim, und nicht dem Inhalt geschuldet sind.
Man hat uns vergessen im stillen Raum,
so bleibt uns zum Träumen nur mehr der Traum.
Dies nur als Beispiel.

Liebe Grüße
Petra
 



 
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