sesch nesut
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Das wüste Land
Ein alter Mann ging in die Wüste, weil seine Erdenzeit sich dem Ende zuneigte.
Die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel und so setzte er sich alsbald in den Sand, trank einen Schluck Wasser und nagte mit seinen noch verbliebenen Zähnen an einer Dattel.
Nach einer Weile bemerkte er eine Staubwolke am Horizont.
Er wartete geduldig und darauf hoffend, zum letzten Mal ein Menschenwort zu wechseln, bis die Karawane herangezogen war.
Doch es war keine Karawane, nur ein alter Karren, gezogen von zwei struppigen Eseln, die von einer hageren Gestalt in einer schwarzen Galabija angetrieben wurden.
Hinten auf dem Karren lagen Menschen in einem Haufen kreuz und quer übereinander.
Manche stöhnten schwach, andere schrien ihr Leid heraus.
Der alte Mann fragte den Fahrer, was den Menschen fehle.
Daraufhin sagte der, es seien Aussätzige, die er zum Sterben nach Al-Yesched brächte.
Der Alte nickte und machte sich daran, Isis um Gnade für die gepeinigten Menschen anzuflehen.
Danach setzte er seinen Weg fort.
Am Abend kam er zur Oase Al-Yesched.
Er füllte seinen Schlauch mit frischem Wasser und sammelte das reife Obst auf, das von den Bäumen zu Boden gefallen war.
Als er sich gestärkt hatte, bemerkte er den Fahrer, dem er am Morgen in der Wüste begegnete.
\"Was ist mit den Menschen geschehen, die du auf deinem Karren hattest?\", fragte er ihn.
\"Alle tot\", murmelte der und biss in eine Feige.
\"Alle?\" Der Alte senkte den Kopf.
\"Sie starben nicht an ihrem Gebrechen\", erwiderte der Fahrer, \"sie waren ohne Hoffnung\".
Damit wandte er sich ab und ging seiner Wege.
Der Alte setzte sich auf einen Stein und dachte nach.
Bald darauf vernahm er lautes Stimmengewirr und ein Kichern solcherart, wie es nur von Mädchen oder sehr jungen Frauen ausgestoßen wurde, denn es entsprang dem Leben, das noch keine Gedanken an die Endlichkeit kannte.
Er wandte sich um und entdeckte zehn, vielleicht zwölf junge Frauen, die den Karren erklommen, der die Todgeweihten nach Al-Yesched gebracht hatte.
Der Alte wunderte sich, legte dann aber seinen Beutel über die Schulter, band sich den Wasserschlauch um den ausgezehrten Körper und verließ die Oase. Es wurde Zeit.
Als er ein Stück weit gegangen war und ihn seine Beine nicht mehr so recht tragen wollten, ließ er sich im Sand nieder.
\"Ein Ort ist so gut wie der andere\", stöhnte er und blickte zum Himmel empor.
\"Nirgends auf der Welt siehst du mehr Sterne als in der Wüste\", hatte sein Vater ihm einst gesagt, \"das liegt an der reinen Luft\".
\"Ja, Vater\", flüsterte der Alte, \"du warst ein weiser Mann\".
Dem Alten wurde es schwer ums Herz und er ward müder denn je, als er Schritte hinter sich vernahm.
Er drehte sich herum und sah den Fahrer des Karrens auf ihn zukommen, der die Toten fuhr und zuletzt die jungen Frauen.
\"Schon zurück?\", wunderte sich der Alte und blickte zu dem leeren Wagen des Fahrers hinüber.
\"Wo sind die Mädchen?\".
Der Fahrer sah ihn durchdringend an.
\"Sie sind tot\", meinte dieser, \"einige kamen vom rechten Weg ab, andere hatten kein Ziel. Sie suchten, bis sie ohne Hoffnung waren, es jemals zu finden.\"
Der Alte rappelte sich auf und sah den Fremden an.
\"Wer bist du?\", fragte er.
\"Ich habe viele Namen\", sagte dieser, \"Du bist müde von deiner langen Wanderung. Steig\' auf den Karren, so nehme ich dich mit mir. Es ist Zeit\".
Es war ein verlockendes Angebot, denn der Alte war müder und schwächer denn je.
Er starrte lange wortlos in den Himmel als schiene er dort nach einer Antwort zu suchen, dann wandte er sich mit dem Starrsinn alter Menschen dem Fahrer zu.
\"Siehst du dort den Morgenstern?\", fragte er diesen.
Der Fahrer folgte dem ausgestreckten, knöchrigen Finger des Alten und nickte.
\"Dahin will ich gehen\", sagte der Alte, \"und dies...\", er deutete in die unendliche Weite vor sich, \"dies ist der Weg, der mich hinbringt\".
Der alte Mann hob seinen Beutel auf und schritt geradewegs auf den Morgenstern zu, ohne auch nur einmal zurückzublicken.
Der Fahrer sah ihm eine Weile nach, bevor er zu seinem Gefährt zurückging, hinaufkletterte und weiterzockelte.
\"Die Zeit lässt die Hoffnung schwinden, so wie das Wasser schwindet, das durch die Sonne zum Himmel emporsteigt. Und so lange es Zeit gibt, werden wir uns begegnen. Eines Tages... zwischen hier und dem Morgenstern. Irgendwann... irgendwann\".
Ein alter Mann ging in die Wüste, weil seine Erdenzeit sich dem Ende zuneigte.
Die Sonne brannte erbarmungslos vom Himmel und so setzte er sich alsbald in den Sand, trank einen Schluck Wasser und nagte mit seinen noch verbliebenen Zähnen an einer Dattel.
Nach einer Weile bemerkte er eine Staubwolke am Horizont.
Er wartete geduldig und darauf hoffend, zum letzten Mal ein Menschenwort zu wechseln, bis die Karawane herangezogen war.
Doch es war keine Karawane, nur ein alter Karren, gezogen von zwei struppigen Eseln, die von einer hageren Gestalt in einer schwarzen Galabija angetrieben wurden.
Hinten auf dem Karren lagen Menschen in einem Haufen kreuz und quer übereinander.
Manche stöhnten schwach, andere schrien ihr Leid heraus.
Der alte Mann fragte den Fahrer, was den Menschen fehle.
Daraufhin sagte der, es seien Aussätzige, die er zum Sterben nach Al-Yesched brächte.
Der Alte nickte und machte sich daran, Isis um Gnade für die gepeinigten Menschen anzuflehen.
Danach setzte er seinen Weg fort.
Am Abend kam er zur Oase Al-Yesched.
Er füllte seinen Schlauch mit frischem Wasser und sammelte das reife Obst auf, das von den Bäumen zu Boden gefallen war.
Als er sich gestärkt hatte, bemerkte er den Fahrer, dem er am Morgen in der Wüste begegnete.
\"Was ist mit den Menschen geschehen, die du auf deinem Karren hattest?\", fragte er ihn.
\"Alle tot\", murmelte der und biss in eine Feige.
\"Alle?\" Der Alte senkte den Kopf.
\"Sie starben nicht an ihrem Gebrechen\", erwiderte der Fahrer, \"sie waren ohne Hoffnung\".
Damit wandte er sich ab und ging seiner Wege.
Der Alte setzte sich auf einen Stein und dachte nach.
Bald darauf vernahm er lautes Stimmengewirr und ein Kichern solcherart, wie es nur von Mädchen oder sehr jungen Frauen ausgestoßen wurde, denn es entsprang dem Leben, das noch keine Gedanken an die Endlichkeit kannte.
Er wandte sich um und entdeckte zehn, vielleicht zwölf junge Frauen, die den Karren erklommen, der die Todgeweihten nach Al-Yesched gebracht hatte.
Der Alte wunderte sich, legte dann aber seinen Beutel über die Schulter, band sich den Wasserschlauch um den ausgezehrten Körper und verließ die Oase. Es wurde Zeit.
Als er ein Stück weit gegangen war und ihn seine Beine nicht mehr so recht tragen wollten, ließ er sich im Sand nieder.
\"Ein Ort ist so gut wie der andere\", stöhnte er und blickte zum Himmel empor.
\"Nirgends auf der Welt siehst du mehr Sterne als in der Wüste\", hatte sein Vater ihm einst gesagt, \"das liegt an der reinen Luft\".
\"Ja, Vater\", flüsterte der Alte, \"du warst ein weiser Mann\".
Dem Alten wurde es schwer ums Herz und er ward müder denn je, als er Schritte hinter sich vernahm.
Er drehte sich herum und sah den Fahrer des Karrens auf ihn zukommen, der die Toten fuhr und zuletzt die jungen Frauen.
\"Schon zurück?\", wunderte sich der Alte und blickte zu dem leeren Wagen des Fahrers hinüber.
\"Wo sind die Mädchen?\".
Der Fahrer sah ihn durchdringend an.
\"Sie sind tot\", meinte dieser, \"einige kamen vom rechten Weg ab, andere hatten kein Ziel. Sie suchten, bis sie ohne Hoffnung waren, es jemals zu finden.\"
Der Alte rappelte sich auf und sah den Fremden an.
\"Wer bist du?\", fragte er.
\"Ich habe viele Namen\", sagte dieser, \"Du bist müde von deiner langen Wanderung. Steig\' auf den Karren, so nehme ich dich mit mir. Es ist Zeit\".
Es war ein verlockendes Angebot, denn der Alte war müder und schwächer denn je.
Er starrte lange wortlos in den Himmel als schiene er dort nach einer Antwort zu suchen, dann wandte er sich mit dem Starrsinn alter Menschen dem Fahrer zu.
\"Siehst du dort den Morgenstern?\", fragte er diesen.
Der Fahrer folgte dem ausgestreckten, knöchrigen Finger des Alten und nickte.
\"Dahin will ich gehen\", sagte der Alte, \"und dies...\", er deutete in die unendliche Weite vor sich, \"dies ist der Weg, der mich hinbringt\".
Der alte Mann hob seinen Beutel auf und schritt geradewegs auf den Morgenstern zu, ohne auch nur einmal zurückzublicken.
Der Fahrer sah ihm eine Weile nach, bevor er zu seinem Gefährt zurückging, hinaufkletterte und weiterzockelte.
\"Die Zeit lässt die Hoffnung schwinden, so wie das Wasser schwindet, das durch die Sonne zum Himmel emporsteigt. Und so lange es Zeit gibt, werden wir uns begegnen. Eines Tages... zwischen hier und dem Morgenstern. Irgendwann... irgendwann\".